Das Wichtigste: Es muss zuerst einmal etwas passieren. Aber nicht alles, was auf der Welt los ist und was Menschen bewegt, wird auch zur Nachricht. Schließlich passiert bei 7,5 Milliarden Menschen auf der Welt ständig Schönes und Schreckliches, und Zeitungen, Radio oder Fernsehen müssen auswählen, was aus dieser Masse an Ereignissen berichtenswert ist.
So bewegend ein gewisses Ereignis für den Einzelnen sein mag – um damit in die Nachrichten zu kommen, müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein. Das erste Date mag für jede und jeden Einzelnen ein einschneidendes Erlebnis gewesen sein, das für immer ins Gedächtnis eingebrannt ist. Da dieses Ereignis aber nur zwei Personen direkt betrifft und auf den Rest der Welt keine Auswirkungen hat (höchstens für einen traurigen Konkurenten, der nicht erhört wurde), lässt sich daraus keine Nachricht stricken. Wenn aber ein ganzes Dorf abbrennt, weil ein verliebter Teenie in Vorfreude auf sein erstes Date vergessen hat, den elterlichen Herd abzudrehen, dann ist das eine Nachricht, weil davon sehr viele Personen betroffen sind. Wenn ein weltweit umjubelter Teeniestar seine neue Liebe erstmals öffentlich präsentiert, wird diese Nachricht auch um den Globus gehen, weil junge Menschen auf der ganzen Welt sich mit ihrem Idol identifizieren. Das nennt man dann den »Nachrichtenwert« oder Englisch »news value«, den ein bestimmtes Ereignis hat. Dieser wird durch verschiedene Faktoren bedingt, hier einige davon:
Die Relevanz | Je stärker es die eigene Zielgruppe betrifft, desto höher ist der Nachrichtenwert. |
Die Aktualität | Ein neu eintretendes Ereignis hat einen höheren Nachrichtenwert als eines, das schon länger andauert. |
Die Nähe | Je näher ein Ereignis stattfindet, desto höher ist dessen Nachrichtenwert. Die Nähe kann auch eine kulturelle Nähe sein, nicht nur eine räumliche. |
Der Status | Je höher der Status der von einem Ereignis betroffenen Person ist, desto höher ist auch der Nachrichtenwert. |
Die Dynamik | Je überraschender ein Ereignis, desto höher der Nachrichtenwert. Auch eine besonders große Brutalität eines Ereignisses erhöht dessen Nachrichtenwert. |
Die Emotionalisierung | Je mehr ein Ereignis an den Gefühlen der eigenen Zielgruppe rührt, desto eher wird dieses Ereignis zu einer Nachricht. |
Kurz gesagt: Alles, was neu ist und einen gewissen Informationswert besitzt, ist aktuell und kann somit zur Nachricht werden. Wobei sich der Informationswert auf die räumliche Nähe (ist hier bei uns passiert), auf die inhaltliche Betroffenheit (hat Auswirkungen auf mein Leben) oder auch auf den Unterhaltungswert (finden wir hier lustig und unterhaltsam) beziehen kann.
Was macht eine Nachricht aus?
Eine Nachricht sollte genauso kurz wie informativ sein. Hier wird nur das Nötigste an Fakten hineingepackt. Sie beantwortet die wichtigsten W-Fragen: Wer? Was? Wann? Wo? Warum?
Ein Bericht ist ebenso sachlich und faktentreu wie eine Nachricht, bietet aber zusätzlich zu den wichtigsten Informationen auch Hintergrundinformationen und ist länger als eine Meldung. Für einen Bericht sehen sich Journalisten auch vor Ort um, sprechen mit Betroffenen und Experten und versuchen auch eine Einordnung des Geschehens.
Eine weitere journalistische Form ist die Reportage. Sie ist ein bisschen so etwas wie die Kür im Journalismus. Eine Reportage berichtet nicht trocken über die Fakten, sondern begleitet Akteure, beobachtet und beschreibt das Geschehen. Eine gut gestaltete Reportage lässt Bilder in den Köpfen entstehen, lässt mitfühlen, mitschmecken, mitleiden. Eine gute Reportage ist wie ein gelungenes Drehbuch, hat einen klaren Aufbau und setzt dramaturgische Mittel ein. Hier werden Fakten, Zitate und Beobachtungen kunstvoll miteinander verwoben.
Dreht sich ein Beitrag nur um eine Person oder eine Sache, so nennt man diese Form ein Portrait. Hier wird eine Persönlichkeit nicht nur aus einem Blickwinkel betrachtet, sondern auch sein oder ihr Umfeld, Freunde, Verwandte, Gegner und andere Wegbegleiter einbezogen, um ein möglichst umfassendes Bild entstehen zu lassen.
Dann gibt es noch das Interview, in dem eine Person von Journalisten befragt wird und das in einem Frage- und Antwort-Modus erscheint. Ein Gespräch zwischen mehreren Personen, das veröffentlicht wird, nennt sich »Runder Tisch«.
Weiters gibt es die sogenannten Meinungsformen: Den Kommentar, in dem eine bestimme Meinung unter Abwägung der Gegenargumente dargestellt wird, oder auch die Glosse, die kürzer ist und meist auch frecher als der Kommentar. Unter die sogenannten meinungsbildenden journalistischen Textformen fällt auch die Kolumne. Die Kolumne vertritt ebenfalls eine Meinung und wird meist von einem Autor verfasst, der regelmäßig in diesem Medium veröffentlicht. Oftmals wird in der Kolumne die Meinung des Kolumnisten mit Persönlichem und Alltagserlebnissen verknüpft.
Wer entscheidet, welches Ereignis zur Nachricht wird?
Was einen Platz in einer Zeitung findet, was zu einem Radio- oder Fernsehbeitrag wird, entscheidet sich meist in einer Redaktionssitzung. Bei Tageszeitungen wird meist am Vorabend und dann noch einmal in der Früh besprochen, welches Thema Blattaufmacher wird, was nur in einem kürzeren Bericht Platz finden wird, wer interviewt werden soll und was zwar auch interessant wäre, aber leider aus Platzmangel nicht vorkommen wird.
Da heute auch klassische Verlagshäuser und Rundfunkanstalten längst ein eigenes Onlineportal haben, hat die Geschwindigkeit, mit der Entscheidungen getroffen werden müssen, stark zugenommen. Neben der Printausgabe muss auch der Onlineauftritt parallel mit Inhalten gefüllt werden. Deshalb gibt es heute häufiger Sitzungen, als dies früher der Fall war. Zu den aktuellen Sitzungen kommen oft auch eigene Wochenplanungssitzungen und ähnliches. In manchen Medien sind die Print- und Onlineredaktionen getrennt, in anderen arbeiten die Journalisten für beide Bereiche.
Meist besprechen sich zuerst die einzelnen Ressorts, was sie an diesem Tag veröffentlichen möchten. Die wichtigsten Informationen dazu bekommen sie von den Nachrichtenagenturen. Dort werden nicht nur zeitnah Nachrichtenmeldungen aus aller Welt veröffentlicht, sondern auch Terminavisos, welche wichtigen Termine in Politik, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft anstehen.
Informationen erhalten Journalisten auch bei Pressekonferenzen. Bei manchen Presseveranstaltungen müssen sich die Journalisten vorher anmelden. Das heißt in der Fachsprache »Akkreditierung«.
Mit diesen Vorschlägen geht je ein Vertreter eines Ressorts in die Redaktionskonferenz. Dort gibt es meist zu Beginn eine kurze »Blattkritik«, in der die Ausgabe des Vortags noch einmal kritisch besprochen wird: Was ist uns gut gelungen? Was weniger gut? Welches Thema haben wir gestern übersehen?
Danach besprechen der Chefredakteur und die Kollegen die einzelnen Themen für die aktuelle Ausgabe, bringen neue Vorschläge ein und kicken vorgeschlagene Themen aus dem Blatt. Meist werden dann auch gleich die Kommentare festgelegt.
Manche Themen sind von außen vorgegeben: Wenn zum Beispiel die Angelobung einer neuen Regierung ansteht, wenn ein wichtiges Unternehmen Konkurs anmeldet, wenn irgendwo eine große Katastrophe passiert ist.
Andere Themen werden von einzelnen Medien selbst gesetzt. Wenn etwa einem Journalisten brisante Unterlagen zugespielt wurden. Das nennt sich dann eine Exklusivgeschichte. Oder es hat jemand in der Redaktion etwas Spannendes gehört oder kennt jemanden, dem etwas zugestoßen ist. Mittlerweile erreichen auch viele Themen über soziale Medien die Redaktionen. Tauschen sich besonders viele Kollegen auf Twitter oder Facebook über ein bestimmtes Thema aus, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es auch in den Redaktionen diskutiert wird.
Dann wird ein sogenannter Seitenspiegel erstellt, in dem festgelegt wird, welcher Artikel wo und wie viel Platz erhält.
Im Laufe einer Produktion muss immer wieder adaptiert werden: Ein Interviewpartner fällt aus, ein neu dazugekommenes Inserat zwingt einen, den Artikel zu kürzen, die Nachrichtenagentur hat eine Eilt!-Meldung ausgeschickt als Zeichen, dass etwas Wichtiges passiert ist. Dann kann ein bereits fertig recherchierter Beitrag auch wieder aus dem Blatt oder aus der Nachrichtensendung fliegen. »Kübeln« nennen das Journalisten, die gewohnt sind, in ihrem Job oft auch leere Kilometer zu rennen.
Oftmals werden Journalisten von besonders kritischen Medienkonsumenten dann mit dem Vorwurf konfrontiert, gewisse Themen bewusst in ihrem Medium nicht zu behandeln. Manch einer sieht darin sogar eine kleinere oder größere Verschwörung. Die Wahrheit ist in den allermeisten Fällen viel simpler: Oft fehlt es einfach an Platz oder an Sendezeit. Oder auch an Personal. Je mehr in den Redaktionen gespart...