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Der Tag, an dem ich alles hinschmeiße

Wege aus der Krise und wie man sie findet

AutorWolfgang Lalouschek
VerlagecoWing
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl254 Seiten
ISBN9783711052490
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis18,99 EUR
Nichts geht mehr. Eigentlich ist alles zum Davonlaufen. Trägt man sich mit solchen Gedanken, ist es höchste Zeit. Aber nicht zum Aussteigen, sondern zum Nachdenken und zur Inanspruchnahme von Hilfestellung. Wie kam es zur scheinbaren Ausweglosigkeit? Welche äußeren Faktoren, welche inneren Zustände haben dazu geführt? Wie finde ich wieder zu mir, bevor sich ein Exit-Szenario verwirklicht? Welche großen Schritte muss ich tun und welche kleinen genügen mitunter, um eine ganz andere Richtung, einen Weg nach oben, einschlagen zu können? Wolfgang Lalouschek kennt die Zustände, ihre vollkommen unterschiedlichen Erscheinungsformen und die Exit-Strategien.

Wolfgang Lalouschek, geboren 1964 in Wien, ist Facharzt für Neurologie, Vorstand des Lehrstuhls für Psychosomatik an der Wiener Sigmund Freud PrivatUniversität, systemischer Coach und medizinischer Leiter des Gesundheitszentrums The Tree in Wien. Im Zentrum seiner Arbeit steht die seelische Gesundheit und wie man Menschen auch aus tiefen Krisensituationen heraushelfen kann.

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Leseprobe

VORBEMERKUNG


Alles hinschmeißen! Etwas ganz anderes machen! Endlich die eigenen Träume verwirklichen! Ein wirklich verführerischer Gedanke. Doch warum machen es so wenige Menschen?

Als Bettina Stimeder vom Verlag Ecowin mit der Frage an mich herantrat, ob ich ein Buch schreiben wolle mit dem Titel Der Tag, an dem ich alles hinschmeiße, zweifelte ich daher etwas. So sehr ich ihre Annahme nachvollziehen konnte, dass wohl viele Menschen mit diesem Wunsch im Kopf herumlaufen würden, entsprach die Formulierung doch nicht ganz meinen eigenen Erfahrungen. Denn ich erlebe zwar jeden Tag Menschen in meiner Praxis oder in Unternehmen, die in Krisen sind, in belastenden Situationen, und die vielleicht wirklich alles hinschmeißen möchten, doch sehe ich auch, dass sie dies in den seltensten Fällen auch wirklich tun. Die Formulierung, »alles hinzuschmeißen«, erinnerte mich anfangs auch eher an einen Aktionismus, der an den eigenen Mustern letztlich doch nichts ändert. Die Revolution mag verführerisch sein – doch blicke auf den Tag nach der Revolution!

Eher meiner Haltung und meinen Gedanken entspricht die Aussage eines erfahrenen Kollegen, die ich vor vielen Jahren gehört habe: »Es gibt kein Problem, das nicht durch Entwicklung gelöst werden kann.« Und solche Entwicklungen, die sich in Schritten vollziehen, in einem Wechselspiel zwischen äußerer und innerer Veränderung, oft mit Ambivalenzen, Phasen rascher Veränderung und dann wieder Rückschritten, in einer Mischung aus Hoffnung und Sorge und hoffentlich mit Möglichkeiten der Reflexion des Nachspürens, erlebe ich bei meinen Patienten, bei mir selbst und den mir nächststehenden Menschen. Solche Entwicklungen versuche ich zu fördern. Denn Stabilität ist eine Illusion: Wenn wir uns nicht verändern, werden wir verändert. Wenn wir nicht gestalten, werden wir gestaltet. Wenn wir nicht handeln, werden wir behandelt.

Und doch glaube ich mittlerweile, dass tatsächlich viele Menschen mit diesem Gedanken im Kopf herumlaufen. Manchmal beginnen die unbewusste innere Entwicklung und die äußere Situation, sich zunehmend aneinander zu reiben und miteinander in Konflikt zu geraten. Innerlich ist dann der Keim der Veränderung in den Menschen, die zu mir kommen, schon angelegt, etwa in Form einer oft unbewussten Sehnsucht, eines Potenzials, das sich entfalten möchte, aber nicht kann. Und so sehe ich die meisten Formen von dem, was oft als Depression, Angststörung oder Burnout bezeichnet wird – und wofür die moderne Medizinwirtschaft sofort eine Vielzahl an Medikamenten bereitstellt –, vielmehr als Entwicklungskrisen. Ganz so, als ob der Kopf des Kindes im Geburtskanal feststeckte und wir wüssten, dass dieses Kind nicht mehr zurückkann, aber noch nicht wüssten, wie es gesund zur Welt kommen kann. Und so finden wir Wege, wie das in die Welt kommen kann, was sich zeigen und entfalten möchte. Manchmal können auch Medikamente vorübergehend hilfreich dabei sein, doch in vielen Fällen würde ich eine medikamentöse Behandlung vielmehr als Körperverletzung empfinden, die – noch dazu mit all ihren Nebenwirkungen – den Menschen nicht näher, sondern weiter weg von seinen Gefühlen und sich selbst bringt. Und so habe ich eine Aufgabe – wie auch andere meiner Kollegen, wie andere Therapeuten und Heiler auf der ganzen Welt und in der ganzen Geschichte der Menschheit –, wie sie schöner nicht sein kann: zu helfen, das Beste ins Leben zu bringen.

Dies wäre wohl schon ein guter Schlusssatz für ein Vorwort. Doch denke ich an die wohl noch viel zahlreicheren Menschen, die sich eine Veränderung dringend ersehnen, aber den Schritt nicht tun. Oder an diejenigen, die sich zum Sklaven ihres eigenen Lebens und ihrer eigenen Ansprüche gemacht haben – im goldenen Käfig von Konsum und schnellem Genuss –, und doch unglücklich sind. Auch dann wird Veränderung schwierig, zum Beispiel aus einer zwar schrecklichen, jedoch hoch bezahlten Arbeit heraus. Und ich denke an diejenigen, die Veränderung am dringendsten bräuchten, weil sie selbst irgendwann beschlossen haben, dies gar nicht mehr zu spüren. Dies ist meine Motivation zu diesem Buch, zu erklären, warum wir manchmal in scheinbar ausweglose Situationen geraten können, und zu zeigen, dass Veränderung möglich ist (manchmal tatsächlich in Form des Hinschmeißens und noch öfter als Entwicklung), und dazu zu ermutigen.

Die wesentlichsten Treiber von Veränderung sind dabei oft auch die größten Hindernisse. Ihnen folgt die Logik dieses Buches: zu viel Arbeit, die uns völlig erschöpft, und gerade dadurch die Kraft für Veränderung nimmt; Arbeit gegen das eigene Gehirn, die uns nicht befriedigt, aber umso mehr anstrengt; Arbeit, die uns aber gleichzeitig die Fähigkeit raubt, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden; die falsche Arbeit, die ganz gegen unsere wahre Natur geht, die aber vielleicht sehr gut bezahlt ist oder uns glauben lässt, dass das Aushalten unter allen Umständen doch zur Arbeit (oder zum Leben generell) dazugehört. Und abseits der Arbeit unsere engsten Beziehungen und die hohe Schwelle, gerade an und in ihnen wichtige Dinge anzusprechen, zu gestalten und auch zu verändern. Ferner andere Belastungen, die uns sehr nahegehen, jedoch gleichzeitig als unveränderlich erscheinen. Oder unser eigener Lebensstil, unsere Gewohnheiten und manchmal unsere Süchte, die uns krank machen, aber eben auch abhängig und uns Kraft und Hoffnung auf Veränderung rauben. Und nicht so selten auch Traumatisierungen in frühen Lebensabschnitten, die dringend nach Veränderung und Entwicklung schreien, wo aber gleichzeitig höchste Angst vor der Beschäftigung mit ihnen besteht – sofern wir sie durch Abspaltung nicht überhaupt unzugänglich gemacht haben. Doch leider wirken sie dann im Untergrund nur umso schädlicher.

Immer wieder ist es aber auch wichtig zu erkennen, wenn eine Erkrankung – sei es eine wiederkehrende Depression, eine manisch-depressive Erkrankung oder eine körperliche Erkrankung – hinter einem Zustand steckt, der sich als »Lebenskrise« oder dauernde Erschöpfung tarnt. Denn äußere Ursachen lassen sich immer finden. Jeder hat irgendeine Art von »Stress«. Eine reine Beratung ohne ärztliche Abklärung und Behandlung – sei es eine Psychotherapie, Coaching, Selbsterfahrung oder andere Formen der Beratung – ist in solchen Fällen nicht nur fahrlässig, sondern kann gravierende negative Auswirkungen haben (ebenso wie eine rein medikamentöse »Behandlung« in Fällen, bei denen es eigentlich um eine Entwicklungskrise geht). Und schließlich gibt es diejenigen Situationen, bei denen Menschen Aktionismus mit Entwicklung verwechseln und gerade dadurch stecken bleiben.

Der wichtigste Antrieb von Menschen, zu mir zu kommen, ist wohl ihr Leidensdruck, der doch oft Ausdruck einer nicht entfalteten Sehnsucht ist. Es gibt sicherlich auch viele Menschen, die Wichtiges in ihrem Leben auch ohne übergroßen Leidensdruck verändern. Ich vermute jedoch, dass diejenigen viel zahlreicher sind, die nichts verändern, obwohl es gut und wichtig wäre. Sei es, dass sie ihren Leidensdruck verdrängen, ertränken oder in eine Ersatzbefriedigung kanalisieren, ständig die anderen als Ursache ihrer Unzufriedenheit zu erkennen meinen, oder schlichtweg keine Hoffnung mehr haben, etwas ändern zu können in ihrem Leben und in der Welt. Zu den wesentlichen Verhinderern zählt vermutlich auch die eigene Lebensgeschichte, in der wir auf Aushalten, Durchtauchen und Funktionieren getrimmt worden sind. Ferner ist da eine Art gesellschaftliches Mindset, das durch einen suggerierten ständigen Konkurrenzdruck, eine gleichzeitige Vereinzelung sowie die Botschaft, dass wir durch Konsum endlich das Lebensglück erreichen können, nach dem wir uns tief drinnen sehnen, wahre Veränderung zu verhindern versucht. Denn dann würde das herrschende (im wahrsten Sinn des Wortes) Modell zur Disposition gestellt. Möge dieses Buch daher dazu beitragen, zu Veränderung zu ermutigen und sich zu fragen: Was kann (m)ich bewegen?

Sehnsüchte von Patienten im Erstgespräch

Im Kontakt mit Menschen in Krisen versuche ich meist bereits im ersten Gespräch, eine Formulierung ihrer Sehnsucht, ihrer Vision und ihrer Lösung zu bekommen. Je häufiger dies mehr oder weniger nebenbei gelingt, umso besser. So sagt etwa ein 45-jähriger Außendienstleiter zu mir: »Ich kann nicht mehr in diesem Hamsterrad arbeiten!« Ich frage dann weiter: »Sondern?« Und dann kommt oft spontan ein Satz, den ich mir rasch notiere.

Oder es bricht aus einer 38-jährigen Fondsmanagerin heraus: »Ich bin so verzweifelt, ich muss irgendetwas ändern!«, und ich vervollständige den Satz: »… um was zu erreichen?« Und plötzlich kommt – in der Zeit der größten Krise – der Schatz zutage, die eigentliche Sehnsucht dieser Frau. Auch das notiere ich mir.

In der Folge lernt man einander besser kennen, führt Gespräche, etwa über ein halbes Jahr, ein Jahr oder vielleicht manchmal auch über mehrere Jahre. Und...

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