Wohin auch Spanier in dem neuentdeckten Lande gelangten, überall fragten sie nach dem kostbaren gelben Metall, nach dem heissbegehrten Gold. Und überall wiesen die Indianer zur Antwort nach dem Süden und Südwesten. Zuerst erhielt der Spanier Balboa eine etwas genauere Kunde von diesem geheimnisvollen Goldland. Auf seinem Entdeckungszuge nach dem Stillen Ozean hatte ihm ein Indianer von einem im Süden gelegenen Lande erzählt, in welchem man aus goldenen Schüsseln esse und aus goldenen Bechern trinke. Balboa wäre auch sicherlich nach diesem schätzereichen Land aufgebrochen, wenn ihn nicht die Eifersucht spanischer Machthaber daran verhindert hätte. Und so blieb es einem anderen vorbehalten, das Inkareich in Peru zu entdecken und zu erobern. Francisco Pizarro wurde um das Jahr 1475 zu Trujillo in Spanien geboren. Er war von allerniederster Herkunft und wuchs ohne jede Erziehung, ohne Schule heran, um schon früh Verwendung als Schweinehirt zu finden. Auch soll er später niemals weder lesen noch schreiben gelernt haben. Aber in dem kräftigen, etwas rohen Burschen lebte ein Feuergeist, der nach Taten dürstete, und eines Tages entlief er seinem Dienst, um Soldat zu werden. Als Soldat kam er denn auch nach Amerika, wo er sich durch Tapferkeit und Unerschrockenheit auszeichnete und später Hojeda und Balboa auf ihren Fahrten nach der Landenge von Panama und der Westküste von Südamerika begleitete.
Er erwarb sich ein hübsches Vermögen und wurde dann Statthalter der neugegründeten Niederlassung in Panama.
Hier war es, wo ihn schliesslich die immer bestimmter auftretenden Gerüchte von einem Goldland im Süden bewogen, eine Expedition auf eigene Faust dorthin zu unternehmen. In Diego Almagro fand er einen gleichgestimmten Genossen, und ein wohlhabender Priester Hernando de Luque erbot sich, das nötige Geld vorzustrecken.
Neunundvierzig Jahre alt, fuhr Pizarro im Herbst 1524 mit einem Schiff nach dem Süden ab. Almagro und Luque wollten ihm folgen. Aber diese Versuchsfahrt wurde vom Unglück verfolgt. Zehn Tage lang wütete ein heftiger Sturm, der beinahe das Schiff vernichtete, und dann brach Hungersnot aus, so dass die verzweifelten Mannschaften verlangten, nach Panama zurückgebracht zu werden. Pizarro blieb nichts übrig, als diejenigen, die es wünschten, zurückzuschicken. Bei dieser Gelegenheit zeigte er seine ganze Heldengrösse. Er zog mit seinem Schwert eine Linie von Osten nach Westen und sprach: "Hier, der südliche Weg führt nach Peru mit seinen Schätzen, der nördliche aber nach Panama mit seiner Armut. Nun wählt, ich gehe nach Süden!" Aber nur dreizehn Männer, deren Namen die spanische Geschichte aufbewahrt hat, folgten ihm.
Pizarro blieb nun vorläufig auf der Küsteninsel Gorgona am Westrande von Kolumbien, bis Almagro ihm in einem kleinen Schiff einige neue Mannschaften zuführen konnte. Jetzt konnte er weiter nach Süden vordringen und gelangte zu der peruanischen Stadt Tumbez am Südrande des Golfs von Guayaquil, wo die Eingeborenen ihnen reichliche Lebensmittel gaben und sehr freundlich und zutraulich waren. Die Stadt war mit drei Mauerringen umgeben, der Tempel mit goldenen und silbernen Platten belegt. Dann ging die Fahrt weiter bis zu der Stadt Santa, an der Mündung des Bergstroms Huaraz.
Hier kehrte Pizarro um. An eine Eroberung des offenbar sehr grossen und volksreichen Landes war bei seinen geringen Streitkräften nicht zu denken, aber er hatte genug an Gold und anderen Schätzen gesehen, um zu erkennen, welche Bedeutung der Besitz dieses Landes für die spanische Krone haben müsste.
Kaum war er daher nach Panama zurückgekehrt, da entschloss er sich, selbst nach Europa zu fahren, um von Kaiser Karl die Mittel zu einer neuen und grösseren Expedition nach dem Goldland zu erlangen. Der Ruf seiner Entdeckungen lief ihm schon voraus, und obgleich er bei seiner Landung in Spanien wegen einer Schuld verhaftet wurde, befreite man ihn sofort wieder, und er eilte nach Toledo, wo sich Karl V. aufhielt. Pizarro gewann am Hofe durch seine stolze Gestalt und sein feuriges Wesen allgemeine Bewunderung. Er erhielt vom Kaiser den Orden von St. Jago und die Statthalterschaft von Neukastilien, wie Peru genannt werden sollte. Almagro wurde nur zum Befehlshaber der Festung Tumbez, Luque zum Bischof von Tumbez ernannt. Pizarro besuchte auch seine Heimat und fand dort vier Brüder vor, die er alle mit nach Amerika nahm.
Irgendeine Geldunterstützung leistete die Krone nicht, doch bewirkte die Gunst des Hofes, dass Pizarro sich jetzt alles Nötige leicht verschaffen konnte, und am 28. Januar 1531 segelte er in Begleitung seiner Brüder und Almagros von Panama aus mit drei Schiffen nach dem Süden. Er hatte 180 Fussgänger, 37 Reiter und einige Kanonen bei sich, also eine Macht, die ungefähr so gross war, wie die des Cortez, als er gegen Mexiko marschierte. Die Fahrt über das Meer war bekannt, und so ging es ohne grösseren Aufenthalt bis zum Golf von Guayaquil. Auf der Insel Puna fanden die Spanier freundliche Aufnahme und warteten wegen der beginnenden Regenzeit auf weitere Truppennachschübe aus Panama, die auch nicht ausblieben.
Hier und in der nahegelegenen Stadt Tumbez erfuhr Cortez, dass in dem grossen Inkareiche, welches, langgestreckt, an der Westküste lag, ein Bürgerkrieg ausgebrochen wäre. Der letzte Herrscher von Peru, Huayna Cagac, hatte das Land unter seine beiden Söhne geteilt, die auch von 1525 bis 1530 friedlich nebeneinander regierten, der ältere Huaskar, in dem südlich gelegenen Cuzco, der jüngere Sohn Atahuallpa in Quito. Atahuallpa aber strebte nach Alleinherrschaft, überfiel seinen Bruder und setzte ihn in Cuzco gefangen. Die Anhänger Huaskars aber verfolgte er auf alle Weise.
Pizarro warf sich in kluger Weise zum Schützer der verfolgten Partner auf und gewann dadurch sofort eine grosse Anhängerschaft.
Er drang kühn in die Hochpässe vor und stiess bei der Stadt Caxamalca auf ein grosses, wohl 50 000 Mann starkes Indianerheer, bei dem sich auch der Inka Atahuallpa befand. Da die mit Mauern umgebene Stadt selbst verlassen war, bezog Pizarro dort sein Quartier und fasste nun den verwegenen Plan, den Inka in einen Hinterhalt zu locken, um sich seiner Person zu bemächtigen.
Er sandte seinen Bruder Hernando mit 35 Reitern in das feindliche Lager und liess Atahuallpa zu einer Unterredung nach Caxamalca einladen. Zum ersten Male sahen diese Indianer die Weissen, die sie für Söhne der Sonne hielten, und staunten sogar die Pferde als göttliche Wesen an. Atahuallpa wagte es deshalb nicht, die Einladung auszuschlagen, und versprach am nächsten Tage nach der Stadt zu kommen.
Er kam auch nach Caxamalca, aber mit seinem ganzen Heer. Die erste Abteilung bestand aus 12 000 Soldaten, die kupferne Keulen mit spitzen Nägeln trugen. Die zweite Abteilung war mit Wurfspiessen und Lederlassos bewaffnet, die dritte Schar kam mit schweren Lanzen. In der Mitte des Heeres befand sich der Fürst, von einer Menge Weiber begleitet, die das Gepäck trugen. Er war in seiner höchsten Pracht gekleidet und sass, von Juwelen überladen, in einer mit Gold ausgelegten und mit Federn überdachten Sänfte, die von den Grossen seines Reiches getragen wurde.
Auf dem Marktplatz trat ihm Pizarro entgegen. Er hatte Musketiere in einen Hinterhalt gelegt, die Kanonen so aufgestellt, dass sie die Stadttore bestrichen und seine Reiterei in Schwadronen geteilt. Er selbst war von einer Leibwache von 20 Schildträgern umgeben und sandte dem Inka einen Dominikanermönch namens Valverde, der ihm mit Kreuz und Bibel in der Hand eine Rede über das Christentum hielt. Der Inka stiess die Bibel verächtlich von sich, und der Mönch, entrüstet über eine solche Gotteslästerung, erhob das Kreuz und rief nach Rache.
Dies war das Signal zum Angriff. Auf ein Zeichen Pizarros erdröhnten die Trommeln, schmetterten die Trompeten, und ein allgemeines Schiessen von Kanonen, Gewehren und Armbrüsten erhob sich gegen die Indianer. Die Reiterei stürzte vor und durchbrach die kaiserliche Leibgarde. Es erfolgte ein wildes Gemetzel, in welchem 2 000 Indianer fielen, aber nicht ein einziger Spanier. Pizarro stürzte sich auf die Sänfte, riss den Inka beim Kleide und nahm ihn gefangen. Als die Indianer dies sahen, ergriffen sie die Flucht.
Der unglückliche Fürst begann nun mit den Spaniern um ein Lösegeld zu unterhandeln. Er erbot sich schliesslich, da er die Goldgier seiner Feinde kannte, das Zimmer, in dem er sich befand, so hoch mit Gold und Silber auszufüllen, wie er seine ausgestreckte Hand emporrecken konnte. Das Zimmer war aber mehr als sieben Meter lang und fünf Meter breit.
Pizarro schickte nun drei seiner Soldaten mit den Boten des Inka aus, um die versprochenen Schätze herbeizuholen. Das meiste Gold war in den Tempeln aufgehäuft, und den Priestern wurde befohlen, alles nach Caxamalca zu schicken. Auf dem langen Wege bis zur Hauptstadt Cuzco wurden die spanischen Einnehmer mit göttlichen Ehren behandelt.
Allmählich häufte sich dann das Gold in dem Zimmer höher und höher, aber Pizarro dachte keinen Augenblick daran, seinen Gefangenen frei zu geben. Inzwischen hatte sich der gefangene Bruder des Inka Huaskar an Pizarro gewandt, um durch ihn seine Freiheit zu erlangen, und war deshalb durch die Anhänger Atahuallpas ermordet worden. Pizarro benutzte diese Gelegenheit, nachdem das ganze Lösegeld herbeigeschafft war, Atahuallpa wegen Götzendienst und...