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E-Book

Das psychische Immunsystem

Schutzschild der Seele

AutorHans Menning
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783840924958
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Wie es körperliche Erkrankungen und ein somatisches Immunsystem gibt, das sie abwehrt, so gibt es auch ein psychisches Immunsystem, das psychische Erkrankungen abwehrt. Dieses Immunsystem arbeitet meist implizit, ohne unser bewusstes Zutun. Die Widerstandskraft, die Stärke und Robustheit des psychischen Immunsystems bestimmt, wie gut wir gegen menschengemachte Traumata wie Terroranschläge, Krieg und Misshandlungen, aber auch gegen schicksalhafte Naturkatastrophen, tödliche Erkrankungen wie Krebs und den Tod von nahestehenden Personen geschützt sind. Wie überwinden wir psychische Störungen? Über welche Schutzmechanismen verfügen wir? Welches sind die Komponenten, aus denen unser psychisches Immunsystem besteht und was kann dieses stärken? Die psychische Widerstandskraft ist bei jedem Menschen unterschiedlich, einige verkraften selbst schwerste traumatische Schicksalsschläge und können an ihnen wachsen und »Sinn« gewinnen, andere zerbrechen daran. Es hat sich gezeigt, dass unter anderem Resilienz, Resistenz, die Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu regulieren, Ressourcen zu nutzen und nicht aufzugeben, Optimismus, Selbstachtung sowie die Fähigkeit eine Krise als Chance zur Sinngebung und Persönlichkeitsentwicklung zu nutzen, entscheidend für die Immunität vor und für die Genesung von einer psychischen Erkrankung sind. Das Buch beleuchtet, was das psychische Immunsystem leistet, wie man es ankurbeln und stärken und seine Fähigkeit zur stetigen Selbstorganisation aufrechterhalten kann.

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Kapitelübersicht
  1. U1
  2. 1 Was ist das psychische Immunsystem?
  3. 2 Komponenten der psychischen Immunprotektion
  4. 3 Ressourcen: Die Kraftquellen des Psychoimmunsystems
  5. 4 Resistenz
  6. 5 Resilienz
  7. 6 Reifung
  8. 7 Selbstorganisation
  9. 8 Antiviren – Schutzschilder der Seele aufbauen
  10. Literatur
  11. Sachregister
Leseprobe
2 Komponenten der psychischen Immunprotektion (S. 28-30)

Gesundheit ist dasjenige Maß an Krankheit, das es mir noch erlaubt, meinen wesentlichen Beschäftigungen nachzugehen.
Friedrich Nietzsche

Die körperliche Immunabwehr setzt eine Reihe von Mechanismen frei, die jede Bedrohung für das System Körper ausfindig machen und nach Möglichkeit eliminieren. Ist die Eliminierung nicht möglich, sucht das Abwehrsystem nach Möglichkeiten, die Bedrohung einzugrenzen und mit ihr zu leben. Ähnlich tut es die psychische Immunabwehr: Bedrohungen des psychischen Systems werden erkannt und nach Möglichkeit ausgemerzt. Ist dies nicht möglich, wird die Bedrohung (z. B. ein psychisches Trauma) eingekapselt und ausgelagert (Dissoziation). Die psychische Immunprotektion baut aus vorhandenen Ressourcen einen Schutzschirm der Seele auf, der diese gegen innere und äußere Anfechtungen und Anfeindungen schützt.

Die Flexibilisierung der Arbeitswelt, die Auflösungserscheinungen der Kernfamilie und die Virtualisierung der sozialen und intimen Beziehungen haben dem modernen Menschen viele Sicherheiten entzogen und erfordern vielseitige Anpassungsleistungen, liefern uns neuen, unbekannten Anforderungen und Anfeindungen aus. Die psychische Immunabwehr ist quasi das Verteidungs- und Innenministerium der Psyche mit Armee, Polizei und Geheimdienst. Wenn wir annehmen, die Psyche sei das Gesamt- oder Metasystem der Seele, des Gemüts, des Geistes, ein komplexes, dynamisches System von Gemütserregungen und Geistesregungen, dann ist das psychische Immunsystem ein Subsystem der Psyche, das für die Verteidigung zuständig ist.

Schematisch setzt sich das psychische Immunsystem wie in Abbildung 8 dargestellt zusammen. Psychische Immunprotektion bedeutet, die überfordernden, psychotoxischen selbstwertschädigenden Einflüsse des Lebens, der Umwelt, der Mitmenschen zu identifizieren, zu neutralisieren und/oder in selbstwertdienliche Ereignisse umzuwandeln. Dafür steht dem psychischen Immunsystem eine Reihe von kognitiven, emotionalen und motivationalen Ressourcen zur Verfügung. Wichtig sind vor allem Grundkompetenzen und Grundhaltungen, die Selbstachtung und psychische Immunität wiederherstellen. Aus diesen erwachsen Resistenzen, Widerstandsfähigkeit und Resilienz, die Fähigkeit, sich nach erschöpfenden, entmutigenden, devitalisierenden, verletzenden Ereignissen wieder aufzurichten und dies führt letztlich zu einer Reifung des psychischen Immunsystems. Was das psychische Immunsystem nicht ist: Es ist nicht ein stoisches System der Gleichgültigmachung gegenüber Schicksalsschlägen, es ist auch kein System der Gefühllosmachung nach traumatischen Ereignissen und es ist kein System des Supermenschentum im Sinne von Unverwundbarmachung.

länger auf der Erde weilt als der Homo sapiens (vgl. Abbildung 9). Dieses durchscheinende Tierchen mit acht Beinen der Gattung tardi-grada, „Langsamgeher“, das bis zu einem Millimeter groß wird, lebt bevorzugt im Moos, aber auch in fast allen feuchten Biotopen der Erde. Die „Langsamgeher“ haben einen Schutzpanzer und Stacheln, die sie gut schützen. Sie können sehr gut mit Extremereignissen umgehen: sie überleben, auch wenn ihre Lebensbedingungen sich extrem verschlechtern, wenn etwa lange Trockenperioden vorherrschen und andere Lebewesen längst abgewandert oder ausgestorben sind, versetzten sie sich in „Kryptobiose“, einen Zustand zwischen Leben und Tod (Schmidt & Frenz, 2010, S. 83), eine Art Trockenstarre, bei der sie den Stoffwechsel beinah völlig stoppen können. Ihr Wassergehalt sinkt auf etwa 3 %, sie bilden eine Art selbstgemachte Schutzhülle um sich herum und überleben in diesem Zustand Aufenthalte in 100-prozentigem Alkohol, in kochender Flüssigkeit mit mehr als 150 °C, in gefrorenem Zustand, in flüssigem Helium bei –270 °C, bei völligem O2-Entzug, in Vakuumbedingungen und unter hohen Strahlenbelastungen.

Sie können also durchaus auch längere Zeiten im Weltall überleben. Wenn sie dann wieder auf Wasser und Sauerstoff treffen, erwachen sie wie durch ein Wunder wieder zum Leben. Damit hat Macrobiotus sapiens gute Chancen, Homo sapiens zu überleben. Davon abgesehen sind sie auch jetzt schon eine der wenigen Lebensformen der Erde, die wohl wesentlich häufiger als der Mensch vorkommt. Sie leben in fast jedem Biotop der Erde, von der Wüste bis zu Tiefseegräben und heißen Quellen. Und nicht nur die äußerst entwickelte Anpassungsfähigkeit und Resistenz gegenüber allen nur möglichen Umweltbedingungen können wir von ihnen lernen, sondern sicherlich auch die Langsamkeit als Überlebensstrategie.
Inhaltsverzeichnis
U11
Vorwort7
Inhaltsverzeichnis9
1 Was ist das psychische Immunsystem?11
2 Komponenten der psychischen Immunprotektion30
2.1 Psychotoxine33
2.2 Immunintelligenz36
3 Ressourcen: Die Kraftquellen des Psychoimmunsystems44
3.1 Kognitive Ressourcen46
3.2 Emotionale Ressourcen62
3.3 Motivationale Ressourcen81
3.4 Andere Ressourcen90
4 Resistenz94
5 Resilienz97
6 Reifung100
7 Selbstorganisation103
8 Antiviren – Schutzschilder der Seele aufbauen106
8.1 Sei einfach!106
8.2 Heile dich selbst!108
8.3 Reguliere dich selbst!109
8.4 Sei achtsam!109
8.5 Vermeide Vermeidung!110
8.6 Glaube an dich!110
8.7 Erfinde dich neu!110
8.8 Sei optimistisch!111
8.9 Denke um die Ecke!111
8.10 Just do it!112
8.11 Lebe in Beziehung!112
8.12 Suche die Herausforderung!112
8.13 Entdringliche das Dringende!112
8.14 Halte die Balance!113
8.15 Erfreue dich!113
8.16 Bleibe in Bewegung!114
8.17 Erstelle einen Notkoffer fu?r schlechte Zeiten!114
Literatur116
Sachregister125

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