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E-Book

Von Hundert auf Glücklich

AutorChristine Brühl
Verlagmakrobooks
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl Seiten
ISBN9783945944011
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Langsam leben, Zeit genießen, glücklich sein Schluss mit der Dreifaltigkeit aus Hektik, Terminen und Magengeschwüren - Christine von Brühl tritt auf die Bremse und unternimmt einen höchst unterhaltsamen und aufschlussreichen Selbstversuch. Das Erfolgsrezept lautet: Lebe langsamer, aber bewusst und mit Hingabe, und erlange so mehr Ausgeglichenheit, Gesundheit und Lebensqualität. Mit Checkliste: Welcher Zeittyp sind Sie?

Christine von Brühl wurde 1962 in Accra geboren. Von dort ging es - ihr Vater war Diplomat - weiter nach London, Bonn, Brüssel, Singapur und Polen. Nach dem Studium der Slawistik, Geschichte und Philosophie und ihrer Promotion über Anton Tschechovs Dramenwerk zog sie 1991 nach Dresden. Sie schrieb unter anderem für die Sächsische Zeitung, Die Zeit, und Das Magazin und veröffentlichte Reiseführer und Bildbände. 1995 zog sie nach Berlin, wurde 2000 Fellow im Reuters Foundation Programme Oxford und arbeitete nschließend als Auslandskorrespondetin für facts und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung in London. Als Stipendiatin der Volkswagen AG kehrte sie 2002 zurück und partizipierte am Programme for Advanced Journalism der Freien Universität. Seitdem lebt sie wieder als freie Autorin mit ihrer Familie in Berlin. Heute publiziert sie Sachbücher und Romane und engagiert sich nur noch bisweilen journalistisch mit Beiträgen in Spiegel, Das Magazin u.a. Mehr Informationen zur Autorin finden Sie unter christinebruehl.de

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Leseprobe

VORWORT


Haben Sie schon einmal versucht, langsamer zu werden? Haben Sie Menschen aus Ihrer näheren Umgebung erzählt, dass Ihnen seit einiger Zeit alles zu schnell geht und Sie daher bewusst einen Gang heruntergeschaltet haben? Haben Sie zugegeben, Sie könnten eigentlich recht schnell rechnen, schreiben, lesen, sich rasch bewegen und dabei auch noch telefonieren, aber – Sie wollten das nicht mehr? Sie sähen keinen Sinn mehr in der Schnelligkeit?

Nun, ich habe das ausprobiert. Ich habe mich in einem Selbstversuch bemüht, mein Lebenstempo über einen Zeitraum von sechs Monaten jeden Tag ein wenig zu reduzieren. Ich habe mich erst langsamer bewegt, mich dann bemüht, langsamer und gesünder zu essen, die Zahl meiner Termine zu reduzieren und nicht mehr tausend Dinge gleichzeitig zu machen. Eines kam zum anderen und verstärkte das Vorausgegangene zusätzlich. Und es ist mir tatsächlich gelungen. Ich bin ruhiger geworden, ja, insgesamt gelassener. Ich habe jetzt mehr Zeit zu lesen und nachzudenken. Mir kommen wieder gute Ideen. Ich halte öfter inne, vor allem, wenn gerade ein dringender Termin ansteht und ich besonders pünktlich sein müsste. Ich nehme lieber weniger Verabredungen an und kann mich der einzelnen Begegnung dafür stärker widmen, ich verzichte auf Quantität und ernte dafür Qualität. Die Dinge, die ich tun muss, verlieren dadurch den Charakter einer hektisch abgearbeiteten To-do-Liste. Sie sind meine Arbeit, die mich stolz macht, wenn sie geschafft ist. In den Situationen, die ich genießen möchte, wie das Spiel mit meinen Kindern oder das Gespräch mit einer Freundin, bin ich achtsam und zugewandt. Ich kann sie bewusster erfahren. Auf einmal habe ich wieder das Gefühl, Herrin meiner Lebenszeit zu sein, im Alltag wie in der Freizeit. Und das macht mich ungemein zufrieden. Ich bin ausgeglichener, kann mich wieder selbst spüren. Ich bin im Einklang mit mir selbst. Das ist das pure Glück.

Es hat lange gedauert, dorthin zu kommen, denn dieser Versuch ähnelt dem Vorhaben, in einem reißenden Strom gemütlich auf einer Sandbank Platz zu nehmen. Schließlich müssen wir eigentlich alle ständig schneller werden, spontaner, effizienter. Wir müssen täglich neue Geschwindigkeitsrekorde brechen, schneller sprechen, reagieren und überall gleichzeitig zugegen sein. Damit müssen wir nicht nur die anderen, sondern vor allem uns selbst täglich neu übertrumpfen. Wer das Gegenteil erreichen will, erntet allenfalls mitleidige Blicke. Er wirkt rückwärtsgewandt und wird als hoffnungsloser Romantiker bezeichnet. Wer langsam sein will, gilt als nicht mehr kompatibel. Es heißt, er trete auf der Stelle, er sei in seiner Entwicklung stehengeblieben und womöglich faul.

Viele sagen daher, Verlangsamung oder Entschleunigung, wie es im Fachjargon genannt wird, sei ja schön und gut, es sei auch bitter nötig, doch leider unmöglich. Wer ganz normal am täglichen Leben teilnehme, wer hier in dieser europäischen Welt lebe, müsse schnell sein. Ein Einzelner könne dagegen gar nichts ausrichten. Er kann sich durchaus zurückziehen, sich ausruhen und kurzzeitig ein wenig langsamer sein. Das bezeichnet man allgemein als sabbatical, eine Art Freisemester, oder auch einfach als Urlaub. Aber sobald man in den Alltag zurückkehrt, gleichgültig ob ins Berufsleben, ob mit oder ohne Familie, muss man wieder schnell, wach und geistesgegenwärtig sein. Langsamkeit könne sich heutzutage niemand mehr leisten.

Ich habe es trotzdem versucht, habe mich den Schnelligkeitserwartungen meiner Umgebung entgegengestemmt. Die Erfahrungen, die ich dabei gewonnen habe, waren ausgesprochen interessant. So sind die Erwartungen selbstredend unterschiedlich, je nachdem ob man in der Stadt oder auf dem Land lebt, ja auch, in welcher Region und welchem Land man jeweils zu Hause ist. Das Tempo in New York oder Paris ist ein anderes als in Berlin, das Leben in Rom schneller als in der Toskana. Ausschlaggebend ist das spezifische Zeitgefühl des Einzelnen und seines Landes, die sogenannte Ereigniszeit. Was das angeht, empfinden wir nicht nur individuell verschieden, sondern sind geprägt von Gesellschaftsform und nächster Umgebung. Doch auch diesen sind wir nicht bedingungslos ausgeliefert. Jeder kann über seine Zeit bestimmen. Er muss die Erwartungen, die an ihn gestellt werden, durchschauen und ein entsprechend gesundes Zeitmaß für sich entwickeln.

Während meines Selbstversuches habe ich mich nicht isoliert, im Gegenteil: Ich habe weiter meinen Beruf ausgeübt, habe meine Familie versorgt, meinen Freunden und Mitmenschen von meinem Versuch erzählt, und sie, insbesondere mein Mann und meine zwei Kinder, haben wachen Auges an meiner Entwicklung teilgenommen. Es ging mir dabei keineswegs darum, schnelles Denken, Handeln oder Agieren grundsätzlich zu verdammen. Im Gegenteil: Wer gern rasch arbeitet und dabei viel schafft und sein Tagwerk in gebotener Geschwindigkeit verrichten möchte, wem langsames Vorgehen schlichtweg zu lang weilig ist, dem sei ein kraftvolles Voranstürmen nicht genommen. Jeder hat schließlich seinen eigenen Energiepegel. Es ging mir erst recht nicht darum, Zeit einzusparen, um sie an anderer Stelle gewinnbringend zu nutzen und so die eigene Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu steigern. Was mir am Herzen lag, war der Gedanke, dass Leistung nicht anhand der Schnelligkeit gemessen wird, mit der sie erbracht wurde, und schon gar nicht an der Menge der Artikel, die in möglichst kurzer Zeit gefertigt wurden. Denn bei diesem Prozess sind wir nicht nur Opfer, sondern auch Mittäter. Solange ich versuche mitzuhalten, nehme ich nicht nur mir selbst, sondern auch anderen die Chance, das Tempo zu verringern. Ich nehme mir die Möglichkeit, die eigentliche Qualität mei ner Arbeit wahrzunehmen und sie mit Stolz und Freude zu Ende zu bringen. Erinnert sei an Uhren-, Schmuck- oder auch Gebäck- und Kuchen-Manufakturen, in denen ausdrücklich Handgefertigtes produziert wird. Was hier zählt, ist die Besonderheit der erbrachten Leistung. Sie genießt mindestens eine so große Wertschätzung wie das eigentliche Endprodukt.

Fast jeder, dem ich von meiner Idee erzählte, wusste auf Anhieb, was ich meinte. Die Hektik, diese Geschwindigkeit, die immer noch zunehme, wurde mir mit eifrigem Kopfnicken bestätigt, dazu die vielerlei Technik, die das noch verstärke – schlimm sei das. Am ärgsten, meinten viele, sei der immense Druck, der dadurch entstanden sei. Eine Journalisten-Freundin erzählte mir, wie glücklich sie zu Beginn mit ihrer Berufswahl gewesen sei, aber das sei schon lange nicht mehr so. Heute noch würde sie gern recherchieren, telefonieren, mit Menschen reden, Artikel schreiben – all das tun, was zu ihrer Arbeit gehört. Aber der Zeit- und Leistungsdruck, unter dem sie inzwischen arbeiten müsste, sei unerträglich. Er würde inzwischen alles Erfüllende an ihrem Beruf überschatten.

Eine andere Kollegin erzählte mir, quasi hinter vorgehaltener Hand, dass sie mittags nicht mehr in die Kantine gehen würde. Sie ertrage die Geschwindigkeit, in der dort das Essen verteilt und verzehrt würde, nicht. So schnell könne sie einfach nicht essen. Lieber bliebe sie in der Mittagspause an ihrem Schreibtisch sitzen und löffle geruhsam das Müsli aus einer kleinen Plastikbox, das sie sich jeden Tag von zu Hause mitbrächte. Allerdings käme sie sich dabei ein wenig unsozial vor.

Am schwierigsten an meinem Versuch war in der Tat der soziale Aspekt. Ich musste lernen, mich abzugrenzen und die ruhigeren Zeiten, die ich gewonnen hatte, nicht kurzerhand wieder zu nutzen, um doch noch wieder ein paar eilige Dinge zu erledigen, sozusagen rückfällig zu werden. Frauen leben nun einmal verstärkt im Austausch mit ihren Freundinnen und nächsten Mitmenschen. Sie sind in ihrem natürlichen sozialen Umfeld in einer Form verankert, die weit über berufliche oder andere sachliche Belange hinausgeht. Selbst wenn eine liebe Freundin anrief, um sich spontan mit mir zu verabreden, musste ich also standhaft bleiben, ihr absagen und die Gelegenheit zu einem Wiedersehen ungenutzt verstreichen lassen. Solche Gelegenheiten auszulassen, obwohl ich auf einmal Zeit hatte, sie wahrzunehmen – das fiel mir am allerschwersten. Aber ich wusste genau, dass ich am nächsten Tag wieder früh rausmusste, meine diversen Verpflichtungen hatte und auch in den Stunden, die hinter mir lagen, viel passiert war. Wie gern hätte ich so einen Termin trotzdem rasch dazwischengezwängt. Um mit solchen Situationen fertigzuwerden, habe ich mir Paradesätze zurechtgelegt, Formulierungen wie: »Ich glaube, das schaffe ich nicht.« Damit habe ich dem anderen vermitteln können, dass ich mit meinen Kräften am Ende war und keinen Spielraum mehr hatte, und konnte Raum gewinnen. Gleichzeitig hat mich das daran erinnert, was ich mir vorgenommen hatte.

Schwer fiel mir auch, langsam zu sein, wenn ich allein mit mir war. Unter dem Druck meiner Umgebung hatte ich eine solche Eiligkeit entwickelt, dass ich gerade dann besonders hektisch wurde, wenn ich eigentlich zu Hause zur Ruhe kommen wollte. Dann fing ich plötzlich an, Schränke auszuräumen, um die Regalböden zu putzen, oder Visitenkarten zu sortieren. Oder ich überlegte fieberhaft, wen ich noch anrufen müsste oder ob ich nicht dringend ins Kino gehen müsste. War da nicht ein Film, den ich unbedingt sehen wollte?

Zu Beginn meines Selbstversuches war ich gar nicht in der Lage, mich langsam zu bewegen oder etwas langsam zu tun. Ich konnte vor allem nicht langsam essen. Schließlich stellte ich einen Wecker neben meinen Teller und überprüfte, wie lange ich für eine Mahlzeit brauchte. Ich legte bewusst Mußestunden ein und blieb stundenlang...

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