Sie sind hier
E-Book

Aneignung neuer Kommunikationstechnologien in sozialen Netzwerken

Am Beispiel des Mobiltelefons unter Jugendlichen

AutorThilo von Pape
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl196 Seiten
ISBN9783531912141
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR


Dr. Thilo von Pape promovierte am Centre de Recherche sur les Mediations (CREM) der Universität Paul-Verlaine in Metz und ist Lehrbeauftragter an der Universität Zürich.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe
5.3 Maße (S. 138-139)

Eine Verbindung von Aneignungsforschung und sozialer Netzwerkanalyse stellt eine methodische Neuerung dar, die in der bisherigen Forschung noch nicht konsequent umgesetzt worden ist. Ansätze dazu existieren allerdings auf beiden Seiten. Diese wurden bereits in der theoretischen Übersicht durch ihre Sonderstellung hervorgehoben. In der netzwerkanalytischen Diffusionsforschung gehen Schenk et al. (1996, 1997) über die reine Betrachtung von Adoption hinaus, indem sie auch vereinzelte Aspekte der Aneignung erforschen – wie etwa gesuchte Gratifikationen und Normen – und diese mit einer Erhebung egozentrischer Netzwerke verbinden.

Von Seiten eines eher qualitativen, aneignungsorientierten Denkens erheben sowohl die sozialkonstruktivistische Techniksoziologie als auch die Wirtschaftsinformatik („information systems") mit der „Actor Network Theory" (Latour, 2005) bzw. „Adaptive Structuration Theory" (DeSanctis &, Poole, 1994) den Anspruch, struktur- und netzwerkorientiertes Denken mit Aneignung neuer Technologien zu verbinden. Entsprechende Studien nutzen allerdings in der Regel weder das empirische noch das analytische Instrumentarium, das mit der Analyse sozialer Netzwerke zur Verfügung steht. Eine Ausnahme stellt hier die Studie von Campbell und Russo (2003) dar, die die soziale Konstruktion von Wahrnehmungen des Mobiltelefons in egozentrischen Netzwerken quantitativ festmacht. Ein Grund für das weitgehende Fehlen einer solchen Verbindung ist die bereits erläuterte methodische Kluft zwischen Netzwerkanalyse und Aneignungsforschung.

Die Analyse sozialer Netzwerke ist ganz im dichotomen Denken verhaftet: Sie unterscheidet nur zwischen Vorliegen und Nichtvorliegen von Verbindungen zwischen zwei Mitgliedern eines Netzwerks. Auf der Basis dieser Daten gewinnt sie Erkenntnisse über die Gesamtstruktur und Teilstrukturen des Netzes. Damit lässt sich die Netzwerkanalyse perfekt anknüpfen an die ebenfalls dichotom angelegte Diffusionsforschung (Valente, 2006). Andererseits stellt dieses „tertium non datur"-Denken ein unüberwindliches Hindernis dar für aneignungsorientierte Ansätze: Diese sind traditionell qualitativ ausgerichtet und lassen sich daher nicht ohne weiteres auf das standardisierte quantitative Denken sozialer Netzwerkanalyse übertragen. Mit dem integrativen Aneignungsmodell von Wirth et al. (2007, 2008) und der zugehörigen Aneignungsskala ist diese Kluft überwunden, das Tor für eine Verbindung beider Konzepte ist geöffnet. Welche empirischen Instrumente dazu entwickelt wurden, wird nun beschrieben, und zwar zunächst im Hinblick auf Aneignung (5.3.1) und dann im Hinblick auf die Analyse sozialer Netzwerke (5.3.2, S. 150).

5.3.1 „Aneignungsskala"

Das Instrument zur Messung von Aneignungsprozessen, das hier zum Einsatz kommt, ist eine Version einer vorläufigen Form der Aneignungsskala von Wirth et al. (2008), die auf das Umfeld von Jugendlichen adaptiert ist12. Im Folgenden wird die Operationalisierung der zentralen Konstrukte „Nutzung", „Relevanzbewertung", „Normenbewertung", „Restriktionsbewertung" und „Metakommunikation" vorgestellt, ferner werden die Fragen zur Soziodemographie und zur Nutzungsbiographie dargelegt. Sofern die Operationalisierung eines Konstrukts in Form zu einer Subskala führte, wird – jeweils für beide Befragungswellen – auch deren Reliabilität und Trennschärfe erläutert in so weit, wie diese Größen durch Reliabilitätstests und konfirmatorische Faktorenanalyse überprüft werden konnten.

5.3.1.1 Nutzung

Gemäß MPA-Modell und -Skala wird bei der Nutzung unterschieden zwischen zwei Formen, die als objektorientiert bzw. als funktional bezeichnet werden können. Beide Formen stellen aber nur unterschiedliche analytische Sichtweisen auf die Nutzung dar. Die Erhebung zur objektorientierten Nutzung des Mobiltelefons orientiert sich am technischen Angebot im Untersuchungszeitraum und am typischen Nutzungsspektrum Jugendlicher zu dieser Zeit. Die Erhebung zur funktionalen Nutzung ist weitgehend an die MPA-Skala angelehnt, hebt dabei aber solche funktionalen Aspekte hervor, die dem Lebensstil Jugendlicher entsprechen.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Danksagung6
Inhalt7
1 Einleitung10
2 Relevanz des Themas14
2.1 Kommunikationswissenschaftliche Bedeutung der Entwicklung von (Medien-)Innovationen14
2.2 Gesellschaftliche Bedeutung der Aneignung des Mobiltelefons durch Jugendliche17
2.3 Resümee26
3 Stand der Forschung28
3.1 Klassische Diffusionstheorie29
3.2 Vertiefende Ansätze52
3.3 Integrative Ansätze96
4 Forschungsfragen und Hypothesen119
5 Methode126
5.1 Datenerhebung127
5.3 Maße135
5.4 Beschreibung der Stichprobe159
6 Ergebnisse172
6.1 Individuelle Ausprägungen der Aneignung172
6.2 Zusammenwirken der Faktoren des MPA-Modells Forschungsfrage 2:183
6.3 Arenen des Aushandelns von Aneignung im Netzwerk201
6.4 Persönlicher Einfluss beim Aushandeln von Aneignung im Netzwerk213
7 Resümee und Ausblick227
Literatur238

Weitere E-Books zum Thema: Medien - Kommunikation - soziale Medien

Tatort Tagesschau

E-Book Tatort Tagesschau
Eine Institution wird 50. Format: PDF

»Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau« – seit 50 Jahren beginnt so der TV-Feierabend. Souverän beherrscht die Tagesschau die deutsche Fernsehlandschaft. Je nach Nachrichtenlage…

Datenformate im Medienbereich

E-Book Datenformate im Medienbereich
Format: PDF

Das Buch greift einen sehr aktuellen Themenkomplex auf, denn der Datenaustausch findet zunehmend in komprimierter Form über Netzwerke statt. Es beschreibt Standards für die Datenreduktion und den…

Datenformate im Medienbereich

E-Book Datenformate im Medienbereich
Format: PDF

Das Buch greift einen sehr aktuellen Themenkomplex auf, denn der Datenaustausch findet zunehmend in komprimierter Form über Netzwerke statt. Es beschreibt Standards für die Datenreduktion und den…

Datenformate im Medienbereich

E-Book Datenformate im Medienbereich
Format: PDF

Das Buch greift einen sehr aktuellen Themenkomplex auf, denn der Datenaustausch findet zunehmend in komprimierter Form über Netzwerke statt. Es beschreibt Standards für die Datenreduktion und den…

Virtuelle Welten

reale Gewalt Format: PDF

Die Frage, wie Gewalt und Medien zusammenhängen, lässt sich nicht mit einem Satz oder nur aus einer Perspektive beantworten. Deshalb haben 16 Telepolis-Autoren in 20 Essays ihre Meinung, die…

Virtuelle Welten

reale Gewalt Format: PDF

Die Frage, wie Gewalt und Medien zusammenhängen, lässt sich nicht mit einem Satz oder nur aus einer Perspektive beantworten. Deshalb haben 16 Telepolis-Autoren in 20 Essays ihre Meinung, die…

Weitere Zeitschriften

FREIE WERKSTATT

FREIE WERKSTATT

Die Fachzeitschrift FREIE WERKSTATT berichtet seit der ersten Ausgaben 1994 über die Entwicklungen des Independent Aftermarkets (IAM). Hauptzielgruppe sind Inhaberinnen und Inhaber, Kfz-Meisterinnen ...

Card-Forum

Card-Forum

Card-Forum ist das marktführende Magazin im Themenbereich der kartengestützten Systeme für Zahlung und Identifikation, Telekommunikation und Kundenbindung sowie der damit verwandten und ...

crescendo

crescendo

Die Zeitschrift für Blas- und Spielleutemusik in NRW - Informationen aus dem Volksmusikerbund NRW - Berichte aus 23 Kreisverbänden mit über 1000 Blasorchestern, Spielmanns- und Fanfarenzügen - ...

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg) ist das offizielle Verbandsorgan des Württembergischen Landessportbund e.V. (WLSB) und Informationsmagazin für alle im Sport organisierten Mitglieder in Württemberg. ...

DULV info

DULV info

UL-Technik, UL-Flugbetrieb, Luftrecht, Reiseberichte, Verbandsinte. Der Deutsche Ultraleichtflugverband e. V. - oder kurz DULV - wurde 1982 von ein paar Enthusiasten gegründet. Wegen der hohen ...

building & automation

building & automation

Das Fachmagazin building & automation bietet dem Elektrohandwerker und Elektroplaner eine umfassende Übersicht über alle Produktneuheiten aus der Gebäudeautomation, der Installationstechnik, dem ...