1 Existenzgründung als persönlicher Prozess
Existenzgründer zu sein bzw. sich selbstständig zu machen, bedeutet, seine Leistung zu einem verkaufbaren Angebot zu entwickeln und ihre Vermarktung auf eigenes Risiko zu unternehmen, d. h. die Verantwortung für sich selbst, die eigene Leistung und den Erfolg am Markt zu übernehmen. Unternehmer verkaufen nicht wie abhängig beschäftigte Mitarbeiter ihre Arbeitszeit gegen Geld, sondern machen das Angebot, eine bestimmte Leistung zu einem Preis zu verkaufen. Der Unternehmer steht mit seiner Person selbst für das ein, was er anbietet und unternimmt. Dieses Selber-Stehen-Können macht seine Selbstständigkeit aus. Für den Gründer geht es im Gründungsprozess darum, sich mit sich selbst auseinander zu setzen und ein Gefühl für sich selbst zu bekommen, so dass er beurteilen kann, welches Angebot er machen und welches damit verbundene Risiko er tragen bzw. für was er selbst einstehen kann (vgl. Walger/Schencking 2008, S. 401 f., Walger 2005, S. 72 f.; Walger/Neise 2001, S. 121 f.; Saßmannshausen 2001 u. 2003, Faltin 2008; Brüderl/Preisendörfer/Ziegler 1998; Unterkofler 1989; Klandt 1984; Jula/Sillmann 2010).
Wofür der Gründer stehen kann und will, steht im Prozess der Existenzgründung in Frage. In diesem Prozess geht es für den Gründer darum, in Erfahrung zu bringen, welche Leistung er anbieten kann und will, indem er auf sich und sein persönliches Leistungsvermögen sowie auf seine zukünftigen Kunden und deren Bedarf Bezug nimmt. Die Reflexion der eigenen Erfahrungen, durch die Gründer ihre Bedeutung konsequent auf sich und ihr Gründungsvorhaben beziehen, lässt Gründer ihren persönlichen Weg in die Selbstständigkeit sichtbar werden. Indem der Gründer diesen Weg schrittweise geht, d. h. Erfahrungen mit der Erbringung und Vermarktung seiner Leistungen macht, diese mit Bezug auf seine Existenz als Unternehmer reflektiert und die Konsequenzen dieser Reflexion in seinen Handlungen realisiert, wird die Gründung zum Unternehmen und der Gründer wird selbstständiger Unternehmer.
Für die Entwicklung, Realisierung und Vermarktung der eigenen Leistung bedarf es einer Idee, die der Gründer selbst verkörpert und die mit Bezug auf die konkreten Bedingungen (z. B. Produktionsweise, Märkte, etc.) noch auszuarbeiten ist. Die Entwicklung der Unternehmensidee, ihre Konkretisierung in der Form und die Klärung ihrer wirtschaftlichen Umsetzbarkeit bilden zusammen das Unternehmenskonzept. Es entsteht durch eine genaue und intensive Ausarbeitung der Idee. Dieser Prozess der Ausarbeitung beinhaltet, diese Idee immer wieder zu durchdenken, mit ihrer Realisierung persönliche Erfahrungen zu machen und zu prüfen, inwieweit die Existenzgründung Erfolg verspricht und für ihn verantwortbar ist.
In der Ausarbeitung seiner Unternehmensidee klärt der Gründer, ob sie für ihn tragfähig ist und er auf seiner Grundlage den existenziellen Schritt in die unternehmerische Selbstständigkeit gehen kann und will (vgl. Walger/Schencking 2001 a). Er prüft, ob er mit der Leistung am Markt erfolgreich sein kann, und er stellt sich der Frage, ob er bereit ist, seine Existenz für die Realisierung der Idee aufs Spiel zu setzen (vgl. Walger/Neise 2001). Der Gründer kommt nicht umhin, dieses existenzielle Risiko einzugehen. Sich selbstständig zu machen ist jedoch kein Glücksspiel, sondern bedeutet, das Risiko beurteilen zu können und mit ihm sinnvoll umzugehen, d. h. nur solche Risiken zu übernehmen, die man selbst tragen und beeinflussen kann. In diesem Sinne geht es für den Gründer darum, sich des Weges in die Selbstständigkeit, den er persönlich verantworten will und kann, zu vergewissern.
Seine Idee entwickelt der Gründer, indem er sie zu seinem Unternehmenskonzept z. B. in Form des Businessplans ausarbeitet (vgl. z. B. Klandt 2005, S. 139ff.; Geilinger 1991, Barrow/Barrow/Brown 1992, Ripsas 1998, Turlais 1999 und Manz/Hering 2000, ein Beispiel für den Businessplan eines realen Unternehmens findet sich in Kailer et al. 2009). Der Businessplan ist die heute gebräuchliche Form für die Entwicklung der Unternehmensidee. Um seine Idee zu einem Plan auszuarbeiten, ist die Form hilfreich, aber sie ist für die Gründung allein nicht hinreichend – wie viele Businessplan-Wettbewerbe glauben machen wollen – und auch nicht unbedingt erforderlich. Ein Gründer kann durchaus alle wesentlichen Punkte rein gedanklich durchgehen, ohne sie niederzuschreiben. Allerdings wird die schriftliche Form zum Zwecke der Dokumentation meist notwendig, wenn er Kapital, z. B. bei einer Bank, aufnehmen will.
Im Businessplan bringt der Gründer die unternehmerische Idee als realisierbare Möglichkeit zur Erscheinung und erarbeitet erste konkrete Schritte für ihre Verwirklichung. Die Ausarbeitung des Businessplans dient vor allem der Hervorbringung der eigenen Möglichkeit, die Unternehmensidee zu realisieren. »The Businessplan is a written document prepared by the entrepreneur that describes all the relevant external and internal elements involved in starting a new venture« (Hisrich/Peters 1992, S. 126). Der Businessplan ist »die gedanklich vorausgenommene Unternehmensgründung« (Chef/Müller-Merbach 1999, S. 44; vgl. Hofert 2010; Wien 2009). Er dokumentiert, in welcher Form der Gründer seine Idee realisieren will und klärt, welche Konsequenzen damit verbunden sind.
Der Businessplan erleichtert es dem Gründer, sich in der Ausarbeitung seiner Unternehmensidee mit ihr auseinanderzusetzen. Er schreibt seine Idee auf und indem er seine Idee aufschreibt, löst der Gründer sie von sich ab und bringt sie in eine erste Form. Er kann sich selbst dann mit dieser Form der Idee konfrontieren, sie noch einmal durchdenken, Schritte zu ihrer Erprobung planen, konkrete Erfahrungen mit ihr machen und sie immer wieder daraufhin analysieren, ob sie für ihn stimmt. Die Idee steht in die Form des Businessplans gebracht für sich, muss sich bewähren und kann dabei ihre Mängel zeigen. Dass sich dabei Mängel zeigen, ist normal. Wesentlich ist, sich auf den Prozess der Entwicklung der Idee einzulassen und sie in ihrer Form zu verändern. Der Businessplan ist gewissermaßen der Katalysator für die Entwicklung der Idee. Auch wenn die anfängliche Idee oft abstrakt und nicht stimmig ist, kommt diesem Anfang der Entwicklung Bedeutung zu. Er ist notwendig für die Entwicklung der Unternehmensidee (Walger/Schencking 2001 a/b).
Die anfänglich abstrakte Idee wird in der Ausarbeitung des Businessplans konkretisiert. Der abstrakten Idee fehlt der konkrete Bezug auf den Gründer und seine persönlichen Möglichkeiten, sie zu realisieren. Indem der Gründer herausarbeitet, welche Leistung er genau realisieren will und kann, wie seine Vermarktungsmöglichkeiten sind, wie er das Unternehmen finanzieren kann und welche Gewinnmöglichkeiten und Risiken bestehen, konkretisiert sich die Idee. Für eine sinnvolle Ausarbeitung ist es unabdingbar, persönliche Erfahrungen mit der Erprobung der Idee und mit sich selbst als Gründer bzw. Unternehmer zu machen. Ziel dieser Ausarbeitung ist, die Leistung so herauszuarbeiten, dass der zukünftige Unternehmer am Markt erfolgreich sein kann. Die Idee wird also in die Wirklichkeit vorgetrieben und als eigene, realisierbare Möglichkeit hervorgebracht. Erst in dieser Konkretisierung des Businessplans zeigt sich die Realisierbarkeit der Idee für den Gründer.
Darüber, also die Frage, aus welchen Elementen ein Businessplan aufzustellen ist, gibt es eine Vielzahl an Büchern, Ratgebern, Leitfäden und Computerprogrammen, die dem Gründer die Instrumente und Formalia der Ausarbeitung nahebringen (vgl. z.B. das kostenlos erhältliche BMWi-Softwarepaket für Gründer und junge Unternehmen). Die angebotenen Instrumente werden allerdings nur dann zu Instrumenten seiner Ausarbeitung und sind für seine Ausarbeitung nur dann dienlich, wenn der Gründer versteht, welche Aufgabe der Businessplan für ihn hat und was das Wesentliche des Businessplans ist.
Ziel des Businessplans ist, sich selbst ein realistisches Bild vom zukünftigen Unternehmen und von den ersten Schritten dieses Unternehmens zu machen. Dabei geht es weniger um die Antizipation zukünftiger Geschehnisse als um die Klärung dessen, was der Gründer will und wollen kann. Das Schreiben und die regelmäßige Prüfung des Businessplans dienen dazu, den eigenen Anspruch auf ein Maß zu reduzieren, das der Gründer selbst realisieren und verantworten kann. Dies bedeutet, dass es für den Gründer im Wesentlichen auch um die Entwicklung seiner selbst geht. Es geht für ihn um die Bildung seines Willens und darum, ein Gefühl für sich zu entwickeln, so dass er nur das unternimmt, was er zu verantworten bereit und in der Lage ist. Dieser Prozess des Sich-selbst-Entwickelns bedarf der persönlichen Erfahrung und ihrer Reflexion (vgl. Walger 2000; Walger/Miethe 1996). Die Reflexion dient der Klärung, was die Erfahrung bedeutet und welche Konsequenz der Gründer aus ihr zieht. Indem der Gründer in diesem Sinne bewusst mit seinen Erfahrungen und sich im Gründungsprozess umgeht, entwickelt er das Selbstbewusstsein, das Bewusstsein seiner selbst als Unternehmer, das für das Unternehmer-Sein unabdingbar ist (vgl. Walger/Neise 2001; Emge 2007; Uebelacker 2005; Brauchmann 2001).
Der Businessplan folgt einer gewissen Systematik und Vollständigkeit. Er eröffnet dem Gründer auch die Möglichkeit, die notwendigen Erfahrungen zu planen und zu ordnen. Die Berücksichtigung der einzelnen Elemente, aus denen ein Businessplan besteht, dient dazu, nichts Wesentliches außer Acht zu lassen. Dementsprechend lassen sich die Elemente des Businessplans als...