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Der Zusammenhang zwischen Inflation und Staatsverschuldung. Eine kritische Betrachtung

AutorRobin von Kathen
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl78 Seiten
ISBN9783656025726
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich VWL - Finanzwissenschaft, Note: 1,3, Universität Potsdam, Sprache: Deutsch, Abstract: Milliardenbeträge zur Rettung der Banken, nun Milliardenbeträge zur Rettung anderer Staaten. Die Dimensionen scheinen dabei fast zur Nebensächlichkeit zu geraten. Dies erweckt den Eindruck, dass Geld zur Genüge vorhanden ist. Doch Geld ist nicht das Entscheidende, sondern die Kaufkraft, die das Geld besitzt. Um solche Summen aufbringen zu können, liegt es nahe, einfach die Geldmenge zu erhöhen und somit die Kaufkraft jeder Geldeinheit und gleichzeitig den realen Wert der Schulden zu reduzieren. Aktuell überschlagen sich die Medienberichte über den Schuldenstand der sogenannten PIIGS-Staaten (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien) und über die Möglichkeiten, wie Schulden abgebaut werden können beziehungsweise wie die Zahlungsfähigkeit dieser Staaten aufrecht erhalten werden kann. Wer meint, dies sei ausschließlich ein aktuelles Problem, der irrt. Bereits im 18. Jahrhundert schrieb der wohl in seiner Zeit einflussreichste Ökonom Adam Smith rückblickend über den Zusammenhang zwischen Staatsschulden und Inflation: 'Dort, wo die öffentliche Schuld einmal eine bestimmte Höhe überschritten hat, ist es meines Wissens kaum gelungen, sie auf gerechte Weise und vollständig zurückzuzahlen. Sofern es überhaupt gelang, die Staatsfinanzen wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen, bediente man sich stets dazu des Bankrotts, den man bisweilen auch unverhohlen zugegeben hat, und selbst dort, wo häufig Rückzahlungen nominal geleistet wurden, blieb es in Wirklichkeit ein echter Bankrott. Gewöhnlich wurde einfach der Nennwert der Münze erhöht, um durch eine Scheinzahlung einen unvermeidbaren Staatsbankrott zu verschleiern.' Die Geschichte wiederholt sich also. Nur ist im heutigen Papiergeldsystem die Scheinzahlung mittels Inflation wesentlich einfacher als zu Zeiten der Metallwährungen. Die vorliegende Diplomarbeit behandelt kritisch den Zusammenhang zwischen Inflation und Staatsverschuldung. Einerseits ist es möglich, durch Inflation eine reale Entschuldung herbeizuführen und andererseits können Staatsschulden zu höheren Inflationsraten führen. Dies klingt zunächst nach einem Perpetuum mobile, also einem Prozess der ewig fortgeführt werden kann. Das politische Handeln bestärkt gegenwärtig diesen Eindruck. Jedoch sind diesem Prozess Grenzen gesetzt, die hier diskutiert werden.

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Leseprobe

5 Kosten und Folgen der Inflation


 

Alexander Rüstow bezeichnete die Inflation einst als ein „Sozialverbrechen“[148]. Hierbei spielt er vordergründig auf die Umverteilungseffekte der Inflation (siehe Abschnitt 5.2) an. Auf diese wird in diesem Kapitel eingegangen. Ebenso auf die wirtschaftlichen Verzerrungen und Kosten (siehe Abschnitt 5.3), die aus der Inflation resultieren.

 

Viele Ökonomen unterscheiden die Wirkungen der Inflation mithilfe der Einteilung in eine nicht antizipierte Inflation und in eine korrekt antizipierte Inflation.[149] „Von einer korrekt antizipierten Inflation spricht man dann, wenn alle Wirtschaftssubjekte jederzeit in der Lage sind, die tatsächliche Inflationsrate richtig vorherzusehen.“[150] Gegen die Unterscheidung zwischen einer antizipierten und nicht antizipierten Inflation ist nichts einzuwenden. Der Unterschied ist sogar sehr wichtig für die langfristigen Zinsentwicklungen und damit auch für die Entwicklung der Staatsschulden. Eine Inflation gesamtwirtschaftlich jederzeit korrekt zu antizipieren ist jedoch unmöglich. Es ist sicherlich richtig, dass sich Umverteilungseffekte der Inflation durch eine Antizipation oder zum Beispiel durch Lohnindexierung zeitverzögert mildern lassen. Doch was hilft es zum Beispiel einem Rentner, wenn er die Inflation möglicherweise antizipiert, seine Rente aber nicht oder nur zeitverzögert erhöht wird? Ebenso muss sich nach den Untersuchungen zur Inflationsmessung im Abschnitt 2.1 die Frage gestellt werden, wie sich die Inflation korrekt antizipieren lässt, wenn schon eine korrekte Messung der Inflation höchst problematisch ist. Ist mit einer korrekt antizipierten Inflation die Inflationsrate gemäß VPI gemeint oder wie es sinnvoller wäre: die Preissteigerungen, die Person A oder Unternehmer B in einem individuell zusammengestellten Warenkorb zu verkraften haben? Dann würde man aber vielleicht nur die Änderung von relativen Preisen antizipieren. Und auch die relativen Preise verändern sich durch Inflation, wie noch zu zeigen ist. Daher wird deutlich, dass die Inflation niemals von allen Wirtschaftssubjekten korrekt antizipiert werden kann - erst Recht nicht – wenn man bedenkt, wie wenig ein Großteil der Bevölkerung sich mit Geld und Inflation beschäftigt und wie fest damit die Geldillusion verankert ist. Allenfalls aus dem theoretischen Elfenbeinturm heraus, lässt sich also eine korrekt antizipierte Inflation erklären. Die Annahme einiger Ökonomen, man könne die Inflation jederzeit korrekt antizipieren Inflation lässt vermuten, dass die meisten Ökonomen den Einfluss der Inflation unterschätzen. Eine Unterscheidung zwischen antizipierter und nicht antizipierter Inflation ist also problematisch, kann jedoch vor dem Hintergrund einiger unvermeidbarer Inflationskosten sinnvoll sein. Diese – selbst durch Antizipation – unvermeidbaren Konsequenzen der Inflation werden im Punkt 5.1 erläutert.

 

5.1 Unvermeidbare Konsequenzen der Inflation


 

Wird Inflation antizipiert, ist in der Regel mit einem veränderten Verhalten seitens der Wirtschaftssubjekte zu rechnen. Wie schon im vorherigen Kapitel im Zusammenhang mit der Steuererhebung erwähnt, können nicht alle Kosten der Inflation vermieden werden und wenn dies doch versucht wird, sind damit oftmals Effizienzverluste verbunden.

 

Dies verdeutlicht die Tatsache, dass Inflation zu einer suboptimalen Geldhaltung führt.[151] Wie schon zuvor beschrieben, wirkt die Inflation wie eine Steuer auf die Geldhaltung. Möchte man dieser Steuer entgehen, führt dies zu einer suboptimalen Geldhaltung: Die Vorsichtskasse wird reduziert und damit das Risiko erhöht, dass Liquiditätsengpässe auftreten können. Ein so verändertes Verhalten wirkt zusätzlich inflationär, da weniger Geld „gehortet“ wird und dieses Geld teilweise in Vermögensanlagen investiert wird. Steigende Vermögenspreise erhöhen wiederum zusätzlich die Opportunitätskosten der Geldhaltung und bieten daher einen zusätzlichen Anreiz, für das Liquiditätsmanagement höhere Risiken einzugehen.

 

Eng verbunden mit einer suboptimalen Geldhaltung sind die sogenannten Schuhlederkosten der Inflation. Darunter zu verstehen sind im Wesentlichen die Zeitkosten, die eine zu geringe Geldhaltung verursachen.[152] Zu berücksichtigen sind dabei auch die Kosten, die eine Absicherung gegenüber Inflation hervorrufen.[153] Insbesondere im Fall einer Hyperinflation können die Inflationskosten tatsächlich zu sprichwörtlich durchgelaufenen Schuhen führen, wenn man bedenkt, dass Löhne dann oftmals täglich ausgezahlt werden und das Geld dann auch schnellstmöglich wieder ausgegeben bzw. investiert wird. Geld verliert somit seine Funktion als Wertaufbewahrungsmittel und im Fall einer Hyperinflation unter Umständen sogar die Funktion als Zahlungsmittel.

 

Sogenannte „menu costs“ umfassen die inflationsbedingten Kosten der Preisanpassung. Möchte man diese Kosten reduzieren, indem die Preise nur unregelmäßig angepasst werden, ergeben sich zwischenzeitlich Veränderungen der relativen Preise, die somit nicht mehr die aktuellen Knappheitsrelationen darstellen. Dadurch kommt es zu Fehlallokationen.[154] Eine regelmäßige Anpassung der Preise und Preislisten, von Katalogen, der Automateneinstellung, der Löhne und vor allem der Zeitaufwand für die Festlegung der Preise und für die Verhandlungen mit Kunden führen hingegen zu Preisanpassungskosten.[155] Insbesondere bei hohen Inflationsraten nehmen diese Kosten zu.

 

Bei erwarteten Inflationsraten werden höhere Risikoprämien für Finanzanlagen verlangt, insbesondere wenn Unsicherheit bezüglich der Höhe der Inflation herrscht. Daher ist Inflation nicht mit einem allokationseffizienten Kapitalmarkt vereinbar.[156]

 

Eine Reihe der Konsequenzen der Inflation können nicht eindeutig antizipierter oder nicht antizipierter Inflation zugeordnet werden. So werden Umverteilungseffekte von Gläubigern zu Schuldnern oftmals nur bei nicht antizipierter Inflation vermutet. Grund dafür sei, dass gemäß der schon erwähnten Fisherschen Zinsgleichung die Nominalzinsen um die erwartete Inflationsrate steigen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Inflationsrate jederzeit korrekt antizipiert wird und Inflationsschwankungen über variabel verzinsliche Kreditkontrakte jederzeit ausgeglichen werden. Wenn dann noch die Zeit und die Probleme der Inflationsmessung berücksichtigt werden, wird deutlich, dass dies in der Realität kaum der Fall sein kann.

 

Gleiches gilt für eine Umverteilung von Arbeitnehmern zu Arbeitgebern. Selbst bei einer Lohnindexierung ist die Zeit zu berücksichtigen. Erst steigen die Preise, dann werden die Preissteigerungen gemessen und danach werden irgendwann nach Bekanntgabe der Inflationsraten je nach vertraglicher Gestaltung die Löhne erhöht, was wiederum bei entsprechender monetärer Alimentation zu Preissteigerungen führen könnte (Lohn-Preis-Spirale). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Preise nicht gleichmäßig und sofort steigen. Neu geschaffenes Geld fließt vielmehr „step by step“ durch die Wirtschaft, wie es Murray N. Rothbard ausdrückte.[157] Friedrich A. von Hayek verglich diesen Prozess mit dem Ausgießen eines zähflüssigen Honigs: Dort, wo der Honig (neu geschaffenes Geld) zuerst auftrifft, hinterlässt er eine Erhebung (steigende Preise), die sich nur langsam in die Breite verteilt.[158] Also ist der Inflationsprozess auch mit Zeit verbunden und diese Zeitunterschiede verursachen Verlierer und Gewinner. Die Erstbezieher des neuen Geldes profitieren, da sie noch auf Basis des alten Preisniveaus arbeiten können, während die Zweit- und Drittbezieher das neue Geld erst später zur Verfügung haben, aber schon langsam die steigenden Preise verkraften müssen, die durch die finanziellen Transaktionen der Erstbezieher verursacht werden.[159] Je weiter hinten jemand in der Beziehungskette des neu geschöpften Geldes steht, desto größer ist der reale Vermögensverlust und je schneller jemand an dieses Geld gelangt, desto größer ist der Vermögenszuwachs.[160] Verlierer sind demnach insbesondere Bezieher von fixen Einkommen, wie zum Beispiel Rentner und Arbeitslose. Gewinner sind vor allem Banken, Spekulanten, Kreditnehmer und der Staat. Der Inflationsprozess hat daher immer eine Umverteilung zur Folge – selbst wenn die Inflation antizipiert wird.

 

Wie schon erwähnt, fließt ein beachtlicher Teil des neu geschaffenen Geldes in Vermögenswerte. Daher sind auch die weltweit schnell steigenden Immobilienpreise und Gehälter in den Finanzmetropolen zu erklären. Das Phänomen, der sich langsam und ungleichmäßig ausbreitenden Preise erkannte bereits Richard Cantillon (1680-1773). Zu seiner Zeit waren die Erstbezieher des Geldes noch vor allem diejenigen, die neue Goldbestände zuerst erlangten und dann maßgeblich mit ihren Kaufentscheidungen als erstes die Preise beeinflussten. Auch heute spricht man vom sogenannten Cantillon-Effekt.[161] Im Gegensatz zu damals, kann jedoch heute Geld „aus dem Nichts“ geschaffen werden.

 

Wie diese Geldschöpfung wirtschaftliche Verwerfungen auslösen kann, wird im Punkt 5.3 beschrieben. Doch zuvor werden die bereits erwähnten...

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