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E-Book

Grundlagen der Polizeipsychologie

VerlagHogrefe Verlag Göttingen
Erscheinungsjahr2003
Seitenanzahl297 Seiten
ISBN9783840917264
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR

Geiselnahmen und Entführungen, größere Menschenansammlungen bei Demonstrationen oder in Fußballstadien, Vernehmunssituationen, aber auch der unmittelbare Kontakt mit dem Bürger sind Themen, die im Brennpunkt polizeipsychologischer Arbeit stehen. Dieser Band liefert eine zusammenfassende Darstellung dieser Themen. Psychologisches Wissen wird durch Fallbeispiele so aufbereitet, daß es auch für Nichtpsychologen verständlich ist. Ferner werden zu den einzelnen Bereichen Handlungshinweise dargestellt und begründet, die für die polizeipsychologische Praxis von Bedeutung sind. 

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. I. Polizeipsychologie: Aufgaben, Probleme, Perspektiven: Polizeipsychologische Aufgabenfelder im Wandel der Zeit in der Bundesrepublik Deutschland
  3. I. Polizeipsychologie: Aufgaben, Probleme, Perspektiven: Polizeipsychologische Aufgabenfelder im Wandel der Zeit in Österreich
  4. I. Polizeipsychologie: Aufgaben, Probleme, Perspektiven: Polizeipsychologische Aufgabenfelder im Wandel der Zeit in der Schweiz: Rückblick und Ausblick
  5. II. Der unmittellbare Kontakt mit dem Bürger: Verkehrskontrollen: Konfliktbedingungen und Konflikt vermindernde Verhaltensweisen
  6. II. Der unmittellbare Kontakt mit dem Bürger: Der Umgang mit psychisch auffälligen Personen
  7. III. Größere Menschenansammlungen: Das Management von Krisen und größeren Menschenansammlungen
  8. III. Größere Menschenansammlungen: Einsatz in Fußballstadien: Fan-Verhalten, Eskalationsbedingungen und psychologische Aspekte der Aggressionsvermeidung
  9. III. Größere Menschenansammlungen: Das Problem der Eskalation von Protestverläufen
  10. IV. Fälle schwerster Gewaltkriminalität: Tötungsdelikte: Neue Ansätze für Theorie und Praxis
  11. IV. Fälle schwerster Gewaltkriminalität: Erpesserischer Menschenraub
  12. IV. Fälle schwerster Gewaltkriminalität: Geiselnahme
  13. IV. Fälle schwerster Gewaltkriminalität: Amoktaten
  14. V. Internetkriminalität: Cybercrime und Persönlichkeit: Psychologische Hintergründe zur Tätertypologie bei Internet- Kriminalität
  15. VI. Vernehmung: Vernehmungstechniken
  16. VI. Vernehmung: Die Überprüfung der Glaubhaftigkeit von Aussagen
  17. VII. Polizeipsychologie in der Organisation: Survivability: Die Psychologie der Gefahrenwahrnehmung und der Gefahrenbewältigung
  18. VII. Polizeipsychologie in der Organisation: Betreuung nach besonderer psychischer Belastung
  19. VII. Polizeipsychologie in der Organisation: Personalauswahl für und in der Polizei
  20. VII. Polizeipsychologie in der Organisation: Personalentwicklung und Assessment-Center in der Polizei
  21. VII. Polizeipsychologie in der Organisation: Das Mitarbeitergespräch und Gespräche mit Mitarbeitern
  22. VII. Polizeipsychologie in der Organisation: Auslandseinsätze der Polizei im Rahmen des Europäischen Zivilen Krisen-Managements
  23. Die Autorinnen und Autoren des Bandes
Leseprobe

Das Problem der Eskalation von Protestverläufen (S. 79)

von Hans Peter Schmalzl

1 Die Begriffe „Protest" und „Eskalation" und die unausweichliche Rolle der Polizei im Protestgeschehen

Schwierige Begriffe, die schon im Titel eines Aufsatzes auftauchen, sollte man rasch definieren oder erläutern. „Demonstration" zählt eher nicht dazu. Darunter werden im polizeilichen Kontext Versammlungen und Aufzüge verstanden, für die es in der entsprechenden Polizeidienstvorschrift (PDV 100) ausgearbeitete Kriterien, taktische Ziele, Einsatzgrundsätze, Maßnahmenkataloge usw. gibt.

Vielschichtiger und damit weniger eindeutig verhält es sich mit dem Begriff „Protest". Zunächst ist Protest nichts anderes als ein Aufbegehren gegen empfundene Missverhältnisse, Missstände oder Ungerechtigkeiten. Dieses Aufbegehren kann sehr persönlich sein und sich gegen einzelne Sachverhalte oder Personen richten, in einigen Fällen kann es in Streit oder Gewalttätigkeit eskalieren und so die Polizei auf den Plan rufen. Regelmäßig wird Protest allerdings polizeilich relevant, wenn er kollektiv vorgetragen in der Öffentlichkeit stattfindet.

Dabei ist das Spektrum möglicher Protestformen unendlich, während Demonstrationen als eng definierte Teilmenge der denkbaren Protestaktionen im öffentlichen Raum zu verstehen sind. Demonstrationen sind standardisierter und ritualisierter Kollektivprotest. Demonstrationen, aber mehr noch die weniger reglementierten Formen des Protests stellen zwangsläufig eine Herausforderung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar.

Wieso zwangsläufig? Es ist der politische und konflikthafte Charakter, der den Unterschied macht zu andersgearteten öffentlichen Veranstaltungen, seien es nun religiöse Prozessionen, kulturelle Events wie Open-Air-Konzerte oder Festivitäten vom lokalen Volksfest bis zu nationalen Siegesfeiern. In allen diesen Fällen kommen Menschen ähnlicher Gesinnung und Stimmungslage zusammen, um gemeinsam etwas zu begehen oder gemeinsam an etwas teilzuhaben. Selbst eine schier unüberschaubare Teilnehmermenge lässt solche Ereignisse meist ohne viel polizeiliches Zutun gut ausgehen.

Erst ein Konflikt, der öffentlich in Szene gesetzt wird, birgt in sich das Potential zur Sicherheitsstörung. Das ist schon bei den unpolitischen, aber dennoch konfliktgeneigten Sportveranstaltungen spürbar, wenn Aggressionen zwischen rivalisierenden Fangruppen aufbrechen, und wächst sich dort zu einem Problem aus, wo Konflikte brisante gesellschaftspolitische Themen anschlagen; denn dann beziehen sie jeden mit ein, auch die Polizei, und fordern zur Auseinandersetzung auf. Die Polizei gerät bei diesen Auseinandersetzungen in die Rolle des unmittelbaren Gegenübers, obwohl sie meist nur als Kontrollinstanz auftritt wie z. B. bei einer Konfrontation zwischen rechts und links oder allenfalls stellvertretend für Staat und Politik den Adressaten abgeben muss wie z. B. bei Protesten gegen die ökonomische Globalisierung und deren Folgen.

Dennoch entzündet sich der politische Konfliktstoff immer wieder am polizeilichen Handeln; denn die demonstrierenden Bürger inszenieren ihren Protest nicht einfach vor der Polizei, während andere gemeint sind, sondern sie inszenieren ihn mit ihr in Interaktionen unterschiedlicher Art, von der organisationstechnischen Kooperation bis zur gewalttätigen Konfrontation.

Dabei kann die Bürger-Polizei-Begegnung im öffentlichen Protest Eigendynamiken jenseits des eigentlichen Ziels einer Demonstration und jenseits des eigentlichen polizeilichen Schutzauftrags entwickeln. Nicht die einzig mögliche aber die gefährlichste Interaktionsdynamik wird mit dem Begriff der Eskalation umschrieben, also der Konflikt-Intensivierung durch „wechselseitig sich verschärfende Aktionen und Reaktionen" (Brockhaus Enzyklopädie, 1988, S. 581).

Inhaltsverzeichnis
Vorwort5
Inhaltsverzeichnis7
I. Polizeipsychologie: Aufgaben, Probleme, Perspektiven9
Polizeipsychologische Aufgabenfelder im Wandel der Zeit in der Bundesrepublik Deutschland11
1 Die Entwicklung der Polizeipsychologie in Deutschland11
2 Die heutigen Aufgaben der Polizeipsychologie in Deutschland13
3 Personalauswahl und andere Maßnahmen der Personalentwicklung14
4 Einsatzpsychologische Tätigkeiten17
5 Kriminalpsychologische Tätigkeiten18
6 Anforderungen an den Polizeipsychologen - Grenzen der Polizeipsychologie19
7 Ein Resümee - ein Ausblick20
Literatur21
Polizeipsychologische Aufgabenfelder im Wandel der Zeit in Österreich22
1 Die Entstehung des Psychologischen Dienstes bei der österreichischen Sicherheitsverwaltung22
2 Aufgabenschwerpunkte des Psychologischen Dienstes22
3 Der Kriminalpsychologische Dienst26
4 Ausblick27
Polizeipsychologische Aufgabenfelder im Wandel der Zeit in der Schweiz: Rückblick und Ausblick28
1 Gestern28
2 Heute und Morgen28
3 Allgemeine Tätigkeitsgebiete30
4 Einsätze in Extremsituationen32
5 Spezialgebiete33
6 Zusammenfassung34
Literatur34
II. Der unmittellbare Kontakt mit dem Bürger35
Verkehrskontrollen: Konfliktbedingungen und Konflikt vermindernde Verhaltensweisen37
1 Stressbewältigung und konstruktive Kommunikation als wichtige Voraussetzungen polizeilicher Arbeit37
2 Das Phänomen Stress37
3 Grundbegriffe der Kommunikation und Kommunikationstechniken40
4 Ein Fallbeispiel42
5 Handlungshinweise für die Praxis47
Literatur49
Der Umgang mit psychisch auffälligen Personen50
1 Zum Phänomen psychisch auffälliger Personen50
2 Interventionen und Einwirkungsmöglichkeiten53
3 Die gesetzliche Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik57
Literatur58
III. Größere Menschenansammlungen59
Das Management von Krisen und größeren Menschenansammlungen61
1 Allgemeine Vorbemerkungen61
2 Menschliches Erleben und Verhalten62
3 Wie mit Menschenmassen umgehen?65
4 Umgang mit Opfern, überlebenden und Angehörigen nach Katastrophen bzw. gro en Schadensereignissen66
5 Fazit70
Literatur70
Einsatz in Fußballstadien: Fan-Verhalten, Eskalationsbedingungen und psychologische Aspekte der Aggressionsvermeidung71
1 Problemstellung71
2 Das Publikum bei Fußballspielen - Versuche der Kategorisierung71
3 Warum werden Fußballfans gewalttätig? - Mögliche Ursachen75
4 Zur Analyse der Aggressionen unter Fußballfans77
5 Maßnahmen zur Aggressionsvermeidung vor, während und nach der Veranstaltung78
Literatur82
Das Problem der Eskalation von Protestverläufen83
1 Die Begriffe "Protest" und "Eskalation" und die unausweichliche Rolle der Polizei im Protestgeschehen83
2 Dilemmas der Polizei in der Interaktion mit Protestierenden85
3 Mythen um das Ziel der Deeskalation88
4 Frontstellungen, Machtspiele und politische Kalküle einer Eskalationsstruktur90
5 Katalysatoren und Mechanismen der Eskalationsdynamik92
6 Das Problem der Eskalation und die bedingte Chance seiner Bewältigung93
Literatur94
IV. Fälle schwerster Gewaltkriminalität95
Tötungsdelikte: Neue Ansätze für Theorie und Praxis97
Zur Notwendigkeit einer neuen Betrachtungsweise der Kriminalität97
1 Die Rolle der Fantasie bei Tötungsdelikten98
2 Persönlichkeitsstrukturen sadistischer Mörder103
3 Der Einfluss des Zufalls auf Schicksal und Kriminalitätsentwicklung107
Literatur109
Erpesserischer Menschenraub111
1 Erkenntnisse über das psychische Erleben einer Entführung112
2 Zusammenarbeit zwischen Angehörigen und Polizei117
3 Fragen zur Gefährdung120
Literatur123
Geiselnahme124
1 Begriffsbestimmung und sprachlicher Ursprung124
2 Geisellagen mit und ohne Besonderer Aufbau- Organisation ( BAO)125
3 Versuch einer Tätertypologie125
4 Psychologische Phasen einer Geiselnahme129
5 Verhandlungen mit den Tätern132
6 Verhältnis zwischen Geiselnehmer und Geisel - das Stockholm- Syndrom134
7 Schlussbemerkung136
Literatur137
Amoktaten138
1 Kennzeichen für Amoktaten138
2 Untersuchungen über allgemeine Merkmale von Amoktaten141
3 Auslöser- und Ursachensuche142
4 Strategien der Vorbeugung148
5 Fazit149
Literatur150
V. Internetkriminalität153
Cybercrime und Persönlichkeit: Psychologische Hintergründe zur Tätertypologie bei Internet- Kriminalität155
1 Internetkriminalität155
2 Täter im Internet157
3 Ausblick162
Literatur163
VI. Vernehmung165
Vernehmungstechniken167
1 Ziel einer Vernehmung167
2 Aufgabe eines Vernehmungsbeamten167
3 Notwendige Bedingungen für eine optimale Vernehmung168
4 Ablauf einer Vernehmung - ein Orientierungsrahmen175
Literatur179
Die Überprüfung der Glaubhaftigkeit von Aussagen180
1 Begriffsklärung der aussagepsychologischen Konzepte180
2 Ansätze zur Glaubhaftigkeitsbeurteilung von Aussagen183
3 Der diagnostische Beurteilungsprozess190
Literatur194
VII. Polizeipsychologie in der Organisation195
Survivability: Die Psychologie der Gefahrenwahrnehmung und der Gefahrenbewältigung197
1 Tödliche Fehler197
2 Überleben ist kein Zufall198
3 Das sachgemäße Paradigma199
4 Das Machtspiel202
5 Mentales Judo204
6 Die psychologischen Hintergrundfaktoren206
7 Der Einfluss der Bindungsstile207
Literatur210
Betreuung nach besonderer psychischer Belastung212
1 Menschliche Reaktionen auf Belastungssituationen212
2 Einflussfaktoren auf die Belastungsreaktion213
3 Elemente der Betreuung nach extremen psychischen Belastungen217
4 Fazit224
Literatur225
Personalauswahl für und in der Polizei226
1 Notwendigkeit der Personalauswahl226
2 Anforderungen an die Tätigkeit227
3 Verfahren der Eignungsdiagnostik230
4 Ausblick242
Literatur242
Personalentwicklung und Assessment-Center in der Polizei244
1 Was habe ich mit Personalentwicklung zu tun?244
1.3 Bereiche und Methoden250
2 Assessment-Center255
Literatur258
Das Mitarbeitergespräch und Gespräche mit Mitarbeitern259
1 Gespräche mit Mitarbeitern259
2 Effiziente Gesprächsführung261
3 Gespräche bei persönlichen Problemen des Mitarbeiters - Ein Mitarbeiter sucht Rat264
4 Kritikgespräche265
5 Mobbing267
6 Das Mitarbeitergespräch271
7 Soweit die Theorie und jetzt die Praxis275
Literatur276
Auslandseinsätze der Polizei im Rahmen des Europäischen Zivilen Krisen-Managements277
1 Die EU-Polizeikomponente277
2 Organisation von Auslandseinsätzen277
3 Der psychologische Beitrag278
4 Die Einsatzphasen278
Literatur287
Die Autorinnen und Autoren des Bandes289
Sachwortregister293

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