Einleitung
Die Menschen handeln bereits seit Tausenden von Jahren mit Waren und Dienstleistungen. Es begann mit dem direkten Handel, dem Tauschhandel, bei dem ein Gegenstand gegen einen anderen getauscht wurde, beispielsweise der Fang eines Jägers gegen die Ernte eines Sammlers. Man konnte ein Schaf gegen einen Sack Kartoffeln tauschen, doch wenn derjenige, mit dem man tauschen wollte, kein Schaf brauchte, hatte man ein Problem. Es bedeutete auch, dass man das Schaf unterwegs ständig mit sich herumschleppen musste, immer in der Hoffnung, es gegen das einzutauschen, was man gerade benötigte. Als die Entfernungen zwischen den Tauschparteien immer größer wurden, wurde eine erste Form von Geld eingeführt. Die Menschen fingen an, kleinere Objekte wie Kaurischnecken zu nutzen, um damit den Wert dessen zu repräsentieren, was sie besaßen. Das war deutlich praktischer als der direkte Tauschhandel, doch die Mittel waren nicht fungibel genug. Bestimmte Objekte wurden vielleicht innerhalb von kleinen Gemeinschaften als wertvoll erachtet, waren aber außerhalb dieser Kreise völlig wertlos.
Die Menschen brauchten ein einheitliches Tauschmittel, etwas, das ihnen dabei helfen konnte, den relativen Wert der Gegenstände zu messen. Etwas Beständiges, Teilbares und Transportierbares mit einfachem Wiedererkennungswert. Etwas, das gegen alles und jedes getauscht werden konnte, weil allgemeines Vertrauen in den Wert und die Nachfrage danach herrschte. Und so begann um etwa 700 vor Christus in der heutigen Türkei das Zeitalter der Münzen. Münzen wurden üblicherweise aus Edelmetallen wie Gold oder Silber geprägt, deren Wert einfach von der Seltenheit dieser Materialien herrührte. Das vereinfachte den Handel immens, weil die Menschen die Münzen für alles, was sie brauchten, hergeben konnten und umgekehrt.
Etwa 1.400 Jahre später wurde in China nach der Erfindung des Holzschnitts das erste Papiergeld hergestellt. Es wurde auch „fliegendes Geld“ genannt, weil es häufig vom Winde verweht wurde. Marco Polo brachte die Idee des Papiergelds mit heim nach Europa. Im Westen setzte es sich jedoch erst im 17. Jahrhundert durch, als Banken anfingen, Wechsel auszustellen, die gegen Geld eingetauscht werden konnten. Logisch betrachtet war es sinnvoll für die Händler, nun nur noch Papierscheine mit sich tragen zu müssen, anstatt schwere Münzbeutel auf ihre Reisen mitzunehmen.
Die Menschheit versucht ständig, neue Technologien zu entwickeln, um das Wirtschaftssystem zu optimieren. In den 1950er-Jahren wurden Kreditkarten eingeführt, die Vorläufer unserer heutigen Kreditkarten waren, und in den 1980er-Jahren wurde unser Geld durch Geldautomaten in das digitale Zeitalter überführt. Doch trotz der exponentiellen Innovationen in nahezu allen anderen Bereichen ist unser Wirtschaftssystem nach wie vor fest in der Vergangenheit verwurzelt.
Der Versuch, die Geschichte von Handel und Geld in wenigen Absätzen zusammenzufassen, wird ihr nicht einmal annähernd gerecht. Die Entwicklung und der Fortschritt dieses Wertaustauschs ist eine unglaublich spannende Geschichte, die es verdient, ihr ganze Bücher zu widmen. In diesem Buch jedoch wollen wir uns nur einem ganz bestimmten Aspekt dieser Geschichte zuwenden: dem Aspekt des Vertrauens.
Die Menschen haben immer schon nach Wegen gesucht, die gegenseitige Unsicherheit beim Tausch von Wertgegenständen zu verringern. Theoretisches Vertrauen reicht leider oft nicht aus, um einen reibungslosen Handel zu garantieren. Als sich der Handel von einem Vorgang zwischen Individuen in kleinen Dörfern zu einem komplizierten Prozess ausweitete, der zahlreiche Parteien in der ganzen Welt einschloss, mussten wir Wege finden, die Handelsschritte nachzuvollziehen. Wir griffen darauf zurück, unsere Transaktionen aufzuzeichnen, um nicht mehr nur auf das bloße Vertrauen untereinander angewiesen zu sein. Diese Aufzeichnungen wurden seit den ersten Tagen des Handels in Büchern festgehalten.
Bücher im Sinne von Kassenbüchern oder Buchführung sind die Grundlage unseres Rechnungswesens. Sie haben ein System etabliert, mit dem man herausfinden kann, wem was gehört, wer im Moment worüber verfügt und wer wem was schuldet. Auch wenn das Konzept gleich geblieben ist, hat sich das Medium, das für die Aufzeichnungen der Transaktionen verwendet wird, aufgrund der technologischen Fortschritte im Laufe der Zeit verändert. Von Tontafeln zu Papyrus, von Büchern zu Computern – immer wird das gleiche Ziel verfolgt, die Aufzeichnungen so effizient und nachhaltig wie möglich zu sichern. Die Menschheit führt seit Tausenden von Jahren Buch und auch wenn sich das Medium und die Methoden verändert haben, blieb ein Element der Buchführung gleich: Ob in Mesopotamien oder bei der Wirtschaftsprüfungsfirma McGladrey, es musste immer eine Drittpartei geben, die die Transaktionen verifiziert und überwacht und die Konten verwaltet. Das war auch durchaus sinnvoll, da dies die Vertrauensbasis für die Gültigkeit der Transaktionen lieferte und es den Menschen ermöglichte, sich bei ihren Wertaustausch-Geschäften gegenseitig zu vertrauen.
In unserer modernen Wirtschaft wimmelt es nur so von Vermittlern, deren einziger Zweck es ist, Buch über Wertübertragungen zu führen, die Bücher zu verwalten und zu aktualisieren. Sie erfüllen eine sehr wichtige Aufgabe, da wir etwas nur dann wirklich besitzen können, wenn ein gesellschaftliches Einvernehmen darüber herrscht, dass wir diese Sache besitzen. Eigentum wird also von einer gesellschaftlichen Übereinkunft bestimmt und diese Übereinkunft muss irgendwo festgehalten werden. Solange diese Aufzeichnungen irgendwo verwaltet werden, müssen sie auch von irgendwem verwaltet werden – und mit dieser Verantwortung geht auch eine große Macht einher. Das Wachstum des globalen Handels hat dazu geführt, dass ein umfangreiches Netzwerk aus unterschiedlichen Buchführungssystemen eingerichtet wurde, die alle anfällig für Ausfälle, Missverständnisse und Betrug sind – und das kann katastrophale Folgen haben.
Aber was wäre, wenn wir gar keinen Institutionen zu vertrauen bräuchten? Was, wenn wir diese Kassenbücher online stellen und dezentralisieren könnten? Was, wenn Geld nicht mehr gedruckt oder kontrolliert werden könnte? Wir stehen an der Schwelle zu einer weiteren Währungsrevolution, zu einem Durchbruch von kolossalen Ausmaßen. Die Frage des Vertrauens zwischen den Handelspartnern oder zu der Drittpartei könnte dank einer Technologie namens Blockchain schon bald der Vergangenheit angehören.
Die Blockchain ist das Lebenselixier der ersten Kryptowährung – Bitcoin. Sie ist die bekannteste Form einer sogenannten Distributed Ledger Technology oder DLT und das erste Buchungssystem, das die Notwendigkeit einer zentralen Autorität vollständig beseitigt – das erste Buchungssystem, für das kein Vertrauen mehr notwendig ist. Die Blockchain schafft dies, indem sie die Informationen, die früher in einem zentralen Hauptbuch geführt wurden, in einem dezentralen Netzwerk verteilt. So gehört die Blockchain weder einer Person noch einem Unternehmen und doch kann sie jeder mit einer Internetverbindung nutzen, sie pflegen oder sie verifizieren. Der Trick dahinter ist ihre Fähigkeit, Konsens zwischen allen Nutzern zu wahren, ohne sich auf jemand Spezielles verlassen zu müssen. Das Ergebnis ist ein dezentralisiertes System zur Datenerfassung, in dem Transaktionen transparent, zuverlässig und unbestechlich sind.
Vor ein paar Jahren wäre es einem sehr schwergefallen, jemanden zu finden, der wusste, was Bitcoin ist – ganz zu schweigen von einer Blockchain. Heute macht sie täglich Schlagzeilen. Aber auch, wenn wir gerade erst beginnen, uns damit zu befassen, gibt es Bitcoin und die Blockchain schon seit über zehn Jahren. Wie konnte es sein, dass eine Technologie, die so mächtig ist, dass sie die am längsten bestehenden Normen der Gesellschaft sprengen könnte, so lange geheim gehalten werden konnte? Das hier ist genau diese Geschichte: von den Tiefen der Finanzkrise im Jahr 2008 über die finstere, unscheinbare Vergangenheit von Bitcoin zu den großen Wendepunkten und den oft mysteriösen Gründen hinter der Evolution seiner Klassifizierung als digitales Gut, die die Tore für eine Revolution öffnete, die jede Industrie, jeden Markt, jede Organisation und jedes Individuum in irgendeiner Art und Weise durchdringt.
Einige Dinge, die Sie bei der Lektüre dieses Buches im Hinterkopf behalten sollten
Digitale Währungen sind nicht zwingend Kryptowährungen, außer sie nutzen Kryptografie – aber sie sind einander recht ähnlich. Alle Kryptowährungen hingegen sind digitale Währungen.
Die Blockchain ist die erste und bekannteste Form einer Distributed Ledger Technology, abgekürzt DLT. Blockchain und DLT werden oft synonym verwendet. Auch wenn die Blockchain eine DLT ist, sind nicht alle DLTs Blockchains. Blockchains kommen in vielen Formen und Größen vor, machen aber nur eine Unterkategorie von DLT aus.
Während des Verfassens dieses Buches...