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E-Book

Einfach Gebet

Zwölfmal Training für einen veränderten Alltag

AutorJohannes Hartl
VerlagSCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl144 Seiten
ISBN9783417228830
Altersgruppe18 – 70
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Sehnen Sie sich danach, Gott im Gebet zu begegnen. Wünschen Sie sich mehr Tiefgang, mehr Regelmäßigkeit, neue Formen und wollen Gottes Gegenwart stärker im Alltag erleben. Doch Sie zweifeln, ob man Beten überhaupt lernen kann? In zwölf Kapiteln macht Johannes Hartl Lust, sich dem Thema Gebet ganz neu zu nähern. Mit persönlichen Erlebnissen, kurzen geistlichen Impulsen und vor allem vielen praktischen Ideen zeigt er Ihnen, wie Sie einen Lebensstil des Gebets in den Alltag integrieren können. Ganz einfach. Dabei geht es letztlich nur um ein Ziel: nahe an Jesus dranzubleiben.

Jg. 1979, liebt es, zu reisen, zu malen, zu komponieren und zu schreiben. Nach seinem Studium widmete er sich seiner größten Faszination und gründete das Gebetshaus Augsburg, wo das Gebet bei Tag und bei Nacht nicht verstummt. Johannes Hartl ist ein gefragter Konferenzsprecher in ganz Europa und lebt mit seiner Frau und vier Kindern in Augsburg.

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Leseprobe

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4
Wahrnehmung.


Klara

»Hi Ellen!«

Ellen

»Guten Morgen, Klara! Wie geht’s?«

Klara

»Ach, ich weiß auch nicht. Bin gerade etwas durcheinander …«

Ellen

»Hm, schon klar. Bei mir nicht anders. Meine Eltern kommen am Wochenende zu Besuch, der Hund ist beim Tierarzt und Montag ist sowieso nicht mein Tag.«

Klara

»Also bei mir passt eigentlich alles. Aber irgendwie fehlt mir gerade so der Drive.«

Ellen

»Kein Wunder, bei dem Stress letzte Woche. Geht mir nicht anders. Bei mir war die Hölle los. Erst das mit dem Hund und dann noch das kaputte Auto …«

Klara

»Na ja, so viel zu tun gab es bei mir gar nicht. Ich frage mich eher, ob dieser Job eigentlich das ist, was ich wirklich machen will …«

Ellen

»Das kenn ich. Also bei mir ist das eine Frage der Einstellung. Morgens joggen und dann unter die Dusche – dann bin ich sofort wieder topfit!«

Klara

»Ich merke halt, dass ich direkt nach der Ausbildung hier angefangen habe und ich mich nie gefragt habe, was ich eigentlich mit meinem Leben machen will.«

Ellen

»Genau! Du brauchst eine neue Herausforderung! Ich liebe Herausforderungen. Zum Beispiel dieses neue Projekt im Büro. Das ist wirklich eine geniale Sache. Damit sparen wir unglaublich viel Zeit, die Aufgaben sind klarer verteilt und ich kann endlich wieder organisieren. Ich liebe Organisieren. Du solltest dir irgendwas Neues vornehmen!«

Klara

»Hm, na ja, vielleicht. Ich weiß gerade selbst nicht so recht, was ich bräuchte.«

Ellen

»Zum Beispiel eine Reise! Bei mir klappt das immer voll gut, danach macht mir auch der langweiligste Job wieder Spaß. Reisen ist die Lösung. Ich hab meine besten Ideen immer im Urlaub.«

Klara

»Also ich war letztes Jahr auf Mallorca und davor in der Türkei …«

Ellen

»Mallorca kannst du vergessen. Viel zu teuer geworden. Ich hab letztes Jahr Inselhopping in der Ägäis gemacht. Traumhaft. Am besten war der Ausblick von dem kleinen Hotel auf Rhodos. Das muss ich dir erzählen: Wir fahren da so stundenlang mit einer Fähre rum und außer uns nur Griechen. Natürlich keiner ein Wort Englisch gesprochen. Und wir dann so zu ihnen: ›Hello boys‹, und dann … (es folgen 17 Minuten weitere Erzählung).«

Klara

»Aber ich will eigentlich nicht verreisen.«

Ellen

»Absolut. Schon klar. Du solltest dich mal durchchecken lassen, woher diese chronische Müdigkeit bei dir kommt. Also mir geht es so, immer wenn ich zu müde bin, liegt es am Eisenmangel. Ich muss dann einfach …« (Stunden später)

Klara

»…. ….. ?!«

Wahrnehmung.

Jede Beziehung lebt davon. Und vielleicht kennst du die Gespräche, die so laufen wie das oben beschriebene. Klara geht jedenfalls sicher nicht mit dem Gefühl, verstanden worden zu sein, aus der Unterhaltung. Warum? Ellen hat ihr zwar irgendwie zugehört und sogar Tipps gegeben. Doch ist dir aufgefallen, dass sie überhaupt nicht hingehört hat, was eigentlich wirklich Klaras Anliegen war? Viele Gespräche zwischen Menschen sind genau das: halbes Hinhören und vorschnelles »Ich weiß schon, was du sagen willst«. Oder noch nicht einmal das; dann geht es nur darum, das Eigene erzählen zu wollen. Denn echtes Hinhören ist nicht so einfach. Es bedeutet, vom Eigenen leer zu werden. Dem anderen Zeit zu schenken. Nicht schneller zu denken, als er oder sie sich mitteilt. Es bedeutet auch, gezielt und interessiert nachzufragen.

Oft sind wir so voll mit unseren eigenen Gedanken, dass wir das echte Zuhören überspringen. So entstehen »Gespräche«, die eigentlich keine sind, sondern die Aneinanderreihung von Monologen. Du erzählst etwas, doch ich höre eigentlich nicht zu. Denn ich warte nur auf deine Sprechpause, damit ich endlich das von mir erzählen kann.

Ich habe eine sehr einfache These. Und die lautet, dass Beten und Lieben viele Gemeinsamkeiten haben. Denn einen Menschen zu lieben, bedeutet, auf ihn einzugehen, ihm zuzuhören, ihn wahrzunehmen. Tatsächlich ist das deutsche Wort »Wahrnehmung« sehr vielsagend. Wenn ich das, was ein Mensch sagt, wahrnehme, ohne gleich etwas zu erwidern, fühlt der andere sich angenommen. Jeder Mensch sehnt sich danach, nicht sofort mit Ratschlägen beglückt oder vollgetextet zu werden. »Hörst du mir überhaupt zu?«, ist mehr als eine rhetorische Frage. Denn wenn du mir nicht zuhörst, nimmst du mich nicht für voll. Dann nimmst du mich nicht wahr.

Zuhören und wahrnehmen lernen ist tatsächlich weniger leicht, als man denkt. Jeder, der in einer Beziehung lebt, ahnt das wohl. Und zugleich ist es das Simpelste von der Welt, jemandem einfach seine Aufmerksamkeit zu schenken. Beten lernen ist wie lieben lernen: Es ist ganz einfach, aber es kostet dich alles. Und es beginnt hier: mit der Wahrnehmung.

Nun ist es tatsächlich so, dass wir alle nicht so gut in der Wahrnehmung sind. Nur ein kleines Beispiel. Was siehst du auf dieser Seite?

Eine mögliche Antwort: eine große weiße Fläche. Oder eine andere Antwort: ein schwarzer Rahmen mit sechs Wörtern in krakeliger Schrift. Doch wahrscheinlicher ist, dass deine Antwort »ein Punkt« war. Leider muss ich dich enttäuschen: In dem schwarzen Kasten befinden sich zwei Punkte (ein kleiner ganz links auf halber Höhe zwischen dem großen Punkt und dem unteren Rand). Und wenn man die Punkte der Schrift noch mitzählt (denn es geht ja um alles, was man auf dieser Seite sieht), sind es sechs Punkte. Genau genommen handelt es sich auch nicht um einen schwarzen Kasten, sondern um vier überaus uneinheitliche schwarze Linien, die dicker und dünner werden.

Hast du bemerkt, dass sie sich rechts und links oben gar nicht berühren? Und dass rechts unten ein kleiner Fortsatz besteht?

Natürlich war das ein etwas gemeiner Trick. Doch er zeigt, wie sehr wir jeweils nur einen Ausschnitt wahrnehmen. Tatsächlich ist unser Gehirn so gebaut, dass es ständig einen großen Teil der Realität ausblendet. Welche Farbe der Pulli der Kassiererin im Supermarkt hatte und an wie vielen Regalen Tierfutter ich vorbeigelaufen bin: Das Gehirn hat all das registriert. Doch wahrgenommen habe ich es nicht.

Ich behaupte: Es ist nicht schwierig, Gott wahrzunehmen. Und genau: Ich spreche nicht nur vom »Denken« an Gott, sondern vom Wahrnehmen seiner Gegenwart. Denn das kann man. Nur weil wir ihn nicht sehen und anfassen können, heißt das noch lange nicht, dass er nicht real ist. Es gibt alles Mögliche, für das wir Menschen keine körperlichen Sinnesorgane haben. Radioaktivität zum Beispiel können wir nicht wahrnehmen. Doch auch die Freiheit, die Beziehung zwischen zwei Menschen, einen Konflikt oder Schuld nicht. Dennoch haben wir für all das Antennen. Genauso hat der Mensch Antennen für die Gegenwart Gottes. Doch die können mehr oder weniger gut ausgebildet sein.

Das Erstaunliche an Gott ist nun aber, dass er immer schon da ist. »Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir«, sagt der Apostel Paulus (Apostelgeschichte 17,28). Gott lebt nicht in einer anderen Welt, die mit unserer nichts zu tun hätte, sondern er ist im Hier und Jetzt. Und das, was dich ins Hier und Jetzt zurückbringt, ist die Wahrnehmung.

Menschen aller Religionen und Kulturen nehmen etwas vom Göttlichen wahr. Exklusiv durch Jesus aber haben wir direkten Zugang zum Vater, können Gott nicht nur erahnen, sondern persönlich begegnen und kennenlernen. Und das ist nicht schwierig, erfordert aber ein Ausbrechen aus dem Kreisen in den eigenen Gedanken. Und stattdessen das Augen-Auf der Wahrnehmung.

Übung


Was jetzt kommt, ist das Einfachste der Welt und wird dich gleichzeitig ganz schön herausfordern. In den beiden kommenden Übungen geht es um das Wahrnehmen. Für die erste brauchst du mindestens eine Stunde Zeit und ein bisschen Natur. Felder und Wiesen hinter dem Dorf, einen Park in der Stadt oder ein nahes Waldstück, je ungestörter, desto besser. Such dir ein schönes Plätzchen, an dem du dich ungestört niederlassen kannst.

In der Natur gibt es unglaublich viel wahrzunehmen. Und genau das ist auch deine einzige Aufgabe bei dieser Übung. Nimm wahr. Das beginnt meistens mit den Augen. Blicke mit den staunenden Augen eines Kindes umher, was es da alles zu sehen gibt. Das verschiedenfarbige Grün der Blätter, die Formen der Zweige, die Schattierungen des Himmels. Du kannst eine ganze Landschaft betrachten oder auch nur ein einziges Blatt. In beiden Fällen wird es viel mehr wahrzunehmen geben, als man in einer Stunde wirklich bewusst sehen könnte.

Doch dann gibt es noch die anderen Sinne. Welche Klänge dringen an dein Ohr? Wonach riecht es? Wie fühlt sich der Wind in deinen Haaren an, wie der Kiesel unter deinen Sohlen, wie die Rinde am Baum? Wichtig ist, dass du nur wahrnimmst und nicht bewertest oder analysierst. Es ist beispielsweise nicht entscheidend, ob du weißt, ob eine Birke oder Linde vor dir steht. Oder ob dir die Straße gefällt oder das Wetter. Lass es einfach so stehen und nimm es wahr. Und hetze nicht von einer Wahrnehmung zur nächsten, sondern bleibe staunend bei...

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