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E-Book

Wie Lehrer (wieder) wirksam werden

Neue Wege im Klassenmanagement

AutorBurkhard Günther
Verlagscolix
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl200 Seiten
ISBN9783403700449
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis18,99 EUR
Intervenieren, bevor es richtig knallt!
Das kommt Ihnen bestimmt bekannt vor: Ihr Arbeitsalltag ist komplex und jeder Tag bringt anspruchsvolle Aufgaben mit sich. Die Zahl der Schüler, die sich nicht an etablierte Normen und Regeln halten, nimmt zu. Damit wird die Grundlage für das Unterrichten und Lernen in vielen Klassen zerstört und der Frustrationspegel bei Lehrern (und Schülern) steigt.

Hier setzt dieser Ratgeber an: In gut lesbarer Form erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Kompetenzen und Methoden, die Ihnen dabei helfen, den Schulalltag als erfolgreicher Klassenmanager gut zu bewältigen. Der Fokus liegt dabei auf bewährten Instrumenten und Strategien aus dem Bereich der Präventions- und Interventionsarbeit.

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Leseprobe

 

3 Neues Anforderungsprofil an Pädagogen


 

Der Lehrerberuf erfordert heutzutage ein stark verändertes Berufs- und Rollenverständnis, ein äußerst vielseitig gefächertes Anforderungsprofil, das weit über die Unterrichtsfächer hinausgeht, weil gesellschaftliche Bedingungen und mit ihnen die Schüler sowie die wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Lernverhalten sich stark verändert haben.

Erfolgreiches Arbeiten mit Gruppen setzt ein Spektrum von Managementqualitäten voraus. Um wirksam agieren zu können, müssen die individuellen Bedürfnisse der Klientel stärker als bisher berücksichtigt werden. Erfolgreiches Interagieren mit (Lern-)Gruppen bedeutet zunehmend, auch mit problematischen und konfliktbeladenen Unterrichtssituationen fertig zu werden und den Umgang mit sozial ungeübt agierenden Schülern, deren moralische Grammatik nicht hinreichend entwickelt ist, konstruktiv und damit zu ihrem Nutzen zu meistern. Dabei bedarf es eines wohldosierten Mix aus professioneller Distanz und Abgrenzung ebenso wie der richtigen Dosis verstehender Zuwendung und Empathie. Darüber hinaus sind Grenzziehungs- und Konfliktlösungskompetenzen unverzichtbar, um, mit Jens Weidners Worten, auf das zunehmend ungekonnt-unglückliche Sozialverhalten und die problematischen Einstellungen vieler Schüler konstruktiv fordernd und zugleich fördernd reagieren zu können. Schulische Arbeit muss Weidner zufolge den Aufbau eines moralischen Bewusstseins bei Schülern fördern, um damit eine Unterrichtsgestaltung zu gewährleisten, die möglichst frei von Regelbrüchen ist.

Wirksames Klassenmanagement verlangt von Pädagogen ein vielseitig ausgeprägtes Spektrum an Kompetenz. Das Kreieren, Etablieren und Vorleben einer konstruktiven Konfliktkultur, die Integration des Bereichs „Soziales Lernen“ in den täglichen Fachunterricht, das Klären der eigenen Rolle und das Trainieren und Weiterentwickeln des eigenen Kommunikationsstils sind nur einige Gelingensfaktoren, die heute über Unterrichtsqualität, -effizienz und Schulentwicklung entscheiden. Inwieweit es mir als Lehrer gelingt, mit einer Gruppe zusammen Regeln zu entwickeln und zu leben, gewaltpräventiv zu agieren und über wirksame Interventionstechniken und Kurationsangebote zu verfügen, entscheidet letztlich über das Klassen-, Schul- und somit Lernklima, sprich über den Lernerfolg jedes Einzelnen.

Das soziale Miteinander an einer Schule ist das Fundament aller weiteren pädagogischen Schritte und Überlegungen. Thomas Grüner und Franz Hilt fordern in Bei Stopp ist Schluss!, dass Unterricht und soziales Verhalten ständig parallel verarbeitet werden müssen, sehen den Mehraufwand an Arbeit aber als Zugewinn an Arbeitszufriedenheit und raten, schon aus rein egoistischen Gründen nicht darauf zu verzichten. Nur auf einem gesunden sozialen Humus kann sich Schule, also auch der einzelne Schüler, zum eigenen wie zum Wohle aller weiterentwickeln. Will man wirklich alle Schüler zu einem Schulabschluss bringen, müssen von Lehrerseite auch individuelle und passgenaue präventive und intervenierende Maßnahmen ergriffen und pädagogisch geeignete flankierende Lernangebote gemacht werden.

Das Verständnis moderner Schulentwicklung macht aus meiner Erfahrung häufig den zweiten Schritt vor dem ersten, baut das Dach des Lernhauses vor dem Fundament. Ganztagsbetrieb und Differenzierung, individuelles und duales Lernen sind wichtige Bausteine und stehen zu Recht ganz oben auf der Agenda der Schulentwicklung. Sie setzen aber voraus, dass Schüler bereits lern- und teamfähig sind und über die wichtige Expertise sozialer Kompetenzen im Mikrobereich der Beziehungspflege untereinander verfügen. Unbestrittenerweise benötigen viele Schüler zuerst entsprechende Lernarrangements für den Erwerb notwendiger Basiskompetenzen, vor allem aber adäquat hirngerechte, soziale und klimatische Arbeits- und Lernvoraussetzungen, um den Anforderungen moderner Schulentwicklung gerecht werden zu können – analog zu einem mit vielen Extras ausgestatteten Auto, das einen kompetenten und verständigen Fahrer voraussetzt.

 

 

Lehrer sind (oft unfreiwillig) Rund-um-die-Uhr-Netzwerker. Dafür benötigen sie neben kommunikativen auch interkulturelle Kompetenzen.

 

 

Effektives Klassenmanagement schafft die notwendigen klimatischen Voraussetzungen für nachhaltiges und erfolgreiches Lernen und erfordert ein hohes Maß an persönlichen Qualitäten auf Lehrerseite, um ein fried- und respektvolles, auf gegenseitiger Wertschätzung beruhendes Miteinander zusammen mit den Schülern entwickeln zu können. Dafür sollte der Klassenmanager Freundlichkeit und Lebensfreude ausstrahlen, vor allem aber, so Bauer in Lob der Schule, Präsenz zeigen. Hilbert Meyer stellt zudem in Was ist guter Unterricht? fest, dass insbesondere Lehrer junger und lernschwacher Schüler auf ein positives Klima angewiesen sind. Schüler mit hoch entwickeltem Selbstwirksamkeitskonzept hingegen können klimatisch negative Einflüsse besser kompensieren.

Sich ständig verändernde gesellschaftliche Rahmenbedingungen haben das Aufgabenfeld von Lehrern deutlich komplexer werden lassen. Neben dem Bildungsauftrag tritt zunehmend der Erziehungsauftrag in den Fokus des pädagogischen Wirkungsfeldes. Lehrer müssen ein Bündel von Aufgaben übernehmen und bewältigen. Sie müssen mit einem Netzwerk anderer Berufe wie Erzieher, Sozialarbeiter, Psychologen, Familienhelfer und mit Eltern kommunizieren, was enorme kommunikative Fähigkeiten voraussetzt. Will auch der Umgang mit einer zunehmend multikulturell geprägten Schülerschaft gelingen, müssen Lehrer in zunehmendem Maß über interkulturelle Kompetenzen verfügen, die Voraussetzung sind für eine auf gegenseitiger Rücksichtnahme und Verständnis basierenden Arbeitsplattform in Form von Anerkennung und Respekt.

Viele Autoren haben sich in den letzten Jahren mit diesen Phänomenen in Hinblick auf Schule und speziell der sich ständig neu definierenden Lehrerrolle beschäftigt. Meyer sieht beispielsweise, dass die Erziehungsaufgaben der Schule seit Jahren wachsen, weil Eltern ihre Pflichten an Lehrer delegieren. Auch Gert Lohmann betont in Mit Schülern klarkommen, dass die Kernaufgabe von Schule die Erziehung ist, weil durch die wachsende Zahl erzieherischer Defizite die Schulfähigkeit vieler Kinder nicht gegeben ist. Noch vor einer Generation waren Eltern verlässlich für die Kinder da, das mediale Unterhaltungsprogramm hat die Kinder und Jugendlichen nicht so viel Aufmerksamkeit gekostet und Lehrer waren per se Respektspersonen. Darüber hinaus war die Schülerschaft trotz sehr hoher Klassenfrequenzen relativ homogen. Heute dagegen zeigen Kinder aufgrund hoher Mobilität, sozialer Entmischung, Immigration und einer Zunahme sozialer Unterschiede bereits im Vorschulalter eine hohe Varianz im Sprachvermögen und ihrem ganzen Vorverständnis. Gerade die Zunahme der Varianz erschwert, laut Manfred Spitzer in Lernen, Lehrern bei hohen Klassenfrequenzen die Arbeit, da sie zwangsläufig Disziplinprobleme zur Folge hat.

Weil Schule eine Zwangsgemeinschaft darstellt und pädagogische Prozesse ständig neuer Aushandlung bedürfen, birgt die Arbeit an der Schule ein enormes Konfliktpotenzial und fordert ein großes Gespür und Wissen gerade im Hinblick auf das Managen von Konflikten. Grüner/Hilt weisen auf den Freiheitsdurst der Schüler hin, der oft größer ist als ihr Wissendurst, weshalb gerade nicht so leistungsfähige Schüler Schule als Gefängnis erleben und sich dementsprechend benehmen. Wer sich ausgeliefert fühlt, rebelliert dagegen. Deshalb wollen Schüler vom Lehrer genau wissen, wie weit sie gehen können. Neben einem Grundwissen über Mediation sollten Lehrer zunehmend auch über interkulturelle Mediationskompetenzen verfügen. Geeignete Methoden im Umgang mit Mobbing sollten ebenso zur Grundausstattung im Erfahrungsschatz von Pädagogen zählen wie der professionelle Umgang mit Regelarbeit. Die Gelingensbedingungen für effektives Klassenmanagement sind weit gefächert und Voraussetzung dafür, dass Lerngruppen überhaupt produktiv werden.

Lehrer stehen wie kaum eine andere Berufsgruppe als Person ständig im Fokus ihrer Klientel. Die Lehrerpersönlichkeit ist für Schüler ein (häufig sogar: das) Modell, von dem sie nicht nur Englisch, Geschichte oder Mathe lernen, sondern einen Großteil ihrer sozialen Kompetenzen, den Kommunikationsstil und Umgang mit anderen Menschen – vor allem im Konfliktfall. Rigide Erziehungsstile und traditionell geprägte Strafrituale fördern in keiner Weise ein auf Selbstverantwortung basierendes Menschenbild und wirken auf die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen kontraproduktiv. Eben dieser Verantwortung ständig Rechnung zu tragen, setzt ein hohes Maß an Konfliktmanagementqualitäten voraus.

 

 

Prägen Sie ein gutes Schulklima durch eine respektvolle Lehrer-Schüler-Streitkultur

 

 

Bauer vergleicht den Lehrerberuf mit dem Anforderungsprofil eines Arztes. Kaum ein anderer Beruf verlange ein derartig vielfältiges Kompetenzspektrum. Bauer fordert deshalb, dass fachliches Wissen mit einer hilfreichen Art des persönlichen Auftretens verbunden sein sollte. Neben der fachlichen Qualifikation benötigen Lehrer insbesondere Fähigkeiten darin, Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen zu können. Verstehende Gesprächsführung und Beziehungsgestaltung müssen ebenso ausgebildet sein, weil der Lehrerberuf eine Balance zwischen verstehender Zuwendung und Führungskraft benötigt. Bauer verweist darauf, den einzelnen Schüler nicht nur unter dem Aspekt seines schulischen Könnens zu sehen,...

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