Kapitel II
Wann man die Seele grüßen kann
Alle Ziele, die die Klienten in einer Therapie erreichen möchten, einschließlich derer, die sie zunächst nicht für erreichbar halten, jedoch auf Nachfrage wünschenswert finden, lassen sich sinnvoll mit Grüßen bearbeiten.
Das gilt für körperlich und psychisch assoziierte Belange, für die Lösung zwischenmenschlicher Probleme und für den besseren Umgang mit Restriktionen wie dem Älterwerden, der Sterblichkeit, der ungewissen Zukunft und dem Zweifel, ob eine Beziehung Bestand hat. Es gilt auch für die Reduzierung und Überwindung aller Hemmnisse, die der Effektivität der Therapie entgegenstehen können.
Den Grüßen sind jeweils Stichworte vorangestellt. Zur besseren Orientierung sind diese Stichworte mit den Abkürzungen T, A und B versehen. »T« verweist auf die Themen, bei denen ein solcher Gruß aus meiner Sicht gut verwendet werden kann, also etwa »Depression« oder »Sucht«, »A« gibt den Adressaten des Grußes an, also etwa »die Seele« oder »das Gehirn«, und »B« fasst die Botschaft des Grußes zusammen.
Effektivität der Therapie
Die Grüße in diesem Abschnitt zielen darauf, die Effektivität der therapeutischen Arbeit zu erhöhen, also Haltungen und Überzeugungen zu destabilisieren, die das Erreichen der Therapieziele behindern, den Klienten vor Überlastung während oder nach der Therapie zu schützen und schon erreichte Ergebnisse zu stabilisieren und auszubauen.
Soll die begrenzte Zeit, die für die Therapiearbeit zur Verfügung steht, effektiv genutzt werden, ist es hilfreich, eher wenig Zeit auf das Erfragen und Erzählen von Einzelheiten zu verwenden. Um dies zu erreichen, kann der Therapeut Deutungsangebote etwas vage formulieren, verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl stellen, wie sich die Sache verhalten könnte, und dabei den Klienten einladen, das Gesagte im Stillen so anzupassen, wie es für ihn stimmig ist und zu seinen Erinnerungen, Zielen und Wünschen passt. Die Intervention »Alles so anpassen, wie es noch besser ist« stellt ein solches Angebot dar.
Ein anderer Weg, um möglichst viel von der Therapiewirkung zu erhalten, wird in »Nur 90 Prozent« gewählt. Dem Klienten wird mitgeteilt, ein kleiner Teil der Wirkung werde voraussichtlich verloren gehen. Tendenziell geht dabei weniger an Wirkung verloren, als wenn der Klient ohne eine solche Ankündigung mit einem stärkeren Verlust konfrontiert wird. Um nicht von vornherein einen Verlust zu suggerieren, kann man auch ankündigen, bei einigen Klienten gebe es einen leichten Verlust, bei anderen durch unwillkürliche Trainingseffekte einen kontinuierlichen Anstieg der guten Therapiewirkung, und den Klienten zu bitten, zu beobachten, zu welcher der beiden Gruppen er gehöre.
Weitere Grüße, die dem guten Umgang mit skeptischen Stimmen dienen, finden sich im Kapitel zur Depression.
Alles so anpassen, wie es noch besser ist
T: Ethik, Sicherheit der Therapie, Werte, Effektivität der Therapie
A: Unbewusstes
B: Ihr Inneres kann meine Botschaften so abändern, dass das, was nicht im Sinne Ihrer Bedürfnisse ist, dennoch in Ihnen richtig ankommt.
Sagen Sie Ihrem Unbewussten, es soll alles, was ich sage, so anpassen, wie es noch besser passt, als ich es in Worte fassen kann.
Dieser Gruß ist universal einsetzbar.
Das Problem lösen lassen
T: Autismus, Effektivität der Therapie, Hochbegabung, Perfektionismus, Stottern, Tics, Zwang
A: Geist, Körper, Seele (zweistufiger Gruß)
B: Ihr denkender Geist kann es nicht, aber andere Instanzen können es.
Sagen Sie Ihrem denkenden Geist einen schönen Gruß: Er kann dieses Problem nicht lösen, aber er soll Ihren Körper und Ihre Seele bitten, dass sie das übernehmen. Er darf abschalten und staunend zuschauen.
Der Gruß ist besonders geeignet für Menschen mit einem ausgeprägten Kontrollbedürfnis und wirkt generell als Verstärkung suggestiver Botschaften. Zum einen wird die Lösungskompetenz in Bereichen gesucht, wo mögliche Lösungsressourcen sind, zum anderen werden Bereiche, die möglicherweise skeptisch gegenüber einer Lösung sind und dadurch hinderlich wirken können, von den Bereichen unterschieden (das heißt, getrennt), in denen Lösungen möglich sind.
Nur 90 Prozent
T: Effektivität der Therapie
A: Seele
B: Ein wenig geht verloren, und das meiste bleibt erhalten. Was erhalten bleibt, ist von Stunde zu Stunde mehr.
Sagen Sie Ihrer Seele einen Gruß, manchmal läuft so eine Therapiestunde erst mal super gut, man geht glücklich nach Hause, und dann bleibt das Schöne gar nicht vollständig erhalten, sondern vielleicht nur 80, 90 oder 95 % davon. Sagen Sie Ihrer Seele, das lässt sich manchmal nicht vermeiden, aber es gibt einen Trainingseffekt. Erfahrungsgemäß bleibt von Stunde zu Stunde mehr von den erreichten guten Wirkungen dauerhaft verfügbar.
Beim Wählen zwischen drei quantifizierten, jedoch gefühlt gleichwertigen Optionen entscheiden sich Menschen üblicherweise für die mittlere. Indem der Therapeut behauptet, es werde etwas verloren gehen, nimmt er dem Skeptiker im Klienten die Arbeit weg. Die Behauptung des Therapeuten, es werde etwas verloren gehen, klingt glaubwürdig und trägt dazu bei, dass der Klient auch die Implikation akzeptiert, das meiste werde bleiben. Durch die Auseinandersetzung mit der Frage, ob ihm 80, 90 oder 95 % des Effektes erhalten bleiben, ist der Klient abgelenkt von der Frage, ob die Quote überhaupt so gut sein könne, und übernimmt diese Größenordnung in seine Erwartungshaltung. Der Gruß reduziert so die Verluste an positiver Erwartung mit Auswirkung auf ein positives Erleben, aus dem positive Erinnerungen werden, woraus positive Erwartung wird, auf etwa 10 % . . .
Den Skeptiker zum stillen Beobachter machen
T: Skepsis, Enttäuschung (vermeiden wollen)
A: Ein Beschützer vor Enttäuschungen, der Einwände hat
B: Statt Enttäuschungen mit Einwänden verhindern zu wollen und sie dadurch versehentlich zu erzeugen, soll eine innere Instanz den Klienten mit Zutrauen eine Zeit lang still beobachten.
Bei manchen Menschen geht zu Hause ein klein wenig von den guten Effekten verloren. Es kann sein, dass ein Teil von Ihnen das Erreichte genießen will, während ein anderer Sie mit vielen Einwänden vor Enttäuschung schützen will und dabei bisher versehentlich gerade das, was er eigentlich verhindern will, erzeugt. Sagen Sie diesem Beschützer bitte, um Sie noch effektiver vor Enttäuschungen zu schützen, soll er eine Woche lang ganz still sein und beobachten, wie gut Sie sich entwickeln, wenn er einfach nur zuguckt.
Der Gruß dient dem Ziel, die Zuversicht des Klienten zu stärken, dass die Therapie wirksam ist, und ihn einzuladen, mit Restzweifeln spielerisch umzugehen.
Der Minister für Zuversicht
T: Skepsis, Enttäuschung (vermeiden wollen)
A: Skeptische Instanz
B: Du kannst mit Zuversicht effektiver Enttäuschung vermeiden als mit Einwänden.
Mir scheint, es gibt da eine Seite, die noch unsicher ist, wie viel Sie erreicht haben und wie stabil das Neue jetzt schon ist. Wenn wir uns vorstellen, dieser bisherige Skeptiker tritt unsichtbar aus Ihnen hinaus und geht dort hinüber und wir können ihn dort drüben sehen, dann sieht er mir gar nicht so glücklich aus. Wenn wir ihn fragen: »Möchtest du gern Minister...