1 Einleitung
Das Buch als literarisches Medium ist den meisten Menschen gegenwärtiger, heute jedoch übernimmt ein Buch immer mehr die Rolle eines Repräsentationsmediums.1
Die Untersuchung des Mediums Buch als Repräsentationsmedium ist ein weites Feld und lässt sich unter verschiedenen Gesichtspunkten vornehmen. Innerhalb der Buchwissenschaft ist eine derartige Analyse oft Gegenstand der buchkulturellen Forschung, in der das Buch als Kulturgut und Sammelobjekt betrachtet wird. Als Kulturgut repräsentiert und konserviert es die Kultur einer Gesellschaft und nimmt dadurch zugleich einen hohen Stellenwert für die Tradierung und Erhaltung ebendieser ein. Je höher der Stellenwert ist, umso höher ist auch sein Wert als Sammelobjekt. Anreize zur Bibliophilie finden sich aber auch in der speziellen ästhetischen Ausstattung von Büchern, ihrem Seltenheitswert oder schlichtweg in ihrer Besonderheit, die allein der Bibliophile in ihnen sieht. Diese Aspekte verleiten daher auch zu Untersuchungen innerhalb der Forschung um die Buchgestaltung, aber ebenso der Verlagsgeschichte, wo Verleger und Verlage besonders schöner Bücher näher betrachtet werden. Das Buch ist aber nicht nur ein Objekt, das im Regal oder auf dem Coffee Table zur Schau gestellt wird und Belesenheit sowie die Liebe zum Buch repräsentiert, sondern es ist auch ein Medium, das seine Herkunft, sei es der Autor, der Herausgeber, der Verlag oder ein anderer Urheber, repräsentiert. Das Buch ist demnach ein Mittel zum Zwecke der Darstellung und Korrespondenz. Auch wenn die Korrespondenz über das Buch oft von einseitiger Natur ist, so ergeben sich dennoch Rückflüsse unterschiedlichster Formen, die sich beispielsweise durch Rezensionen, Empfehlung oder Schenkung an andere äußern. Gerade das Buch als Geschenk drückt aus, welchen Wert man zum einen diesem Medium entgegenbringt – denn für gewöhnlich würde man ein solches nicht wegwerfen, sondern aufbewahren oder weiterverschenken – und zum anderen der Person, der man das Buch schenkt. Die Aspekte Wertigkeit, Darstellung und Korrespondenz verleiten daher auch zu Untersuchungen zur Bedeutung des Buches als Kommunikationsmedium für Marketingzwecke, insbesondere innerhalb der Unternehmenskommunikation. Das Medium Buch trägt in diesem Falle die Bezeichnung Unternehmensbuch, zu Englisch Corporate Book, und ist ein Buchtypus, der in der Forschung zur Unternehmenskommunikation im Rahmen von Untersuchungen zu Corporate Publishing gelegentlich Beachtung findet, in der Buchwissenschaft jedoch kaum bis gar nicht vertreten ist. Dass es hier kaum Untersuchungen dazu gibt, ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass es sich um eine noch recht junge Disziplin handelt, deren Forschungsschwerpunkte bisher auf anderen Aspekten lagen. Eine Untersuchung des Typus Unternehmensbuch aus buchwissenschaftlicher Perspektive ist daher insbesondere im Zusammenhang mit dem Medienwandel nicht nur angebracht, sondern angesichts der bereits seit über 20 Jahren stattfindenden Aktivitäten um Corporate Books beinahe überfällig. Die Idee zum Thema dieser Abschlussarbeit resultiert zum einen aus dieser Tatsache heraus, aber auch aus dem Fakt, dass von diesen Büchern ein hoher Einfluss ausgeht und ihnen eine große Bedeutung für Unternehmen wie auch für Verlage zukommt. Somit besteht die Adressatengruppe dieser Arbeit zum einen aus Buchwissenschaftlern, zum anderen aus Medien- und Kommunikationswissenschaftlern, die ihren Schwerpunkt auf Kommunikationsmedien der Unternehmenskommunikation setzen. Die Identifikation der Merkmale des Unternehmensbuches und seine Einordnung in die buchwissenschaftliche Forschung soll dabei genauso fokussiert werden wie seine ökonomische Bedeutung für den Buchmarkt und sein Stellenwert innerhalb der Unternehmenskommunikation. Die Abschlussarbeit versteht sich also als eine interdisziplinäre Analyse, wobei die ökonomischen Aspekte stets aus Sicht der Buchwissenschaft betrachtet und damit, aufgrund nicht ausreichend vorhandener wirtschaftswissenschaftlicher Kenntnisse, nicht vertieft und genauer fundiert werden können.
Aus der Zielsetzung heraus gliedert sich die Arbeit in drei Hauptkapitel, wobei das erste Kapitel das Corporate Book als Forschungsgegenstand der Buchwissenschaft und Buchökonomie rechtfertigt. Dabei wird das Unternehmensbuch nach klassischen Merkmalen des Buches untersucht, um vor allem seine Vorzüge gegenüber anderen Kommunikationsmedien der Unternehmenskommunikation nachzuweisen, während in einem weiteren Schritt der Corporate-Publishing-Markt näher analysiert wird. Da das Publizieren von Unternehmensbüchern nur einen kleinen Teil einer großen Branche um das Herausgeben von Unternehmensmedien darstellt, ist es notwendig, sich das Gesamtkonstrukt genauer anzusehen. Ziel dieser Betrachtung ist es, die Rolle des Corporate Books auf diesem Markt sowie derer, die für die Publikationen verantwortlich zeichnen, einordnen und bewerten zu können. Für diese Untersuchung wurde die strategische Analyse nach Michael E. Porter verwendet, die über eine vorangestellte äußere Betrachtung von Aspekten des Branchenumfeldes und der Branche selbst die Chancen und Risiken sowie über eine anschließende innere Betrachtung der Marktteilnehmer ihre Stärken und Schwächen herauszufiltern sucht.
Das zweite Hauptkapitel betrachtet nach einer knappen Einführung in die Unternehmenskommunikation das Unternehmensbuch als Kommunikationsmittel ebendieser und stützt sich dabei auf die Ergebnisse des ersten Kapitels, um seine besondere Bedeutung für Unternehmen zu begründen. Es dient somit auch als Überleitung zum dritten und letzten Hauptkapitel, in dem anhand exemplarischer Beispiele die Funktionen des Corporate Books als Unternehmensmedium aufgezeigt werden, wobei auch die Unternehmensmotive und Effekte auf das Unternehmen berücksichtigt werden.
Wie bereits erwähnt ist die Forschungssituation zu Unternehmensbüchern eher mangelhaft. Dennoch gab es in den letzten Jahren zwei Publikationen, die sich ebendiesem Thema widmeten. Im Jahr 2010 veröffentlichte Sonja Klug eine Monographie mit dem Titel Unternehmen von der schönsten Seite. Corporate Books für PR und Marketing,[2] in der sie sich als Expertin für dieses Thema erweist und einen Überblick über die Konzeption, Realisierung und Vermarktung von Corporate Books liefert. Die Monographie versteht sich dabei weniger als eine wissenschaftlich fundierte Untersuchung, sondern vielmehr als eine Art Ratgeber für Unternehmen, Corporate Books als Premiuminstrumente ihrer Kommunikationsaktivitäten einzusetzen. Dabei wendet sich Klug vielen Betrachtungsweisen zu und bildet damit dennoch eine gute Grundlage sich mit dem Thema und seiner Bedeutung für Unternehmen auseinanderzusetzen. Neben unternehmenskommunikativen Aspekten werden auch marketingpolitische Betrachtungen herangezogen, während sie das Corporate Book auch in den Kontext multimedialer Prozesse stellt und darlegt, wer auf dem Corporate-Publishing-Markt als Experte für das Publizieren von Unternehmensbüchern gilt. Einige dieser Experten beschreiben ihre Erfahrungen in dem 2011 erschienen Sammelband Corporate Books. Unternehmensliteratur als Markenbotschafter,[3] der von Manfred Hasenbeck und Eberhard Wolf herausgegeben wurde. Darin wird, wie der Titel vermuten lässt, das Corporate Book in den Kontext der Markenkommunikation gestellt, wobei neben Marketingstrategien auch die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Unternehmensbuches und seine jeweiligen Funktionen bearbeitet werden. Wie Klugs Monographie ist auch diese Sammlung von Aufsätzen nur bedingt wissenschaftlich belegt, und vielmehr eine subjektive Einschätzung der Branche und der Chancen wie Stärken des Unternehmensbuches. Da aber bisher wissenschaftliche Auseinandersetzungen fehlen, dienen beide Werke als hilfreiche Mittel, einen Eindruck von dieser Branche zu bekommen, gerade auch weil es sich tatsächlich um Erfahrungen aus der Praxis handelt. Weitere wichtige Angaben über den Corporate-Publishing-Markt konnten der Website des Forums für Corporate Publishing[4] entnommen werden, das sich als Vertreter der Interessen der Branche und ihrer Teilnehmer versteht.
Da Corporate Books im Kontext mit Unternehmenskommunikation stehen, die sich interdisziplinär aus Denkweisen der Kommunikations- und der Wirtschaftswissenschaft zusammensetzt, wurde Literatur aus ebendiesen Fachrichtungen herangezogen. Einen allgemeinen Überblick über wirtschaftswissenschaftliche Zusammenhänge und eine ausreichende Beschreibung der strategischen Analyse liefert die Publikation Einführung in die Betriebswirtschaftslehre[5] von Wolfgang Weber und Rüdiger Kabst. Die darin behandelte Strategieanalyse lässt sich mit einigen Abwandlungen auf die Corporate-Publishing- bzw. Corporate-Book-Branche übertragen und hilft, die Vor- und Nachteile herauszuarbeiten und gegenüberzustellen. Die Ergebnisse wurden im Anschluss an die einzelnen Untersuchungen in Tabellen zusammengefasst.
Abbildung 1: Nicht offensichtlich, aber ein Corporate Book zu Fragen der Nachhaltigkeit, das vom Wirtschaftsmagazin brand eins im Auftrag von Siemens im Jahr 2008 herausgegeben wurde.[6]
Zum näheren Verständnis der Unternehmenskommunikation und ihren Aufgaben diente das von Manfred Piwinger und Ansgar Zerfaß herausgegebene Handbuch Unternehmenskommunikation,[7] das ein wichtiges Standard- und Nachschlagewerk für Fragen zu unternehmensbezogenen Kommunikationsaktivitäten darstellt und dabei sowohl theoretische als auch praktische Ansätze...