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E-Book

Der Resilienzprozess

Ein Modell zur Bewältigung von Krankheitsfolgen im Arbeitsleben

AutorUlrich Siegrist
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl131 Seiten
ISBN9783531921686
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Nur ganz selten verläuft ein Leben wie geplant und erhofft. Meist wird es irge- wann, oft ganz unerwartet, von Krisen durchbrochen, von Krankheiten bedrängt oder vom Schicksal erschüttert. Unheil und Unbill sind Stolpersteine, denen wir kaum ausweichen können. Sie haben die Kraft, uns aus der Bahn zu werfen, aber - und darum geht es in dieser Arbeit - sie können auch Wegmarken sein, die uns innehalten lassen und auffordern, den bisherigen Weg zu überdenken und neu auszurichten. Dann verliert dieser Lebensriss seine lähmende Macht und versorgt uns mit neuer Energie. Das nährt Neugier, Lebendigkeit und Mut. Vielen gelingt es so, den krisenhaften Stolperstein als Endpunkt einer problematischen und zugleich als Startpunkt einer neuen, sinnvolleren Lebensführung anzunehmen. Ulrich Siegrist greift diese hoffnungsvolle Lebenserfahrung auf, analysiert ihre Quellen und gibt wertvolle Hinweise. Dieses lesenswerte und zugleich gut lesbare Buch macht uns mit der aktuellen psychologischen Forschung vertraut, lässt uns an realen Schicksalen teilnehmen und regt uns zu einer sensiblen - trachtung und Steuerung des eigenen Lebensweges an.

Ulrich Siegrist ist Arbeits- und Organisationspsychologe und beschäftigt sich mit Aspekten der Resilienz - des Gedeihens trotz widriger Umstände. Als Supervisor und Coach berät er Menschen in beruflichen Veränderungen und Krisensituationen.

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Leseprobe
8 Diskussion (S. 102-103)

Die vorliegende Untersuchung stützt sich auf sieben Gespräche, die gemäß der qualitativen Forschungsmethode des Persönlichen Gesprächs nach Langer (2000) geführt und bearbeitet wurden. Die Gesprächspartner haben offen und ausführlich über ihr äußeres und inneres Erleben vor, während und nach einer krankheits- oder unfallbedingten Krise gesprochen und dies in Beziehung zu ihrem derzeitigen Standing im Arbeitsleben gesetzt.

Sie haben dabei einen jeweils individuellen Weg beschrieben, der zum einen von ihrem Umfeld, zum anderen von ihren eigenen Einstellungen und Verarbeitungsprozessen bestimmt wurde. Allen Gesprächspartnern ist gemeinsam, dass ihnen gelungen war, trotz schwerer krankheitsbedingter Belastungen im Arbeitsprozess integriert zu bleiben oder dort nach einer Phase der Rekonvaleszenz wieder Fuß zu fassen. In der Auswertung wurde versucht, diejenigen Aussagen der Gesprächpartner herauszuarbeiten, die vor diesem Hintergrund Aufschluss über Faktoren und Prozesse der Resilienz geben.

8.1 Möglichkeiten und Grenzen der Methodik

8.1.1 Validität und Reliabilität


„Qualitative Verfahren liefern zuverlässige und gültige Ergebnisse, wobei die jeweiligen Maßstäbe etwas anders gefasst werden müssen.“ (Lamnek, 2005, S. 146) Generell kann davon ausgegangen werden, dass qualitative Erhebungs- und Auswertungsdesigns aufgrund ihrer besonderen Nähe zum sozialen Feld, der Berücksichtigung der Relevanzsysteme der Befragten, der kommunikativen Verständigungsbasis und der geringen Prädetermination durch den Forscher in hohem Maß valide sind (Koch, 2006, S. 32). Qualitative Forschung kann eine besonders hohe Deckungsgleichheit zwischen den Äußerungen der Befragten und der empirisch zu erforschenden Realität hervorbringen.

Wie Langer (2000, S. 92) betont, werden Validitätskriterien bei der Methode des Persönlichen Gesprächs als Weg in der psychologischen Forschung außerordentlich gut berücksichtigt: „der gesamte Forschungsansatz ist ja daraufhin konzipiert und zugeschnitten“ (ebd.). Langer (ebd., S. 38) fordert als Kriterium für das Erhebungsdesign, solche Personen zum Gespräch einzuladen, bei denen die realistische Aussicht besteht, in eine vertrauensvolle Beziehung eintreten zu können.

Dieses Kriterium ist bei der vorliegenden Fragestellung, bei der das innere Erleben eine wesentliche Rolle spielt, von besonderer Bedeutung, um von den Gesprächspartnern nicht durch Oberflächlichkeit und Fassadenhaftigkeit verfälschte Informationen zu erhalten. Allerdings war es für den Autor kaum möglich, diesbezüglich im Vorfeld zu einer verlässlichen Einschätzung zu gelangen. Hier hätte ein gewisses Validitätsrisiko liegen können, wenn es bei der Durchführung der Gespräche nicht gelungen wäre, eine vertrauensvolle Beziehungsebene herzustellen.
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort6
Vorwort9
Inhalt11
1 Einführung15
1.1 Themenstellung15
1.2 Übersicht16
2 Begriffsbestimmung und psychologische Grundlagen18
2.1 Arbeit18
2.2 Krankheit20
2.3 Belastung21
3 Konzepte zum Umgang mit Belastungen24
3.1 Ressourcen- und Entwicklungsorientierung24
3.2 Coping25
3.3 Salutogenese26
3.4 Selbstwirksamkeit27
3.5 Krisenstrategien27
4 Das Resilienzkonzept29
4.1 Forschungsstand30
4.2 Risiko- und Schutzfaktoren32
4.3 Rahmenmodell33
4.4 Aspekte familialer Resilienz35
4.5 Posttraumatisches Wachstum35
4.6 Abgrenzung36
4.7 Konzepte zur Resilienzförderung38
4.7.1 Die sieben Schlüssel zum Erreichen innerer Stärke38
4.7.2 Die sieben Säulen der Resilienz39
5 Forschungsprojekt41
5.1 Ausgangslage41
5.2 Fragestellung42
6 Befragung44
6.1 Forschungsparadigma44
6.2 Forschungsmethode45
6.2.1 Prinzipien qualitativer Sozialforschung45
6.2.2 Wahl des Forschungsinstruments46
6.2.3 Das Persönliche Gespräch48
6.3 Untersuchungsdesign50
6.3.1 Auswahl der Personen50
6.3.2 Gesprächsvorbereitung51
6.3.3 Gesprächsdurchführung53
6.3.4 Transkription und Verdichtungsprotokoll53
6.3.5 Herausarbeiten fragestellungszentrierter Aussagen54
7 Auswertung56
7.1 Die Gesprächspartner57
7.1.1 HI: „mit dem Motorrad zerlegt“58
7.1.2 ST: „Schlaganfall“62
7.1.3 UL: „Schlaganfall“66
7.1.4 EX: „Ich hatte einen Motorradunfall“70
7.1.5 OF: „Der Krebs“74
7.1.6 UE: „Diagnose Leukämie“78
7.1.7 BN: „Autoimmunerkrankung der Schilddrüse“82
7.2 Die Zeit vor der Krise86
7.2.1 Von der Krise überrascht86
7.2.2 Erkennbare Zusammenhänge86
7.3 Die akute Phase86
7.3.1 Unterschiedliche Wahrnehmung der Dimension der Krise86
7.3.2 Ängste und Nicht-Mehr-Leben-Wollen87
7.3.3 Ausgeliefertsein87
7.3.4 Sich selbst Gutes tun87
7.4 Die Phase der Rekonvaleszenz88
7.4.1 Zeit der Erholung88
7.4.2 Möglichst kurze Krankenhausphase88
7.5 Umweltfaktoren88
7.5.1 Nahestehende Menschen als Unterstützung88
7.5.2 Bedeutung der Behandler und Berater89
7.5.3 Hilfreiche Vorbilder90
7.5.4 Haustier90
7.5.5 Finanzielle Sicherheit90
7.6 Personale Ressourcen91
7.6.1 Religion und Glaube91
7.6.2 Lenkung der Gedanken91
7.6.3 Vorerfahrungen im Umgang mit Krisen92
7.6.4 Kämpfer92
7.6.5 Verantwortungsübernahme93
7.6.6 Bereitschaft, Hilfe anzunehmen93
7.6.7 Zielstrebigkeit93
7.6.8 Gesundheitsbewusster Lebensstil und Sport93
7.6.9 Entspannungsfähigkeit94
7.6.10 Kontaktfähigkeit94
7.7 Verarbeitungsprozesse94
7.7.1 Kämpfen versus Anpassung94
7.7.2 Enttäuschungen versus Optimismus95
7.7.3 Mit Ängsten umgehen95
7.7.4 Rückschläge hinnehmen95
7.7.5 Mit Krankheitsfolgen umgehen96
7.7.6 Antworten auf das „Warum“ finden96
7.7.7 Kurzfristige versus langfristige Orientierung96
7.7.8 Rückmeldungen erhalten96
7.7.9 Rückzug versus Kontakt97
7.7.10 Information versus Unbeschwertheit97
7.8 Verhalten zur Arbeit97
7.8.1 Den Lebensunterhalt sichern97
7.8.2 Berufliche Ziele verfolgen97
7.8.3 Berufliche Neuorientierung98
7.8.4 Reduzierung und Strukturierung98
7.8.5 Zeitpunkt der erneuten Arbeitsaufnahme98
7.8.6 Flexible Arbeitskultur99
7.8.7 Unterstützung durch den Arbeitgeber100
7.9 Entwicklungsergebnisse100
7.9.1 Keine Vertiefung der Schuldfrage100
7.9.2 Das Schicksal annehmen100
7.9.3 Beibehalten früherer Orientierungen101
7.9.4 Neue Orientierungen101
7.9.5 Veränderte Bedeutung von Ehrgeiz101
7.9.6 Aktiv handeln102
7.9.7 Gestärktes Selbstbewusstsein102
8 Diskussion103
8.1 Möglichkeiten und Grenzen der Methodik103
8.1.1 Validität und Reliabilität103
8.1.2 Repräsentativität und Generalisierbarkeit105
8.1.3 Erfahrungen in der Gesprächsführung106
8.1.4 Problematik der Auswertung106
8.2 Erkenntnisgewinn108
8.2.1 Bedeutung von Arbeit108
8.2.2 Bedeutung des Umfelds109
8.2.3 Die Krise in der Krise109
8.2.4 Aktivität des Individuums110
8.2.5 Bedeutung von Kognitionen111
8.2.6 Dialektik der Prozesse111
8.3 Übertragbarkeit des Resilienzmodells113
8.3.1 Ganzheitlichkeit des Modells113
8.3.2 Prozessorientierung114
8.3.3 Problematik der Rahmenmodells114
8.3.4 Anpassung des Modells115
9 Rückblick und Ausblick119
9.1 Zur Untersuchung119
9.2 Zur Anwendung120
10 Literatur122

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