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Jahresabschluss kompakt für Dummies

AutorMichael Griga, Raymund Krauleidis
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783527699551
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Um den Jahresabschluss kommt keiner herum. Fur all jene, die sich kompakt und leicht verstandlich uber Bilanzen informieren wollen, ist dies genau das richtige Buch. Zunachst erklaren die Autoren den Unterschied zwischen internem und externem Rechnungswesen, damit Sie das Thema Jahresabschluss einordnen konnen. Und dann geht es ans Eingemachte: Sie erfahren, wie eine Bilanz aufgebaut ist, welche Gewinnermittlungsarten es gibt und welche unterschiedlichen Bewertungsvorschrift befolgt werden mussen. Und zu guter Letzt erlautern die Autoren, was es mit einem Konzernabschluss und dem Geschaftsbericht samt Anhang und Lagebericht auf sich hat.

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Leseprobe

1

Von schönen und schiefen Bilanzen

In diesem Kapitel

Wozu eine Bilanz gut ist

Was Bilanzanalyse und Bilanzpolitik ist

Welche Art von Bilanzpolitik Sie nicht betreiben sollten

Wir haben den Italienern ja schon einiges zu verdanken. Nicht nur, dass sie Spaghetti, Pizza und andere Leckereien sowie den Catenaccio auf dem Fußballplatz erfunden haben, auch das hübsche Wort »Bilancia« kommt ursprünglich aus dem Italienischen. Es bedeutet so viel wie »Waage« und ist gleichzeitig auch der Ursprung unseres Begriffs »Bilanz«. So weit unser kleiner Ausflug in die Etymologie.

Auch bei der Bilanz sollen die Dinge, ähnlich wie bei einer Balkenwaage, ins Gleichgewicht gebracht werden. Und zwar das Vermögen auf der Aktivseite sowie das dazu verwendete Kapital auf der Passivseite. Gerüchten zufolge soll es aber leider auch Leute geben, die beim Lesen von Bilanzen dafür aus dem inneren Gleichgewicht gebracht werden. Das wird sich aber sicherlich durch die Lektüre der nächsten paar Hundert Seiten ändern.

Wir empfehlen dazu ein saftiges Rinder-Carpaccio sowie ein kleines Gläschen Franciacorta Brut.

Die Aufgaben der Bilanz

Die Bilanz ist neben der Gewinn-und-Verlust-Rechnung das Kernstück eines jeden Jahresabschlusses. In ihr werden die aus der Buchführung ermittelten Daten zu einem bestimmten Stichtag zusammengefasst und systematisch geordnet. Das ergibt dann eine hübsche Übersicht über die Vermögens- und Kapitallage des Unternehmens.

Abgesehen von der Bilanz und der Gewinn-und-Verlust-Rechnung besteht ein kompletter Jahresabschluss noch aus einem Anhang, dem Lagebericht sowie bei kapitalmarktorientierten Unternehmen aus einer Kapitalflussrechnung sowie dem Eigenkapitalspiegel.

Natürlich wird eine Bilanz nicht aus purer Langeweile erstellt. Sie ist in erster Linie für drei Dinge gut:

Dokumentations- und Rechenschaftsfunktion: Die Bilanz gibt detailliert Auskunft über das vorhandene Vermögen eines Unternehmens und zeigt auf, wie dieses finanziert wurde. Zudem soll sie verdeutlichen, wie gut oder schlecht das Management gearbeitet hat.

Zahlungsbemessungsfunktion: Die Ausschüttungen, also zum Beispiel die Dividendenzahlungen an die Anteilseigner, orientieren sich am Gewinn. Dieser wird durch das Ergebnis der Bilanz beeinflusst.

Informationsfunktion: Kapitalgesellschaften sowie Personengesellschaften ohne natürliche Person als persönlich haftendem Gesellschafter, wie etwa die GmbH & Co. KG, sind dazu verpflichtet, ihre Bilanzen zu veröffentlichen. Dadurch sollen Gläubiger, Kreditgeber, Geschäftspartner, der Fiskus und die Arbeitnehmer informiert werden, wie es um das Unternehmen wirtschaftlich bestellt ist.

Wozu die Bilanzanalyse gut ist

Zugegeben, ein spannender Kriminalroman hat gegenüber einer Bilanz einen kleinen Vorteil: Um ihn zu verstehen, muss man ihn einfach nur lesen. Das reine Durchlesen der Zahlenkolonnen eines Jahresabschlusses reicht jedoch meist nicht aus, um richtig schlau daraus zu werden.

Wer sagt Ihnen etwa, was es bedeutet, dass die XY AG im letzten Geschäftsjahr einen Jahresüberschuss von 1.000.000 Euro erwirtschaften konnte und zusätzlich noch Eigenkapital in Höhe von 3.000.000 Euro ausweist?

Die Antwort ist denkbar einfach: das Buch, das gerade vor Ihnen liegt!

Damit Sie einen Jahresabschluss richtig verstehen, müssen Sie dessen Informationen erst einmal analysieren. Aus dem vorhandenen Datenmaterial werden dabei viele Kennzahlen gebildet.

Diese Kennzahlen heißen beispielsweise:

Cashflow

Liquidität

Rentabilität

Wertschöpfung

Im nächsten Schritt werden diese Kennzahlen interpretiert und verglichen. Denkbar sind zwei Vergleichsmöglichkeiten:

Zeitvergleich: Hier betrachten Sie die jeweiligen Kennzahlen des Unternehmens im Zeitverlauf und können damit gewisse Entwicklungen herauslesen.

Beim Zeitvergleich sollten Sie mindestens drei aufeinanderfolgende Geschäftsjahre betrachten. So können Sie gewisse Trends erkennen und eventuelle »Ausreißerjahre« eliminieren.

Branchenvergleich: Hier vergleichen Sie die Kennzahlen eines Unternehmens mit denjenigen der Konkurrenz. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Unternehmen eine ähnliche Struktur haben. Sonst vergleicht man möglicherweise Äpfel mit Birnen.

Die Qualität der Bilanzanalyse steht und fällt natürlich mit der Qualität des Datenmaterials, das Ihnen zur Verfügung steht. Denn wie heißt es so schön: »Garbage in, garbage out.«

Bevor Sie jetzt vor Neugier platzen: Die Kennzahl, die Sie für das eben erwähnte kurze Beispiel mit dem Jahresüberschuss von 1.000.000 Euro benötigen, heißt »Eigenkapitalrentabilität«.

Warum Bilanzpolitik gemacht wird

Vieles, was die Erstellung von Jahresabschlüssen betrifft, wird in entsprechenden Rechnungslegungsvorschriften wie etwa dem Handelsgesetzbuch (HGB) oder dem International Financial Reporting Standard (IFRS) mehr oder weniger streng geregelt.

Allerdings gibt es durchaus noch ein paar Stellschrauben, mit denen Unternehmen ihre Bilanzen noch ein wenig aufhübschen können. Diese Stellschrauben bestehen beispielsweise aus

bestimmten Wahlrechten bezüglich Ansatz und Bewertung von Vermögensgegenständen,

zeitlichen Verlagerungen von Investitionsvorhaben,

Ermessensspielräumen bei der Bildung von Rücklagen und Rückstellungen.

All das ermöglicht dem Unternehmen, sich nach außen hin so darzustellen, wie man es gerne hätte.

Wird der Jahresabschluss im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bewusst so ausgestaltet, dass dem Leser der Bilanz ein bestimmter Eindruck vermittelt werden soll, nennt man dies Bilanzpolitik.

Je nachdem, wem durch den Jahresabschluss welcher Eindruck vermittelt werden soll, kann die Bilanzpolitik unterschiedliche Richtungen verfolgen. Möglich wäre es zum einen, die Ertragslage schlechter auszuweisen, als sie eigentlich ist, oder – im Umkehrschluss – besser.

Gründe, weshalb es manchmal sinnvoll sein kann, sich schlechter darzustellen, sind unter anderem:

Durch den Ausweis möglichst geringer Gewinne können die Steuerlast und die Ausschüttung an die Aktionäre reduziert werden.

Schlechte Bilanzergebnisse können ein gutes Gegenargument bei hohen Lohnforderungen der eigenen Arbeitnehmer sein.

Preiserhöhungen lassen sich bei der Kundschaft besser kommunizieren.

Die Gründe, weshalb es sich manchmal lohnt, das Ergebnis besser auszuweisen, sind unter anderem:

Potenzielle Geldgeber sind aufgrund einer augenscheinlich guten finanziellen Lage des Unternehmens eher bereit, Kredite zu gewähren.

Gute Ergebnisse können helfen, das eigene Image in der Öffentlichkeit aufzupolieren.

Houston, wir haben ein Problem: Obwohl die Bilanz eigentlich ein möglichst realistisches Bild von der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens liefern soll, kann die aktuelle Situation durch Bilanzpolitik verzerrt dargestellt werden. Dies hat natürlich auch Folgen für die Bilanzanalyse.

Doch keine Panik: Im weiteren Verlauf dieses Buches erfahren Sie, welche bilanzpolitischen Möglichkeiten es gibt und an welchen Stellen Sie deshalb bei der Bilanzanalyse etwas aufpassen sollten.

Parmalat und der 11.11.

Am 11. November 2003 begann nicht nur der Karneval. Es wurde auch erstmals der Verdacht geäußert, dass etwas beim italienischen Lebensmittelkonzern Parmalat nicht stimmen könnte. Wirtschaftsprüfer bezweifelten die Werthaltigkeit einer Investition der Parmalat über 500 Millionen Euro in einen Fonds auf den Cayman Inseln. Daraufhin stürzte der Kurs der Parmalat-Aktie ab. Die Unternehmensleitung versuchte, die Börsen zu beruhigen, indem sie Sicherheiten von über 3,95 Milliarden Euro aufbot.

Kurze Zeit später, am 19. Dezember, deckte die Bank of America den Bluff auf. Bei den 3,95 Milliarden Euro handelte es sich um einen fiktiven Bilanzposten! Bei dieser Gelegenheit kamen noch einige weitere Tricks und Fälschungen ans Tageslicht. So wurden Verkäufe einfach frei erfunden. Zum Beispiel der Verkauf eines Patents für ultrahocherhitzte Milch im Wert von 90 Millionen US-Dollar. Und wieder einmal hatte es fast niemand bemerkt. Am Ende gab es einen Schaden von etwa 20 Milliarden Euro und einen bis heute angeschlagenen Konzern.

Eine kleine Anekdote am Rande: Bereits zwei Jahre vor der Aufdeckung des Skandals soll ein Manager von Parmalat einem italienischen Kabarettisten namens Beppe Grillo verraten haben, dass die Verschuldung des Unternehmens in Wahrheit längst den Jahresumsatz übersteigt. Grillo verarbeitete diese brisante Information tatsächlich auch in einem Sketch – der von der Öffentlichkeit jedoch leider nicht ernst genommen...

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