Das Büfett der Lust ist eröffnet
In meinen Sexseminaren werden mir viele interessante und bisweilen auch lustige Fragen zum Thema Sex gestellt, vor allem, was den Orgasmus betrifft. Die Fragen, die mich am meisten beschäftigen, betreffen die Unsicherheit von Männern und Frauen in Sachen Orgasmus. Ich erinnere mich an eine Frau, die nach 29-jähriger Ehe vor kurzem Witwe geworden war. Sie sagte: »Ich weiß nicht, ob ich je einen Orgasmus gehabt habe. Ich glaube schon, aber ich bin mir nicht sicher. Wie kann ich das wissen?«
Ähnliches sagte ein Mann, der erzählte, seine Freundin sei überzeugt, dass sie einen Orgasmus erlebt habe, doch er sich nicht sicher sei, ob das auch wirklich stimmte.
Wie kommt es zu dieser großen Unsicherheit bei einer so wichtigen Sache? Das ist eine der Fragen, die ich in diesem Buch beantworten will.
Kürzlich fragte mich ein Freund aus Frankreich, wie ich nach acht Jahren Sexualforschung, Hunderten von Geschichten, die ich gehört habe, und unzähligen Büchern, die ich zum Thema Sex gelesen habe, immer noch offen und unbefangen gegenüber Sex sein könne. Er meinte, meine Einstellung zum Sex müsse doch »deformiert« sein (wir wollen ihm diesen kleinen Übersetzungsfehler nachsehen). Als ich ihn fragte, wie er darauf käme, sagte er, dass seine Firma Tongeräte herstelle und er alles Erdenkliche über diese Musiksysteme hatte lernen müssen. Und jetzt könne er keine Musik mehr genießen, weil er dabei nur noch die Verzerrungen von Systemen oder Geräten hören würde. »Also«, erwiderte ich, »dieser Vergleich hinkt. Bei Musikgeräten weiß man genau, wie sie sich anhören sollten, aber beim Sex gibt es Gott sei Dank keine genauen Vorschriften oder Richtlinien.«
Ich möchte damit klarstellen, dass ich dieses Buch als eine Anleitung, eine Sammlung von Vorschlägen betrachte, aber niemandem irgendwelche Vorschriften machen möchte. Jeder Mensch sollte einem sexuellen Erlebnis mit Erregung, Vorfreude und dem Gefühl begegnen, etwas Neues über sich selbst oder die Vorlieben und Abneigungen des Partners entdecken zu können. Niemand sollte Sex mit Angst oder Unsicherheit begegnen und das Gefühl haben, etwas tun zu müssen oder nicht zu dürfen. Wir haben weiß Gott schon viel zu oft gehört, was wir im sexuellen Bereich tun oder fühlen sollten. Ich konnte stattdessen in den vielen Jahren, in denen ich meine Seminare nun schon veranstalte, feststellen, dass es eine ungeheuer große Bandbreite gibt, wie Frauen und Männer sexuelles Vergnügen erleben. Es scheint ein grenzenloses Potenzial an Dingen zu geben, die man ausprobieren kann, und ein ganzes Universum an Möglichkeiten, die erkundet werden wollen. Ich bezeichne dieses Phänomen als »Büfett der Lust«. Manchmal möchte man vielleicht nur eine Vorspeise kosten, ein anderes Mal nach guter alter Hausmannskost greifen und gelegentlich ein mehrgängiges Menü vom Feinsten genießen.
In diesem Buch geht es darum, dass wir die Möglichkeit haben, alles zu probieren, was wir wollen. Intimität ist wie ein Tanz. Man weiß sozusagen, wo es langgeht, aber man macht nicht jedes Mal dieselben Schritte. Vielmehr zielt man auf eine Vielfalt an fließenden Bewegungen ab. Ein Seminarteilnehmer meinte dazu: »Ich weiß, dass ich zwei oder drei Dinge tun möchte, die ich wirklich gut kann und von denen ich weiß, dass sie für uns beide funktionieren.«
Geheimtipp aus Lous Archiv
Kate White, leitende Redakteurin bei der Zeitschrift Cosmopolitan, erklärte, dass die Leserinnen immer wieder die eine Frage stellen: »Wie kann ich beim Geschlechtsverkehr einen Orgasmus bekommen?«
Wenn Sie bereits meine beiden anderen Bücher (Der perfekte Liebhaber und Die perfekte Liebhaberin, Mosaik) kennen, fragen Sie sich vielleicht, ob es überhaupt noch Informationen zum Thema Sex und Orgasmus gibt, die nicht in den Büchern für ihn und für sie stehen. Eine gute Frage. Zuerst dachte ich auch, dass es nichts Grundlegendes mehr zu schreiben geben könne – außer vielleicht ein paar Details. Irrtum! Ich stellte nämlich fest, dass es noch sehr viel mehr zu lernen gibt.
Wenn Sie Die perfekte Liebhaberin oder Der perfekte Liebhaber noch nicht gelesen haben, dann lernen Sie hier nicht nur alles, was es zum Thema Orgasmus zu wissen gibt, sondern Sie erfahren auch, dass ich Sex nicht als Anstrengung betrachte, die nur den Orgasmus zum Ziel hat, sondern vielmehr als breite, geschwungene Allee in Richtung Vergnügen. Ein Orgasmus ist natürlich ein wunderbares, befriedigendes Erlebnis, aber er sollte nicht das einzige Ziel und die alleinige Triebfeder Ihres Sexlebens sein.
Sicher erinnern Sie sich, dass sich in der westlichen Welt in den Achtzigerjahren alles um den Konsum und das Anhäufen materieller Güter drehte. Nun, unsere Einstellung zum Sex hat unter derselben Leistungsorientierung gelitten, die diktierte, dass man immer Höchstleistungen bringen und möglichst viele außergewöhnliche Erfahrungen sammeln musste. Es gab bestimmte Arten von Erfahrungen, die man einfach machen musste, wie den mehrfachen Orgasmus, der selten definiert, aber immer erwartet wurde. Und dann der gleichzeitige Orgasmus! Es gab Paare, die glaubten, dass sie nur auf den Knopf drücken mussten, um beim Sex jedes Mal die Wonnen des gemeinsamen Höhepunkts zu erleben.
Glücklicherweise haben wir diese konsumorientierte Einstellung heute wieder abgelegt oder stellen sie zumindest in Frage, sodass wir uns jetzt damit auseinander setzen können, was uns beim Sex wirklich zusagt. Heute geht es eher um Einfachheit und mein Ziel ist es, in diesem Buch klug Fakten und Erfahrungen einfach und amüsant darzustellen.
Bei meinen Recherchen habe ich auch entdeckt, dass es eine viel größere Bandbreite an Orgasmuserfahrungen gibt, als ich mir vorgestellt hatte. Der Super-Orgasmus stellt nicht nur die aktuellsten Informationen zum Thema Orgasmus für Frauen und Männer zusammen, sondern macht sie auch so zugänglich, dass Sie das Buch allein oder gemeinsam als Paar lesen und Ihre Erfahrungen miteinander teilen können.
An dieser Stelle möchte ich noch eine kleine Warnung aussprechen: Niemand sollte dem Partner das Gefühl geben, dass er ein Problem hat, dass es ihm an technischem Geschick oder an Sinnlichkeit mangelt, oder ihm vorwerfen, dass er eine bestimmte Form des Orgasmus nicht erlebt. Schuldgefühle und Scham helfen nämlich nicht weiter, im Gegenteil.
Bevor Sie sich in die folgenden Kapitel vertiefen, möchte ich Ihnen einige Gründe nennen, warum Sie meiner Meinung nach mehr über den Orgasmus wissen sollten. Zum einen erleben Frauen und Männer den Orgasmus sehr unterschiedlich. Während Männer einen Orgasmus auf maximal sieben verschiedene Arten erleben können, sind es bei Frauen bis zu zehn verschiedene Arten! Haben Sie schon einmal vom Mundorgasmus gehört? Oder vom Zonenorgasmus? Vom Brustorgasmus? Beide Geschlechter können einen solchen Orgasmus erleben. Zum anderen durchlaufen Männer und Frauen physiologisch betrachtet verschiedene sexuelle Erregungszyklen. Ein Paar, das versucht, gemeinsam zum Orgasmus zu kommen, muss sich deshalb mit einigen ganz natürlichen Herausforderungen auseinander setzen.
Historisches und Amüsantes
Im Lauf der Geschichte wurde Sex auf sehr unterschiedliche Weise umschrieben.
Hier einige Beispiele:
- Hereinkommen und sie wieder erkennen (Ludwig XV. zugeschrieben)
- Seinen Speer in die Zukunft werfen (Franz Liszt)
- Eine lange Unterhaltung führen
- Eine Respektlosigkeit gegenüber meiner Person
- Ein Werkzeug (Lord Byron)
- Von Mitleid übermannt werden
- Sich wie eine Frau fühlen
Dieses Buch wird Ihnen zu neuen Einblicken in den eigenen Körper, den Ihres Partners und den Orgasmus im Allgemeinen verhelfen. Es vermittelt das nötige Bewusstsein, um einen Orgasmus – in welcher Form auch immer – zu erleben oder sich dafür zu entscheiden, keinen Orgasmus zu haben, wenn Sie dies vorziehen.
Obwohl dieses Buch vollständig informiert und in sich abgeschlossen ist, können Sie es auch zusammen mit den ersten beiden Büchern benutzen. Das erste ist für sie gedacht, das zweite für ihn und das dritte für Sie beide zusammen. Leser, die mit meiner Art zu schreiben bereits vertraut sind, werden einige Techniken wieder erkennen, beispielsweise die mittlerweile berühmten manuellen Sextechniken, wie die Ode an Bryan und orale Techniken wie Siegel und Ring. Ich wiederhole sie hier für neue Leser und für alle, die ihr Gedächtnis auffrischen möchten. Meine neuen Leser heiße ich auch willkommen. Die hier vorgestellten oralen und manuellen Techniken sind nur die Spitze des sprichwörtlichen Eisberges. Mit anderen Worten: Wenn diese Techniken für Sie und Ihren Partnern funktionieren, können Sie Ihr sexuelles Repertoire mit den anderen beiden Büchern nach Belieben erweitern.
Was Frauen und Sexualität betrifft, bin ich der Ansicht, dass sie das Recht auf ausführliche, respektvolle und amüsante Informationen haben, die ihnen auch wirklich etwas bringen.
Dasselbe trifft natürlich auf die Männer zu. Unsere Kultur geht einfach davon aus, dass Männer sich in Sachen Sex auskennen, und deshalb bekommen sie oft nur ungenaue Informationen in Bezug auf den eigenen und den weiblichen Körper und ziehen möglicherweise die falschen Schlussfolgerungen.
Historisches und Amüsantes
Die beliebteste Zeit für Sex ist gegen 23 Uhr, speziell an den Wochenenden.
Die Mehrzahl der Paare, die ich treffe,...