In einem divisional organisierten Unternehmen kann aus rechtlicher Sicht keine Eigentumsübertragung von immateriellen Wirtschaftsgütern zwischen Divisionen stattfinden, weil Verträge innerhalb des Unternehmens schuldrechtlich nicht möglich sind.[321] Aus steuerlicher Sicht sind die Übertragungen zwischen den Divisionen nur bei der Einkunftsermittlung im internationalen Fall bedeutend. Die einzelnen diesbezüglichen Regelungen sind z. B. in den Grundsätzen der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen zu finden. Da keine steuerlichen Verrechnungspreise angewendet werden, ist in Rahmen dieser Arbeit die Übertragung von immateriellen Wirtschaftsgütern zwischen den Divisionen v. a. aus der betriebswirtschaftlichen Sicht der Verrechnungspreisermittlung relevant, worauf in Kap. 3.1.3 eingegangen wird.
Innerhalb des Unternehmensverbundes kommt die Eigentumsübertragung an immateriellen Wirtschaftsgütern relativ selten und meistens im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen vor.[322] Vor der Eigentumsübertragung muss geprüft werden, ob sie rechtlich zulässig ist und welche Rechtsnormen dabei zu beachten sind.[323] Anschließend werden wesentliche maßgebende Rechtsnormen erläutert.
Die gewerblichen Schutzrechte und ähnliche Rechte sowie in einzelnen immateriellen Wirtschaftsgütern verkörperte Teile des Geschäfts- oder Firmenwertes, außer den nicht übertragbaren Urheberrechten, gehören zu den anderen Rechten im Sinne des § 413 Bundesgesetzbuch (BGB).[324] Damit sind die Regelungen zur Forderungsabtretung der §§ 398–413 BGB anzuwenden, die aber wegen ihrer Subsidiarität gegenüber spezialgesetzlichen Regelungen durch die Sondervorschriften verdrängt werden.[325] Die speziellen Regelungen zur Eigentumsübertragung enthalten z. B. § 15 PatG, § 22 GebrMG, § 29 GeschmMG und § 27 MarkenG.[326]
Die Forderungsabtretung wird als Eigentumsübertragung qualifiziert, wenn sie durch eine endgültige vertragliche Sachüberlassung im Form von Kauf[327], Tausch[328] oder Schenkung[329] zustande kommt.[330] Auf den Tausch sind die Vorschriften für den Kauf anzuwenden.[331] Die Schenkung ist in Rahmen dieser Arbeit irrelevant, da sie eine unentgeltliche Eigentumsübertragung voraussetzt und somit der Ansatz von Verrechnungspreisen ausscheidet.[332] Somit wird in dieser Arbeit unter der Eigentumsübertragung im Sinne des BGB der Kauf verstanden.
Ferner sind bei der Eigentumsübertragung die kartellrechtlichen Bestimmungen zu beachten, insbesondere wenn im Zusammenhang mit dem veräußerten immateriellen Wirtschaftsgut Lizenzverträge bestehen, deren Regelungen den Wettbewerb beeinflussen können.[333] Auf europäischer Ebene ist das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen des Art. 81 und die weiteren Regelungen von Art. 82–86 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) zu beachten.[334]
Die deutschen VGr betrachten die Verwertung von immateriellen Wirtschaftsgütern in Form einer Eigentumsübertragung nicht.[335] In den OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen ist dagegen die Möglichkeit einer Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter explizit erwähnt.[336] Bei der Eigentumsübertragung in einem multinational verbundenen Unternehmen sind folglich die OECD-Bestimmungen zur Ermittlung von fremdvergleichskonformen Verrechnungspreisen zu beachten, worauf in Kap. 3.1.4 eingegangen wird.
Die Höhe des Verrechnungspreises für das immaterielle Wirtschaftsgut wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Nach Engler sind dies:
mögliche Erträge des Erwerbers des immateriellen Wirtschaftsguts,
Art des immateriellen Wirtschaftsguts,
Schutz und Schutzdauer durch gewerbliche Schutzrechte,
Verhältnisse des Marktes,
Potenzial für internationale Ausdehnung, Diversifikation und Merchandising und
Kosten alternativer Eigenforschung, Lizenznahme oder Schadenersatz.[337]
Die OECD-Verrechnungspreisgrundsätze nennen u. a. folgende Einflussfaktoren: erwarteter Vorteil, Exportbeschränkungen für die mit Einsatz des immateriellen Wirtschafschuftsguts hergestellten Güter, Kapitalinvestitionen und Anlaufkosten.[338]
Die erheblichen Problemfelder bei der Verrechnungspreisermittlung stellen die kombinierten Veräußerungen und die mangelnde Vorhersehbarkeit der Erträge aus der Nutzung von immateriellen Wirtschaftsgütern dar.
Die immateriellen Wirtschaftsgüter werden häufig zusammen mit materiellen Wirtschaftsgütern oder Dienstleistungen veräußert.[339] Unter Nutzung von immateriellen Wirtschaftsgütern hergestellte Waren sind dabei nicht als gleichzeitiger Verkauf von immateriellen Wirtschaftsgütern zu verstehen.[340] In einem multinational verbundenen Unternehmen muss nach OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen ein gesonderter Verrechnungspreis für die einzelnen Bestandteile einer kombinierten Veräußerung nur dann ermittelt werden, wenn der Gesamtpreis dem Fremdvergleich nicht standhält.[341] Nach den deutschen Vorschriften können die materiellen Wirtschaftsgüter, die mit immateriellen Wirtschaftsgütern eine Einheit bilden, den immateriellen Wirtschaftsgütern zugerechnet werden.[342] Voraussetzung dafür ist, dass der geistige Gehalt im Vordergrund steht.[343] Die kombinierte Veräußerung mit der Dienstleistung kann als eine Einheit angesehen werden, falls die Dienstleistungen die größtenteils bedeutungslosen Nebenleistungen sind.[344] Mehrere immaterielle Wirtschaftsgüter können nach deutschen VGr nur dann zusammengefasst werden, wenn sie technisch und wirtschaftlich eine Einheit bilden.[345] Diese Regelung steht im Widerspruch zu der führenden Meinung in der Literatur und außerdem zu den Vorschriften der OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen, die einen Paketvertrag ausdrücklich erlauben.[346] Ab dem Jahr 2008 wird diese sogenannte Paketbetrachtung, bei der die Gesamtheit der Wirtschaftsgüter und sonstigen Leistungen als Paket verrechnet werden können, nur bei der Verlagerung einer Unternehmensfunktion möglich sein.[347]
Die Verrechnungspreisermittlung wird auch durch die mangelnde Vorhersehbarkeit der zukünftigen Erträge von immateriellen Wirtschaftsgütern erschwert.[348] Die nicht vorhersehbaren Entwicklungen können sowohl beim Käufer als auch beim Verkäufer zu übermäßigen Gewinnen bzw. Verlusten führen, die sich im internationalen Fall auch in den über- bzw. unterproportionalen Steuereinnahmen des entsprechenden Staates niederschlagen.[349] Die Unsicherheit rechtfertigt aber nicht die steuerliche Nichtanerkennung des Verrechnungspreises für immaterielle Wirtschaftsgüter beim Vertragsabschluss.[350] Mehrere Hilfsvorschläge zur Verrechnungspreisermittlung bei Unsicherheit sind in den Teilzeilen 6.28–6.35 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze erfasst.[351] Es können z. B. die noch nicht realisierten Vorteile als Hilfe zur Verrechnungspreisermittlung beim Vertragsabschluss herangezogen und kürzere Vertragslaufzeiten oder Preisanpassungsklauseln vereinbart werden.[352] Die Teilzeilen 6.33 und 6.35 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze beschäftigen sich mit dem Problem der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Steuerpflichtigem und Steuerbehörden und kommen zu dem Schluss, dass die Möglichkeit einer nachträglichen Anpassung von Verrechnungspreisen durch die betroffenen Finanzverwaltungen vorgesehen werden muss.[353] Die Nichtanerkennung von nachträglichen Verrechnungspreisanpassungen bei immateriellen Wirtschaftsgütern kann zu missbräuchlichen Gestaltungen in Bezug auf Besteuerungsunterschiede in den betroffenen Staaten führen.[354] Nach dem deutschen Zivill- und Steuerrecht sind aktuell keine nachträglichen Anpassungen von Verrechnungspreisen zulässig.[355] Ab dem Jahr 2008 ist aber in dem Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes eine diesbezügliche Regelung...