Sie sind hier
E-Book

Der Sachunterricht und seine Konzeptionen

Historische und aktuelle Entwicklungen

AutorBernd Thomas
VerlagVerlag Julius Klinkhardt
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl170 Seiten
ISBN9783781556065
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,90 EUR
Nach einem Überblick zur Geschichte der Heimatkunde erfolgt eine systematische Analyse der Konzeptionen des Sachunterrichts.
Das vorliegende Buch erläutert zunächst die Ansätze des Sachunterrichts, die dessen Beginn in den späten 1960er und den frühen 1970er Jahren kennzeichneten. Sodann führt es weiter zu aktuellen Konzeptionen des Sachunterrichts, die den gegenwärtigen Diskussionsstand bestimmen.
Mit diesem Kenntnishintergrund setzt der vorliegende Band die Leserin und den Leser in die Lage, Entwicklungen des Sachunterrichts aspektreich einschätzen und beurteilen zu können.
Tabellen, Datenblätter und Schaubilder geben darüber hinaus zusammenfassende Übersichten über die jeweiligen historischen, konzeptionellen und aktuellen Ausprägungen des Sachunterrichts.
Somit wird die Didaktik des Sachunterrichts in ihrer Entwicklung einführend erschlossen und weiterführend vertieft.
Bei der Textgestaltung wurde erneut besonderer Wert auf die Lesbarkeit gelegt.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe
2 Geschichte des Sachunterrichts – Klärung der historischen Voraussetzungen (S. 15-16)

2.1 Sachunterricht unter theologischem Vorzeichen

Im Allgemeinen wird der Beginn des Sachunterrichts in seiner Ausprägung als ein grundlegender Realienunterricht mit Wolfgang Ratke (lat. Ratichius; 1571-1635) und vor allem mit Comenius verbunden (vgl. z.B. Siller/ Walter 1999, S. 13). In seinem Werk „Orbis sensualium pictus“, das 1653 in lateinischer Sprache und dann 1658 auch auf Deutsch erschien, schuf Johann Amos Comenius (1592-1670) erstmals ein Lehrwerk für den Unterricht, das mit Hilfe von Bildern (Holzschnitte) Sachwissen und Sprachwissen (Latein und Muttersprache) miteinander verband. Das wichtige Unterrichtsprinzip der Anschauung ist auf dieses Unterrichtswerk zurückzuführen. Comenius kritisierte an dem zeitgenössischen Unterricht den bloßen Verbalismus, der Sprache ohne die Sachen lehrte. Die daraus entspringende Einschätzung, Comenius sei der Begründer des pädagogischen Realismus gewesen, muss allerdings seit den Befunden von Schaller etwas eingeschränkt werden. Dieser weist darauf hin, dass Comenius die Weltordnung als gottgegeben auffasst und den Menschen nur dazu auffordert, die Dinge aus Gehorsam zu Gott und nicht aus freiem Willen zu gebrauchen (vgl. Schaller 1962, S. 359). Insofern ist der „Orbis sensualium pictus“ ein Allegorienbuch, das die göttliche Schöpfung anschaulich machen will und schon zeitgenössisch nicht immer auf der Höhe der Erkenntnisse war (vgl. Nießeler 2010, S. 46 und 54f.).

Auch ein weiterer Vordenker des frühen Sachunterrichts ist noch voraufklärerisch zu verorten, denn der Pietist August Hermann Francke (1663-1727) argumentierte ebenfalls theologisch. Ab 1695 rief Francke in Halle an der Saale mit seinen Waisenhäusern eine Schulgründung ins Leben, die in ihrer Hochzeit über 2000 Zöglinge beherbergte. Unverzichtbarer Bestandteil dieses florierenden pädagogischen Unternehmens war der konkrete Umgang mit den Sachen in Form von handwerklicher, landwirtschaftlicher und landbaulicher, gärtnerischer und werktätiger Arbeit. Um diese aber angemessen ausführen zu können, benötigt der Mensch handfesten Sachverstand und solides Sachwissen. Allerdings nicht zum freien Gebrauch der Dinge oder Sachen, sondern um „wahre Gottseligkeit“ einerseits und „christliche Klugheit“ andererseits zu erwerben (vgl. Schmidt 1972, S. 18). Diese wird in Form praktischer Lebensbewältigung in den Dienst des Nächsten gestellt, womit Gottes Wille erfüllt wird. Franckes Realienunterricht war damit eng in die pietistische Glaubensauffassung eingespannt, die noch von einem von der Erbsünde bestimmten negativen Menschenbild ausging (vgl. Ringshausen 1979, S. 89f.). In der Folgezeit führte Franckes Pädagogik zur Gründung von zahlreichen Realschulen und beförderte damit den Realienunterricht in Preußen landesweit. Obwohl Franckes Realienunterricht nicht auf Emanzipation abzielte, bleibt festzustellen, dass Realienunterricht unterschwellig immer aufklärende Momente beinhaltet, da er sich der diesseitigen Welt zuwendet und diese rational erschließt. Vollends zum Durchbruch gelangte das Freisetzungspotential des Sachunterrichts in Form des frühen Realienunterrichts mit der Aufklärung.
Inhaltsverzeichnis
Bernd Thomas: Der Sachunterricht undseine Konzeptionen1
Titelei4
Impressum5
Inhaltsverzeichnis6
Vorwort zur 4. Auflage, Vorwort zur 5. Auflage10
1 Einleitung11
2 Geschichte des Sachunterrichts – Klärung der historischen Voraussetzungen16
2.1 Sachunterricht unter theologischem Vorzeichen16
2.2 Sachunterricht in der Aufklärung17
2.3 Sachunterricht im 19. Jahrhundert18
2.4 Sachunterricht als Heimatkunde in der Weimarer Grundschule20
2.5 Sachunterricht als ideologisierte Heimatkunde22
2.6 Sachunterricht als pervertierte Heimatkunde24
2.7 Sachunterricht zwischen rückwärtsgewandter und sachlich-moderner Heimatkunde25
2.8 Sachunterricht als Heimatkunde in der Unterstufe und der 4. Klasse der Polytechnischen Oberschule in der DDR26
3 Die konzeptionelle Entwicklung des Sachunterrichts – eine systematisch-analytische Untersuchung31
3.1 Der fachorientierte Ansatz im Sachunterricht31
3.2 Das struktur- bzw. konzeptorientierte Curriculum41
3.3 Das verfahrensorientierte Curriculum im Sachunterricht49
3.4 Der Ansatz Science 5/ 1355
3.5 Das situationsorientierte Curriculum im Sachunterricht62
3.6 Der integrativ-mehrperspektivische Unterricht (MPU)73
3.7 Der exemplarisch-genetisch-sokratische Sachunterricht85
3.8 Sachunterricht als Welterkundung100
3.9 Der vielperspektivische Sachunterricht109
4 Vergleichende Zusammenfassung der bearbeiteten Konzeptionen131
4.1 Die Konzeptionen im synoptischen Überblick131
4.2 Aspekte der Rezeption, Zusammenfassung und Vergleich der diskutierten Konzeptionen des Sachunterrichts139
5. Die Periodisierung der weiteren Entwicklung des Sachunterrichts nach 1945 und Schlussbemerkungen151
Literatur155
Rückumschlag170

Weitere E-Books zum Thema: Pädagogik - Erziehungswissenschaft

Weitere Zeitschriften

ARCH+.

ARCH+.

ARCH+ ist eine unabhängige, konzeptuelle Zeitschrift für Architektur und Urbanismus. Der Name ist zugleich Programm: mehr als Architektur. Jedes vierteljährlich erscheinende Heft beleuchtet ...

Card-Forum

Card-Forum

Card-Forum ist das marktführende Magazin im Themenbereich der kartengestützten Systeme für Zahlung und Identifikation, Telekommunikation und Kundenbindung sowie der damit verwandten und ...

cards Karten cartes

cards Karten cartes

Die führende Zeitschrift für Zahlungsverkehr und Payments – international und branchenübergreifend, erscheint seit 1990 monatlich (viermal als Fachmagazin, achtmal als ...

Die Versicherungspraxis

Die Versicherungspraxis

Behandlung versicherungsrelevanter Themen. Erfahren Sie mehr über den DVS. Der DVS Deutscher Versicherungs-Schutzverband e.V, Bonn, ist der Interessenvertreter der versicherungsnehmenden Wirtschaft. ...

dima

dima

Bau und Einsatz von Werkzeugmaschinen für spangebende und spanlose sowie abtragende und umformende Fertigungsverfahren. dima - die maschine - bietet als Fachzeitschrift die Kommunikationsplattform ...

ea evangelische aspekte

ea evangelische aspekte

evangelische Beiträge zum Leben in Kirche und Gesellschaft Die Evangelische Akademikerschaft in Deutschland ist Herausgeberin der Zeitschrift evangelische aspekte Sie erscheint viermal im Jahr. In ...

rfe-Elektrohändler

rfe-Elektrohändler

rfe-Elektrohändler ist die Fachzeitschrift für die CE- und Hausgeräte-Branche. Wichtige Themen sind: Aktuelle Entwicklungen in beiden Branchen, Waren- und Verkaufskunde, Reportagen über ...

Euphorion

Euphorion

EUPHORION wurde 1894 gegründet und widmet sich als „Zeitschrift für Literaturgeschichte“ dem gesamten Fachgebiet der deutschen Philologie. Mindestens ein Heft pro Jahrgang ist für die ...