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E-Book

Business im Land der aufgehenden Sonne

Strategien für langfristigen Erfolg in Japan

AutorVolker Zotz
VerlagRedline Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl200 Seiten
ISBN9783864146176
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Aktuelles Insider-Wissen und kultureller Background für Alltag und Berufsleben. Wer im Land der aufgehenden Sonne leben, Fuß fassen und Geschäfte machen will, muss mehr als sonstwo auf der Welt über geltende Prinzipien in Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft Bescheid wissen. Japan-Experte Volker Zotz hat ein Wirtschaftssachbuch geschrieben, das es Europäern ermöglicht, sich im pazifischen Inselstaat souverän zu behaupten. Neben einem Überblick über Verhandlungsgepflogenheiten, Organisationsstrukturen, Kommunikationsstil und Konventionen in der Geschäftswelt hat Zotz viele praxiserprobte Verhaltensregeln parat. Was ist angemessen, was sind die No-gos? Alltagsepisoden und Erfahrungsberichte zeichnen ein realistisches Bild des heutigen Japan.

Volker Zotz ist promovierter Experte für Kultur und Gesellschaft Süd- und Ostasiens. Er lebte und arbeitete jahrelang in Japan und Indien. Er ist Professor an der Universität Luxemburg und berät außerdem Institutionen und Unternehmen zum Thema Interkulturelles Management.

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Leseprobe

„Wir sind in Japan“


Es roch intensiv nach Sake, dem heißen Reiswein, den ich gerade nachschenkte und der auch auf den Nachbartischen die Becher füllte. Der deutsche Wissenschaftler, der mir an diesem Abend in einem kleinen Restaurant in Ôsaka gegenübersaß, war sichtlich nervös. Seit über einer Woche verhandelte er schon mit japanischen Fachkollegen eines Instituts in der Region Kansai über die geplante Kooperation bei einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt. Weil er ursprünglich annahm, nach spätesten drei Tagen müsste alles geklärt sein, beschlich ihn das verzweifelte Gefühl, seine Mission wäre zum Scheitern verurteilt. Ein Bekannter, dem er telefonisch sein Leid nach Mannheim klagte, riet ihm, mit mir Kontakt aufzunehmen, um die Angelegenheit zu besprechen. Jetzt rutschte er am Boden auf der Strohmatte vor unserem niedrigen Tisch hin und her, warf gelegentlich einen missbilligenden Blick auf die vor ihm stehenden Speisen und machte dem Ärger über seine Gesprächspartner Luft:

„Diese Japaner führen etwas im Schilde. Ich glaube, die haben kein wirkliches Interesse, sondern wollen mich nur systematisch aushorchen. Immer, wenn ich zur Sache komme, weichen sie auf andere Themen aus. Sie fragen mich nie klar und deutlich, was sie wissen möchten, sondern stellen seltsame indirekte Fragen, bei denen ich doch oft merke, worauf sie hinauswollen. Vielleicht halten die mich ja für blöd. Aber es ist ganz klar, dass da etwas faul ist, denn die können mir nicht einmal offen in die Augen sehen.“

Anstatt auf seine Klagen einzugehen, sprach ich einige Minuten über die Vorspeisen auf unserem Tisch, die Goldpartikel, die den speziellen Sake in unseren Bechern veredelten, und über die Vorzüge des köstlichen Fischs, den wir später noch essen sollten. Mein Gegenüber, der den Gaumenfreuden im Land der aufgehenden Sonne offensichtlich wenig abgewann, sah mich befremdet an. Man spürte regelrecht, wie er wegen meiner Reaktion auf seine Verhandlungsnöte vermuten musste, das Leben in Asien wäre meinem Geist vielleicht nicht gut bekommen.

Schließlich wollte ich seine Geduld nicht allzu lange strapazieren und sagte in einem kurzen Satz, was mir zu den gerade von ihm gehörten Erzählungen einfiel: „Wir sind in Japan.“ – Natürlich trug diese Erklärung nicht unmittelbar dazu bei, dass sich der Mann in meiner Gegenwart wohler fühlte.

„Wir sind in Japan.“ Als ob ihm das nicht selber aufgefallen wäre! Nach zehnstündigem Flug mit folgendem Jetlag, seither täglichen und oft unüberbrückbaren Verständigungsschwierigkeiten sowie jenem Nattô, einer schleimigen Mahlzeit aus vergorenen Sojabohnen, mit der man seine Ekelschwelle bereits am ersten Tag bei einer Einladung zum Essen über Gebühr herausforderte, schien es ihm nur allzu klar, wo er sich befand.

Aber war es ihm tatsächlich klar? Er kam mit seinen europäischen Erwartungen im geistigen Gepäck, als ob diese überall und selbstverständlich Gültigkeit beanspruchen dürften. Darum setzte er zum Beispiel für Verhandlungen, die in der Heimat schätzungsweise zwei Tage beanspruchten, in Japan nicht viel mehr Zeit an. Weil die Dinge überhaupt nicht wunschgemäß funktionierten und nicht nur das Essen ganz anders schmeckte als in Umgebungen, die er gewohnt war, bemerkte er schmerzlich, wie er sich auf nicht vertrautem Terrain bewegte. Aber ganz offensichtlich nahm er immer noch nicht zur Kenntnis, dass er in Japan war. Hätte er das getan, wäre er auf das Nächstliegende gekommen, nämlich die simple Frage: Wie sind die Dinge hier?

Natürlich ging der gebildete Mann vage davon aus, dass in Japan vieles anders sein müsste als in Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika, die er gut kannte. Aber er fragte sich selbst und andere nicht konkret nach den Differenzen und ging lieber den bequemeren Weg, in der eigenen Kultur übliche Kommunikationsweisen für allgemein menschlich zu halten. Mit anderen Worten: Er begann zu agieren, bevor er überhaupt hingeschaut und zugehört hatte.

Doch wie sind die Dinge hier? Ich forderte meinen Begleiter auf, seinen Blick unauffällig zu den Nebentischen zu wenden. Der Großteil der Menschen, die hier zum Essen und Trinken beisammen saßen, waren augenscheinlich Arbeitskollegen und gute Bekannte. „Sie werden zwischen diesen Leuten, die täglich beruflich miteinander umgehen, keinen direkten Blickkontakt sehen. Japaner schauen bei Gesprächen anderen nie in die Augen. Das würde nicht als Ausdruck von Offenheit und Ehrlichkeit empfunden werden, sondern als ungebührliche Intimität. Wenn Ihnen die Verhandlungspartner nicht in die Augen sehen, hat das ganz sicher nichts mit Unredlichkeiten bei den Gesprächen zu tun.“

In ähnlicher Weise stimmten weitere Voraussetzungen nicht, von denen der deutsche Forscher ausging. Besser wäre er mit zumindest einem Kollegen oder Assistenten nach Japan gekommen. Das Team, das sich mit seinen Vorschlägen auseinandersetzte, hätte eine Gruppe als Gegenüber geschätzt, denn die Auseinandersetzung mit einer einzigen Person erleben viele Japaner, die in der Regel das Gegenteil von Einzelkämpfern sind, als äußerst zähe Aufgabe. Aber sogar wenn die Anwesenheit mehrerer Deutscher das Klima verbessert hätte, wäre mehr Zeit nötig gewesen. In zwei Tagen lässt sich in Japan sicher kein Konzept zur Zusammenarbeit verkaufen. Hier nimmt man sich für Entscheidungen grundsätzlich Zeit, und jede Kooperation bedarf längerer Vorgespräche in wiederholten Treffen.

Kommen dabei häufig Themen zur Sprache, die nach dem Eindruck der meisten Ausländer nicht den geringsten Bezug zur eigentlichen Sache haben, sind dies weder unnötige Umschweife, noch geht es darum, jemanden auszuhorchen. In Japan unterscheidet man bei Kontaktaufnahmen in der Regel nicht zwischen kurzfristigem Zusammenwirken und dauerhaften Beziehungen. Alles wird mit dem Ernst behandelt, der den meisten Europäern nur angebracht schiene, wenn man ein dauerhaftes Engagement anstrebte. In Japan gilt jedoch jede Beziehung als zumindest potenziell langfristig. Darum möchte man jene genau kennen, denen man Zusagen gibt. An diese fühlt man sich dann nämlich unter allen Umständen gebunden.

Nachdem ich diese Punkte kurz angesprochen hatte, empfahl ich meinem Gesprächspartner, für den Rest des Tages ganz zu vergessen, welches konkrete Ziel er eigentlich mit seinem Besuch in diesem Land erreichen wollte. Ich lenkte unsere Unterhaltung auf die Stimmung und die Vorgänge in diesem sehr traditionellen Lokal, in dem wir saßen. Auf diesem Treffpunkt bestand ich, nachdem er bei seinem Anruf vorgeschlagen hatte, mich in seinem Hotel in ein Restaurant mit französischer Küche einzuladen.

Der Mann sollte heute zum Abendessen am Boden sitzen, wie es seine Verhandlungspartner, denen er nicht nahegekommen war, jetzt in ihren Häusern taten. Er sollte ähnliche Dinge genießen wie diese – oder eben sehen, dass er zu deren Genuss noch nicht in der Lage war. Er sollte in diese ihm neue Situation eintauchen, in die ungewohnte Art zu sitzen, in eine akustische Kulisse, in der er viele Geräusche und die Aussagen der Worte, die den Raum erfüllten, nicht interpretieren konnte. Es ging um das Spüren jener atmosphärischen Kluft, die er würde überbrücken müssen, bevor er hier mit seinen Vorhaben erfolgreich sein dürfte.

Man muss für einige Zeit hinter sich lassen können, was man erreichen will, um einfach zu sehen, zu hören, zu schmecken, zu riechen und zu fühlen, wie die Dinge dort sind, wo man ein Ziel anstrebt. Das schlichte Wahrnehmen ist in interkulturellen Kontexten oft bedeutsamer als intellektuelles Verstehen. Weitaus nicht alles, was beobachtend nachempfunden werden kann, lässt sich mit dem Kopf begreifen. Wichtiger als unbedingt immer verstehen zu wollen, ist es deshalb, sich Erlebnisse gefallen zu lassen. Innere Widerstände protestieren angesichts des Unvertrauten: „Das lasse ich mir nicht gefallen!“

Aber um langfristiger Erfolge willen sollte man annehmen, was der Gewohnheit als Zumutung erscheint, und darauf hinarbeiten, echten Gefallen daran zu finden. Interkulturelle Herausforderungen können zu anregenden und bereichernden Erfahrungen werden, sobald man sie wahr- und annimmt. Das gilt für undurchschaubares Verhandlungsgebaren genauso wie für Mahlzeiten, bei deren Anblick sich der Magen zusammenkrampfen will. Man muss sich ganz bewusst immer mehr gefallen lassen.

Dieses Buch bietet jenen Menschen...

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