Das Kreditrisiko, welches aus einer Schuldner-Gläubiger-Beziehung entsteht, wird als bedeutendster Treiber für den Einsatz von Kreditderivaten bezeichnet.[4] Prinzipiell lassen sich drei Arten von Kreditrisiken unterscheiden.[5] Zwar wird das klassische Kreditrisiko allgemein als reines Ausfallrisiko definiert, doch auch das Bonitätsrisiko und Spreadrisiko zählen zu dem erweiterten Begriff des Kreditrisikos.[6]
1) (Adress-)Ausfallrisiko
Das Ausfallrisiko beschreibt das Risiko, dass ein Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen, z.B. die rechtzeitige Erbringung der Zins- und Tilgungsleistungen, nicht oder nur teilweise nachkommen kann. Wird ein Schuldner zahlungsunfähig, erfahren die Gläubiger einen Verlust in Höhe des Betrags, welcher der Schuldner ihnen zum Zeitpunkt seiner Zahlungsunfähigkeit noch schuldete abzüglich der Beträge, welche durch eine Zwangsvollstreckung, Liquidation oder Restrukturierung erzielt werden können.[7]
2) Spreadrisiko
Unter dem Spreadrisiko wird das Risiko eines Wertverlustes bzw. Underperformance einer Anleihe gegenüber einem Benchmarkwert durch den Anstieg des sog. Credit Spreads verstanden. Dieser Credit Spread beschreibt die zusätzliche Prämie auf eine Staats- bzw. risikolose Anleihe, welche vom Markt für die Übernahme einer bestimmten Risikoposition verlangt wird.[8] In der Regel gilt, je geringer der Credit Spread ausfällt, umso höher ist der Marktwert. Die Höhe des Credit Spreads wird sowohl von mikroökonomischen als auch makroökonomischen Faktoren beeinflusst. Die Fähigkeit eines Unternehmens seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, hängt von dessen erwarteter Cashflowgenerierungskraft ab. Wie hoch diese Cashflows ausfallen, ist wiederum u.a. vom Konjunkturzyklus beeinflusst. Da Investoren in der Regel versuchen vorausschauend investieren, kann daraus geschlussfolgert werden, dass der Credit Spread neben der individuellen Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens auch auf erwartete Konjunkturveränderungen reagieren wird.[9]
3) Bonitätsrisiko
Das Bonitätsrisiko beschreibt das Risiko, dass eine Anleihe oder deren Emittent eine schlechtere Bonitätseinschätzung erhält und somit der Credit Spread ansteigt. Dieser Anstieg des Credit Spreads resultiert wiederum, wie oben angesprochen, in einen geringen Marktwert des Aktivums.[10]
Traditionell trugen Banken die Risiken aus den Krediten, welche sie gewährten, selber. Doch in den vergangenen Jahren wurde das Kreditrisiko mittels Kreditderivate vermehrt an andere Teilnehmer des Finanzsystems weitergereicht.[11] Anders ausgedrückt, lässt sich das Kreditrisiko durch Kreditderivate individuell steuern. Bei dieser Derivateart lassen sich drei Grundformen unterscheiden: Credit Default Swaps, Total (Rate of) Return Swaps und Credit Options. Selbst hochkomplex strukturierte Kreditderivate sind auf diese drei Grundformen zurückführen.[12] Eines der wichtigsten und auch das verbreitetste Kreditderivat ist der Credit Default Swap (CDS),[13] welcher im Folgenden näher erläutert wird und den Schwerpunkt dieser Arbeit darstellt.
Die wahrscheinlich einfachste Form des Kreditrisikotransfers unter den Kreditderivaten stellt der CDS dar. Bei einem CDS handelt es sich um einen bilateralen Vertrag, mit welchem der Nominalwert eines bestimmten Referenzaktivums, beispielsweise einer Anleihe oder eines Kredites, abgesichert wird.[14] Anders gesagt, ermöglicht ein solcher Swap den Transfer des Adressausfallrisikos eines Unternehmens oder eines Staates. Die ursprüngliche Schuldner-Gläubiger-Beziehung wird dabei weiterhin aufrecht erhalten, d.h. das Kreditrisiko wird von der Kreditbeziehung gelöst.[15] Im Rahmen dieser Geschäfte gibt es immer drei Parteien: den Schuldner, den Gläubiger, der das Kreditrisiko des Schuldners trägt und verkaufen bzw. versichern will und den Sicherungsgeber, der das Risiko des Gläubiger übernehmen will.[16] Durch den Abschluss eines CDS verkauft der Sicherungsnehmer das Kreditrisiko zu einem Marktpreis an den Sicherungsgeber weiter. Für die Übernahme des Risikos zahlt der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber eine regelmäßige Prämie. Im Gegenzug erhält der Sicherungsnehmer von diesem eine Ausgleichszahlung bei dem Eintritt eines vorher vertraglich festgelegten Ereignisses (Kreditereignis) (siehe Abbildung 1).[17]
In Anlehnung an: Neske (2000), S. 46, Hohl, Liebig (1999), S. 507, Gehrmann (2009), S. 43
Abbildung 1: Credit Default Swap
CDS werden üblicherweise über einen Zeitraum von 5 Jahren geschlossen, doch gibt es auch Geschäfte mit anderen Laufzeiten, um sie etwa an die Laufzeit des Referenzaktivums anzupassen oder um sie mit dem Investmenthorizont des Sicherungsnehmers zu harmonisieren.[18] Neben der Anpassung der Laufzeit, kann auch die Definition der Ausfallzahlungen und der Kreditereignisse individuell zwischen den Vertragsparteien verhandelt werden.[19] Zwar ist in den vergangenen Jahren eine zunehmende Standardisierung im CDS Markt festzustellen, doch besteht prinzipiell für den Käufer eines CDS die Möglichkeit, eine für seine Bedürfnisse maß- 20 geschneiderte Kreditrisikoabsicherung zu erhalten.[20] Wie bei allen Kreditderivaten, braucht der Sicherungsnehmer nicht im Besitz des Referenzaktivums zu sein.[21]
Im Wesentlichen kann in drei Haupttypen von CDS unterschieden werden:
Single-name CDS
Der Single-name CDS stellt die einfachste und zugleich die verbreitetste Variante von CDS dar. Bei diesem Swap stellt das Referenzaktivum eine einzelne Verbindlichkeit oder einen einzelnen Referenzschuldner, wie ein Unternehmen, eine Bank oder einen Staat, dar.[22] Im Folgenden bezieht sich der Begriff „CDS" immer auf Single-name CDS.
CDS Indizes
Bei CDS Indizes handelt es sich um Verträge, welche auf einen Pool von Single-name CDS bestehen (Index), wobei jeder Referenzschuldner im Index den gleichen Anteil am Nominalwert hat.[23] Aufgrund einer hohen Standardisierung und Transparenz erfuhr diese Form von CDS in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum. Die Liquidität von diesen Indizes wird zudem dadurch verbessert, dass nur die liquidesten Single-name CDS in einen Index aufgenommen werden. Die vom Sicherungsnehmer zu zahlende Prämie wird als Durchschnitt der im Index befindlichen Single-names festgelegt.[24] Im Gegensatz zu reinen Single-name CDS hören CDS Indizes nach dem Eintritt eines Kreditereignisses nicht auf zu existieren.[25] Im Falle eines Kreditereignisses nimmt der Ersteller des Index einfach das betroffene Referenzaktivum aus dem Index heraus, so dass der Index mit einem geringeren Nominalvolumen weiter gehandelt werden kann. Durch die Investition in einen solchen CDS Index können Investoren auf die relative Entwicklung eines Titels zum Index oder auf die Entwicklungen der Spreadkurve insgesamt setzen.[26]
Neben CDS-Kontrakten auf einen Index, hat der Markt auch sog. CDS Index Tranchen entwickelt, wobei CDS-Kontrakte auf bestimmte Tranchen in einem CDS Index gebildet werden. Jede Tranche deckt dabei einen bestimmten Anteil an Verlusten ab, welche sich aus Kreditereignissen innerhalb des zugrundeliegenden Index ergeben.[27]' Investoren, die beispielsweise an der First-lossoder Equity-Tranche beteiligt sind, müssen zuerst zahlen und sichern die ersten x% Verlust eines Portfolios ab.[28] Die Auszahlungen der Investoren, die an den übrigen Tranchen beteiligt sind, erfolgt nach dem Subordinationsprinzip bis zur sichersten sog. Senior-Tranche. Bei dieser Konstruktion ist das Kontrahentenrisiko asymmetrisch verteilt.[29] Diese Form von CDS wird als Instrument angewandt, um die Korrelation zwischen Kreditrisiken zu handeln. Indem ein Sicherungsverkäufer in eine CDS Index Tranche investiert, partizipiert er an einem bestimmten Anteil der Verlustverteilung des CDS Index.[30]
Basket CDS
Bei einem Basket CDS stellt das Referenzaktivum einen Korb von mehreren Titeln verschiedener Schuldner dar.[31] Basket CDS sind vergleichbar mit CDS Indizes, da sie sich ebenfalls auf ein Portfolio von Referenzschuldnern beziehen. Das Portfolio von Basket CDS ist in der Regel aber eher kleiner. Allgemein sind Basket CDS maßgeschneiderter als CDS Indizes und somit mit Blick auf ihre Größe und ihre Preisermittlung auch undurchsichtiger.[32]
Zwar ist es möglich, CDS auf den gesamten Basket abzuschließen, doch ist es in der Regel üblich, dass ein CDS nur Schutz für eine Auswahl von Titeln im Portfolio gibt.[33] Bei einem First-to-Default-Swap ist die Ausgleichszahlung an den ersten Ausfall eines beliebigen Titels im Portfolio geknüpft.[34] Analog wird bei einem Second-to-default-Swap die Ausgleichszahlung bei dem Ausfall eines zweiten Aktivums ausgelöst. Diese Struktur lässt sich bis zu einem nth-to- default-Swap...