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Der Feind in meinem Kopf

Stopp den inneren Kritiker!

AutorDr. Matthias Hammer
VerlagGRÄFE UND UNZER
Erscheinungsjahr2015
ReiheLebenshilfe 
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783833849510
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Schluss mit Selbstsabotage! In jedem Menschen wirken viele verschiedene Anteile seiner Persönlichkeit. Einige davon sind hilfreich und angenehm, wie der innere Verantwortungsbewusste oder die innere Fürsorgliche. Andere behindern uns im Leben, sind regelrechte Feinde im Kopf. Der erfahrene Verhaltenstherapeut Matthias Hammer geht diesem Phänomen auf den Grund und macht fünf Typen von inneren Saboteuren aus: den Kritiker, den Antreiber, den Harmoniesüchtigen, den Katastrophierer und den Vermeider. Ein detaillierter Selbsttest zeigt, welche dieser Typen bei Ihnen ihr Unwesen treiben. Mit Hilfe von Matthias Hammers Analysetools und zahlreichen Übungen findet sich ein Weg zurück zu Selbstmitgefühl und innerer Achtsamkeit - und die inneren Feinde verlieren ihre Stimme.

Dr. Matthias Hammer ist Psychotherapeut mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie bei psychischen Störungen und einer Zusatzausbildung im Bereich der Stressbewältigung. Er hat seine Praxis in Stuttgart, hält Vorträge, bietet Seminare und Coachings an und ist als Supervisor tätig. Außerdem schreibt er Bücher zu den Themen psychische Erkrankungen, Achtsamkeit und Stressbewältigung.

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Leseprobe

Sabotieren wir uns selbst?


Es ist so erstaunlich wie wahr: Unsere ernsthaftesten Feinde sind oft wir selbst. Wir kritisieren uns hart, beschimpfen uns zuweilen sogar und nutzen unsere Kraft für alles Mögliche, nur nicht für uns selbst. Doch indem wir das erkennen, können wir beginnen, anders mit uns umzugehen.

DAS PHÄNOMEN DER SELBSTSABOTAGE


Claudia sitzt im Chaos all der aus ihrem Schrank herausgerissenen Kleider. »Was soll ich nur anziehen? Ich fühle mich klein und dick.« Sie steht vor dem Spiegel, schaut sich an und findet sich hässlich. Eine Stimme in ihr sagt: »Du siehst beschissen aus.«

Kennen Sie solche Szenen? Momente, in denen die Selbstkritik überhandnimmt und Sie sich richtiggehend fertigmachen? Es fühlt sich so an, als ob Sie mit sich selbst sprechen. Und alles, was Sie in diesen Situationen zu sich sagen, scheint wahr zu sein. In solchen Momenten fühlen Sie sich genauso »besch…«, wie die innere Stimme es sagt. Claudia geht es oft so, vor einem Bewerbungsgespräch oder einem Fest, bei dem sie besonders gut aussehen will. Der innere Kritiker wird aktiv und tobt sich so richtig aus.

ALLZU MENSCHLICH


Vor Kurzem wurde von den Steuerhinterziehungen von Uli Hoeneß berichtet. Es ist schwer nachvollziehbar, warum ein so reicher und erfolgreicher Mann sich selbst so schädigt. Für viele Zuschauer dieses Geschehens ist klar: Seine Fernsehauftritte stehen im völligen Widerspruch zu seinem Verhalten. Es könnte gut sein, dass er sich während seiner Haft oft gefragt hat: »Wie konnte ich nur …?«

Für uns ist es meist besonders interessant, wenn wir ein selbstschädigendes Verhalten bei Prominenten entdecken. Eine ganze Medienindustrie lebt von den Fehltritten von VIPs und Sternchen. Sie stürzt sich genüsslich auf jede Panne, auf jeden Patzer, auf alles nicht Gelingende im Leben von Boris Becker und Co. Sie tut dies, weil sie weiß, dass sie mit diesen Schlagzeilen Leser gewinnt.

Natürlich geht es nicht nur Prominenten, Stars und Sternchen so, sondern letztlich uns allen: Es ist durchaus menschlich, etwas zu tun oder zu denken, das gegen die eigene Person gerichtet ist. »Warum war ich wieder einmal unfähig, Nein zu sagen?« oder »Wie konnte mir nur dieser schlimme Fehler passieren!« Diesen Sätzen gehen oft Handlungen voraus, die uns nichts als Ärger bringen.

Vielleicht treiben Sie sich zu unerreichbarem Perfektionismus an oder stehen sich selbst im Weg. Das kann Alltägliches betreffen, wenn Sie unangenehme Aufgaben vor sich herschieben und unter Ihrem schlechten Gewissen fast zusammenbrechen. Es können aber auch größere Themen sein: Sie trauen sich nicht, sich auf Ihren Wunschjob zu bewerben oder sich von einem untreuen Partner zu trennen.

PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN
Immer nur getrieben

Andrea ist 35 Jahre alt, hat zwei Töchter im Kindergartenalter und arbeitet halbtags bei der Stadtverwaltung. Ihr Mann ist Ingenieur. Als Andrea in die Beratung kam, sagte sie: »Ich habe fast alles erreicht, was ich wollte, und trotzdem fühle ich mich ständig getrieben und unzufrieden.« Ich bat sie, genauer zu erzählen, und sie machte eine Bestandsaufnahme: »Wenn ich zu Hause bin, habe ich so einen inneren Druck, immer etwas zu tun, aufräumen, Wäsche waschen …Wenn ich mal zur Ruhe kommen will, ist es, als wenn eine Stimme in mir all die unerledigten Aufgaben auflistet. Ich kann dann nicht ruhig sitzen bleiben. Diesen Druck habe ich auch am Arbeitsplatz. Das ist doch nicht normal, oder? Wenn ich so unausgeglichen bin, dann werde ich auch schnell ärgerlich auf die Kinder. Manchmal schreie ich sie an und dann bin ich noch unglücklicher und unzufriedener mit mir selbst.«

IST DA NOCH JEMAND IN IHNEN?

Es ist, als ob fremde Kräfte in uns wirken, die uns daran hindern, das Leben zu führen oder der Mensch zu sein, der wir eigentlich sein wollen. Es gibt sehr vielfältige Formen von Feinden im eigenen Kopf. Die alltäglichste und verbreitetste Form ist der innere Kritiker, der uns einredet, dass wir von den anderen abgelehnt werden und es so oder so nicht schaffen werden. Seine beißenden Kommentare verletzen und kränken und lösen Stress und negative Gefühle aus.

Selbstsabotage zeigt sich aber auch in vielfältigen Verhaltensweisen:

  • Vermeidung von emotional bedrohlichen Situationen wie Konflikten, dem Reden in der Öffentlichkeit, dem Äußern von Kritik, Wünschen oder einem Nein.

  • Perfektionismus – nichts geht unter 150 Prozent.

  • Übertriebener Arbeitseinsatz, ohne auf die eigenen Grenzen zu achten.

  • Ein ausgeprägtes Kontroll- und Sicherheitsverhalten.

  • Süchte der unterschiedlichsten Art.

  • Rückzug und das Leben in Fantasiewelten.

Hinter solchen Verhaltensmustern stecken oft früh gelernte Überlebensstrategien. Häufig gelingt es uns nicht, diese an die Situationen und Herausforderungen unseres erwachsenen Lebens anzupassen. Wir sind jetzt Mutter, Vater, Selbstständiger oder Vorgesetzte – aber wir verhalten uns nach den Regeln, die man uns als Kind mitgegeben hat.

Viele früh erlernte Strategien engen uns ein.
Wir suchen einseitig
nach Lösungen für unsere Probleme.
PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN
Kräftezehrende Aufopferung

Martin berichtete mir in der Beratung, dass er oft das Gefühl habe, er dürfe anderen nicht zur Last fallen. Seine Mutter war schwer an Multipler Sklerose erkrankt und mit der Erziehung der Kinder völlig überfordert, sodass Martin als Ältester auf seine zwei Geschwister aufpassen musste. Bis heute folgt er der damaligen Anweisung: »Übernimm die Verantwortung für andere und falle niemandem zur Last.«

Als Kind war es für ihn eine wichtige Überlebensstrategie, um weiter von der Mutter geliebt zu werden. Aber er hat sie so stark verinnerlicht, dass sie bis in die Gegenwart, bis in sein Erwachsenenleben hineinwirkt. Im Betrieb ist er der Erste, der Verantwortung übernimmt und eigene Bedürfnisse hinten anstellt. Er ignoriert seine Grenzen, fühlt sich mittlerweile oft erschöpft, ausgebrannt und depressiv. Wir gaben der in ihm mächtigen inneren Stimme einen Namen: innerer Antreiber.

Hat jemand wie Martin im Beispiel oben als achtjähriger Junge gelernt, immer die Verantwortung für andere zu übernehmen und eigene Bedürfnisse zurückzustellen, kann ihn das leicht in die völlige Selbstüberforderung und den Burnout treiben. Viele der in der Kindheit gelernten Strategien verhindern anstehende Veränderungen und hemmen unseren persönlichen Reifungs- und Entwicklungsprozess. Aus Angst kleben wir an Gewohnheiten, Arbeitsplätzen oder Menschen, die uns eigentlich schaden.

VIEL KRITIK AN SICH SELBST

In unserer Kindheit haben wir auch gelernt, wie andere mit uns umgehen. Wenn wir von unseren Eltern wenig getröstet, aber permanent kritisiert und belehrt wurden, dann lernen wir, dass Selbstkritik ein nützliches Instrument ist. Wir übernehmen dieses Verhalten, wir verinnerlichen es und sind dann als Erwachsene ebenso kritisch zu uns selbst. Genauso wie wichtige Bezugspersonen mit uns umgingen, gehen wir heute mit uns selbst um.

Kinder, die sehr viel kritisiert werden, versuchen, möglichst keinen Anlass zur Kritik zu geben. Sie kritisieren sich selbst sehr hart, um keine Fehler mehr zu machen oder perfekt zu sein – und das bis ins Erwachsenenalter. Der innere Kritiker dient zunächst zum Schutz vor der harschen Kritik des Vaters oder der Mutter. Doch wenn wir uns selbst emotional kränken oder beleidigen, lösen wir Stressreaktionen aus. Wissenschaftliche Studien weisen darauf hin, dass zu viel Selbst­kritik ein erhöhtes Risiko für depressive Störungen bedeutet.

REFLEXION
Ihre »Überlebensstrategien«

Mit den folgenden Fragen kommen Sie den Strategien – ob sinnvoll oder lästig – auf die Spur, die Sie in problematischen Situationen anwenden. Wie reagieren Sie, wenn es in Ihrem Leben schwierig und belastend wird?

  • Ziehen Sie sich zurück und isolieren sich von den anderen?

  • Malen Sie den sprichwörtlichen Teufel in Form von Katastrophen­szenarien an die Wand?

  • Beginnen Sie zu grübeln und sich ununterbrochen Sorgen zu machen, bis Sie kaum noch schlafen können?

  • Stürzen Sie sich in Aktivitäten, die oft nichts besser machen?

  • Oder reagieren Sie relativ gelassen?

REFLEXION
Wie gehen Sie mit sich selbst um?

Reflektieren Sie einmal über die inneren Dialoge, die Sie führen.

  • Wenn Sie sich selbst kritisieren, wie sprechen Sie dann mit sich? Freundlich oder hart, aggressiv oder respektvoll?

  • Welche Worte benutzen Sie, wenn Sie sich...

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