Die Implementierung innovativer Anreizelemente in das vorhandene betriebliche Anreizsystem kann nicht als monolithischer Schritt vollzogen werden. Denn damit sind eine ganze Reihe von Einzelschritten verbunden. Vor diesem Hintergrund wird aus einer analytischen Perspektive im Folgenden zwischen einer Konzeptionsphase, einer Implementierungsphase i. e. S. und einer Reflexionsphase unterschieden. Kernmerkmal der Konzeptionsphase ist die Planung von neuen innovativen Anreizelementen im Vertriebsbereich, die sehr sorgfältig und nach Möglichkeit unter Einbezug der Mitarbeiterinteressen erfolgen sollte. Die alleinige Planung von Anreizelementen wirkt sich jedoch noch nicht handlungs und effizienzsteigernd aus, sondern es ist wichtig die vorhandenen Pläne auch in die Realität umzusetzen, was durch die Implementierungsphase von neuen Anreizelementen akzentuiert wird. Im Rahmen dieser Implementierungsphase ist besonderer Wert auf die Akzeptanz der Veränderung durch die Mitarbeiter zu legen.[98]
Abb. 6: Phasenkonzept der Implementierung
Quelle: Eigene Abbildung
Mit der Implementierungsphase ist der Gesamtvorgang aber noch nicht abgeschlossen. Es sollte sich eine Reflexionsphase im Sinne eines Controllings anschließen, wo die Wirksamkeit der neuen Anreizelemente überprüft wird. Diese Reflexionsphase eröffnet neue Möglichkeiten zur Veränderung der einmal eingeführten neuen Anreizelemente, um bei Bedarf die Modifikation dieser zu ermöglichen und deren Wirkungsintensität gezielt weiter zu steigern.
Wenn das oben dargestellte Phasenkonzept (Abb. 6) näher betrachtet wird, so werden zwischen den einzelnen Prozessphasen entsprechende Rückkopplungen evident. So könnte beispielsweise in der Implementierungsphase erkannt werden, dass bestimmte Module nicht in geplanter Weise umsetzbar sind und zum Teil neu geplant werden müssen. In der Reflexionsphase könnte erkannt werden, dass zum Beispiel bestimmte implementierte Anreizmodule doch nicht so angenommen werden, wie ursprünglich intendiert war und von daher eine Umorganisation bzw. eventuell sogar der Verzicht auf das entsprechende Anreizelement sinnvoll sein kann.
Bei der Planung von Anreizsystemen stellt sich zu Beginn des eigentlichen Projektes[99] die Frage, wer am Planungsprozess beteiligt sein soll. Dies kostet auf den ersten Blick zwar mehr Zeit und zieht das Projekt scheinbar unnötig in die Länge, jedoch erhöhen solche Überlegungen dessen Erfolgswahrscheinlichkeit um ein Vielfaches.[100] Zunächst einmal ist es unumgänglich, dass die Unternehmensleitung voll hinter einem solchen Projekt steht.[101] Diese sollte im Vorhinein eine genaue Auswahl der Beteiligten eines Projektteams[102] treffen. Deren Aufgabe ist es dann, ein Konzept für ein neues Anreizsystem zu entwickeln und dieses dann in das Unternehmen zu implementieren. Bei diesen Vorüberlegungen muss die Besetzung der Projektgruppe durch Mitglieder der Unternehmensleitung festgelegt werden.
Die Mitglieder der Projektgruppe sollten nach bestimmten Qualifikationsaspekten ausgesucht werden.[103] Dies ist zum einen die Fachkompetenz, d. h. das fachliche Knowhow, die Berufserfahrung und das erforderlich expertenspezifische Fachwissen über Problemstellungen im Rahmen von Anreizprojekten. Dann die Sozialkompetenz, welche die Fähigkeit zum Beispiel zur Teamarbeit adressiert. Auch sind Kontakte zu wichtigen Personen im Projektzusammenhang von Bedeutung. Ein weiterer Qualifikationsaspekt ist die Entscheidungskompetenz, d. h., dass es Personen im Team geben muss, die über eine formelle Macht und Entscheidungsbefugnis verfügen. Der vierte Aspekt ist die Anwendungskompetenz, diese bezieht sich auf Personen, die vom jeweiligen Projektergebnis betroffen sind.[104] Selbstverständlich ist es nur selten möglich diese Qualifikationen in einer Person zu finden, aber trotzdem sollte ein Team alle oben genannten Fähigkeiten in sich vereinen.[105]
Unter Implementierungsgesichtspunkten von Anreizsystemen gibt es einige Teilnehmer, die nicht in einem solchen Team fehlen sollten oder über deren Teilnahme zumindest genauestens nachgedacht werden sollte. Lorer nennt als einen wichtigen Teilnehmer ein Mitglied des Betriebsrates[106], gerade weil die Bedeutung eines solchen Projektes sich stark auf die Entlohnung der Vertriebsmitarbeiter auswirken kann.[107] Weitere häufig genannte Mitglieder sind Vertreter aus dem Personalbereich, Linienmanager aus den betroffenen Implementierungsbereichen (z. B. die Vertriebsleiter) und externe Berater.[108] Bezogen auf die Beauftragung von externen Beratern lassen sich eine Reihe von Vor und Nachteilen anführen. Für die Inanspruchnahme externer Berater spricht, dass diese häufig Knowhow aus vorhergehenden Implementierungsprojekten mitbringen. [109] Sie sollten vor allem hinzugezogen werden, wenn im Unternehmen die fachliche und methodische Kompetenz nicht ausreichend vorhanden ist. Die Einbeziehung eines erfahrenen Beraters verhindert auch gleichzeitig Sackgassen bei der Projektabwicklung und auf der anderen Seite ermöglicht sie eine effiziente Zielerreichung. Außerdem sprechen die Distanz des Beraters zu den internen Machtverhältnissen und der häufig vorhandenen Betriebsblindheit der Unternehmensangehörigen für einen entsprechenden Einsatz[110].
Ein möglicher Nachteil bei der Enbeziehung von externen Beratern ist, dass diese sich zu wenig mit der Unternehmenssituation identifizieren.[111] Ihre Zielsetzungen hinsichtlich der Projektkosten und Termine stimmen eventuell nicht mit denen des Unternehmens überein. Des Weiteren fehlt den Beratern in der Regel der notwendige Einblick in die gesamtbetrieblichen Zusammenhänge.[112] Daraus resultiert, dass sie zumeist nicht anforderungsgerechte Lösungen entwickeln oder sich zumindest den Einblick erst zeit und kostenaufwendig erarbeiten müssen. Hinzu kommt, dass die Vorschläge aufgrund fehlender quantitiver bzw. qualitativer Personalkapazität nicht immer realisierbar sind. Ein weiterer Nachteil ist, wenn Schwierigkeiten aufgrund der fehlenden oder unzureichenden Identifikation seitens der Mitarbeiter mit den Vorschlägen des Beraters zu erwarten sind.[113] Außerdem sollte ein kompetenter Projektleiter benannt werden. Dieser sollte weitestgehend neben seinen Fach und Methodenkompetenzen die Akzeptanz vom gesamten Team auf sich vereinen.[114]
Ein weiterer Bereich über den es sich nachzudenken lohnt, ist die Einbeziehung von Vertriebsmitarbeitern.[115] Der Vorteil liegt darin, die direkte Anspruchsgruppe des Implementierungsprojektes miteinzubinden und somit nicht Gefahr zu laufen an den Interessen der Mitarbeiter vorbei zu handeln und somit die Akzeptanz des Projektes zu gefährden. Jedoch gilt es hier zu bedenken, dass die Projektgruppe zahlenmäßig nicht zu groß werden darf um von Anfang an handlungsfähig zu sein. Um dieses Problem jedoch zu umgehen bietet sich das Mittel der Mitarbeiterbefragung an.[116] Die Mitarbeiterbefragung ist ein Instrument der partizipativen Unternehmensführung, mit dem Informationen bzgl. der Erwartungen, Einstellungen und Bedürfnisse der Mitarbeiter gewonnen werden können. Man möchte aus diesen Informationen Hinweise auf betriebliche Stärken und Schwächen erlangen, um gemeinsam mit den Mitarbeitern konkrete Veränderungsprozesse einzuleiten.[117]
Wenn sich die Projektgruppe konstituiert hat, ist zunächst als Ausgangsfrage zu stellen, ob man nur eine kleinere Veränderung vornehmen möchte (wofür die Größe der Projektgruppe eher begrenzt sein sollte) oder ob man eine etwas größere Veränderung des Anreizsystems in Betracht zieht. Bei größeren Veränderungen im Anreizsystem stößt man in der Regel auch auf mehr Widerstand im Unternehmen und muss viele rechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigen.[118] Des Weiteren könnte die vollständige Umstellung des Anreizsystems zu einem „Kulturschock“ innerhalb der Unternehmung führen, wenn die Änderungen zu einer „revolutionären“ Systemumstellung führen würden.[119] Eine partielle Neufassung des Anreizsystems würde bedeuten nur einzelne Module des gesamten Systems zu verändern.
Die Überlegungen dieser Arbeit zielen auf...