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E-Book

Die Diesel-Lüge

Die Hetzjagd auf Ihr Auto - und wie Sie sich wehren

AutorHolger Douglas
VerlagFinanzBuch Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl120 Seiten
ISBN9783960922650
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Millionen von fast wertlosen Dieselfahrzeugen verrosten auf riesigen Halden. Der Wertverlust für Diesel-Besitzer geht in die 100 Milliarden. Was geschieht da eigentlich gerade? Fest steht, der Diesel-Skandal ist einer der größten jemals entstandenen Schäden für Wirtschaft und Verbraucher. Doch was sollen Besitzer von Dieselfahrzeugen nun ganz konkret tun? Gegen die Autohersteller klagen? Trotz kommender Verbote in die Innenstädte fahren? Plötzlich sollen sie mit Begriffen wie NOX-Speicherkatalysator, Partikelfilter und Harnstoffeinspritzung umgehen können, aber was kann und was muss jeder Diesel-Besitzer über diesen Skandal wirklich wissen? Holger Douglas, langjähriger Wissenschafts- und Technikjournalist, hat den ersten unabhängigen und neutralen Ratgeber zusammengestellt mit allen notwendigen Informationen darüber, was Sie als Verbraucher rund um den Diesel-Skandal wissen müssen und aktuell tun können.

Holger Douglas ist Wissenschafts- und Technikjournalist. Er produziert seit langem Dokumentationen mit Schwerpunkt 'Wissenschaft und Technik'. Früher für die öffentlich-rechtlichen Anstalten, heute für Sender auf dem weltweiten Markt, darunter Sendungen Wissenschaftssendungen auch für den arabischen Sender Al Jazeera, und schreibt bei Tichys Einblick.

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Leseprobe

Was Sie sonst noch wissen müssen


Willkürliche Grenzwerte,

arme Moleküle,

kreative Autobauer

und zweifelhaftes Nachrüsten

Wie wird in unseren Straßen und Innenstädten gemessen? Welche Werte sollen herauskommen?


Immer wieder muss man sich deutlich vor Augen führen, auf welcher Grundlage diese gewaltige Wertvernichtung stattfindet: Das sind einmal die extrem niedrigen Grenzwerte, die willkürlich festgelegt und durch nichts belegt wurden, und zum anderen – vorsichtig ausgedrückt – die wilden Messmethoden. Nicht weiter öffentlich diskutiert wurde, wie die Messstationen zum Beispiel aufgestellt wurden. Lediglich in Stuttgart gab es im Gemeinderat mehrfach Diskussionen um den Standort der Messstelle, die ständig sehr hohe Werte produzierte und dadurch bundesweite Aufmerksamkeit erreichte.

Völlig verblüfft waren wir bei Tichys Einblick über die Reaktionen auf unsere Große Leseraktion: Wie manipulieren Messstationen die Umweltbelastung in Ihrer Stadt? Wir bekamen Hunderte von Fotos auf den Tisch oder besser in die Mailbox.

Mithilfe der TE-Leser war es möglich, Fotos von vielen ­Messstationen zu sammeln und mit ihnen zu dokumentieren, wie die ominösen Angaben über schlechte Luft in unseren Städten zustande kommen. Stimmen diese eigentlich? Wie wird gemessen?

Vor allem: Jeder Analytiker weiß, es kommt bei der Messung eines Schadstoffes immer darauf an, wo das Messgerät steht. Es gibt dazu genaue Vorgaben der EU, die noch in ­nationales Recht umgesetzt werden mussten. Die deutschen Regeln haben die Tendenz, höhere Grenzwerte zu produzieren. So sagt die EU-Richtlinie zum Beispiel, dass der Luftstrom um den Einlass der Messöffnung in einem Umkreis von 270° nicht beeinträchtigt werden darf. Die deutsche Vorschrift macht daraus »Bei Probenahmestellen an der Baufluchtlinie soll die Luft in einem Bogen von mindestens 270 Grad oder 180 Grad frei strömen.«

Eine scheinbar unbedeutende Wortänderung, doch damit eröffnet sich eine Reihe von Messmanipulationsmöglichkeiten. Es ist außerdem keine »Muss«-Vorschrift wie die der EU, sondern eine »Kann«-Vorschrift. Abweichungen sind also erlaubt, Betroffene können nicht so ohne Weiteres klagen. Der Verdacht bestätigte sich an vielen Orten, dass die Messstationen häufig so aufgebaut wurden, dass sie hohe Ergebnisse produzieren. Damit dienen sie als Begründung für Einschränkungen oder gar Fahrverbote.

So schickte uns TE-Leser Martin G. aus München Bilder der Messstation an der Landshuter Allee: »Die Station steht unmittelbar am Straßenrand des mittleren Rings in München, direkt vor einer Häuserfassade. Wenige Hundert Meter entfernt befindet sich ein Tunnelausgang, was zur lokalen Schadstoffbelastung beitragen dürfte. Die Station ist also für Fahrverbots-Freunde ziemlich gut aufgestellt.«

Auch an Deutschlands »berühmtester« Messstelle Stuttgart Neckartor lässt sich das gut erkennen. Die Messstelle steht in einem Häusereck. Dort haben die Messungen von Ingenieuren des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gezeigt, dass die Situation nur ein paar Meter von der Messstation entfernt vollkommen anders aussieht. Jürgen Pfeil vom KIT sagte gegenüber der Welt: »Unsere Messungen zeigen, dass sich die Stickoxidwerte schon 20 bis 25 Meter von den Straßen weg halbieren.«

Es gab auch stichprobenartige Kontrollmessungen der Behörden in der Umgebung des Neckartors. Ergebnis: Die Stickoxid-Konzentration sind in der angrenzenden Schubartstraße 60 Prozent geringer als die an der Messstelle Neckartor. Der Leiter des Institutes, Thomas Koch, zieht das Fazit: »Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung muss man feststellen, dass die prinzipielle Diskussion über den Diesel absolut aus dem Ruder geraten ist und Fahrverbote völlig überzogen sind.«

Wissenschaftler des Institutes für Feuerungs- und Kraftwerkstechnik der Universität Stuttgart hatten sich ebenfalls mit der »räumlichen und zeitlichen Variabilität von NO2 und Partikeln entlang einer verkehrsreichen Bundesstraße in Stuttgart« befasst. Sie untersuchten auch, wie die Gaskonzentrationen mit jedem Schritt Entfernung von der Messstation abnehmen und ob die Grenzwerte an anderen Streckenabschnitten ebenfalls überschritten werden.

Das Ergebnis überrascht nicht wirklich: Die Luftverunreinigungen nehmen mit Abstand zur Quelle (Straße) sehr schnell ab. Das gilt für NO2 stärker als für Partikel. Die Aussage des Umweltbundesamtes ist offenkundig falsch: »Stadtbewohner in Deutschland atmen weiter zu viel gefährliches Stickstoffdioxid ein.«

Das bestätigen auch die Messungen ein und desselben Umweltbundesamtes, die regelmäßig veröffentlicht werden. Die Werte für Stickoxide sind in den vergangenen 25 Jahren drastisch nach unten gegangen, ebenso für Feinstaub. Der Wert wurde in den vergangenen 30 Jahren nahezu halbiert; aus einem modernen Dieselfahrzeug nach Euro 6-Norm mit Rußpartikelfilter kommt so gut wie kein Feinstaub mehr heraus. Halbiert wurden ebenfalls die Stickstoffoxidemissionen. Aus den Daten geht ebenfalls hervor, dass zudem der Autoverkehr nur noch einen geringen Anteil an diesen Schadstoffen in den Innenstädten hat.

Quelle: Eigene Darstellung, Europäische Umweltagentur, Stand: 2013

Die Einsendungen der Leser zu den Standorten der Messstationen zeigen: Viele der Messstellen sind fragwürdig gewählt. Sichtbar wird: Durch von Häusern und Mauern verengte Straßenräume kommt es in vielen Fällen zu einer Verzerrung der Messungen, die doch im Sinne der Verordnung »repräsentativ« für einen größeren Stadt-Raum und der Belastung für die Einwohner sein sollen. Wer Messstellen unmittelbar an Steigungen oder Ampeln aufstellt, erhält an genau dieser Stelle wegen des notwendigen Abbremsens und Anfahrens Werte, die nicht repräsentativ für eine längere Strecke Straße sind – aber genau das ist erforderlich.

Quelle: Eigene Darstellung, Umwelt Bundesamt, UBA/TREMOD 5.64/HBEFA 3.3

Die Aktion findet breite Resonanz in der Politik. Bild fährt auch auf Diesel ab und betont »Bild kämpft für den Diesel«. Sogar das Bundesverkehrsministerium stellte die Standorte einzelner Messstationen infrage. »Einige Standorte von Messstellen werden zurzeit kritisch hinterfragt, ob sie überhaupt den europäischen Vorgaben entsprechen«, sagte der Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) der Bild-Zeitung. »Zumindest für die Zukunft muss gelten: Neue Messstellen sollten objektive Werte ermitteln und nicht die schlechtestmöglichen.« Zugleich stellte Bilger geltende Grenzwerte infrage. »Wenn Grenzwerte unsinnig sind, müssen sie geändert werden. Darüber sollte auf europäischer Ebene diskutiert werden.«

Wir bei Tichys Einblick werfen auch einen Blick auf die Messtechnik, deren wesentlicher Bestandteil eine sogenannte Kalibrierung ist. Sie kennen das von Ihrer Waage. Auch sie muss auf null justiert, also neu geeicht werden. Genau das muss auch mit jeder Messstelle geschehen. Um das wirklich exakt zu machen, müsste jede Messstelle in regelmäßigen Abständen mit einer gasdichten Haube überzogen und ein genau bestimmtes Kalibriergas eingeleitet werden. Dann müssten die Parameter für das Chemoluminiszenzverfahren, welches das NO misst, eingestellt werden. Erst dann kommen genaue Werte heraus.

Von uns befragte Fachleute zweifelten daran, dass die teilweise ziemlich verwahrlost aussehenden Messstellen immer wieder korrekt eingestellt werden. Wohlgemerkt, es geht hier um sehr empfindliche Messungen von sehr geringen Bestandteilen von Gasen in der Luft. Da wäre hohe Genauigkeit angebracht.

In diesem Sinne ist mehr als zweifelhaft, ob die Daten in allen Fällen korrekt sind und vor allem Fahrverbote mit weitreichenden wirtschaftlichen Folgen begründen können.

Ist also die Diesel-Sauerei eine fiktive Krise? Wir stellen fest: Die Fahrzeuge wurden mithilfe von Katalysatoren und Partikelfiltern wesentlich sauberer als früher gemacht. Die Luft in unseren Städten, das merken Sie selbst, ist deutlich besser als früher. Worüber reden wir also? Die Frage müsste eher lauten: Wie viel teure und aufwendige Reinigungstechnik benötigen wir noch? Oder besser: Wie viel wollen wir uns leisten? Der Aufwand verschlingt Unsummen. Viele Dieselfahrer haben erhebliche Probleme mit dem Rußfilter oder dem Abgasrückführungsventil. Das sind jedes Mal sehr teure Reparaturen. Der Autoverkehr ist zudem nur etwa zur Hälfte für die Gase in der Luft verantwortlich.

Also: Wie sinnvoll sind die derzeitigen Grenzwerte, wenn die Gesundheitsgefahren durch Autoabgase bewusst aufgebauscht werden, wie beispielsweise Lungenspezialist Dieter Köhler belegt.

Exkurs: Surreales aus der Kleinstadt


Stadt ohne Auto – geht das überhaupt? Ja, das geht, sagt zumindest Susanne Murer. Sie ist Ortsvorsteherin von Mörsbach, einem Ortsteil von Zweibrücken in Rheinland-Pfalz. Sie wurde bekannt mit ihrem Vorschlag, Einwohner mit Eselkarren chauffieren zu lassen. Nach 18.30 Uhr fahren nämlich keine Busse mehr, dann könnten Eseltaxis Transportdienstleistungen übernehmen. Durch das entspannte Tempo dieses Fortbewegungsmittels könnten die Fahrgäste gleich viel besser die Schönheit des Ortes genießen. Das hat sie übrigens nicht als Aprilscherz gemeint, sondern als ernstzunehmenden Vorschlag zur Lösung von Verkehrsproblemen. Fehlte noch der Tipp, mit dem Pferd zum Supermarkt zu reiten.

Doch eine komplette Innenstadt wie Stuttgart für den...

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