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E-Book

Vino, Verdi, dolce vita

Warum wir Italien so lieben

AutorAndrea Micus
VerlagVerlagsgruppe Droemer Knaur
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl189 Seiten
ISBN9783426559109
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Prada oder Birkenstock, Adria oder Baggersee, Pizza oder Bratwurst - wenn es um »la dolce vita« geht, ist Italien einfach unschlagbar. Nicht umsonst ist es unser liebstes Reiseziel: In Scharen strömen wir jeden Sommer über den Brenner, um das italienische Flair zu genießen. Andrea Micus zeigt auf unterhaltsame und amüsante Weise, warum Italien so einmalig ist. Die perfekte Reisebegleitung für den Sommerurlaub! Vino, Verdi, dolce vita von Andrea Micus: als eBook erhältlich!

Andrea Micus schreibt seit vielen Jahren für Frauenzeitschriften und ist Autorin zahlreicher Sachbücher und einfühlsamer Biografien.

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Leseprobe

Vorwort


Römer und Germanen

Erinnern Sie sich? »Als die Römer frech geworden, sim, serim, sim, sim, zogen sie nach Deutschlands Norden, sim, serim, sim, sim. Vorne mit Trompetenschall, tätärä tätä …« Es gibt wohl kein Kind in Deutschland, das nicht in der Schule dieses Liedchen geträllert hat.

Es verballhornt die legendäre Varusschlacht, jenes antike Gemetzel, das sich vor 2000 Jahren nach Ansicht einiger Experten irgendwo im Teutoburger Wald abgespielt haben soll. Der Cherusker Arminius hat damals den Römern unter ihrem Feldherrn Varus eine empfindliche Niederlage zugefügt.

 

Heute sieht alles so friedlich aus. Vom knapp 54 Meter hohen Hermannsdenkmal hat man eine phantastische Aussicht auf dieses waldreiche Mittelgebirge. Das gewaltige Monument, 1875 zu Ehren Arminius’ eingeweiht, liegt im Dreieck zwischen Hannover, Dortmund und Kassel auf einer Höhe des Teutoburger Waldes und ist weltberühmt.

Jahr für Jahr stehen viele tausend Besucher zu Füßen des grün schillernden Muskelprotzes und bestaunen das sieben Meter lange Eisenschwert, das der 2000 Jahre alte Held kraftvoll in die Höhe reckt.

Auf der Aussichtsplattform ist es immer proppevoll, so auch heute. Japaner mit vor dem Bauch baumelnden Kameras drängeln sich vor den Fernrohren. Eine Schulklasse kündigt per Wettrennen über die 69 Stufen seine Ankunft an. Zwei Amerikanerinnen können sich an dem grünen Meer aus Baumwipfeln zu meinen Füßen nicht sattsehen und rufen ihr entzücktes: »Isn’t it nice?«

Is it really? Irgendwo da unten soll sich die berühmte Varusschlacht abgespielt haben. Über deren genaue Hintergründe ist sich die Wissenschaft bis heute nicht einig. Die Wahrheit hat die Dunkelheit der Zeit wohl für immer verschluckt. Was bleibt, sind Ausgrabungen, ein paar römische Niederschriften mit reißerischen antiken Nachrichten und viel Spekulation. Es geht um Verrat und Hinterlist, um Tapferkeit und Mut, Hoffnung und Versagen und ganz, ganz viel Blut.

Es soll fürchterlich geregnet haben in jenen Septembertagen 9 nach Christus. Doch vielleicht ist das auch nur eine Ausrede, um das Ansehen der sonst so siegreichen römischen Legionäre in der Öffentlichkeit nicht vollends abschmieren zu lassen.

Aber nun mal von vorn: Seit den letzten beiden Jahrzehnten vor Christi Geburt waren die Römer Stück für Stück vom linksrheinischen Gebiet aus nach Osten vorgedrungen. Viele einheimische Stämme mochten die schwerbewaffneten, großmogeligen Lateiner nicht und haben sich gewehrt. Es gab immer wieder Aufstände. Tiberius, dem Oberbefehlshaber am Rhein, gelang es nur mit gewaltigen Feldzügen, die Stämme zwischen Rhein, Ems und Lippe zu unterwerfen.

Im Jahre 6 nach Christus schien Rom endlich die ersehnte Ruhe zu haben. Die germanischen Stämme gaben weitgehend klein bei. Viele schlossen mit den Römern Friedensverträge und genossen, anstatt sie zu bekämpfen, lieber die Errungenschaften der römischen Kultur. Es gab Wein und Oliven, warme Häuser und einen kräftigen wirtschaftlichen Aufschwung. Denn die Römer hatten Geld und konnten kaufen, was die Germanen hatten: Fleisch, Gemüse, Wolle. Der Handel florierte. Man erkannte, dass man sich nicht mögen muss, aber einander ganz gut gebrauchen kann.

Tiberius konnte sich trotzdem nicht entspannt zurückziehen. Er musste schon wieder los, denn diesmal machten die Pannonier auf dem Balkan Ärger, und Tiberius sollte den Brand umgehend löschen.

Kaiser Augustus brauchte jetzt in Germanien einen Nachfolger für seinen Stiefsohn und besann sich auf Publius Quinctilius Varus. Der römische Geschichtenschreiber Velleius Paterculus beschreibt ihn als »Mann von sanftem und ruhigem Charakter, geistig und körperlich etwas schwerfällig und mehr an das ruhige Lagerleben als an den Kriegsdienst gewöhnt«. Historiker zweifeln allerdings daran, dass Augustus in das für das Imperium so wichtige Gebiet Germanien eine altersschwache Lachnummer geschickt haben soll. Nun denn, Varus war mit 55 Jahren ein erfahrener Veteran. Er hatte große Erfolge in Syrien vorzuweisen. Dass er beim Aufräumen in dem reichen Land wohl kräftig in die eigenen Taschen gescheffelt hat, wollte Augustus nicht hören. Irgendetwas muss ihn an dem Mann fasziniert haben.

Aber egal, jedenfalls sollte Varus Ordnung in die unruhige Provinz bringen und die »Barbaren« romanisieren. Das Wort »Barbar« kommt übrigens aus dem Griechischen. Für die Griechen klangen fremde Sprachen eigenartig, so dass sie alle »Fremdsprachlinge« mit dem Begriff »barbari« versahen, das heißt die »Stotternden«.

Dank römischer Propaganda wurde der Barbar dann der Begriff für primitive, rohe Volksstämme, nicht vergleichbar mit der Kultur des Imperiums, was bei den so Titulierten auch nicht immer gut ankam.

Aber es kam noch mehr nicht gut an. Als Erstes führte Varus nämlich die lückenlose römische Rechtsprechung ein. Vorbei mit ständigem Nachbarschaftsklüngel und Stammes-Tamtam. Varus griff in die Konflikte höchstpersönlich ein. Er reiste über Land und hielt regelmäßig Gerichtstage ab. Doch offenbar fehlte es ihm dabei an diplomatischem Geschick. Er muss sich aufgeführt haben wie der berühmte Elefant im Porzellanladen. Die Bräuche der Stämme ignorierte er und stülpte allem und jedem den römischen Gesetzesapparat über. Umgekehrt waren den meisten Germanen die Prinzipien des römischen Rechts nicht einsichtig. Kein Wunder, sie hatten ja eigene. Das Klima verschlechterte sich zusehends.

Noch viel unbeliebter war allerdings das Thema Steuern. Wie alle anderen Provinzen auch sollten jetzt auch die Germanen Tribute zahlen. Daran hatten sie aber überhaupt keine Freude. Sie müssen sich gefühlt haben wie die heutigen Opfer von Schutzgelderpressern. Ausgeliefert, nachgiebig, aber mit geballter Faust in der Hosentasche.

Die Germanen fanden einfach mit Varus keine gemeinsamen Vorstellungen, wie eine ordentliche römische Provinz auszusehen habe. Sie waren stur. Kaum drehte Varus den Stammesoberen den Rücken, rumorte es gewaltig.

Doch davon bekam Varus nicht viel mit. War er schon zu alt, zu satt, zu gelangweilt und selbstherrlich? Jedenfalls beschloss er für sich, mit dem Ergebnis seiner Bemühungen zufrieden zu sein. Nach einer weitgehend unspektakulären Saison mit wenig Krawall und nur dem bisschen Gemurre der Einheimischen machte sich Varus mit seinen Untergebenen auf den Rückweg an den Rhein ins Winterlager. Nun träumte er vermutlich von dem entspannenden Besuch einer wohltuenden Therme.

Der Weg nach Hause war bekannt. Wenn auch absolut nicht dafür gemacht, um darauf mit Tausenden von Legionären zügig von einem Ort zum anderen zu marschieren. Man brauchte Zeit und nahm sie sich.

Es gab keine besonderen Vorkommnisse, bis bei Varus eines Abends ein angesehener und bei den Römern sehr beliebter Cherusker namens Segestes hereinschneite. Dieser tat ziemlich geheimnisvoll, flüsterte von Verrat und einem bevorstehenden Attentat. Er habe da so seine Informanten …

Als Varus aber hörte, vor wem er gewarnt werden sollte, schüttelte er den Kopf und winkte ab: Arminius und sein Vater Segimer, beide vornehme Cherusker und in Besitz des römischen Bürgerrechts, kannte er schon lange. Man pflegte gelegentlich zusammen zu speisen. Und eigentlich waren sie auch ganz nett.

Über die Arbeit des Arminius als Offizier im römischen Heer waren ihm noch nie Klagen zu Ohren gekommen. Arminius? Der war über alle Zweifel erhaben. Ein toller Bursche, in Rom aufgewachsen und ausgebildet. Er sprach perfekt Lateinisch und war als Offizier so erfolgreich, dass man ihn in den Ritterstand erhoben hatte. Warum sollte ihm ausgerechnet von einem solchen Mann, der mit römischen Werten und Kultur groß geworden war, Gefahr drohen? Das musste ein Missverständnis, wenn nicht sogar wieder eine dieser lästigen Intrigen der renitenten Germanen sein. Sie schicken einen Wichtigtuer, der Unfrieden säen und Varus aufs Glatteis führen soll. Mussten ihm die Germanen denn jetzt noch die Abreise versauen? Varus fiel nicht darauf rein. Nein, nein, nicht mit ihm. Der Weg gen Süden, der konnte getrost fortgesetzt werden.

Diese Geschichte kann man glauben, muss man aber nicht. Dass es sich so abgespielt habe, wissen die römischen Geschichtsschreiber nämlich nur von Segestes selbst. Und der rückte mit diesem wichtigen Detail erst Jahre nach der Schlacht heraus, als alle anderen Zeugen längst tot waren und er sich mit dieser »Warnung« als getreuer Vasall bei den Römern einschmeicheln konnte. Ein feiger Strippenzieher, der auch einmal wichtig sein wollte? Niemand weiß mehr.

Jedenfalls bekam Varus am nächsten Tag eine Nachricht, in der ihn Germanen um Hilfe baten, die, nicht weit vom Reiseweg entfernt, in Bedrängnis geraten waren. Wir wissen nicht, was die Germanen Varus damals für eine Geschichte auftischten. Eine Version besagt, dass Arminius selbst Varus auf angebliche Aufstände im Inneren des Landes aufmerksam machte. Varus, der ja große Stücke auf den eingerömerten Cherusker hielt, bat ihn um einen Rat, wie er dagegen vorgehen sollte. Er war der Meinung, es würde ausreichen, eine Legion zu schicken. Doch Arminius empfahl, die Aufstände im Keim zu ersticken, ein Exempel zu statuieren und mit allen Legionen loszuziehen. Varus wurde nicht misstrauisch. Segestes war längst abgehakt. Er vertraute seinem guten Bauchgefühl, und eine kleine gewonnene Schlacht zum Abschied kam in Rom auch immer gut an.

Sicher ist, dass der Statthalter daraufhin von seiner ursprünglichen Route abwich, womit ein wichtiger Punkt des germanischen Plans bereits aufging.

Denn den Aufstand gab es nicht – die...

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