VORWORT
– ABARTIG? NEIN: EINFACH GEIL! –
In der Erotik gibt es unzählige Neigungen und Spielarten, die ein „Normalsexler“ wohl niemals kennenlernen wird. Alles, was über eine als „normal“ geltende Beziehung hinausgeht, gilt als abartig. „Das könnte ich mir niemals vorstellen – das ist ja pervers!“, heißt es zum Beispiel bei vielen, die zum ersten Mal von sexueller Disziplinierung hören; ob Sadomasochismus, Lack-und Lederfetischismus oder Voyeurismus, ob Bondage, englische Erziehung oder eine andere erotische Spielart: man/frau ist schockiert!
Zumindest tun viele so, als seien sie abgestoßen. Denn wenn wir einmal ganz ehrlich sind, übt alles, was über das Normale hinausgeht, auch eine eigentümliche Anziehungskraft auf viele von uns aus. Es erregt uns, ohne dass wir dies zugeben wollen. Es lässt uns innerlich aufhorchen und vor unserem geistigen Auge entstehen Bilder, für die wir uns einerseits schämen und die uns schockieren, die uns aber gleichzeitig auch erregen. Sie bringen uns aus dem Gleichgewicht, denn wir sind dazu erzogen, „normal“ zu agieren und zu reagieren – auch im Sexuellen. Doch ist es nicht gerade das Verruchte, Verbotene, gesellschaftlich Tabuisierte, was uns reizt? Wollen nicht viele von uns nur allzu gerne einmal ausbrechen aus den gesellschaftlichen Konventionen, die uns fesseln, und endlich ihre sexuellen Fantasien ausleben? Denn die sind nun mal nicht immer „normal“ – glücklicherweise!
Leider schaffen nur wenige Menschen den Schritt über die Hemmschwelle aus erziehungsbedingter Scham und Angst. Anstatt die eigenen erotischen Wünsche fantasievoll auszuleben und uns den individuellen sexuellen Neigungen hinzugeben, verschließen wir diese Träume in der hintersten Kammer unseres Ichs, kerkern sie ein und verdammen uns dadurch selbst zu lebenslänglicher sexueller Unzufriedenheit. Denn eines ist sicher: Sind solche Wünsche – egal welcher Art – erst einmal da, kann man sich nicht für immer vormachen, es gäbe sie nicht. Das ist der falsche Weg, der uns ganz sicher unzufrieden macht.
In unserem Inneren tobt ein Kampf, den wir zwar ignorieren möchten, es jedoch nicht können. Diese Macht unserer Lüste hat enorme Kraft, lähmt einen großen Teil unserer Psyche und lässt sich nicht so einfach abschalten. Ganz im Gegenteil – man sollte seine sexuellen Wünsche und Fantasien als Bereicherung des Sexuallebens ansehen, sollte seine Neigungen austesten und voller Spaß gemeinsam mit dem Partner an die Sache herangehen!
Zugegeben, das ist nicht ganz leicht. Denn gerade in einer Beziehung – egal ob Partnerschaft oder Ehe – sollten beide sehr vorsichtig mit dem Thema Sexualität umgehen. Wobei Vorsicht nicht mit Verklemmtheit verwechselt werden darf. Denn Ungezwungenheit, Offenheit und vor allem Humor dürfen auch beim Thema Erotik nicht fehlen! Mit Vorsicht ist hier vor allem Rücksicht auf die Wünsche und sexuellen Grenzen des anderen, Respekt vor dessen Ängsten und Bedürfnissen und der liebevolle Umgang mit seinem Körper und seiner Seele gemeint. Gemeinsam etwas bisher Unbekanntes auszuprobieren, die neuartigen Gefühle zu genießen, dabei aber auch nie die psychischen und physischen Grenzen des Partners aus den Augen zu verlieren, das ist es, was eine echte und damit auch glückliche Partnerschaft auszeichnet.
Die Beziehung zwischen zwei Menschen ist – nicht nur im sexuellen Bereich – etwas Einzigartiges. Sie ist wie ein äußerst komplexes Netz, in sich verwoben, hauchzart und doch enorm belastbar. Das gilt besonders dann, wenn Disziplinierung ins Spiel kommt. Sie steigert die Sensibilität in einer Partnerschaft, denn selbst scheinbar unwichtige Handlungen, bestimmte Gesten und Worte werden plötzlich enorm aufgewertet, entwickeln sich nach und nach zu besonderen Ritualen oder sind ein Teil dieser. Oftmals sind diese Worte oder Gesten für Außenstehende völlig unscheinbar; für die beiden Partner allerdings bedeuten sie enorm viel: Sie sind ein großer und sehr wichtiger Teil ihres Lebens, ohne den sie meist nicht mehr existieren wollen. Denn wer erst einmal diese besondere Neigung – sei es dominant oder devot – in sich entdeckt und Spiele dieser Art ausprobiert hat, den lässt der sinnliche Reiz, die sexuelle Erfüllung, die er dadurch erfährt, nicht mehr los. Es ist für beiden Seiten wie eine süße, „verbotene“ Sucht …
Doch zunächst muss der erste Schritt erfolgen – und der ist bekanntlich der schwierigste. Es fällt den meisten Menschen grundsätzlich sehr schwer, der Partnerin beziehungsweise dem Partner die speziellen sexuellen Wünsche zu gestehen. Um es einmal konkreter zu formulieren, fragen sich viele dominante Männer und devote Frauen (um diese Konstellation geht es in diesem Buch): „Wie bekomme ich sie dazu, mir meine sexuellen Wünsche zu erfüllen, ohne dass dabei unsere Partnerschaft zerbricht?“ Bei diesen Wünschen kann es sich zum Beispiel um Oralverkehr oder Bondagespiele handeln, es kann aber auch um Analverkehr, Windelfetischismus, Outdoor-Sex oder englische Erziehung gehen. Welche Möglichkeiten gibt es, der Partnerin die eigenen Wünsche mitzuteilen und diese gemeinsam mit ihr auszuleben? Wie macht man(n) seine Partnerin „gefügig“ und lässt sie die eigenen Tabus überspringen, sodass sie schließlich merkt, wie reizvoll diese erotischen Spielarten sein können?
Wie unsere Beispiele zeigen werden, ist ein wenig „freiwilliger Zwang“ zunächst eine wichtige Voraussetzung, um der Partnerin die Möglichkeit zu geben sich vor sich selbst zu rechtfertigen. Denn dadurch, dass sie mehr oder weniger „gezwungen“ wird, bestimmte sexuelle Handlungen auszuführen oder über sich ergehen zu lassen, ist sie ihrem Gewissen beziehungsweise ihren Moralvorstellungen gegenüber unschuldig. Nicht sie ist es, die dieses Tabu gebrochen hat, sondern sie wurde ja von ihrem Partner dazu „gezwungen“; dass es ihr Spaß gemacht und großen sexuellen Genuss bereitet hat, ist dann sozusagen der angenehme „Nebeneffekt“ …
Wie unsere Erfahrungsberichte zeigen, kommt dabei oftmals der Zufall zur Hilfe, beziehungsweise der erste Disziplinierungs-Akt erwächst aus einer speziellen, allerdings ungeplanten Situation heraus. Der erste vorsichtige Schritt wird getan, die Reaktion der Partnerin wird ausgetestet, und geht sie auf das Spiel ein, so sind der Fantasie zukünftig keine Grenzen mehr gesetzt. Die Disziplinierungs-Riten werden immer ausgefeilter und die gesamte Beziehung erhält eine völlig neue Dimension.
Wie zwei Menschen zusammenleben und ob beide beim Thema Autorität auf dem gleichen Level zueinander stehen, kann ganz unterschiedlich sein; es gibt in diesem Bereich viele Variationen, die von der Gleichberechtigung beider Seiten über leichte bis zu härterer sexueller Disziplinierung und tatsächlicher Dominanz beziehungsweise Unterwerfung bis hin zum extremen Sadomasochismus reichen. Die Beziehung zueinander kann sich im Laufe einer Partnerschaft ändern, die Waagschale der Autorität kann sich zu einer der Seiten neigen, zum Beispiel wenn in einem der Partner der Wunsch nach strengerer Führung immer stärker wird oder sich das Machtstreben des anderen Partners im Laufe der Zeit immer stärker ausprägt.
Übrigens beziehen sich diese Neigungen nicht nur auf den erotischen Bereich einer Partnerschaft. Die Grenzen sind oftmals fließend, gehen teilweise auch ins alltägliche Miteinander über, wie die Berichte unserer Interviewpartner zeigen. Eines wurde in diesen Gesprächen ganz deutlich: Sexuelle Disziplinierung in einer Partnerschaft kann sehr aufregend und bereichernd sein. Sie ist unsagbar prickelnd, bietet beiden Seiten im Optimalfall Gefühle einer völlig neuen Dimension und vor allem absolute sexuelle Befriedigung. Sie macht geradezu süchtig und kann somit zu einer Lebensphilosophie werden. Es ist aber auch ein gefährliches Spiel, das sehr viel Fingerspitzengefühl und Rücksicht auf die Psyche des Partners erfordert.
Ziel unserer Recherche war es zum Beispiel herauszufinden, wie die Disziplinierung in eine Partnerschaft konkret ablaufen kann, auf welche Weise diese Rituale überhaupt entstehen, ob sie von Anfang an da sind oder erst langsam entdeckt und herausgearbeitet werden. Wir wollten zum Beispiel von Menschen, die Erfahrungen in diesem Bereich gemacht haben, wissen:
- Was macht den Reiz dieser erotischen Spielart, dieser Lebensphilosophie aus?
- Was unterscheidet ihre Partnerschaft von anderen?
- Worin besteht ihre sexuelle und geistige Erfüllung?
- Wie kann sich eine solch spezielle Beziehung entwickeln?
- Wie können durch Disziplinierung in der Partnerschaft sexuelle Wünsche erfüllt werden?
- Wie entstehen Disziplinierungs-Rituale?
- Worin besteht der Unterschied zu anderen sexuellen Spielarten?
Diese und viele andere Fragen wurden von unseren Interviewpartnern sehr offen beantwortet, indem sie uns ganz einfach besondere erotische Begebenheiten aus ihrer Partnerschaft beschrieben. Ihre Berichte geben Einblicke in jene Art von Lebensgemeinschaften, in denen das Spiel von Macht und Unterwerfung zum unverzichtbaren Teil des Zusammenlebens geworden ist. Wir möchten konkret zeigen, wie ein solch bizarres Zusammenleben aussehen kann, und vor allem möchten wir dieses Buch als Werbung für mehr Verständnis gegenüber Menschen mit einer Neigung für sexuelle Disziplinierung verstanden wissen. Sie sind nicht abartig, sondern lediglich anders; sie heben sich vom Normalen ab und schenken dadurch sich selbst und ihrem Partner das größte Glück: absolute Befriedigung körperlicher und seelischer Art.
Gleichzeitig möchten wir jene, die dieses...