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E-Book

Das Fibromyalgie-Syndrom

AutorDieter Pongratz, Tom Laser
VerlagW. Zuckschwerdt Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl181 Seiten
ISBN9783886039371
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR

Das Fibromyalgie-Syndrom wurde 1990 als solches definiert. Dennoch ist es unter den Ärzten in Deutschland noch immer nicht durchgehend als Krankheitsbild anerkannt. Das Buch soll helfen, das Syndrom zu erkennen und entsprechende therapeutische Maßnahmen zu ergreifen. Ausführliche Kapitel u.a. zur Muskeldysbalance, Stadien der Fibromyalgie, zum diagnostischen Vorgehen und zur ambulanten und stationären Behandlung sind ebenso enthalten wie Ausführungen zum Gespräch mit dem Patienten oder in der Gruppe. Ein Übungsteil zur Selbstdehnung mit anschaulichen Abbildungen rundet das Buch ab.

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Leseprobe

2 Schmerzphänomene (S. 3)

2.1 Definition

Das Wort Fibromyalgie beherbergt Begriffe wie Fasern, Muskeln und Schmerz. Der besondere „Faser-Muskel-Schmerz" steht dabei synonym für eine Fülle von Symptomen, die das Fibromyalgie-Syndrom bilden. Der Ganzkörperschmerz ist das Leitsymptom, das die Betroffenen mit einer Fibromyalgie zu ihrem Arzt führt. Weil wir immer wieder vom Schmerz, seiner Entstehung, seiner Bedeutung, seiner Bewertung, seiner Diagnose und seiner Therapie sprechen, ist es nur logisch, zumindest den Versuch zu unternehmen, den Schmerz zu definieren.

Die Evolution lebender Organismen ist ohne Entwicklung der Sinnesorgane nicht denkbar. Tiere und Menschen besitzen neben den Sinneseindrücken und deren Bewertung auch einen „siebten Sinn", den Schmerz. Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass auch Pflanzen eine Schmerzempfindung und damit so etwas wie ein Schmerzgedächtnis besitzen. Für lebende Organismen ist der Schmerz für das Überleben und die Gesundheit absolut essenziell, wichtiger als die Sinnesorgane selbst.

Viktor von Weizsäcker formulierte im Jahr 1927 die „Urszene menschlichen Schmerzempfindens" mit folgender Ausführung:

„Wenn die kleine Schwester den kleinen Bruder in Schmerzen sieht, so findet sie vor allem Wissen einen Weg: Schmeichelnd findet den Weg ihre Hand, streichelnd will sie ihn dort berühren, wo es ihm wehtut. So wird die kleine Samariterin zum ersten Arzt. Ein Vorwissen um eine Urwirkung waltet unbewusst in ihr, es leitet ihren Drang zur Hand und führt die Hand zur wirkenden Berührung. Denn dies ist es, was der kleine Bruder erfahren wird: die Hand tut ihm wohl. Zwischen ihn und seinen Schmerz tritt die Empfindung des Berührtwerdens von schwesterlicher Hand und der Schmerz zieht sich vor dieser neuen Empfindung zurück."
Der Schmerz begleitet alle Lebewesen bei Verletzungen und Krankheiten und sorgt für die nötige Schonung. Zum Beispiel läuft ein Hund so lange auf drei Pfoten umher, bis die schmerzhafte vierte Pforte beim Belasten nicht mehr weh tut. Auf diese Weise gewinnt der Körper Zeit für lebensnotwendige physiologische Heilungsprozesse. Je weiter die Genesung fortschreitet, desto mehr nehmen die Schmerzen ab. Der Schmerz limitiert die Aktivität und reguliert den Lebensrhythmus.

In früheren Kulturen wurde der Schmerz immer als eine dämonenhafte Krankheit verstanden. Bis in die Neuzeit haben sich Exorzismus und Austreibung des Bösen in verschiedenen Varianten gehalten. Auch in der heutigen Zeit gilt der Ausspruch: „Bös muss bös vertreiben". Aderlässe, Brechmittel und Abführmittel waren und sind z.T. heute noch der Versuch, den Krankheitsverlauf zu beeinflussen und die Schmerzen damit „auszuleiten".

Schmerzgeplagte wünschen sich verständlicherweise ein Leben ohne Schmerzen. Folgerichtig müsste man glauben, dass es kaum etwas Erstrebenswerteres geben kann als ein Leben ohne Schmerzen. Dies ist nicht nur eine Illusion, sondern wäre absolut fatal. Einige Menschen haben eine absolute Schmerzunempfindlichkeit und sind am sogenannten Analgesie-Syndrom erkrankt.

Man könnte sagen, sie erfreuen sich eines solchen Syndroms, aber tatsächlich leiden sie unter dieser Erscheinung. Betroffene mit dieser Anlagestörung bemerken nicht, wenn sie sich verletzen. Banale, im Alltag zugezogene Verletzungen bleiben unbemerkt, schmerzbedingte Reflexe und Schutzmechanismen fehlen, sodass der Schmerz, schon in Urzeiten als „bellender Wächter der Gesundheit" tituliert, diese Wächterfunktion nicht ausüben kann.Bald zeigen diese Patienten überall am Körper verstümmelnde Narben, Eiterungen und Verkrüppelungen.

Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
1 Einleitung8
2 Schmerzphänomene10
2.1 Definition10
2.2 Pathophysiologie von Schmerz und Nozizeption12
2.3 Schmerzchronifizierung und Schmerzgedächtnis13
2.4 Der Schmerz als Freund17
2.5 Der Schmerz als Feind18
2.6 Der Mensch im Umgang mit Schmerzen19
3 Die Muskeldysbalance21
3.1 Muskelfaserqualitäten21
3.2 Entstehung der muskulären Dysbalance26
3.3 Reflektorische Hemmung und reziproke Innervation26
3.4 Gestörte Dynamik27
3.5 Trigger-Punkte29
3.6 Tendomyose31
3.7 Tender-Points („Maximalpunkte“)33
3.8 Auslösende Faktoren der muskulären Dysbalance33
3.9 Fallbeispiele38
3.10 Wechselwirkungen von muskulärer Dysbalance und Psyche42
3.11 Auswirkungen der Muskelverspannungen auf die Psyche43
4 Das Fibromyalgie-Syndrom: Eskalation der muskulären Dysbalance?47
4.1 Definition47
4.2 Epidemiologie49
4.3 Ätiologie und Pathogenese (D. Pongratz)49
4.4 Symptomatologie und Klinik der Fibromyalgie52
4.5 Prodromalerscheinungen der Fibromyalgie57
4.6 Anatomische und funktionelle Bemerkungen zur Muskulatur58
4.7 Schmerzreflektorische Bewegungseinschränkung60
4.8 Muskelschmerz und Funktionsdefizit62
4.9 Muskelkrämpfe65
4.10 Fibromyalgie und Persönlichkeitsstruktur65
5 Stadien der Fibromyalgie67
5.1 Frühstadium67
5.2 Fehlende Wiederherstellung der muskulären Dysbalance und Ausbildung einer Fibromyalgie-Symptomatik68
5.3 Eskalationstendenz der beginnenden Fibromyalgie70
5.4 Schlafstörungen72
5.5 Endstadium76
6 Diagnostisches Vorgehen77
6.1 Anamnese77
6.2 Inspektion79
6.3 Palpation79
6.4 Funktionsuntersuchung der Muskulatur auf Dehnbarkeit81
6.5 Provokationstests der Muskeln81
6.6 Manuelle Untersuchung84
6.7 Technische Untersuchungen bei der Fibromyalgie93
7 Therapie der Fibromyalgie97
7.1 Medikamentöse Behandlung (D. Pongratz)97
7.2 Physiotherapie bei der Fibromyalgie99
7.3 Infiltrationsbehandlung bei der Fibromyalgie104
7.4 Akupunktur105
7.5 Lasertherapie105
7.6 Physikalische Maßnahmen106
7.7 Psychotherapie109
8 Allgemeine Differenzialdiagnose chronischer Muskelschmerzen (D. Pongratz)110
8.1 Allgemeines Vorkommen110
8.2 Pathogenese und Symptomatik der Muskelschmerzen110
8.3 Ursachen der Muskelschmerzen110
8.4 Ischämische Muskelerkrankungen111
8.5 Metabolische Myopathien111
8.6 Toxische Myopathien111
8.7 Muskelschmerz als Begleitsymptom anderer Erkrankungen112
8.8 Muskelschmerz bei Gelenkerkrankungen112
8.9 Muskelschmerz durch ossäre Ursachen112
8.10 Projizierte Muskelschmerzen112
8.11 Übertragene Muskelschmerzen112
9 Das ärztliche Gespräch114
10 Das Gespräch im Team115
11 Ambulante und stationäre Behandlung116
12 Selbsthilfegruppen118
13 Gutachterliche Probleme und sozialmedizinische Konsequenzen119
14 Schlussbemerkung126
15 Übungsteil zur Selbstdehnung130
Übung 1132
Übung 2134
Übung 3136
Übung 4138
Übung 5140
Übung 6142
Übung 7144
Übung 8146
Übung 9148
Übung 10150
Übung 11152
Übung 12154
Übung 13156
Übung 14158
Übung 15160
Übung 16162
Übung 17164
16 Literatur166
17 Stichwortverzeichnis174

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