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E-Book

Fahreignung bei neurologischen Erkrankungen

AutorHendrik Niemann, Wolfgang Hartje
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl110 Seiten
ISBN9783840926440
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Der Band macht umfassend mit den Grundlagen der neuropsychologischen Untersuchung und Begutachtung der Fahreignung von Patienten mit zerebralen Schädigungen oder Erkrankungen vertraut. Bei der Darlegung der rechtlichen Grundlagen wird speziell auf die Legitimation und den besonderen Stellenwert der klinischen Fahreignungsbeurteilung eingegangen, die sich aus der ärztlichen/psychologischen Aufklärungspflicht einerseits und Schweigepflicht andererseits ergeben. Bei der Darstellung der als verkehrsrelevant geltenden Leistungsmängel wird deutlich, dass nicht die Diagnose eines bestimmten Krankheitsbildes entscheidend ist, sondern die Feststellung der Art und Schwere der im Einzelfall vorliegenden Funktionsstörungen. Es werden internationale wissenschaftliche Publikationen referiert und kritisch erörtert, deren Ziel die Vorhersage der Fahreignung auf der Basis neurologischer und insbesondere neuropsychologischer Untersuchungsergebnisse ist. Für die praktische Aufgabe der neuropsychologischen Fahreignungsbegutachtung wird das schrittweise Vorgehen bei der Untersuchung und Beurteilung der Fahreignung, der Aufklärung der Patienten und Beratung über Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Fahreignung als Leitfaden beschrieben.

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Kapitelübersicht
  1. Fahreignung bei neurologischen Erkrankungen
  2. 1 Rechtliche Regelungen zur Fahreignung
  3. 2Stellenwert der Fahreignungsbeurteilung durch Ärzte und Neuropsychologen
  4. 3Allgemeine Grundsätze für die Beurteilung der Fahreignung
  5. 4 Fahreignungsrelevante Leistungsmängel bei neurologischen Patienten
  6. 5Verkehrspsychologische Modelle des Fahrverhaltens
  7. 6 Forschungsergebnisse zur Fahreignung bei neurologischen Patienten
  8. 7Studien zur Wiederherstellung der Fahreignung
  9. 8 Praktische Hinweise zur Untersuchung, Beurteilung und Wiederherstellung der Fahreignung
  10. 9Fallbeispiele
  11. 10Weiterführende Literatur
  12. 11Literatur
  13. Anhang
  14. Karten
Leseprobe
2 Stellenwert der Fahreignungsbeurteilung durch Ärzte und Neuropsychologen (S. 4-5)

2.1 Legitimation und Stellenwert der klinischen Beurteilung der Fahreignung

Wenn im Verlauf der neurologischen Rehabilitation eines Patienten voraussichtlich bleibende körperliche oder kognitive Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden, stellt sich in der heutigen Zeit, in der die meisten Patienten im Besitz einer Fahrerlaubnis sind, fast immer die Frage, ob diese Beeinträchtigungen die weitere sichere Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr erlauben. Dabei geht es natürlich einerseits darum, ob und in welchem Maße die Funktionsbeeinträchtigungen sich auf die Fahreignung auswirken; andererseits sehen sich die Ärzte und Neuropsychologen aber mit dem Problem konfrontiert, inwieweit sie überhaupt aufgefordert und berechtigt sind, die Fahreignung der Patienten zu prüfen, und welche rechtliche Bedeutung ihre Beurteilung hat.

Bedenken hinsichtlich der Legitimation einer Beurteilung der Fahreignung im Rahmen der klinischen Behandlung können sich z.?B. aufgrund der Ausführungen in Kapitel 2.2 der „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung“ (Gräcmann & Albrecht, 2014) ergeben: Danach entscheidet die Straßenverkehrsbehörde über die Art der Begutachtung (§ 11 Abs.?6 FeV), und nach der Fahrerlaubnis-Verordnung bedürfen Begutachtungsstellen der amtlichen Anerkennung (§ 66 FeV). Speziell zur Qualifikation des Gutachters wird in den Leitlinien ausgeführt: „Der ärztliche oder psychologische Gutachter muss nicht nur über spezielle Erfahrungen in der Verkehrsmedizin bzw. in der Verkehrspsychologie verfügen (praktische Tätigkeit, Fortbildung und Weiterbildung), sondern sich auch bereits durch eine langfristige Tätigkeit in entsprechenden Institutionen (Kliniken, Facharztpraxen bzw. Begutachtungsstellen für Fahreignung) qualifiziert haben (siehe hierzu §§ 65 bis 67 und 72 FeV).“

Diese formalen Anforderungen werden von den in der klinischen Rehabilitation (oder in Praxen) tätigen Neurologen und Neuropsychologen selten erfüllt. Die Regelungen nach der Fahrerlaubnis-Verordnung beziehen sich allerdings nur auf solche Fälle, in denen die Straßenverkehrsbehörde involviert ist, d.?h. auf Bewerber um eine Fahrerlaubnis oder auf solche Personen, bei denen der Behörde Tatsachen bekannt geworden sind, die Bedenken gegen deren Fahreignung begründen. Neurologische Patienten, die im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sind, gehören in der Regel nicht zu diesen Fällen. In diesem Sinne unterscheiden auch Laux und Widder (2014) zwischen der „Aufklärung im Rahmen der Patientenversorgung und der verkehrsmedizinischen Begutachtung auf Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde“.

2.2 Aufklärungspflicht

Die Aufklärungspflicht, die auch für die mit der Patientenversorgung betrauten Psychologen gilt, ergibt sich in erster Linie aus der Verantwortung und Fürsorgepflicht für den Patienten, daneben aber auch im Hinblick auf die allgemeine Sicherheit im Straßenverkehr und den Schutz anderer Verkehrsteilnehmer. Die Pflicht zur Aufklärung über mögliche Einschränkungen der Fahreignung besteht im Übrigen auch dann, wenn der Patient nicht von sich aus danach fragt – sei es aus Unkenntnis oder um das problematische Thema nicht anzusprechen. Bei der Aufklärung muss auf die Eigenverantwortung und die möglichen rechtlichen Konsequenzen hingewiesen werden, mit denen der Patient rechnen muss, wenn er trotz der Information über seine mangelnde Fahreignung ein Kraftfahrzeug führt.

Insbesondere Patienten mit neurologischen Erkrankungen, die zu qualitativ und quantitativ sehr unterschiedlichen Störungen körperlicher und vor allem auch kognitiver Funktionen führen können, sind oft nicht in der Lage, ihre Leistungsbeeinträchtigungen zu erkennen und deren negative Auswirkungen auf die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr richtig zu beurteilen. Besonders typische Beispiele sind die nach Schlaganfällen gelegentlich auftretende und den Patienten charakteristischerweise gar nicht bewusst werdende halbseitige Einschränkung der Aufmerksamkeit (Neglect) oder der beim Vorliegen einer Demenz häufig gravierende, aber von den Patienten nicht realisierte Verlust an kognitiven Fähigkeiten, der den Überblick über Verkehrssituationen unmöglich macht. Hieraus wird die Bedeutung der Aufklärungspflicht von Ärzten und Psychologen gegenüber den Patienten unmittelbar evident.
Inhaltsverzeichnis
Fahreignung bei neurologischen Erkrankungen1
Inhaltsverzeichnis7
Einfu?hrung11
1 Rechtliche Regelungen zur Fahreignung12
1.1Strafgesetzbuch und Straßenverkehrsgesetz12
1.2 Fahrerlaubnis-Verordnung und Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung13
1.3Hinweise auf Regelungen in anderen Ländern13
2Stellenwert der Fahreignungsbeurteilung durch Ärzte und Neuropsychologen14
2.1Legitimation und Stellenwert der klinischen Begutachtung der Fahreignung14
2.2Aufklärungspflicht15
2.3 Ärztliche Schweigepflicht und Eigenverantwortung der Patienten15
2.4Mögliche rechtliche Konsequenzen16
3Allgemeine Grundsätze für die Beurteilung der Fahreignung17
3.1 Verkehrsgefährdung infolge mangelhafter körperlich-geistiger (psychischer) Leistungen17
3.2 Verfahrensregeln für die Untersuchung und Beurteilung der psychischen Leistungsfähigkeit19
4 Fahreignungsrelevante Leistungsmängel bei neurologischen Patienten21
4.1Körperliche Leistungsmängel22
4.2Beeinträchtigung der kognitiven (psychischen) Leistungen23
4.3Anfallsartig auftretende Bewusstseinsstörungen26
4.4 Möglichkeiten der Kompensation von Leistungsmängeln28
5Verkehrspsychologische Modelle des Fahrverhaltens29
6 Forschungsergebnisse zur Fahreignung bei neurologischen Patienten33
6.1 Untersuchung, Beurteilung und Prognose der Fahreignung neurologischer Patienten34
6.2Krankheit und Unfallhäufigkeit61
6.3 Fahrverhaltensprobe im öffentlichen Straßenverkehr versus Fahrsimulator-Test66
7Studien zur Wiederherstellung der Fahreignung71
7.1Training kognitiver und psychomotorischer Funktionen71
7.2Fahrübungen im Fahrsimulator und öffentlichen Straßenverkehr72
8 Praktische Hinweise zur Untersuchung, Beurteilung und Wiederherstellung der Fahreignung75
8.1Prüfung der medizinischen Voraussetzungen der Fahreignung75
8.2 Neuropsychologische Untersuchung und Bewertung der Testergebnisse76
8.3 Organisation, Durchführung und Bewertung der Fahrverhaltensprobe79
8.4 Besonderheiten für Berufskraftfahrer der Fahrerlaubnis-Gruppe 281
8.5Aufklärung und Beratung der Patienten81
8.6Fahrübungen zur Wiederherstellung der Fahreignung82
8.7Finanzierung von Fahrverhaltensproben und Übungsfahrten83
9Fallbeispiele84
9.1Fallbeispiel 184
9.2Fallbeispiel 288
10Weiterführende Literatur92
11Literatur92
Anhang101
Tabellarische Übersicht über die Ergebnisse der in Kapitel?6 referierten Studien zur Vorhersage der Fahreignung101
Glossar105
Karten109

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