Für Sie und Ihr Kind: der Beginn eines neuen Lebens
„Schatz, ich bin schwanger!“ – fallen diese Worte, beginnt eine neue, sehr aufregende Phase im Leben eines Paares. Sie ist nicht nur verbunden mit großen Emotionen, sondern auch mit einschneidenden Veränderungen im Alltag und obendrein mit einer gehörigen Portion Unsicherheit. Erfahrungsgemäß unterschätzen die meisten Eltern die Veränderungsmacht, die ein Kind hat. Die Rollen wechseln: Aus einem Paar werden Eltern. Das Miteinander wird ein anderes. Plötzlich ist man nicht mehr nur für sich alleine verantwortlich. Man kann nicht mehr nur tun, was man selbst möchte. Das Kind gibt den Rhythmus vor, zumindest für eine ganze Weile. Schlafmangel und Unsicherheit, wie man mit einem so kleinen Wesen am besten umgeht, tun ihr Übriges. Die volle Konzentration auf den Beruf ist in der Regel nicht mehr möglich. War früher alles unbeschwert und leicht, steht man nun vor solch ernsten Fragen wie den folgenden:
Wie wird der Arbeitgeber die frohe Botschaft aufnehmen?
Wer bleibt erst einmal zu Hause und kümmert sich um das neue Familienmitglied?
Und wie lange soll die Auszeit dauern?
Ist der Job, den man hat, kompatibel mit der neuen Rolle als Mutter und Vater?
Wie finanziert man die kleine Familie?
Auf all diese Fragen und viele mehr gibt es weder richtige noch falsche Antworten. Jeder muss eine für sich stimmige Lösung finden. Einfach ist der Spagat zwischen Kind und Karriere nicht; es wird aber leichter mit einer ausführlichen Reflexion und dem notwendigen rechtlichen Know-how.
Sehen wir uns zunächst den rechtlichen Spielraum an, den Sie als werdende bzw. frisch gebackene Eltern haben, wenn es um eine Familienauszeit geht.
Die Elternzeit: Kinderpause für Angestellte
Der Gesetzgeber hat die Elternzeit eingeführt, damit sich Angestellte eine Auszeit für den Nachwuchs nehmen oder für eine Weile zumindest beruflich kürzertreten können, ohne ihren Job zu riskieren. Unter den Elternzeitlern ist ein Netz mit doppeltem Boden gespannt: Sie sind nahezu unkündbar und sie haben ein Recht darauf, nach der Babypause in das Unternehmen zu einem zumindest vergleichbaren Arbeitsplatz zurückzukehren.
Elternzeit ist nicht nur für Eltern da: wem sie zusteht
Nicht nur die leiblichen Eltern haben Anspruch auf die Elternzeit. Auch Adoptiveltern, Großeltern, nahe Verwandte, Pflege- und Stiefväter/-mütter können sie bei ihrem Arbeitgeber beantragen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen.
Sie leben mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt.
Sie erziehen und betreuen das Kind überwiegend selbst.
Sie arbeiten während der Elternzeit durchschnittlich nicht mehr als 30 Stunden pro Woche.
Elternzeit kann jeder beanspruchen, der sich in einem Arbeitsverhältnis befindet, egal ob er in Vollzeit, Teilzeit, befristet oder geringfügig beschäftigt ist. Auch Auszubildenden und Umschülern steht dieses Recht zu.
Keine Rolle spielt, wo Sie während der Elternzeit gemeldet sind oder sich aufhalten. Sie können die Babypause also auch im Ausland verbringen, ohne den Anspruch zu riskieren.
Wie lange?
Elternzeit gibt es für Sie und Ihren Partner pro Kind insgesamt für einen Zeitraum von drei Jahren. Werden Mehrlinge geboren, gilt für jedes Kind eine dreijährige Elternzeit. Wechseln Sie während der Elternzeit den Job, können Sie die Elternzeit zum neuen Arbeitgeber „mitnehmen“.
Für Mütter gibt es zusätzlich noch Mutterschutz, der sich auf die Länge der Elternzeit auswirkt. Er gilt sechs Wochen vor und acht bzw. sogar 12 Wochen nach der Geburt (Näheres dazu im Kapitel „Das Mutterschaftsgeld“). In dieser Zeit müssen sie nicht arbeiten. Die Mutterschutzwochen nach der Geburt werden auf die Gesamtdauer der Elternzeit angerechnet. Das heißt: Die Elternzeit reduziert sich damit um acht bzw. um 12 Wochen. Umgehen lässt sich diese Anrechnung, wenn der Vater zunächst in Elternzeit geht.
Wie man sich die Elternzeit einteilen kann
12 Monate Elternzeit müssen in den ersten drei Lebensjahren des Kindes verbraucht werden. Die restlichen 24 Monate können auch noch ab dem dritten Geburtstag bis zum vollendeten achten Lebensjahr des Kindes genommen werden. All das können Sie – theoretisch – durchsetzen, auch wenn Ihr Arbeitgeber damit nicht einverstanden ist. Sie müssen ihn zwar über die Elternzeit informieren (siehe hierzu das Kapitel „Formalien, die Sie beachten sollten“), seine Zustimmung brauchen Sie jedoch nicht.
Wichtig
Ist Ihr Kind vor dem Juli 2015 geboren, gilt noch eine strengere Regelung: Hier kann nur ein Anteil von bis zu zwölf Monaten der Elternzeit auf die Zeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes übertragen werden. Sie brauchen dafür die Zustimmung des Arbeitgebers.
Für Adoptiv- bzw. Pflegeeltern läuft die volle Drei-Jahresfrist ab der Aufnahme des Kindes. Sie gilt bis zu dessen achtem Lebensjahr.
Die Partner können die Elternzeit gleichzeitig nehmen oder versetzt. Oft ist es auch so, dass der Besserverdienende ganz auf die Auszeit verzichtet, während der andere die gesamte Elternzeit nimmt. Als einzige Beschränkung bei der Verteilung gilt: Jeder muss die auf ihn entfallende Elternzeit in maximal drei Abschnitte aufteilen. Nur wenn der Arbeitgeber zustimmt, können mehr Zeitintervalle beantragt werden.
Überlegen Sie gut, wie Sie sich die Zeit einteilen: Ist ein Zeitraum einmal beantragt worden, ist man daran gebunden. Verlängert oder verkürzt werden kann dann nur noch mit Zustimmung des Arbeitgebers.
Wer einen großen Teil seiner Elternzeit erst später nehmen möchte, sollte Folgendes wissen: Die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung besteht nur so lange, wie ein Kind unter drei Jahren erzogen wird. Wenn Sie mehr als 12 Monate Elternzeit zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes nehmen, kann sich dies negativ auswirken, wenn Sie direkt nach der Elternzeit Ihren Job verlieren. Durch die längere versicherungsfreie Pause erfüllen Sie dann nämlich nicht mehr die für das Arbeitslosengeld erforderliche Mindestversicherungszeit.
Verlängern
Stellen Sie fest, dass die beantragte Elternzeit zu kurz ist, können Sie einen Verlängerungsantrag bei Ihrem Arbeitgeber stellen. Dabei sind Sie auf dessen Zustimmung angewiesen. Nach Lust und Laune entscheiden darf der Chef über den Verlängerungsantrag jedoch nicht. Er muss Ihre Interessen mit seinen eigenen abwägen und jeweils angemessen berücksichtigen. Der Arbeitgeber ist also de facto gezwungen zuzustimmen, wenn der Verlängerung keine betrieblichen Belange entgegenstehen.
Wichtig
Sie sollten sich nicht mit einem pauschal gehaltenen Ablehnungsschreiben zufriedengeben. Sie haben ein Recht darauf, die Gründe für das Nein zu erfahren. Fragen Sie also intensiv nach, wenn Ihr Chef Ihren Wunsch pauschal mit „Das geht nicht!“ abschmettert.
Keine Zustimmung brauchen Sie, wenn die beantragte Elternzeit innerhalb der ersten drei Lebensjahre des Kindes endet und Sie für die nachfolgende Zeit noch einmal erneut Elternzeit beantragen.
Beispiel
Anna Leise wollte eigentlich spätestens, wenn ihr Sohn Lukas zwei geworden ist, wieder arbeiten. Nun stellt sie fest, dass ihr die nahende Rückkehr in den Job Bauchschmerzen bereitet. Sie würde gerne noch ein Jahr länger zu Hause bleiben, bis Lukas in den Kindergarten geht. Sie stellt daher sieben Wochen vor Ablauf des zweijährigen Elternzeitblocks einen neuen Antrag bei ihrem Arbeitgeber. Eine Zustimmung ihres Arbeitgebers braucht sie nicht, da es sich nicht um eine Verlängerung, sondern um eine Neubeantragung handelt.
Verkürzen
Wer die ursprünglich beantragte Elternzeit verkürzen möchte, braucht dazu die Zustimmung seines Arbeitgebers. Lehnt dieser ab, bleibt meist nur noch der Gang vor Gericht. Dort sollte man gute Gründe für seinen Verkürzungswunsch vorbringen können, denn die Richter des Arbeitsgerichtes zwingen Arbeitgeber nur dann per Urteil zur Zustimmung, wenn ein sog. Härtefall vorliegt, so z. B., wenn der Partner arbeitslos wird und dadurch das Familieneinkommen unter das Existenzminimum rutscht oder wenn der andere Elternteil schwer erkrankt ist und deswegen seinen Job aufgeben muss.
Formalien, die Sie beachten sollten
Spätestens sieben Wochen vorher muss der Arbeitgeber von Ihrem Plan, Elternzeit zu nehmen, erfahren, und zwar schriftlich. Eine mündliche Erklärung reicht nicht. Werden diese Formalien nicht eingehalten, verschiebt sich der Beginn der Elternzeit entsprechend nach hinten. Keine Sorge: Ein Verstoß hat nicht etwa zur Folge, dass Ihr Anspruch auf Elternzeit entfällt!
Wichtig
Beantragen Sie Elternzeit für die Zeit zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag Ihres Kindes, ist die...