Spannungsreich geschrieben und psychologisch vielschichtig bricht Otto Ludwigs Erzählung des poetischen Realismus alle ehemaligen und aktuellen Tabus - ohne dass der Leser es unmittelbar merkt. Die vorliegende Studie untersucht die Rechtfertigungsstruktur und Zuverlässigkeit dieser fiktiven Jugenderinnerungen und stellt die Frage, ob der vermeintliche 'Held' der Geschichte nicht vielmehr als Antiheld begriffen werden muss. Ausgehend von der Analyse des Erzählverfahrens durchleuchtet die Autorin die komplexen Beziehungen und Motive der Hauptfiguren. Insbesondere auf der Basis der Theorien von Girard und Lacan offenbart eine detaillierte Textbetrachtung schließlich die Wirkungsweise des stellvertretenden Begehrens, in dem keiner der Rivalen ein echtes Interesse an der angeblich sehnlichst Begehrten hegt und die sorgsam gewahrte bürgerliche Fassade tiefe Risse bekommt.
Inken Marei Kolthoff studierte in Tübingen, Pisa und Moskau Literaturwissenschaft und Geschichte. 2012 schloss sie ihr Studium mit dem akademischen Grad der Magistra Artium erfolgreich ab. Schon vor Beginn und auch während ihres Studiums arbeitete sie journalistisch, was sie zunehmend für narratologische Strukturen sensibilisierte. Ihr Interesse an der Funktionsweise komplexer Systeme - seien sie literarischer, historischer oder soziologischer Natur - motiviert sie immer wieder, vordergründige Strukturen zu hinterfragen. Die beiläufige Art, mit der Otto Ludwig in seiner Erzählung 'Zwischen Himmel und Erde' Tabus bricht, bietet dazu reichlich Anlass.
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