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Die bilanzielle Behandlung von Zweckgesellschaften

Eine Betrachtung vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen

AutorAne Govers
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl120 Seiten
ISBN9783638840880
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,3, Universität Lüneburg (Wirtschaft), 110 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Das vorliegende Werk wendet sich insbesondere an Personen, die sich über die bilanziellen Hintergründe von Zweckgesellschaften informieren möchten bzw. für Personen, die über die Hypothekenkrise und ihre Auswirkungen oder über den Entwurf des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes wissenschaftliche Abhandlungen schreiben. Die Arbeit behandelt die aktuelle bilanzielle Behandlung von Zweckgesellschaften (SPEs: special purpose entities) nach HGB, IFRS und US-GAAP und gibt einen Überblick über die derzeitigen Bestrebungen der Gesetzgeber/Standardsetter, die (nicht) vorhandenen Regelungen auszuweiten. Nach dem Zusammenbruch des amerikanischen Energieriesen Enron rückte diese bilanzpolitische Maßnahme, mit der man vor allem eine 'Off-Balance-Sheet'- Bilanzierung von Verbindlichkeiten beabsichtigte, in den Vordergrund. Ziele sind die Verschleierung der wahren Verhältnisse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und/oder eine verbesserte Finanzierung durch Leasingbilanzierung oder Asset-Backed-Securisationen. Im Hinblick auf die Hypothekenkrise im Bankensektor im August 2007 unterstützt das Werk das Verständnis für im Hintergrund abgelaufenen Transaktionen. Hierfür haben vor allem die IKB und die Sachsen LB Zweckgesellschaften eingesetzt, die in so genannte 'Credit Debt Obligations' (CDOs) investierten, die von Ratingagenturen mit 'AAA' klassifiziert wurden. Diese CDOs beinhalten unter anderem von amerikanischen (Hypotheken-)Banken verkaufte und gebündelte Kredite (ABS-Transaktionen), die auch 'Subprime'-Kreidte beinhalteten. Die im Ausland tätigen SPEs tauchten nicht in den Bilanzen der IKB oder Sachsen LB auf. Dafür bargen diese SPEs aber erhebliche Risiken in sich, die erst aufgrund der Zahlungsunfähigkeit von amerikanischen Hausbauern, verursacht durch die steigende Zinsbelastung, auftauchten und beide Banken wegen gegebener Liquiditätsgarantien erheblich in Schieflage brachten. Anfang Oktober 2007 hat nunmehr der deutsche Gesetzgeber reagiert. Das Bundesjustizministerium veröffentlichte einen Entwurf des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes, dass auch die Berücksichtigung von Zweckgesellschaften im Konzernabschluss fordert. Damit wird die Einbeziehung von SPEs in den handelsrechtlichen Konzernabschluss im Rahmen einer einheitlichen Leitung ohne Vorliegen eines Beteiligungsverhältnisses vorgeschrieben, wodurch eine Annäherung an die internationalen Regelungen erreicht wurde.

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Leseprobe

2. Zweckgesellschaften


 

Bevor die Reglungen zur Bilanzierung der Zweckgesellschaften in den drei betrachteten Rechtskreisen eingehend analysiert werden, werden zunächst die Grundlagen zu Zweckgesellschaften erläutert. Neben der Begriffsbestimmung beabsichtigt der Verfasser vor allem den Blick auf die Vorteile und die Problematiken eines Einsatzes zu richten. Zur Verdeutlichung sollen dabei drei häufig in der Praxis anzutreffende Anwendungsgebiete (Leasingobjektgesellschaften, Asset-Backed-Securities-Transaktionen, Projektgesellschaften)[1] vorgestellt werden.

 

2.1 Merkmale


 

Eine Definition des Begriffes Zweckgesellschaft[2] findet sich im Rechnungslegungskreis IFRS auf der Ebene der Interpretation SIC-12 („Consolidation – Special-Purpose-Entities“) des Standing Interpretations Committee (SIC)[3]. Demnach handelt es sich bei einem Unternehmen um eine Zweckgesellschaft, wenn dieses ein eng abgegrenztes, präzise definiertes Ziel verfolgt.[4] Davon abzugrenzen sind operative Gesellschaften, bei denen die Geschäftstätigkeit fortlaufende Entscheidungen erfordert. Beispiele hierfür sind eine aktive Vermarktung von Leistungen und ein sich im Zeitablauf ändernder Kundenkreis. Eine Beurteilung der Beherrschungsverhältnisse erfolgt in diesen Fällen alleine nach IAS 27.[5]

 

Zweckgesellschaften werden eingestuft als autonome, klar von anderen Strukturen abgegrenzte Einheiten, die über eigene Vermögenswerte und Schulden verfügen und eine eigenständige Kontrollstruktur besitzen.[6] Diese Ressourcen werden durch einen Initiator oder auch Sponsor auf die SPE transferiert. Dieser stellt zumeist auch dasjenige Unternehmen dar, für dessen Zweck die Gesellschaft primär gegründet wurde. Zugleich erhält der Initiator das Recht, von der SPE Leistungen zu empfangen.[7] Dabei können diese Gesellschaften nach SIC-12.1 in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, eines Treuhandfonds, einer Personengesellschaft oder einer anderen Nicht-Kapitalgesellschaft auftreten.

Als wichtiges Merkmal von SPEs sind häufig alle während der Geschäftstätigkeit anfallenden Entscheidungen vorherbestimmt, da die Gesellschaft mit Hilfe eines „Autopiloten“ gesteuert wird. Dieses geschieht im Wege des Gründungsprozesses anhand der Satzung, des Gesellschaftsvertrages oder anderer schuldrechtlicher Vereinbarungen. Eine Änderung ist eventuell nur durch den Gründer oder Sponsor möglich. Dadurch wird die Entscheidungsmacht des Vorstandes, Treuhänders oder des Managements der SPE dauerhaft eingeschränkt.[8]

 

Als weiteres Charakteristikum einer SPE kann eine geringe Ausstattung mit Eigenkapital und eine in der Regel fehlende gesellschaftsrechtliche Beteiligung (weder kapital- noch stimmrechtlich) des Sponsors genannt werden. Dieser sichert sich in den meisten Fällen aber eine wesentliche nutzbringende Beteiligung an der Geschäftstätigkeit der SPE.[9] Vor allem der Verzicht auf eine stimmrechtliche Beteiligung geschieht vor dem Hintergrund, eine Einbeziehung in den Konsolidierungskreis zu umgehen.[10] Aufgrund dessen erfolgt regelmäßig eine Beteiligung unabhängiger Dritter, die nicht mit dem Sponsor verbunden sind, aber trotzdem in dessen Sinne handeln. In der Praxis zum Beispiel greifen die Unternehmen auf Finanzinstitute zurück, die die Errichtung einer SPE gegen Zahlung einer Provision vornehmen. Allerdings zeigen sie dabei kein originäres Interesse an dem Gesellschaftszweck der SPE.[11] Zudem sind die Kreditgeber nur dann zur Bereitstellung von Fremdkapital bereit, wenn die Kreditrisiken überschaubar sind. Deshalb muss der Sponsor sicherstellen, dass die SPE einen ausreichenden Cashflow erwirtschaftet, um den von den Kreditgebern geforderten Kapitaldienst zu leisten.[12] Die Erzielung dieses Cashflows hängt von der Geschäftstätigkeit der SPE selbst und von der Geschäftsbeziehung zum begünstigten Unternehmen ab. Die wirtschaftliche Betätigung der SPE kann dabei je nach Zielsetzung sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Die Bandbreite reicht von einer vollwertigen Unternehmung, die die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen für ein anderes Unternehmen übernimmt, bis zu Gesellschaften, die nur eine geringe Geschäftstätigkeit aufweisen.[13]

 

Die Finanzierung der SPEs ist regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung gegenüber den Kreditgebern faktisch bei der SPE liegt, jedoch die Leistung mittelbar – aufgrund der genannten Geschäftsbeziehung – durch den begünstigten Sponsor erbracht wird und er letztendlich das Ausfallrisiko trägt.[14]

 

Das zentrale Merkmal der Zweckgesellschaften besteht in der ungleichen Verteilung der Risiken und Chancen aus der Geschäftstätigkeit der SPE zum einen und der Möglichkeit der Einflussnahme zum anderen. Während die erste Eigenschaft dem begünstigten Sponsor zusteht, verfügen die anderen Parteien über die Mehrheit der Stimmrechte, nach der sich die Abgrenzung des Konsolidierungskreises richtet.[15] Das IASB begegnet dieser Gestaltungsmöglichkeit, in dem es nach SIC-12.2 geregelt hat, dass der Sponsor aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise – unabhängig von den formalen Kriterien – die SPE beherrschen und damit eine Konsolidierungspflicht auslösen kann.[16]  

 

Zur Veranschaulichung soll das Grundprinzip graphisch dargestellt werden:

 

 

Eine Erwähnung von Zweckgesellschaften ist in den handelsrechtlichen Regelungen nicht zu finden. Vielmehr zeigt sich bei sämtlichen fachlichen Veröffentlichungen ein Rückgriff auf die internationalen Verlautbarungen.[17] Dahingegen wurden im Rechnungslegungskreis nach US-GAAP umfangreiche Regelungen veröffentlicht. Sie unterscheiden grundlegend zwischen Qualifying-SPEs (QSPE) und so genannten Variable Interest Entities (VIE), die sich jedoch von der Grundstruktur der Zweckgesellschaften nach IFRS kaum unterscheiden.[18]

 

2.2 Motive für den Einsatz


 

Die Anwendungsbereiche von Zweckgesellschaften sind sehr vielfältig, wodurch es unzählige Motive für eine Verwendung gibt. Als Hauptgrund kann für alle Varianten der bilanzneutrale Off-Balance-Sheet-Effekt identifiziert werden.[19] Um dieses Wirkung zu erreichen, müssen zwei bilanzrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Einerseits müssen die von der SPE gehaltenen Aktiva und Passiva ihr auch wirtschaftlich zugerechnet werden können und anderseits darf die Gesellschaft nicht zum Konsolidierungskreis des Sponsors gehören, was ansonsten die vorher gewünschte Bilanzneutralität aufheben würde.[20] In den folgenden Ausführungen werden nur diejenigen Motive erläutert, die am häufigsten für den Einsatz von Zweckgesellschaften genannt wurden.     

 

2.2.1 Optimierung der Unternehmensfinanzierung

 

Die Finanzmärkte versuchen seit einigen Jahren vermehrt Bonitäten und Risiken systematisch zu erfassen. Dieses geschieht zum einen vor dem Hintergrund neuer öffentlich-rechtlicher Vorgaben, insbesondere durch die geänderten Eigenkapitalrichtlinien für den Bankensektor (Basel II), und zum anderen durch einen höheren Wettbewerb der Kreditinstitute untereinander.[21] Unternehmen, die Investitionen mit Hilfe von Bankkrediten finanzieren wollen, sehen sich einer restriktiveren Kreditvergabe gegenüber gestellt. Sie sind gezwungen, sich über alternative Finanzierungswege Gedanken zu machen. Hierzu gehören vor allem Leasingkonstruktionen und die Verbriefung von Forderungen, welche über Zweckgesellschaften abgewickelt werden können.[22] Während sich das Leasing hauptsächlich auf die Finanzierung eines bestimmten Vermögenswertes bezieht, können mit der Verbriefung von Forderungen direkt liquide Mittel vereinnahmt werden, über deren Verwendung das Unternehmen selbst entscheiden kann. Diese Asset-Backed-Securities-Transaktionen (ABS-Transaktionen) schaffen dabei vor allem Finanzierungsspielräume für Unternehmen in der Rechtsform von Personengesellschaften und GmbHs, denen der organisierte Kapitalmarkt nicht unbedingt zur Verfügung steht.[23]

 

Durch ABS-Transaktionen wird die Bindungsdauer der Finanzaktiva verkürzt. Das durchführende Unternehmen kann im zeitlichen Vergleich zur normalen Forderungsabwicklung schneller über Liquidität verfügen. Der entsprechende Passivposten, der aus der Finanzierung der offenen Forderung begründet war, wird abgedeckt und die Risiken eines möglichen Forderungsausfalls werden ausgelagert.[24] Die Kennzahlen der Kapitalstruktur verändern sich aufgrund des einfachen Aktivtausches aber nicht. Als weiterer Vorteil sind die niedrigeren Finanzierungskosten als bei der klassischen Kreditfinanzierung zu nennen.[25] Jedoch ist die Durchführung einer ABS-Finanzierung mit hohen Transaktionskosten verbunden, so dass vor einem Einsatz Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchgeführt werden sollten.[26]

 

2.2.2 Konzernbilanzpolitik

 

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