Wer das Verhalten des Menschen ergründen will, sollte mit dem Gehirn beginnen. Umgeben von Schädeldecke und speziellen Membranen findet man die im Schnitt etwa 1300g schwere, gallertartige Masse schwimmend in der Hirnflüssigkeit. Dieses Gewicht klingt, gemessen am Rest des Körpers vergleichsweise unbedeutend, jedoch ist der Energiebedarf der Nervenzellen so gewaltig, dass das Gehirn bis zu 20% des Sauerstoffs im Körper verbraucht und 60% des gesamten Glukosevorrats aufzehrt.
Der Rundgang durch das menschliche Gehirn führt, einem Hausbau ähnlich, vom entwicklungsgeschichtlich ältesten Teil, dem Keller, zur final errichteten Garage, dem Kleinhirn.
Abbildung 1: MRT-Bild eines menschlichen Gehirns, Christian R. Linder,
(Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/3/31/Labeledbrain.jpg)
An der Basis, im Keller gewissermaßen, findet sich der älteste Teil des Gehirns und die Fortsetzung des Rückenmarks, der sogenannte Hirnstamm. Dieser besteht aus dem Mittelhirn, der Brücke (Pons) sowie der Medulla oblongata, auch verlängertes Mark genannt. Der Hirnstamm enthält alle auf- und absteigenden Nervenstränge welches Gehirn und Rückenmark miteinander verbinden. Außerdem obliegt ihm die Schwerarbeit im Gehirn, denn in jeder Sekunde des Tages ordnet und steuert der Hirnstamm viele der unbewussten Lebensvorgänge, unter anderem Herzfrequenz und Kontrolle des Gesichtsausdrucks. Auch kreuzen sich hier die Nervenfasern der beiden Körperhälften und laufen zur entgegengesetzten Seite des Gehirns weiter: Die rechte Gehirnhälfte steuert die linke Körperseite und umgekehrt.
Weiter darüber, im Erdgeschoss, ist das Mittel- oder Zwischenhirn beheimatet. Der obere Teil des Mittelhirns enthält wichtige Zellansammlungen für das Seh- und Hörvermögen, im unteren Teil befindet sich die Steuerzentrale für Augenbewegung sowie die unteren Hirnabschnitte. Ebenfalls findet sich hier das primitive „Herz“ des Gehirns: Das Limbische System, der Thalamus und der Hypothalamus. Diese Strukturen beeinflussen zu einem Großteil die „primitiven“ Aspekte des Menschen wie Gefühle, Angst und elementare Überlebenstriebe.
Wichtiger, aber als Hormondrüse nicht wirklich zur Gehirnstruktur zählender Teil ist die Hypophyse (griechisch „das unten anhängende Gewächs“, deutsch Hirnanhangdrüse). Sie liegt in Höhe der Nase mitten im Kopf und sitzt auf einem Knochenteil der Schädelbasis, der Türkensattel (lateinisch-anatomisch Sella turcica) genannt wird. Sie setzt sich aus einem Teil der Hirnwand und einer Ausstülpung des Munddachs zusammen.
Das Dachgeschoss beansprucht den größten Teil des Hauses und gliedert sich in zwei Wohngemeinschaften, welche jeweils in vier Zimmer unterteilt sind. Jede dieser WGs beheimatet eine Gehirnhälfte (Hemisphäre) der Großhirnrinde und jedes Zimmer einen der sogenannten Lappen.
Die Großhirnrinde (Cortex cerebri) macht den Menschen erst zu dem was er ist, denn in diesem Gehirnareal verbirgt sich ein großer Teil unseres Bewusstseins, die Empfindlichkeit für die uns umgebende Umwelt, unsere motorischen Fähigkeiten, das Denk- und Vorstellungsvermögen sowie einzigartige sprachliche Fähigkeiten.
Als kleiner Anbau im Anschluss findet sich nun die Garage, der Sitz des Kleinhirns. Dieses hat unter anderem die Aufgabe, ein komplexes Muster an Nervensignalen zu erzeugen, die für koordinierte Bewegungen erforderlich sind, aber es spielt auch eine Rolle für die grundlegenden Aspekte des Lernens.[15]
Dem Hypothalamus als oberste Hormonschaltzentrale kommt eine wesentliche Funktion für die Aufrechterhaltung des inneren Milieus (Homöostase) jeden Körpers zu. Er reguliert die Schilddrüsenfunktion, das Wachstum, den Schlaf-Wach-Rhythmus (innere Uhr), den Appetit und die Sättigung, den Sexualtrieb, Körpertemperatur, den Energiehaushalt und das Körpergewicht ebenso wie den Salz- Wasserhaushalt. Zum Zwischenhirn zählend liegt er auf der unteren Seite des Gehirns im vorderen Drittel.[16]
Zellen des Hypothalamus können über Verschaltungen sowohl auf das untergeordnete vegetative Nervensystem als auch auf die Ausschüttung verschiedener Hormone Einfluss nehmen. Besondere Bedeutung hat das Zusammenspiel von Hypothalamus und Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Einerseits über die Ausschüttung verschiedener chemischer Substanzen (Releasinghormone) ins Blut, andererseits über direkte Nervenverbindungen, die Regelmechanismen zwischen beiden Organen, welche einen Großteil der hormonellen Vorgänge des Körpers steuern.
Unter funktionellen Gesichtspunkten gesehen unterteilt man die etwa 15, den Hypothalamus umfassenden Kerne in drei Gruppen. Der wichtigsten dieser Gruppen, der periventrikuläre Zone, obliegt die Kontrolle der Hypophyse und der Biorhythmen. Das zweite Gebiet, auch mediale Zone genannt, dient als Relaisstation zwischen Vorderhirn, insbesondere dem limbischen System und der periventrikuläre Zone. Die dritte und letzte, die laterale Zone, erhält ihre Informationen über die wichtigste Dopaminbahn des Gehirns, der medialen Zone. Assoziiert wird dieses laterale Kerngebiet mit generellen Aufmerksamkeits- und Erregungszuständen des Menschen.
In enger funktioneller Assoziation mit Strukturen des limbischen Systems im Großhirn scheint der Hypothalamus daher eine wichtige Rolle in der Vermittlung der Gefühle „Freude und Wohlbefinden“ und „Wut und Aggression“ zu spielen.
Enge Verbindungen zum Hypothalamus besitzt das limbische System. Am eindeutigsten ist die Rolle des limbischen Systems für das Gedächtnis, es integriert äußere und innere Einflüsse und bewertet diese emotional. Es liegt tief im Hirn und enthält Teile aller Hirnlappen. Es hat Verbindungen zu vielen der tieferen Strukturen im Gehirn und zum Geruchsapparat.
Im einzelnen handelt es sich bei diesen Strukturen um den Mandelkern (Amygdala), den Hippocampus, die Area septalis und die assoziierten Strukturen des Cortex, den limbischen Cortex der den Balken direkt umgibt, und den Cortex orbitofrontalis im unteren Teil des vorderen Stirnlappens.
Evolutionär ist das limbische System vermutlich der älteste Teil des Großhirns und war ursprünglich im wesentlichen als Auswertungs- und Umschaltinstanz für Geruchsinformationen tätig.
Abhängig von olfaktorischen Reizen kann man bei vielen Fischen, Amphibien und Reptilien sehr unterschiedliche Verhaltensweisen wie Angriff, Paarungsverhalten oder Flucht auslösen. Diese Beobachtung hat dazu geführt, dass manche Hirnforscher die Gehirne dieser Tiere als „rein limbisch“ bezeichnen. Nach Meinung dieser Autoren besitzen „niedere“ Vertebraten (Wirbeltierchen) keine assoziativ arbeitenden Gehirnteile, sondern sind stereotyp funktionierende Instinktwesen.[17] [18]
Abbildung 2: Das limbische System, eigene Darstellung
Angesiedelt im limbischen System gilt sie als Kerngebiet des Gehirns im medialen Teil des Temporallappens. So groß ist wie eine Mandel und ebenso geformt, trägt sie den griechischen Namen: Amygdala - Mandelkern. Etwa in der Mitte unseres Gehirns ist die Amygdala gleich mit zwei symmetrisch angeordneten Exemplaren vertreten. Entsprechend der auch sonst im Hirn üblichen verdrehten Verhältnisse kümmert sich dabei die rechte Ausgabe um die Eindrücke aus der linken Körperhälfte, die linke um die der rechten.
Die Amygdala besteht aus mehreren Untereinheiten, die nach funktionellen Aspekten in die corticomedialen und basolateralen Gruppen zusammenfasst werden können. Der basolaterale Teil der Amygdala erhält Informationen aus sämtlichen Sinnessystemen, sowohl direkte aus dem Riechkolben und den thalamischen Schaltkernen, als auch indirekte aus dem entorhinalen Cortex. Dieser gilt als zentrale Stelle für die Informationsverarbeitung aller außer- und innercorporalen Sinneseindrücke und ist somit die zentrale Modulationsstation für Sinneseindrücke, die später den Hippocampus passieren und in das eigentliche Kerngebiet des limbischen Cortex eingespeist werden.[19]
Der corticomediale Teil kommuniziert ausführlich mit dem Hypothalamus und beeinflusst so die Freisetzung von Stresshormonen und das vegetative Nervensystem. Deren...