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E-Book

Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Wie Verschwörungstheorien funktionieren

AutorThomas Grüter
VerlagS. Fischer Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783104000374
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Das Böse hinter der Welt Verschwörungen erschrecken und faszinieren Menschen seit Urzeiten - die Geschichte der Menschheit ist durchzogen von tatsächlichen oder erfundenen Konspirationen. Thomas Grüter erforscht die Ursachen und schildert die meist tragischen Folgen der echten und falschen Legenden über Geheimbünde. Und er zeigt die Tricks, mit denen Dan Brown und andere Autoren arbeiten.

Thomas Grüter wurde 1957 in Münster geboren. Nach seinem Medizinstudium arbeitete er fünf Jahre lang in Osnabrück, Paderborn und Münster als Arzt, bevor er ein eigenes Softwareunternehmen gründete, dessen Geschäftsführer er war. Er forscht seit 2002 über die Neuropsychologie der Gesichtserkennung und hat darüber eine Reihe von wissenschaftlichen Veröffentlichungen verfasst. Von 2006 bis 2008 hatte er einen externen Lehrauftrag an der psychologischen Fakultät der Universität Wien und ist seit 2009 Affiliate am Lehrstuhl für allgemeine Psychologie der Universität Bamberg. Seit einigen Jahren schreibt Thomas Grüter populärwissenschaftliche Bücher und Artikel, z.B. für Spiegel Online und Focus. Er lebt und arbeitet in Münster.

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Leseprobe

Caesars Ermordung oder die planlose Verschwörung


Die wohl berühmteste Verschwörung der Weltgeschichte führte am 15.März 44 v. Chr. zur Ermordung Julius Caesars. Sie zeigt beispielhaft das Scheitern eines Rechtsbruchs, der aus moralischer Verblendung heraus unternommen wurde. Nicht zuletzt das fatale Auseinanderklaffen von moralischem Anspruch und profaner Wirklichkeit wurde den Verschwörern zum Verhängnis. Obwohl die dramatischen Vorgänge am Ende der römischen Republik bereits mehr als 2000 Jahre zurückliegen, sind sie doch in fast allen Einzelheiten bekannt. Die Geschichtsschreibung kennt zwanzig der etwa sechzig Beteiligten mit Namen und weiß von den Wichtigsten auch die Lebensdaten. So lassen sich Motive, Ablauf und Folgen des Komplotts rekonstruieren.

 

Julius Caesar wurde vermutlich im Jahre 100 v. Chr. (oder nach römischer Zeitrechnung im Jahre 653 nach Gründung Roms) geboren. Er entstammte einer ehrwürdigen, aber einflusslosen und verarmten Adelsfamilie. Er schlug die Ämterlaufbahn ein, wie man es von ehrgeizigen römischen Adeligen damals erwartete. Sie bestand aus einer vorgeschriebenen Abfolge von Ämtern und führte mit Glück und Geschick bis an die Spitze des Staates. Caesars Karriere verlief dank großzügiger Volksbelustigungen und freigebiger Bestechungen fast reibungslos, lediglich seine Schulden wuchsen ihm langsam über den Kopf. Im Jahre 61 v. Chr. wollte er eine Statthalterschaft in Spanien antreten. Aber er konnte Rom zunächst nicht verlassen, da seine Gläubiger erst ihr Geld sehen wollten. Nur eine Bürgschaft von Crassus, dem reichsten Mann Roms, erlaubte Caesar die Überfahrt nach Spanien. Dort trieb er so viel Geld ein, dass er schuldenfrei nach Rom zurückkehrte und sich nun um das höchste Staatsamt bewerben konnte: das Konsulat.

Caesar hatte sich in seiner Laufbahn in Rom viele Feinde geschaffen, die ihm den Weg zum Amt des Konsuls gerne verstellt hätten. Er schaffte den Sprung an die Spitze des Staates letztlich nur durch ein Bündnis mit Pompeius, dem mächtigsten Militärbefehlshaber, und mit Crassus, dem reichsten Mann Roms. Die beiden verband eine innige Feindschaft, und es ist wohl Caesars besonderem Charisma und ihrem gemeinsamen Willen zur Macht zu verdanken, dass die drei sich verbündeten. Caesar sollte, so die Absprache, als Konsul nicht nur seine eigenen, sondern auch die Interessen des Pompeius und des Crassus durchsetzen. Diese Verschwörung ist als das erste Triumvirat in die Geschichte eingegangen.

Rom war zu dieser Zeit eine Republik, aber keine Demokratie. Die hohen Staatsämter verteilte der Stadtadel (die Patrizier) unter sich. Ebenso stand der Senat als oberstes Entscheidungsgremium nur dem Adel und dem Ritterstand offen. Den Volkstribunen, den Vertretern des nicht adeligen Volkes, stand es nicht zu, im Senat mitzusprechen. Sie durften die Curia, den Senatssaal, nicht betreten und hörten den Beratungen von ihrem Platz vor der Tür zu. Sie konnten lediglich ihren Einspruch (»Veto!«) gegen Beschlüsse des Senats in den Saal rufen. Das letzte Wort zu allen Gesetzen hatten die Volksversammlungen, die Komitien. Sie konnten Senatsgesetze ändern oder kassieren und natürlich auch eigene Gesetze beschließen – und sie wählten die Konsuln.

Caesars Feinde hatten seiner Beliebtheit im Volk nichts Adäquates entgegenzusetzen. Crassus’ großzügige Spenden und Pompeius’ Veteranen, die in den Komitien fleißig mitstimmten, taten ein Übriges. Im Jahre 59 v. Chr. wurde Caesar also planmäßig zum Konsul (einem von zweien) gewählt. Er peitschte die Vorhaben des Triumvirates rücksichtslos und nicht immer ganz rechtmäßig durch den Senat oder, wenn der nicht mitspielte, durch die Komitien. Sein Kollege, der zweite Konsul, zog sich bald zurück; er war Caesar nicht gewachsen und begnügte sich fortan mit verbissener Obstruktion. Während Caesar im Volk je nach Stimmung unterschiedlich beliebt war, schaffte er sich im adeligen Senat konsequent immer mehr Feinde.

Das Amt des Konsuls endete nach einem Jahr, und Caesars Situation begann kritisch zu werden. Bis zum Ablauf seiner Amtszeit genoss er Immunität gegen Strafverfolgung, aber danach würden seine Gegner alles versuchen, um ihn für seine zahlreichen Rechtsverstöße zur Rechenschaft zu ziehen. Außerdem hatte er bereits wieder Schulden in erstaunlicher Höhe angesammelt und brauchte eine sichere Einnahmequelle für die Zeit nach seinem Konsulat.

Normalerweise wurde ein Konsul nach Ablauf seiner Amtszeit mit der Statthalterschaft einer lukrativen Provinz betraut und verließ damit den Machtbereich der römischen Justiz.

Aber die Senatoren hatten noch vor Caesars Amtsantritt beschlossen, dass er sich nach seinem Konsulat um die Vermessung eines Waldstücks in Italien zu kümmern hätte. Mit dieser lächerlichen Aufgabe wollten sie Caesar ihre Verachtung zeigen, zugleich aber hielten sie ihn damit im Bereich der römischen Justiz.

Caesar konnte diesen Beschluss also unmöglich akzeptieren, wenn er sich nicht nach Ende seiner Amtszeit in einem römischen Kerker (oder bettelarm im Exil) wiederfinden wollte. Nach einigen Intrigen gelang es ihm schließlich, sich das Imperium (den Oberbefehl) über die Provinzen Gallia cisalpina, Gallia narbonnensis und Illyrica für fünf Jahre übertragen zu lassen. Das brachte ihn aus der Reichweite seiner Verfolger, lag aber so nahe bei Rom, dass er seine ehrgeizigen Pläne weiter verfolgen konnte.

Während seiner Zeit in Gallien zeigte sich Caesars wahres Talent: Er erwies sich als überragender Heerführer. Er organisierte kampfstarke Legionen und blieb stets bei seinen Männern, die ihn dafür vergötterten. Er marschierte mit ihnen, er kämpfte mit ihnen, er hungerte mit ihnen. Zehn Jahre dauerte der gallische Krieg, und Caesar gewann durch geniale Manöver selbst aussichtslos erscheinende Schlachten.

Verdüstert wird das Bild allerdings durch seine Grausamkeit: Nach seinen eigenen Angaben tötete oder versklavte er mehr als ein Viertel der keltischen Bevölkerung Galliens. Auch Frauen und Kinder schonte er nicht. Die Zahlen stammen allerdings aus Caesars Berichten an den Senat und sind deshalb vermutlich grob übertrieben. Diese »Berichte« waren Propagandaschriften, mit denen Caesar in Rom für sich warb. Je höher die Zahl der getöteten Feinde, desto größer sein Ruhm.

Am Ende seiner zehn Jahre dauernden Statthalterschaft wollten Caesars Gegner in Rom endlich mit ihm abrechnen. Pompeius, sein ehemaliger Bundesgenosse, hatte sich auf ihre Seite geschlagen. Nach den Gesetzen der Republik hätte Caesar seine treuen Legionen in der Provinz lassen müssen, denn er durfte sie nicht über den Rubikon nach Italien mitnehmen. Ohne seine Männer wäre er aber machtlos gewesen. Am 7.Januar 49 v. Chr. forderte der Senat Caesar ultimativ zur Abgabe seines Amtes und seiner Truppen auf. Daraufhin entschied sich Caesar für den Krieg: Er überschritt mit seinen Truppen den Grenzfluss Rubikon und marschierte auf Rom. In Norditalien traf er kaum auf Widerstand und nahm mit seinen Legionen bereits drei Monate später Rom ein. Damit hatte er aber keineswegs gewonnen: Seine Gegner waren nach Griechenland ausgewichen, und die Kämpfe um die Vorherrschaft über das Reich sollten erst beginnen.

Drei Jahre dauerte der Bürgerkrieg, den Caesar gegen die Senatspartei in Spanien, Italien, Griechenland und Tunesien ausfocht. Am Ende siegten Caesars kampferprobte Legionen. Nebenbei stellte er noch Ägypten unter römischen »Schutz« und heiratete die ägyptische Königin Cleopatra. Ganz im Gegensatz zu seinem grausamen Vorgehen in Gallien zeigte sich Caesar seinen Gegnern im Bürgerkrieg als großmütiger Sieger. Er verschonte die Städte, die sich seinen Gegnern angeschlossen hatten. Selbst auf die Bestrafung der gegnerischen Senatoren und Adeligen verzichtete er. Von da an waren sie Caesar für seine Großmut verpflichtet, ihre Ehre aber hatten sie verloren. Also gaben sie sich noch hochmütiger als vorher und hassten Caesar mit der müden Kraftlosigkeit entehrter Aristokraten.

Im Jahre 45 v. Chr. kehrte Caesar nach Rom zurück. Die Jahre der Entbehrungen im Feld hatten ihre Spuren hinterlassen: Seine Büsten aus dieser Zeit zeigen ein hageres, vorzeitig gealtertes Gesicht. Er war jetzt 55 Jahre alt und seine Gesundheit war angeschlagen. Dennoch entwickelte er eine geradezu hektische Aktivität. Er reformierte den hoffnungslos verworrenen römischen Kalender und entwarf Dutzende weiterer Vorhaben. Er plante eine Rechtsreform und hatte Visionen von riesigen Bauten. So sollte auf dem Marsfeld der größte Tempel der Welt entstehen. Caesars Pläne kamen jedoch kaum voran, denn der Adel sperrte sich und seine alten Kampfgenossen wollten in erster Linie ihren Sieg genießen. Caesars Reformen waren ihnen gleichgültig, aber sie erwarteten Pfründe für ihre treuen Dienste. Um ihnen entgegenzukommen und den Widerstand des Senats niederzuzwingen, ernannte Caesar 300 seiner Günstlinge zu Senatoren. Der Senat war danach weniger handlungsfähig als je zuvor, aber Caesar regierte ohnehin mit Verfügungen, denen er die angebliche Zustimmung des Senats gleich mit auf den Weg gab. Sein Wort war Gesetz geworden.

Der Senat und das Volk von Rom überhäuften Caesar derweil mit Ehrungen. Bereits im Jahre 46 v. Chr. war er zum Diktator auf zehn Jahre ernannt worden und ab Februar 44 v. Chr führte er den Titel »Andauernder Diktator«. Erst jetzt begann eine ernsthafte Verschwörung gegen Caesars Leben. Eine heterogene Gruppe von Adeligen, von ehemaligen Gefolgsleuten Caesars, die sich bei der Ämtervergabe übergangen fühlten, und von jungen Idealisten fand sich...

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