Die Stimme aus dem Hintergrund – His Partner’s Voice
Von Christiane Kuderer
Eine wichtige Frage in Bezug auf das MBA-Studium stellt sich all jenen zukünftigen Studenten, die mit einem Partner zusammenleben. Soll man das Studienjahr allein oder mit Familie verbringen?
Wie ich als mitreisende Partnerin das Jahr erlebt habe, welche Auswirkungen es auf mich und unsere Beziehung hatte und welche Empfehlungen ich aus dieser Erfahrung geben kann, möchte ich in den nächsten Seiten erläutern.
Vor dem MBA-Studium hatte ich kein festes Arbeitsverhältnis, da wir gerade aus dem Ausland zurückkamen. Ich befand mich aber vor unserem ersten gemeinsamen Auslandsaufenthalt in einer ähnlichen Situation und war mit der Frage konfrontiert: Unterbrechung oder Kündigung? Wir waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht verheiratet, ich hatte eine eigene Wohnung und arbeitete das achte Jahr in meinem Beruf. Mir war klar, dass es nicht einfach werden würde, wieder eine vergleichbare Stelle zu finden. Mit diesem Schritt, „Raus aus dem Berufsleben und mit ihm ins Ausland“, begab ich mich in eine gewisse Abhängigkeit. Zum ersten Mal nach Studienende kein Geld zu verdienen, empfand ich wie das Betreten einer Eisfläche, von der ich nicht wusste, wie dick und wie glatt sie war.
Andererseits reizte mich das Leben in einem anderen Land. Es würde die Chance bieten, viel Neues zu lernen, vielleicht in einem ganz anderen Job zu arbeiten, mit Menschen anderer Kulturen Gedanken auszutauschen und neue Freunde zu finden. Selbst wenn ich danach wieder von vorn beginnen müsste, so könnte ich auf diese Erlebnisse zurückblicken und vermutlich würde auch ein Neubeginn wertvolle Erfahrungen mit sich bringen. Einige Bekannte rieten mir, auf Sicherheit zu setzen und zu Hause zu bleiben, andere erklärten mich für komplett verrückt, als ich mich entschloss, das Abenteuer zu wagen.
Da es mir nicht möglich war, mein Arbeitsverhältnis für ein Jahr zu unterbrechen, musste ich kündigen. Bereits in den ersten Wochen vollzog sich in mir eine interessante Wandlung. Anfangs grübelte ich noch über Einzelheiten meiner beruflichen Tätigkeit. Dann begriff ich mit einem Mal, dass es sich um belanglose Kleinigkeiten handelte. Seit Jahren drehte sich alles unermüdlich um sie. Über meine Zukunft und das, was mir wirklich wichtig war, hatte ich mir viel zu wenig Gedanken gemacht. Der Alltagsstress ließ mir kaum eine Gelegenheit zum Überdenken meiner Lage und zum Planen neuer Schritte. Doch ehe ich richtig zur Besinnung kam, befand ich mich in einer anspruchsvolleren Aufgabe als zuvor. Der Kreislauf schluckte mich erneut.
Als nun die Möglichkeit bestand, meinen Mann zu seinem Studium zu begleiten, betrachtete ich das in mehrfacher Hinsicht als gute Gelegenheit: Ich wollte ein intensives Englischstudium absolvieren, denn Fremdsprachen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Die veränderte Situation würde mir die Chance geben, meine berufliche Entwicklung endlich zu planen. Da ich außerdem seit einigen Jahren erlebte, was es hieß, einen Manager zum Mann zu haben, nahm ich mir vor, ihn in diesem schwierigen Jahr zu unterstützen und so viel wie möglich über seine Arbeit zu erfahren. Es würde mir helfen, ihn besser zu verstehen und ein wertvollerer Gesprächspartner zu sein. Andererseits würde auch ich dabei viel Wissenswertes dazulernen und dadurch unter anderem wirtschaftliche Zusammenhänge im Kleinen und Großen leichter nachvollziehen können.
Um jedoch zu wissen, worauf ich mich einließ, begleitete ich ihn bereits auf der Interviewreise zu drei ausgewählten Schulen. Ähnlich wie er hatte auch ich eine lange Liste mit Fragen und Punkten, die ich klären wollte. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht so gut Englisch sprach, konnte ich in diesen drei Tagen alles in Erfahrung bringen, was mir wichtig war. Es betraf vor allem unsere Lebenssituation in diesem Jahr und mein geplantes Englischstudium.
Beim Open Day in Cranfield wurde ich genauso herzlich empfangen wie die eigentlichen Studienbewerber. Jene freundliche Dame, die ich bereits auf einer MBA-Messe in Frankfurt kennen gelernt hatte, stellte mich sofort einigen Partnerinnen derzeitiger Studenten vor. Wie üblich war ich viel zu schüchtern, stellte dann aber beruhigt fest, dass es sich bei den meisten ebenfalls um Ausländerinnen handelte, die auch nicht besser Englisch sprachen als ich. Im Gegensatz zu mir schien ihnen das überhaupt nicht peinlich zu sein. Gut gelaunt schnatterten sie über ihre Erlebnisse, während sie nebenbei den Studenten etwas zum Essen verkauften. Nach diesen ersten Gesprächen waren bereits viele Bedenken ausgeräumt. Die Partnerinnen bildeten an der Schule einen wichtigen Bestandteil, unternahmen viel gemeinsam und wurden in die verschiedensten Aktivitäten integriert, wie z. B. der Mittagsversorgung der Studenten.
Das erlebte ich im Anschluss gleich selbst. Ich durfte am Rundgang durch die Einrichtung teilnehmen, lauschte der allgemeinen Einführung und den unzähligen Fragen der zukünftigen Studenten. Danach wurde ich zu einem Lunch eingeladen, bei dem mir einige Partnerinnen Einzelheiten über das Leben mit einem MBA-Studenten erzählten. Im Community Centre erhielt ich die Adressen von nah gelegenen Studieneinrichtungen, die mir später Unterlagen über ihre Kursangebote schickten. Neben Englischkursen hatten sie auch verschiedene andere Studienmöglichkeiten und Ausbildungen im Programm, die innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden konnten. Voraussetzung dafür waren jedoch entsprechende Englischkenntnisse.
Nachmittags besichtigten wir Studentenunterkünfte. Wir baten zwei Studenten, die gerade den Einkauf aus ihrem Auto räumten, einen Blick in ihre Wohnung werfen zu dürfen, um einen ersten Eindruck von der Größe zu erhalten. Sie luden uns herzlich ein und beschrieben die Vor- und Nachteile. Da einige der Reihenhäuser, für die wir uns ebenfalls bewerben konnten, renoviert wurden, fragten wir einen Handwerker, ob wir uns eines ansehen könnten. Für ihn war es zwar eine ungewöhnliche Angelegenheit, doch er ließ uns bereitwillig in alle Zimmer sehen.
Neben Cranfield besuchten wir noch zwei weitere Schulen und auch dort erhielt ich alle mir wichtigen Informationen.
Durch die umfangreichen Eindrücke der drei Tage konnte ich mir gut vorstellen, was mich erwartete.
Als wir schließlich im September 1999 die Reise nach Cranfield antraten, blickte ich dem vor uns liegenden Jahr ebenso freudig und erwartungsvoll entgegen wie mein Mann. Mir war klar, dass sich unser Zusammenleben noch schwieriger gestalten würde als während seines anstrengenden und meist langen Arbeitsalltags als Manager. Während dieses Jahres würde sich alles um ihn und sein Studium drehen. Diese Erwartungshaltung half mir später, besonders schwierige Situationen und Zeiten zu meistern.
Wir hatten uns für eine Wohnung auf dem Campus entschieden. Dadurch konnte mein Mann bequem zu Fuß in seine Vorlesungen gehen und mir stand unser Auto zur Verfügung. Die Nähe zur Business School bot noch einige weitere Vorteile, z. B. dass auch ich den Computerraum und die Bücherei nutzen durfte und nicht weit zu gehen hatte. Es würde viel leichter sein, andere Studenten und deren Partner zu treffen. Für Abendveranstaltungen an der MBA-Schule konnten wir uns die Anfahrt sparen.
Als wir drei Wochen vor dem eigentlichen Studienbeginn in Cranfield eintrafen, führte mich deshalb mein erster Weg zu dem Büro, das die Belegung aller Unterkünfte am Campus organisierte. Mir war bewusst, dass es allein im Ermessen der freundlichen Dame lag, die mir gegenüber saß, wem sie vorab die wenigen, bereits frei gewordenen Wohnungen vergab. Mit meinen damaligen Kenntnissen über britische Höflichkeit und einem Lächeln bat ich um Erlösung aus dem teuren Bed and Breakfast. Vermutlich lag ich mit meiner Art genau richtig. Ich wurde nett vertröstet und bereits zwei Tage später zogen wir um.
Unser neues Heim befand sich im zweiten Stock eines Wohnblocks mit dem Namen „Fedden House“. Nach einer gründlichen Reinigung wurde die kleine Wohnung unser gemütliches Zuhause. Das Wertvollste daran war der weitläufige Blick aus den großen Fenstern auf die umliegenden Felder und eine hervorragende, im Mietpreis inbegriffene Heizung. Geräusche hörte man nur von benachbarten Zimmern. Gelegentlich mussten wir im Laufe des Jahres an diese oder jene Tür klopfen und darum bitten, den Fernseher leiser zu stellen. Jeder reagierte verständnisvoll, denn wenn er studierte, benötigte er ebenfalls Ruhe. Wenn das heimische Footballteam Spieltag hat, gerät das schon mal in Vergessenheit. Mit einigen von ihnen, die an anderen Studiengängen teilnahmen, entstand dadurch ein freundschaftliches Verhältnis. Der englischen Mieterin, die unter uns wohnte, verkaufte ich am Ende des Jahres sogar meinen halben Hausstand.
Unsere Wohnung bestand aus einem winzigen Bad und einem Raum, von dem ein kleiner Studienbereich durch ein Holzregal abgetrennt wurde. Man konnte überall jedes Geräusch hören. Daran änderten...