Der Devisenhandel im Überblick
Zu Beginn diese Buchs werden die Grundlagen und die Funktionsweise des Devisenhandels beleuchtet. Dazu ist es notwendig, einen kurzen Blick auf die Geschichte der Devisen und des Devisenhandels zu werfen und einige grundlegende Fragen zu beantworten: Wer handelt an diesem globalen Finanzplatz? Welche Interessen verfolgen die verschiedenen Marktteilnehmer? Und gleich vorweg: Was genau bedeutet eigentlich der Begriff Devisen?
Definition Devisen
Als Devisen werden gemeinhin Zahlungsmittel in ausländischen Währungen bezeichnet, außer Barmittel. Devisen können zum Beispiel Forderungen auf ausländische Währungen sein. Sie können aus Guthaben oder Schecks auf ausländische Währungen bestehen. Zudem können sie Schecks, Wechsel, Obligationen oder Fremdwährungsguthaben bei einem Kreditinstitut im Ausland in einer fremden Währung sein. Ausländische Banknoten werden nicht als Devisen, sondern als Sorten bezeichnet.
Bei Übertragung werden Devisen umgebucht und nicht als Münzen oder Scheine weitergegeben. Sie werden nach der Verfügbarkeit und nach der Umtauschbarkeit eingeteilt. Zu den verfügbaren Devisen zählen die Kassa- und Termindevisen. Umtauschbare Devisen sind die freien, die beschränkten sowie nicht umtauschbare Devisen. Frei umtauschbare Devisen können zu jeder Zeit und ohne Einschränkung in jede beliebige Währung umgetauscht werden, daher werden sie auch als »Hartwährung« bezeichnet. Nicht umtauschbare Devisen dürfen entweder gar nicht umgetauscht werden oder der Umtausch erfolgt nur mit einer Genehmigung. Beschränkt umtauschbare Devisen unterliegen Konvertierbarkeits- und Konvertibilitätsbeschränkungen.
Ein Blick in jüngere Geschichte der Devisen
Der US-Dollar wurde im Laufe des Zweiten Weltkriegs zur internationalen Leitwährung. In der Folge wurde 1944, unter der Führung der USA und England, in Bretton Woods der Internationale Währungsfonds (IWF) gegründet. Zielsetzung war, die Wechselkurse zu stabilisieren und ein einheitliches System für den internationalen Zahlungsverkehr zu etablieren. Daneben sollten bestehende Restriktionen abgebaut und die Konvertibilität aller Währungen geschaffen werden. Als Grundlage des Währungssystems nach dem Abkommen von Bretton Woods diente der Goldstandard. Als führende Nation hatte die USA die Konvertibilitätspflicht des US-Dollar in Gold (35 US-Dollar je Unze). Die anderen Mitgliedsstaaten hatten die Pflicht, ihre Währungen gegenüber dem US-Dollar stabil zu halten (Konvertibilität gegenüber dem US-Dollar). Der Dollar wurde so zur Bezugsgröße für alle am Währungssystem von Bretton Woods teilnehmenden Länder. Das Abkommen war viele Jahre gültig, wurde aber schließlich im August 1971 von den USA aufgekündigt. Zuvor gab es große Turbulenzen im weltweiten Wechselkurssystem und die Notenbanken waren kaum noch imstande, der massiven Abwertung des US-Dollar entgegenzutreten. Daher hob die US-Regierung die Konvertierung der US-Dollar-Guthaben in Gold auf. Die Zeit international fester Wechselkurse war damit zu Ende, und die meisten großen Länder gingen zu flexiblen Wechselkursen über.
Der Devisenmarkt heute
Die Einführung des Euro war ein weiterer Meilenstein bei der Neugestaltung des internationalen Devisenmarktes. Zum ersten Mal wurden nationale Währungen durch eine neue, länderübergreifende Währung ersetzt. Die Umstellung der einzelnen Nationalwährungen auf den Euro hat sowohl beim Buchgeld 1999 als auch beim Bargeld funktioniert. Ein Wermutstropfen blieb dennoch: Mit dem Verschwinden der nationalen Währungen ging dem Devisenmarkt auch ein Teil seines Volumens verloren. Transaktionen zwischen den am Euro teilnehmenden Nationen sind nämlich überflüssig geworden.
Die Marktteilnehmer am Devisenhandel
Trotz des gesunkenen Volumens durch die Einführung des Euro gibt es auch weiterhin einen florierenden Handel mit Devisen. Doch wer agiert eigentlich am Devisenmarkt und warum?
Wirtschaftsunternehmen
Wirtschaftsunternehmen verfolgen hauptsächlich das Ziel, Risiko aus Fremdwährungspositionen zu minimieren und Währungen in die Landeswährung zu tauschen. Zudem wird auf Wechselkursänderungen mit dem Ziel spekuliert, zusätzliche Gewinne zu erzielen. Vor allem Unternehmen, die einen großen Teil ihres Umsatzes über den Ex- oder Importhandel generieren oder über Niederlassungen im Ausland verfügen, sind von Wechselkursschwankungen betroffen. Dazu gehören unter anderem die Automobilbranche, internationale Pharmaunternehmen und die Mineralölindustrie. Zahlungsströme aus Warenlieferungen oder aus Dienstleistungen müssen konvertiert werden. Der Zeitpunkt, zu dem die Konvertierung erfolgt, hat häufig großen Einfluss auf das Jahresresultat dieser Unternehmen. Wirtschaftsunternehmen stellen daher einen wichtigen Bestandteil des heutigen Devisenhandels dar.
Geschäftsbanken
Banken spielen im Devisenmarkt die zentrale Rolle, da sie in einem Netzwerk den Interbanken-Markt bedienen. Die klassischen Anbieter und Nachfrager des Devisenhandels, die Wirtschaftsunternehmen, haben in der Regel keinen direkten Marktzugang, sondern müssen über eine Bank an dem Netzwerk teilnehmen. Bis zum Ende des Bretton-Woods-Abkommens bestand die klassische Aufgabe der Devisenhandelsabteilungen der Banken in der Abwicklung der Währungskonvertierung. Mit Freigabe der Wechselkurse jedoch entstanden die heute bekannten Handelsabteilungen der Banken, hier konzentriert sich heutzutage der »eigentliche« Devisenhandel, mit teilweise gewaltigen Umsätzen.
Market-Maker
Market-Maker stellen das Grundgerüst des Interbanken-Handels dar. Die zentrale Aufgabe eines Market-Makers ist das Quotieren von Wechselkursen und somit das Bereitstellen von Liquidität. Diese wird sowohl von internen Abteilungen des Market-Makers und internationalen Großkonzernen als auch – und vor allem – von dritten Banken nachgefragt. Der einzelne Market-Maker stellt dabei anfragenden Parteien verbindliche Kurse (Geld- und Briefkurs), zu denen er bereit ist zu handeln. Ein wesentlicher Vorteil der Market-Maker sind die aus den Anfragen resultierenden Informationen über die Aufträge beziehungsweise die Orderlage (»Flow«). Durch seine ständige Tätigkeit im Markt ist der Market-Maker sehr stark in das Marktgeschehen integriert und kann aufgrund seiner Markt- und Kapitalmacht den Kurs bewegen. Der Market-Maker profitiert in erster Linie von der Differenz zwischen den Quotierungen, die er im Interbanken-Markt erhält und die er an seine Kunden weitergibt. Neben dem Bereitstellen von Liquidität liegt ein weiteres Interesse der Market-Maker in der Erzielung von zusätzlichen Erträgen durch kurzfristige Positionen und durch Arbitragegeschäfte (Ausnutzung von Preisunterschieden). Market-Maker sind vor allem in den großen Banken zu finden, wie beispielsweise in der Union Bank of Switzerland (UBS) und in der Deutschen Bank.
Proprietary Trader
Im Gegensatz zum Market-Maker besteht die Aufgabe eines strategischen Händlers (Proptrader) einzig und allein darin, eine möglichst hohe Rendite auf das eingesetzte Kapital zu erwirtschaften. Im Gegensatz zu einem privaten Händler riskiert ein Proptrader allerdings nicht sein privates Kapital. Er arbeitet mit von der Bank zur Verfügung gestelltem Risikokapital.
Broker
Broker agieren als Mittelsmänner vor allem für Kunden, die keinen direkten Zugang zum Interbanken-Markt haben. Aber auch andere Banken nutzen häufig einen Broker, um schnell und unkompliziert große Volumen abzuwickeln. Broker treten lediglich als Vermittler auf und bringen gegen eine Maklergebühr Interessenten zusammen. In der Regel halten sie keine eigenen Positionen und spekulieren nicht auf eigene Rechnung. Das Interesse eines Brokers zielt vor allem darauf ab, Liquidität bereitzustellen. Je mehr interessierte Marktteilnehmer ein Broker verbinden kann, desto wettbewerbsfähiger sind in der Regel die Wechselkurse, die er seinen Kunden anbieten kann.
Zentralbanken
Zu den aktiven Teilnehmern am Devisenmarkt sind auch die Notenbanken der einzelnen Währungsräume zu rechnen. Die einflussreichsten Teilnehmer sind die US-Notenbank FED (Federal Reserve Bank), die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Japan (BoJ). Das Tagesgeschäft der Zentralbanken besteht aus der Abwicklung und Vermittlung der über sie laufenden Fremdwährungszahlungen und Devisengeschäfte. Zudem intervenieren sie manchmal am Devisenmarkt. Unter einer Intervention versteht man das Eingreifen einer Zentralbank in die Preisfindung auf dem freien Markt. Das Ziel einer Intervention ist die Beeinflussung des Marktpreises. Die gehandelten Summen sind hierbei so groß, dass sich ein deutlicher und beabsichtigter Einfluss auf den Wechselkurs ergibt. Interventionen zielen darauf ab, den Wechselkurs der emittierten Währung gegenüber einer anderen Währung zu beeinflussen. In der Regel führen Zentralbanken dann Interventionen durch, wenn es zu deutlichen...