6 Frühes Ovarialkarzinom (FIGO I–IIA): Prognose und operative Therapie (S. 7)
Bei etwa 30 % der Patientinnen mit einem Ovarialkarzinom ist die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung auf das kleine Becken begrenzt (Stadium FIGO I oder II). In diesen Frühstadien bestehen gute Aussichten auf eine dauerhafte Heilung. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt stadienabhängig bei 65 bis 90 %. Der wichtigste Prognosefaktor ist das Stadium (FIGO IA,B,C, IIA,B, C).Weitere Prognosefaktoren mit unabhängigem Wert sind Grading,Tumorruptur und Therapiequalität. Bei gesichertem Stadium FIGO IA mit Grading 1 ist ein fertilitätserhaltendes operatives Vorgehen möglich, d. h. Belassung des Uterus und des kontralateralen Ovars nach adäquatem chirurgischem Staging.
Organerhaltendes Vorgehen war bei höherem Stadium >, FIGO IC und Grading G2 oder G3 in einer Metaanalyse mit einem höheren Rezidivrisiko assoziiert. Bei endoskopischer Entfernung eines Ovarialtumors ist die komplette Entfernung unter Vermeidung einer Ruptur erforderlich. Bei endoskopisch anoperiertem Ovarialkarzinom ist das Staging durch Längsschnittlaparotomie baldmöglichst anzuschließen, da ein ausschließlich endoskopisches Staging weniger akkurat ist.
Folgende Inspektions-/Operationsschritte sind nötig:
– Längsschnittlaparotomie
– Peritonealzytologie (Aszites/Peritonealflüssigkeit) oder Spülung mit physiologischer Kochsalzlösung
– Inspektion und Palpation der gesamten Abdominalhöhle: Zwerchfellkuppeln, Leberoberfläche, Gallenblase, Milz, Magen, Pankreas, Nieren, Omentum majus, Dünndarm vom Treitz’schen Band bis Ileozökalklappe inkl. Mesenterialwurzel, parakolische Rinnen, Dickdarm vom Zökum bis zum Rektum, paraaortale Lymphknoten, pelvine Lymphknoten,Adnexe beidseits,Uterus, Beckenperitoneum
– Biopsien aus allen auffälligen Stellen/Verwachsungen
– multiple Peritonealbiopsien aus unauffälligen Regionen (Harnblasen-, Douglasperitoneum, parakolische Rinnen, Zwerchfell)
– Adnexexstirpation beidseits (hohes Absetzen der Gefäßbündel, Vermeidung Kapselruptur)
– Hysterektomie
– Omentektomie, mindestens infrakolisch
– Appendektomie (bei muzinösem und intraoperativ unklarem Tumortyp)
– pelvine Lymphonodektomie beidseits
– paraaortale Lymphonodektomie (beidseits der Aorta/V. cava bis Höhe Vv. renales)
– bei Adhäsion/Verwachsung des Tumors zum Peritoneum: Resektion, ggf. extraperitoneales Vorgehen
Statements
Die systematische chirurgische Exploration ist von entscheidender Bedeutung für die Festlegung des Stadiums und die Entscheidung über eine Chemotherapie. GoR A [3–5]
Die vollständige Entfernung aller makroskopisch erkennbaren Tumormanifestationen ist mit einem längeren Überleben und einer höheren Heilungsrate assoziiert. GoR A [1, 3]
7 Frühes Ovarialkarzinom (FIGO I–IIA): Adjuvante Therapie
Patientinnen mit frühem Ovarialkarzinom im Stadium IA, Grad 1 benötigen keine adjuvante Chemotherapie.Voraussetzung ist ein adäquates chirurgisches Staging. Patientinnen mit frühem Ovarialkarzinom Stadium FIGO I–IIA, außer Stadium IA, Grad 1 profitieren von einer platinhaltigen Chemotherapie sowohl hinsichtlich des Gesamt- (Verbesserung der 5-Jahres-Überlebensrate um 8 %) als auch des krankheitsfreien Überlebens (Verbesserung der 5-Jahres-Überlebensrate um 11 %). Für platinhaltige Kombinationstherapien im Vergleich zur Platinmonotherapie wurde bisher kein Überlebensvorteil in prospektiv randomisierten Studien nachgewiesen.
Ebenso ist die optimale Anzahl von Zyklen, die verabreicht werden soll, nicht geklärt. In einer randomisierten, aber unter-powerten GOG-Studie zeigten 6 Zyklen Platin/Paclitaxel keinen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber 3 Zyklen derselben Therapie. In den randomisierten Studien der EORTC und ICON wurden 4–6 Zyklen eingesetzt, zumeist waren im Protokoll 6 Zyklen vorgesehen.