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Die Lutherkirche in Hamburg-Wellingsbüttel

als Bau- und Kunstwerk der Architekten Bernhard Hopp und Rudolf Jäger

AutorGünther Engler, Uwe Gleßmer
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl180 Seiten
ISBN9783741267642
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Die Lutherkirche in HH-Wellingsbüttel war die erste Kirche der Architekten Hopp und Jäger (=H&J) in der Region. Sie wurde 1937 eingeweiht, als Wellingsbüttel politisch neu zu Hamburg, kirchlich noch zu Schleswig-Holstein und zu Bramfeld gehörte. Der dort zuvor langjährige Ortspastor, Christian Boeck, übernahm 1933 den neuen Pfarrbezirk Wellingsbüttel. Er und sein Nachfolger in Bramfeld, Siegfried Seeler, erreichten in den folgenden Jahren, Grundstück, Finanzmittel und Genehmigungen für den Kirchbau zu beschaffen - in der NS-Zeit nicht selbstverständlich. Für das Zusammenspiel zwischen H&J sowie der kirchlichen und der politischen Gemeinde ist zu klären, wie die Besonderheiten dieses Gebäudes (eines der Dekor-Elemente im Fachwerk war ein Hakenkreuz) die Zeitbedingungen reflektierten. Die Gestaltung und Ausstattung des Kirchraumes geht primär auf Entwürfe und eigene Arbeiten von B. Hopp zurück. Weitere Kunstwerke sind vom Holzbildhauer J. Manshardt und der Glaskünstlerin S. Schlytter geschaffen worden. Während das Äußere der inzwischen denkmalgeschützten Kirche weitgehend gleich geblieben ist, hat das Innere - u.a. wegen einer neuen Orgel - beträchtliche Veränderungen erfahren. Daran war auch weiterhin bis 1971 das Architekturbüro H&J beteiligt.

Dr. Uwe Gleßmer (Jahrgang 1951) ist Privatdozent für Altes Testament. Er wurde 1982 nach seinem Vikariat in der Gemeinde Maria-Magdalenen von Bischof Wölber zum Pastor ordiniert, arbeitete bis 2013 mit kurzzeitigen Unterbrechungen an der Universität Hamburg. Seit seinem Ruhestand ist er ehrenamtlich am Geschichtsprojekt der Lutherkirchen-Gemeinde in Hamburg-Wellingsbüttel engagiert sowie an dem Dokumentationsprojekt zum Architekturbüro Hopp und Jäger (www.huj-projekt.de). - Auf dem Hintergrund der Erschließung des umfangreichen Fotomaterials des Hamburgischen Architekturarchivs widmet er sich in besonderer Weise den von H&J vor dem Zweiten Weltkrieg im Norden Hamburgs gestalteten Kirchbauten sowie den damit verbundenen historischen Zusammenhängen.

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Leseprobe

2 Rahmenbedingungen zur Rekonstruktion


Insgesamt ist über den Kirchbau der 1930er Jahre nur schwer ein genaues Bild zu gewinnen. Das einschlägige Werk „Der Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in Deutschland“ von Hugo Schnell ist leider in seiner Auswertung gerade der hier interessierenden frühen Zeit vor dem Ende des 2. Weltkrieges sehr mangelhaft.21 – Erstaunlicherweise fehlen im Abschnitt über den Kirchbau 1918-1945 die Namen von Hopp und Jäger vollständig. Allerdings ist immerhin eine kurze Notiz enthalten: „In Hamburg-Wellingsbüttel entstand 1937 die Lutherkirche“. Diese Angabe ist Teil in einem Absatz, der beginnt: „Von 1936/1937 bis 1945 konnten nur wenige Kirchen errichtet werden…“22. – Dieses nach den eingangs zitierten neueren Erkenntnissen falsche Bild konnte für Schnell nur entstehen, weil er zwar evangelische Kirchen mit beschreibt, aber offenbar die einschlägige Quelle nicht ausgewertet hat, durch die systematisch eine Sammlung von Kirchbau-Planungen, Fertigstellungen und – Erneuerungen im deutschsprachigen Raum der evangelischen Kirchen betrieben wurde. So hätte sich auf diesem Hintergrund doch ein deutlich anderes Bild über das Bauen von Kirchen in der NS-Zeit ergeben.

Bei der ungenutzten Quelle handelt es sich um die seit 1924 bestehende Zeitschrift „Kunst und Kirche“. Im Kopf dieser Zeitschrift, in deren Titelseiten mehrfach erkennbar ist, wie sich die Trägerschaft im Lauf der Jahre verändert hat, steht seit 1937 „herausgegeben vom Kunst-Dienst und vom Verein für religiöse Kunst in der Evangelischen Kirche“. Dabei hatte der Kunst-Dienst inzwischen quasi einen offiziellen Status im Apparat23 und System der über die Reichskulturkammer gleichgeschalteten Kunstschaffenden im NS-Staat. – In dieser Zeitschrift wird in der Zeit bis 1942, als der letzte Jahrgang vor Kriegsende erschien, allgemein auf die Kirchenbautätigkeit und entsprechend auch mehrfach auf Kirchen der Architekten Hopp und Jäger verwiesen:

So wird in der regelmäßigen Rubrik „Neue Kirchen“ allein im Heft 14,3 im Jahr 1938 von 21 kirchlichen Gebäuden berichtet – darunter S. 21 als Nummer 10: „Hamburg-Kleinborstel. Maria-Magdalena-Kirche (Begonnen.)“24

Bereits im Zusammenhang „Kirchenbau und Vierjahresplan“ wurde vom Geschäftführer des „Verein für religiöse Kunst“, Windfried Wendland, u.a. berichtet: „Die Architekten Hopp und Jäger bearbeiten zwei Kirchenentwürfe für Hamburg … In Hamm i.W. wird ein Kirchbau vorbereitet (Entwurf: Architekt Hopp, Hamburg)“.25 – Gemeint sind mit den zwei bearbeiteten Entwürfen die der Luther- und die der St. Lucas-Kirche.

Im Heft 15,2 erscheint unter „Neue Kirchen“ auch der in vielen Listen nicht berücksichtigte - später „Friedenskirche“ genannte – Bau in HH-Farmsen-Berne: „16. Hamburg-Berne, Gemeinde Alt-Rahlstedt, Kirche (Geplant. Archit. Bernh. Hopp und Rud. Jäger, Hamburg.)“.26

Diese vier Hamburger und die Kirche in Hamm i.W. sind allein bereits deutliche Beispiele für das Defizit in der Darstellung von Hugo Schnell. Darüber hinaus sind zwei weitere, frühere Kirchbauten in Born auf dem Darß und in List auf Sylt für die damaligen Architektur- und Kirchenwelt bekannt gewesen. Diese beiden haben - auch der internen Überlieferung des Architekturbüros nach – so etwas wie eine ‚Initialzündung‘ bewirkt.27 – Einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden sie 1939 in dem Artikel „Die Kirchenbaumeister Bernhard Hopp und Rudolf Jäger“ durch Martin Kautzsch, dem Schriftleiter der Zeitschrift Kunst und Kirche:

Das Heft 4 (Juli/August) 1939 lässt Kautzsch mit dem Titelbild der Johanneskirche (Hamm i.W.) erscheinen und stellt die Tätigkeit der beiden Architekten in einen größeren Rahmen, der deshalb ausführlich zitiert werden soll:

„Es ist nicht überflüssig, mit Dankbarkeit darauf hinzuweisen, daß wir im Dritten Reich deutsche Kirchenbauten ungestört planen können, und zwar in sehr erfreulichem Umfang. In einzelnen Fällen haben die Ministerien unseres nationalsozialistischen Staates zur Ausgestaltung und Herstellung von Kirchenräumen tatkräftig beigetragen. Die Bauberichte und Mitteilungen in dieser Zeitschrift mögen als Belege dafür dienen. …“ 28

Später im Text fährt Kautzsch fort:

„Der Kirchenbau ist augenfälligste und gesammelte Lebensäußerung dieser Kirche, und es hat ihm nicht geschadet, daß er sich aus einer gewissen ‚pax et securitas‘ in das Kampffeld ringender Geistesmächte gestellt sah. Er hat dabei die schon vorhandenen Kräfte einer Baugestaltung aus den Kräften des Volkstums und der Landschaft nachdrücklich entfaltet und immer mehr ausgeprägt. Er hat auf Kirchenbaukongresse, neue Programme und theoretische Formulierungen von selbst verzichtet und die vorhandenen Kräfte auf die Lösung der neuen und brennenden Aufgaben zu sammeln gesucht. Dabei hat sich deutlich eine Gruppe führender Kirchenbaumeister entwickelt, unter denen einzelne erst seit einigen Jahren in ihrer Aufgabe stehen, eine Anzahl der jüngeren Generation entstammen.

Die Architekten Bernhard Hopp und Rudolf Jäger, Hamburg, traten 1935 erstmalig mit zwei eigenen Kirchenbauten ihrer norddeutschen Heimat an die Öffentlichkeit: dem vorbildlichen Holzbau mit Rethdach in Born auf dem pommerschen Darß (Ostsee) (Fassungsvermögen 180 Personen; Kosten: 13 200 RM.), der teilweise unter besonderen Umständen und Schwierigkeiten entstand. Die Fachwelt sah diese Kirche als ein Beispiel dafür an, >in welcher Weise wir unsere Kraft für den Neubau einer deutschen Baukultur zuerst ansetzen müßten<. Gleichzeitig entstand die St. Jürgen-Kirche in List auf der Nordseeinsel Sylt, ein klarer, gedrungener Backsteinbau (für 165 Besucher und 100 Stühle als Notsitze; Baukosten: 49 000 RM.) mit einem prachtvoll eingegliederten niederen Turm, wie ihn die Halligkirchen auch sonst zeigen.“29

Der in Bezug auf die Fischerkirche in Born ohne Quellenangabe zitierte Satz aus der ‚Fachwelt‘ stammt aus der – vermutlich Architektur-Insidern damals bekannten – „Deutsche Bauzeitung“ von 1935:

„Wir möchten diesen evangelischen Kirchenbau, wie nur wenige unserer Zeit, als einen ausgesprochenen deutschen Ausdruckswert bezeichnen. Er könnte fast ein Beispiel dafür sein, in welcher Weise wir unsere Kraft für den Neuaufbau einer deutschen Baukultur zuerst ansetzen müßten.“ 30

Während die Deutsche Bauzeitung mit dieser Bemerkung direkt wohl nur Architektur-Insider erreicht hat, wird eine Ausstellung im Hamburger Kunsthaus ein breiteres Publikum erreicht haben:

Dort hat ein Innenraum-Foto von Otto Rheinländer im Rahmen der Ausstellung örtlicher „Maler, Bildhauer, Architekten“ 1935 das Schaffen des in der Künstler-Szene bereits etablierten Bernhard Hopp zusammen mit Rudolf Jäger beide als Kirchbau-Architekten am Beispiel der Fischerkirche bekannt gemacht.31 [Weiteren Details zu diesem Bau sollen erst weiter unten im Abschnitt „3.1 1935: Fischerkirche in Born / MVP-Darß“ in aller Kürze geboten werden.]

Ähnlich wie das ‚Deutschtum‘ in der Deutschen Bauzeitung akzentuiert wird, hat auch Kautzsch in dem genannten H&J-Artikel in „Kunst und Kirche“ von 1939 bei seinen Verweisen auf die beiden neueren Kirchen in Hamm-Norden (1938) und Hamburg-Wellingsbüttel (1937) deren heimatverbundene Gestaltung betont. Dabei stellt er u.a. jeweils die markanten örtlichen Elemente heraus. So nennt er bei der Johanneskirche das „… Äußere … bei kräftig stämmiger Grundform, wie sie dem westfälischen Land und Menschenschlag entspricht“ bzw. bei der Lutherkirche: „…der Eindruck hat etwas ausgesprochen Heimat- und Landschaftsgebundenes, das durch die Muster und Symbole der Backsteinausmauerung, die kleinen Oberfenster noch unterstrichen wird.“32 Er schließt mit einem Hinweis auf die Menge der anstehenden Projekte dieser Baumeister:

„Das den beiden Architekten vorliegende Bauprogramm sieht in der nächsten Zeit nicht weniger als zwölf Neubauten und sechs Umbauten von Kirchen, Kapellen,...

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