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Bankenaufsicht im Dialog 2016

Schriftenreihe zum Bundesbank Symposium Band 2

VerlagFritz Knapp Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl184 Seiten
ISBN9783831408733
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis22,99 EUR
2016 ist für die Bankenregulierung ein entscheidendes Jahr: Bis Ende dieses Jahres soll das Basel-III-Rahmenwerk endgültig abgeschlossen sein. Wenn dieses Rahmenwerk international einheitlich umgesetzt ist, wird es einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das Finanzsystem als Ganzes stabiler und sicherer zu machen. Die aktuelle Überarbeitung der Verfahren zur Messung der Bankrisiken und Bestimmung der nötigen regulatorischen Mindestkapitalanforderungen ist sozusagen der Schlussstein des Basel-III-Gebäudes. Auch bei der Europäischen Bankenaufsicht ist noch vieles in Bewegung: Sie setzt sich für eine Beaufsichtigung nach einheitlich hohen Standards ein. Das bildet auf europäischer Ebene den Rahmen für einen stabilen Bankensektor, der seinen Aufgaben für die Volkswirtschaft nachgehen kann. Durch die Aufsichtstätigkeit der EZB konnte bereits ein höherer Grad an Harmonisierung in der Regulierung und Aufsicht in Europa erzielt werden. Bei allen Bestrebungen, ein einheitliches 'level playing field' zu schaffen, muss aber beachtet werden, dass Kreditinstitute sehr unterschiedlich sind - hinsichtlich ihrer Größe und ihres Risikoprofils. Dementsprechend verhältnismäßig sollten sie auch reguliert und beaufsichtigt werden. Diese 'Proportionalitätsdebatte' hat an Fahrt aufgenommen. Die Ergebnisse des diesjährigen Symposiums sind in diesem zweiten Band der Schriftenreihe zum Bundesbank Symposium zusammengetragen. Wie auch schon im letzten Jahr gibt der Band einen Überblick über aktuelle Themen von Bankern und Bankenaufsehern.

Dr. Andreas Dombret Vorstandsmitglied Deutsche Bundesbank

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Leseprobe

Dr. Andreas Dombret

Vorstandsmitglied
Deutsche Bundesbank

Andreas Dombret

Baustelle europäische Bankenunion – gemeinsame Aufsicht, gemeinsame Abwicklung, gemeinsame Einlagensicherung?


1.Einleitung


Die europäische Bankenunion ist ein Großprojekt, bei dem vielfältige Bauarbeiten im Gange sind.

Der erste Bauabschnitt der Bankenunion wurde im November 2014 abgeschlossen, als der einheitliche europäische Aufsichtsmechanismus, kurz SSM, seine Arbeit aufgenommen hat. Seitdem werden die größten Banken des Euro-Raums nach einheitlichen Standards beaufsichtigt. Von dem Tempo, in dem die europäische Bankenaufsicht umgesetzt wurde, können sich andere Großprojekte sicherlich eine Scheibe abschneiden. Natürlich gibt es einige Baumängel und auch den einen oder anderen Konstruktionsfehler, die noch behoben werden müssen. In dem folgenden Beitrag von Frau Sabine Lautenschläger finden Sie dazu mehr.

2.Zwei Säulen der Bankenunion stehen …


Seit Beginn dieses Jahres steht nun auch der zweite Bauabschnitt, der einheitliche europäische Abwicklungsmechanismus, kurz SRM. Sie erinnern sich vielleicht, dass das Vorstandsmitglied des Single Resolution Board, Joanne Kellermann, hier vor einem Jahr vorgetragen und Ihnen den SRB frühzeitig vorgestellt hat.

Der SRM ist eine wichtige Ergänzung zur europäischen Bankenaufsicht. Er soll sicherstellen, dass im Ernstfall, wenn ein Institut nicht mehr überlebensfähig ist, zunächst Eigentümer und Gläubiger die entstehenden Verluste tragen. Danach kann ein mit Bankenabgaben befüllter Abwicklungsfonds einen Beitrag leisten. Die Steuerzahler stehen in dieser Haftungskette ganz am Ende. Dadurch trägt der europäische Abwicklungsmechanismus auch dazu bei, die enge Verbindung zwischen Banken und öffentlichen Finanzen aufzubrechen. Diese enge Verbindung hat, wie Sie alle wissen, während der Krise ein zentrales Problem dargestellt.

Mit diesen beiden Säulen der Bankenunion hat die Europäische Union die Finanzintegration deutlich gestärkt. Was allerdings noch erheblicher Diskussionen bedarf, ist die Frage nach einer dritten Säule – der europäischen Einlagensicherung – auch bekannt als European Deposit Insurance Scheme, kurz EDIS.

3.… die dritte steht noch aus


Besonders in Deutschland wird dieses Thema heiß diskutiert, seit die Europäische Kommission im November vergangenen Jahres als Architektin kühne Pläne zur Bauweise und zum Ablauf in ihrem sogenannten EDIS-Vorschlag entworfen hat. Und nicht zu Unrecht schlagen die Wellen hoch.

Das Ziel der europäischen Einlagensicherung ist dabei so alt wie die Einlagensicherung selbst: Es geht um die Vermeidung eines Bank-Runs durch die Absicherung der Einlagen. Um das zu erreichen, werden ein funktionierender Sicherungsfonds und ein verbindlicher Rechtsrahmen benötigt.

Die Logik der Kommission erscheint erst einmal sehr einleuchtend: In einem europaweit integrierten Finanzmarkt soll das Risiko eines Bank-Runs durch die Absicherung der Einlagen auch europäisch so gering wie möglich gehalten werden. In Fällen, in denen ein rein nationales Sicherungssystem überfordert wäre, soll ein europäisches System der Einlagensicherung einspringen.

Wie sieht nun der Vorschlag der Kommission aus? Ab 2017 ist als erster Schritt bis 2019 eine Rückversicherung vorgesehen – also ein System nationaler Töpfe mit einem europäischen Rückversicherungstopf als Rückendeckung. Daran anschließend soll von 2020 bis 2023 eine Mitversicherung kommen – dann zahlen nationaler und europäischer Topf in einem Insolvenzfall vom ersten Euro an. Der Anteil des europäischen Topfes soll stetig steigen, bis die dritte Stufe beginnt. Spätestens bis 2024 soll eine Vollversicherung auf europäischer Ebene geschaffen sein, in der alle Entschädigungsfälle in den teilnehmenden Staaten europäisch finanziert würden.

Um es direkt zu sagen: Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es irgendwann zu einer Europäisierung der Einlagensicherung als dritter Säule der Bankenunion kommt. Jetzt müssen wir die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen; und dann muss man auch überlegen, wie eine dritte Säule das Ziel – also die Sicherung der Einlagen und damit die Verhinderung eines Bank-Runs – am besten erreichen kann.

Diejenigen, die schon ein Haus gebaut haben, wissen, dass es dabei nicht nur um kühne Pläne geht, sondern dass auch die Rahmenbedingungen wie die Beschaffenheit des Bodens und des Baugebiets beachtet werden müssen. Und was die Rahmenbedingungen angeht, müssen für diesen dritten Bauabschnitt noch einige Vorarbeiten geleistet werden.

4.Keine Säule ohne Fundament


Vielleicht kennen Sie die Geschichte von Sherlock Holmes und Dr. Watson, die einen Campingausflug machen:

Nach einem guten Abendessen und einer Flasche Wein legen sie sich in ihr Zelt zum Schlafen. Stunden später erwacht Holmes und weckt seinen Freund. „Watson, sieh dir den Himmel an und sag mir, was du siehst.“ Watson blickt nach oben und antwortet: „Ich sehe Millionen von Sternen.“ „Und was sagt dir das?“, fragt Holmes. Watson grübelt kurz und meint: „Astronomisch heißt dies, dass da draußen Millionen von Galaxien sind und möglicherweise Billionen Planeten. […] Logischerweise schließe ich daraus, dass es ungefähr Viertel nach Drei ist. […] Meteorologisch vermute ich, dass morgen gutes Wetter sein wird. Wieso, was sagt es dir?“ Holmes schaut ihn kurz an und sagt: „Watson, du Dummkopf, jemand hat unser Zelt gestohlen.“

Wie den beiden Profi-Detektiven sollte es auch den Konstrukteuren der gemeinsamen Einlagensicherung darum gehen, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Und unser wesentliches Ziel ist die Sicherung der Einlagen der Kunden. Zweitrangig ist dabei für mich zunächst die Frage, ob dies zum jetzigen Zeitpunkt zwangsläufig auf europäischer Ebene erfolgen muss.

Aus meiner Sicht sind vielmehr drei Faktoren entscheidend, um die dritte Säule der Bankenunion so stabil wie möglich zu bauen:

Erstens müssen notwendige Vorbedingungen erfüllt sein;

zweitens müssen wir genau überlegen, ob der Kommissionsvorschlag das beste Vorgehen zur Erreichung unseres Zieles ist und

drittens dürfen bewährte nationale Systeme nicht einfach über Bord geworfen werden.

Ich gehe auf diese drei Faktoren im Folgenden näher ein. Beginnen wir mit den notwendigen Vorbedingungen. Ein wesentlicher Punkt, wenn wir über Einlagensicherung sprechen, sind stabile Banken. Sie sind der allerbeste Schutz für Einlagen. Und hier müssen wir in Europa noch einiges tun. Dazu gehört für mich vor allem Folgendes:

Erstens können Risiken auf europäischer Ebene nur dann vergemeinschaftet werden, wenn alle Mitglieder des gemeinsamen Sicherungssystems sich im gleichen Maße anstrengen, die Risiken zu begrenzen. Hierzu ist es unerlässlich, dass die bestehenden Regeln auch von allen umgesetzt und eingehalten werden. Dazu gehört vor allem, die vereinbarten Maßnahmen zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten einerseits und zur Harmonisierung der bestehenden Einlagensicherungssysteme andererseits umzusetzen. Leider werden derzeit noch nicht alle Mitgliedsstaaten diesem Anspruch gerecht. Und diese Regeln müssen nicht nur umgesetzt, sie müssen auch effektiv angewendet werden. Dazu ist es beispielsweise erforderlich, dass ein hinreichender Puffer an bail-in-fähigen Verbindlichkeiten vorliegt und dass der Bail-In dann auch rechtssicher möglich ist. Dies macht Nachsteuerungen bei der insolvenzrechtlichen Behandlung notwendig.

Zweitens geht es mir um die Auflösung der Banken-Staaten-Verbindung: Viele Banken in der EU verfügen in ihren Bilanzen über beträchtliche Forderungen an Staaten, insbesondere an den jeweiligen Heimatstaat. Damit verbunden sind natürlich entsprechende Kredit- und Konzentrationsrisiken. Solange aber das Halten von Staatsanleihen noch regulatorisch bevorzugt wird, haben die Banken keinen Anreiz, diese Risiken in ihren Bilanzen abzubauen und bleiben damit von der wirtschaftlichen Lage des Heimatlandes abhängig. Bliebe es bei dem Status quo, könnten durch eine gemeinsame Einlagensicherung Staatsschulden quasi durch die Hintertür vergemeinschaftet werden.

Eine solche politische Versuchung und Zweckentfremdung der gemeinsamen Einlagensicherung muss nach meiner festen Überzeugung unbedingt vermieden werden. Es ist daher erfreulich, dass die EU-Kommission in ihrem Vorschlag für eine...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 110
Kapitel 232
Kapitel 370
Kapitel 490
Kapitel 5116
Anhang150

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