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Ethisches Geschäftsgebaren im Handel mit Medizinprodukten

Zum Verständnis des Freihandelsabkommens zwischen der Republik Korea und der Europäischen Union (KOREU)

AutorBongseock Seo, Solveig Gasche
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl132 Seiten
ISBN9783744877947
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Das Buch leistet einen grundlegenden Beitrag zur aktuellen Diskussion um die Konzeption von Freihandelsabkommen. Das Freihandelsabkommen zwischen der Republik Korea und der Europäischen Union aus dem Jahr 2015 hat mit der Regelung zum "ethischen Geschäftsgebaren" einen neuen Rechtsbegriff in Freihandelsabkommen der EU eingeführt. Seine Bedeutung ist bisher ungeklärt. Die Studie identifiziert Parameter für das Verständnis dieser Rechtsregel im Medizinproduktehandel sowie im Gesundheitswesen in ökonomischer und rechtlicher Hinsicht. Erarbeitet werden grundsätzliche Elemente eines modernen Freihandelsregimes nach dem Konzept der Corporate Social Responsibility.

Marian Paschke ist Professor an der Universität Hamburg.

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Leseprobe

C. Ökonomische Rahmenbedingungen und Zulassungsverfahren des Medizintechniksektors - am Beispiel des Handels zwischen Deutschland und Korea


I. Wachstumsmarkt „Medizintechnik“


Der Weltmarkt für Medizintechnologien betrug noch im Jahre 2014 rund 310 Mrd. US Dollar23. Die USA haben mit rund 123 Milliarden US Dollar mit Abstand den größten Anteil, bezogen auf die Inlandsproduktion von Medizinprodukten, das entspricht 39,6 Prozent der MedTech-Weltproduktion. Es folgen China (11,1 Prozent) und Deutschland (10,2 Prozent). Südkorea hatte hiernach einen Anteil von 1,4 Prozent am Weltmarkt.

Die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen und damit auch nach medizintechnischen Produkten expandiert weltweit beträchtlich. Laut EvaluateMedTech könnte der Branchenumsatz24 im Jahr 2018 auf rund 436 Milliarden US-Dollar ansteigen. Der internationale Leistungsaustausch im Bereich der Medizintechnik ist seit Mitte der neunziger Jahre deutlich gewachsen. Betrachtet man die Entwicklungsprognose der Jahresumsätze der führenden Medizinprodukteunternehmen, so zeichnet sich ein erhebliches Wachstumspotenzial bis 2020 ab.

„Die Branche der Medizinprodukte und Medizintechnik gehört in Deutschland neben den Arzneimittelherstellern zu den bedeutendsten Teilbereichen der produzierenden industriellen Gesundheitswirtschaft. Mit einer Bruttowertschöpfung von rund 13,2 Mrd. Euro generiert die Branche im Kernbereich rund 3,9 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung der Gesundheitswirtschaft in Deutschland.“25 Nach den jüngsten Meldungen des Branchenverbands hat die deutsche Medizintechnikbranche im Jahr 2016 einen Rekordumsatz erreicht. Demnach konnten die rund 1.240 deutschen Medizintechnikhersteller ein Umsatzplus von 11,6 Prozent und damit einen Gesamtumsatz von 28,4 Mrd. Euro erwirtschaften. Nach Angaben des Industrieverbandes für optische, medizinische und mechatronische Technologien26 lag das Inlandsgeschäft mit 9,2 Mrd. Euro um fast 13 Prozent über dem Vorjahresniveau. Dem Auslandsgeschäft kommt dabei eine große Bedeutung zu, so liegt die Exportquote bei knapp 70 Prozent.

Jedoch konnte auch der koreanische Markt für Medizintechnik ein Jahr zuvor hohe Wachstumsraten von 8,6 Prozent verzeichnen, so stieg dieser von 2014 zu 2015 auf ein Marktvolumen von 4,6 Mrd. US-Dollar. Von 2005 bis 2015 wuchs der Markt in Südkorea durchschnittlich um eine Rate von sechs Prozent. Koreanische Medizintechnikunternehmen exportierten für 2,7 Mrd. US-Dollar und importieren für 2,9 Mrd. US-Dollar. Dabei lag die Importquote für Medizintechnik bei 27 Prozent aus Europa (15 Prozent alleine aus Deutschland). Im Gegensatz dazu betrug die Exportquote 17 Prozent nach Europa, dabei entfielen auf Deutschland 8,4 Prozent.27

Die größten internationalen Lieferanten waren 2015 die USA (1.374,4 Mio. US-Dollar), vor Deutschland (442,9 Mio. US-Dollar), Japan (307,4 Mio. US-Dollar) und der Volksrepublik China (141,0 Mio. US-Dollar).28 Die Importe aus Deutschland gingen nach einem starken Anstieg von 21,0 Prozent im Vorjahr 2015 um 9,0 Prozent zurück, dennoch ist Deutschland damit einer der wichtigsten Handelspartner für Südkorea.

Abb.1 Führende Medizinprodukteunternehmen29

Abb.2 Umsatzentwicklung d. Medizintechnikindustrie30

Die Nachfrage nach moderner Medizintechnik ist hoch in Südkorea, denn gerade private koreanische Krankenhäuser sind an medizintechnischen Neuerungen interessiert, um Ihre Wettbewerbsposition gegenüber ihrer Konkurrenz auszubauen. „Koreanische Krankenhäuser sind mit diagnostischen Ausrüstungen wie Computertomografen (CT) und Magnetresonanzgeräten (MRI) gut ausgestattet.31 Über 70 Prozent dieser Nachfrage nach Medizintechnik wird derzeit noch durch Importe abgedeckt. Südkorea ist gefordert, die stetige Nachfrage an Medizintechnik zu bedienen, jedoch wird das Land auch zukünftig Hochleistungsmedizingeräte, wie z. B. bereits durch Samsung Medison, Samsung Electronics und GE Ultrasound Korea etc. anbieten und exportieren. Im Jahr 2015 zählten Dentalimplantate (648,0 Mrd. Won) und bildgebenden Systeme mit Ultraschall (441,7 Mrd. Won) zu den wichtigsten Erzeugnissen. Der Samsung-Konzern konzentriert sich angesichts der Marktsättigung bei Smartphones verstärkt auf den Gesundheitssektor.

Eine Tendenz der wachsenden Exportgüter zeigen die Exportveränderungen von 2014 zu 2015, so wurde Medizintechnik im Wert von 2,7 Mrd. US-Dollar exportiert, was einem Anstieg von fünf Prozent entspricht. Hierzu zählen im Jahr 2015 z. B. Kontaktlinsen (124,6 Mio. US-Dollar), Gefäßstützen (Stents, 122,0 Mio. US-Dollar), Einweg-Dialysatoren (69,8 Mio. US-Dollar), Knieprothesen (65,0 Mio. US-Dollar), intravaskuläre Katheter (63,7 Mio. US-Dollar) und MRT-Systeme (63,6 Mio. US-Dollar).32 Die Branche macht dabei 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 1,2 Prozent des Outputs der verarbeitenden Industrie in Südkorea aus.33

Vor dem Hintergrund des zunehmend globalen Marktes für medizintechnische Produkte spielt die Kenntnis der ökonomischen Rahmenbedingungen am Markt eine zentrale Rolle, um Wettbewerbsstrategien entwickeln zu können. Unternehmen sind mit handelsrechtlichen Fragen konfrontiert, bevor Marktzutrittsbarrieren und markteinheitliche Hürden bei den Leistungsvergütungen durch das öffentliche Gesundheitssystem in den Fokus treten. Zunächst sind Hersteller gefordert, die europäischen Zulassungssysteme zu kennen, um sich mit den außereuropäischen Besonderheiten auseinandersetzen zu können.

II. Zulassungsverfahren für Medizinprodukte

Der Markt für Medizinprodukte ist weltweit durch eine große Zahl an nationalen und internationalen Vorschriften und Normen stark reglementiert. Die gesetzlichen Anforderungen sind komplex und von Region zu Region verschieden.

1. Zulassung in Deutschland und Europa

Eine güterspezifische Abgrenzung ist oftmals nicht unproblematisch, dies zeigt bereits auf nationaler Ebene hinsichtlich der gesetzlichen Begriffsbestimmung in Deutschland, was ein § 3 Medizinproduktegesetz (MPG) auszeichnet, beginnend mit Ziffer 1 bis 25.

Danach sind Medizinprodukte gem. § 3 Medizinproduktehandel (MPG):

„1. Medizinprodukte sind alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke

  1. der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,
  2. der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,
  3. der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder
  4. der Empfängnisregelung.

(...)“

Dabei ist die Interpretation der Begrifflichkeiten hinsichtlich Funktion und Zweck des Medizinprodukts nicht einfach. Obwohl sich zahlreiche Gemeinsamkeiten mit Arzneimitteln finden lassen, zeigen sich deutliche Unterschiede in deren Wirkung. Vereinfacht ließe sich festhalten, dass Medizinprodukte, sog. Medical Devices, überwiegend physikalische Wirkung haben und Arzneimittel als sog. Medical Products überwiegend eben pharmakologische oder immunologische Wirkung haben oder durch Metabolismus erreicht werden.

Der Bereich der Medizinprodukte und Medizintechnik umfasst ein extrem großes und heterogenes Spektrum an Gegenständen. Man geht von etwa 10.000 Produktgruppen aus. Nach Schätzungen gibt es auf dem EU-Binnenmarkt allein zwischen 400.000 und 500.000 verschiedene Arten von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika, die in den unterschiedlichsten Bereichen der Gesundheitsversorgung Verwendung finden, wie z. B. Kontaktlinsen, Röntgengeräte, Brustimplantate, künstliche Hüftgelenke oder Schrittmacher. Zu den In-vitro-Diagnostika gehören Produkte, mit denen Tests an Proben vorgenommen werden, wie HIV-Bluttests, Schwangerschaftstests und Blutzuckerüberwachungssysteme für Diabetiker.

Die Zuordnung eines Produktes zu den Medizinprodukten legt der Hersteller mit der Zweckbestimmung fest. Damit sind die Kennzeichnung, die Gebrauchsanweisung einschließlich der Definitionskriterien für Medizinprodukte gemäß § 3 des Medizinproduktegesetzes (MPG) maßgeblich. Medizinprodukte dürfen nur dann in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie mit der CE-Kennzeichnung versehen sind. Die CE-Kennzeichnung darf nur angebracht werden, wenn die Produkte die grundlegenden Anforderungen erfüllen und das vorgeschriebene Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt wurde. Damit erklärt der Hersteller gegenüber den EU-Behörden, dass das Produkt den...

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