WARUM DIESES BUCH?
»Es muss doch irgendwie möglich sein, lässig zu altern!«, seufzte eine Freundin und schickte mir ein Foto. Darauf zu sehen: der Versuch, zu ihren grauen Haaren zu stehen. Auf ihrem Kopf versammelte sich ein vielfältiges und gewagtes Farbenspektrum, der Ansatz: weiß-grau, dicht gefolgt von einem breiten Streifen im Ton Wiener Melange und als krönender Abschluss die Spitzen: goldblond. Das ganze hochgesteckt zu einem Zopf – um es überhaupt erträglich zu machen, wie sie meinte. Diese Freundin wollte nicht länger wertvolle Lebenszeit beim Friseur verschwenden, sondern endlich zu ihren grauen Haaren stehen – doch dafür musste der ganze über die Jahre kaputtgefärbte Ballast erst einmal rauswachsen. Und so konnte jeder in ihrem Umfeld – sie arbeitet in einem großen Medienkonzern – diesen Prozess mitverfolgen. Das fand ich nicht nur mutig, sondern auch sehr lässig, genau wie die Idee dahinter.
Seien wir ehrlich: Zwischen dem vierzigsten und fünfzigsten Lebensjahr passiert auf einmal etwas mit uns, womit wir nicht gerechnet haben. Alt ausgesehen haben bisher doch immer nur die anderen, und so wie vermutlich jede von uns insgeheim davon überzeugt ist, zumindest ein kleines bisschen unsterblich zu sein, hielt auch ich mich im Hinblick auf das Alter für relativ unverwundbar. Lange habe ich geglaubt, niemals diese Kräuselfalten um den Mund, Altersflecken im Gesicht oder schlaffe Haut am ganzen Körper zu bekommen. Ich doch nicht! Doch plötzlich ist es so weit, ich sehe in den Spiegel und denke: Was ist das? Alles scheint abgesackt, unter den Augen sind dunkle Ränder, die Haare stumpf, kein Leuchten weit und breit, höchstens das der unbarmherzigen Badezimmerlampe. Ach, denke ich, das liegt bestimmt daran, dass ich so schlecht geschlafen habe, morgen sehe ich wieder besser aus. Nee, sehe ich nicht, und bald wird klar: Die morgendlichen Restaurationsarbeiten im Badezimmer dauern jetzt länger, jeder Blick in den Spiegel wird kritischer und fördert neues Beweismaterial an die alternde Hautoberfläche. Es ist Zeit, dass ich mir eingestehe: Ich bin nicht mehr jung. Und schon macht sich der nächste Gedanke breit, der oberflächlich und mir darum ein bisschen peinlich ist: Ich möchte aber noch so aussehen!
Haha, sagen jetzt die Frauen über fünfzig, komm du erst einmal in die Wechseljahre, da hast du ganz andere Sorgen. Ach, das ist doch alles Kinderkacke, finden die über Sechzigjährigen. Wenn du irgendetwas in der Zeitung liest, das du hochinteressant findest, und darunter steht: »Erinnern Sie sich? Für dieses Ereignis suchen wir Zeitzeugen« – dann bist du alt! Pah, entgegnen die Geschlechtsgenossinnen in den Siebzigern, bald wachst du auf, und immer tut dir irgendetwas weh … und das, was nicht wehtut, hat offensichtlich den Geist aufgegeben. Komm da erstmal hin. Und dann melden sich auch noch die über achtzigjährigen Damen und erklären, dass sie beim Schuheanziehen in Ruhe überlegen, was sie da auf dem Boden noch zu erledigen haben – jetzt, wo sie schon mal unten sind. Und die fast Hundertjährigen? Die lachen sich (glücklicherweise nur) halbtot über das, was wir ganzen jungen Hüpfer da so von uns geben, schenken sich ein selbst gebranntes Likörchen ein und kichern: »Komm du erstmal in mein Alter!« Ja, würde ich gern, irgendwie schon, denn die Alternative zum Altwerden ist, jung zu sterben. Aber das ist ja auch keine Option.
Ab vierzig kommt unter Freundinnen früher oder später (meistens früher) das eine große Gesprächsthema auf: Wer zupft sich wo unliebsame Haare weg? Die im Gesicht werden dicker, die auf dem Kopf dünner! Wer tut was gegen schlaffe Haut an den Oberarmen? Hat jemand brandneue und strenggeheime Tipps gegen den körperlichen Verfall? Wer hat schon Botox getestet und was isst man abends überhaupt noch? Ein spontanes Pasta-Essen wird mit Frauen ab einem gewissen Alter eine traurige Veranstaltung: Hilfe, Kohlenhydrate – und auch noch am Abend! Während die Nudeln eintrocknen, wandert das Gespräch in Richtung Schweißausbrüche. Wer nimmt welche Östrogencreme – und hat hier überhaupt noch jemand Lust auf Sex? Und wenn ja – wie macht man auf sich aufmerksam in einem Alter, in dem die Frau unsichtbar wird? Ich gebe es zu, an solchen Abenden stelle ich die Ohren (die übrigens im Alter immer weiterwachsen – die Natur ist wirklich unbarmherzig) auch ganz weit auf. Wenn wir uns an diesem Punkt nicht endlich mal entspannen, schielen wir noch im Altersheim auf den Cremetopf unserer Zimmergenossin, um den Markennamen zu entziffern, während wir auf den Toilettenstuhl gehoben werden. Ja, manchmal braucht man ein plakatives Beispiel, um sich klarzumachen, wie lächerlich der Druck ist, unter dem wir offensichtlich stehen und den wir uns selbst auferlegen.
Wir wollen so alt wie möglich werden, aber bitte nicht so aussehen. Wir wissen, wie lächerlich dieser Gedanke ist und dass gegen das Alter kein Kraut gewachsen ist. Uns ist klar, dass ganze Industriezweige von unserer Angst vor dem Altern leben, und auch wenn wir das rational erkennen, horchen wir auf, sobald die nächstbeste Werbung ein neues Wundermittel empfiehlt.
Dabei möchte ich alt werden, ohne täglich nach neuen Falten zu suchen, hinter vorgehaltener Hand Botox-Erfahrungen einzuholen und meine Freizeit beim Friseur zu verbringen. Ich möchte alt werden, ohne über verpasste Chancen zu sinnieren, sondern stattdessen lieber über neue Möglichkeiten nachdenken. Ich will alt werden, ohne dass jemand sagt: »Die sah früher mal gut aus« oder »Für ihr Alter sieht sie noch gut aus« – nein, auch Letzteres ist kein Kompliment! Der einzige Kommentar, den ich akzeptieren würde, ist: »So wie du will ich später auch mal sein!«
Es gibt sie doch, diese Frauen, denen man deutlich ansieht, dass sie sich in der zweiten Lebenshälfte befinden, und die dabei so cool und trendy daherkommen, dass man sich direkt an ihre Fersen heften möchte. Frauen, die ihren eigenen Stil gefunden oder gar kreiert haben, die keinem Trend hinterherhecheln und einfach zeitlos schön sind. Frauen, die sich nicht verbiegen, die sich selbst mögen und die interessant sind. Frauen, die scheinbar furchtlos sind und mit dem Segelfliegen anfangen, anstatt über ihre Knochendichte nachzudenken. Frauen, die in der zweiten Lebenshälfte neu beginnen und endlich ihre Berufung finden. Die Preisfrage ist nur: Wie viel Arbeit, Mut, Stilberatung, Hyaluronsäure und Selbstgeißelung sind dafür nötig? Wie verpasse ich mir eine größere Portion Selbstironie und mehr Distanz zu den Bildern, die mir die Medien von Frauen in der zweiten Lebenshälfte vermitteln?
Ich will es wissen: Was passiert eigentlich im weiblichen Körper ab dem vierzigsten Lebensjahr, geht es wirklich bergab mit uns – und wie gehe ich am besten damit um? Welche Alterserscheinungen kann ich mit kleinen Tricks in den Griff bekommen und welche sollte ich lieber gleich akzeptieren? Wie entwickelt man seinen eigenen Stil, woran erkenne ich, was mir steht, und wie ertrage ich mich in einer zu gut ausgeleuchteten Umkleidekabine? Woher soll ich das Selbstvertrauen nehmen, um noch einmal durchzustarten? Wie schafft man es, die Weichen neu zu stellen, wenn andere bereits darüber nachdenken, wann sie endlich in Rente gehen? Und was sollte ich jetzt tun, damit ich mir auch mit 75 noch selbst die Schuhe zubinden kann und mich nur deswegen nicht an alle Einzelheiten meines Lebens erinnere, weil ich einfach zu viel Spannendes erlebt habe? Ich will der Sache auf den Grund gehen und vereinbare Interviews mit Hormonexperten und einer Sexologin, mit Spezialisten für Haut und Haar sowie einer Stilberaterin. Ich kämpfe mich durch Literatur zum Thema Ausstrahlung, Ernährung und Gesundheit und bestelle mir zum Testen Produkte im Internet, die Jugendlichkeit versprechen. Ob sie ihr Geld wert sind? Darüber hinaus möchte ich mich nicht länger fragen, wie faltig ich bin, sondern wie ich mich entfalte – das werde ich mit einer Coaching-Expertin und einer prominenten Psychologin besprechen. Und immer wieder halte ich nach Vorbildern Ausschau: auf der Straße, in Biografien und in den sozialen Medien. Je mehr ich sehe, lerne und an mir selbst erfahre, desto größer wird die Überzeugung, dass die ersten vierzig Jahre nur das Vorspiel waren. Nun wird es Zeit, den Höhepunkt zu erklimmen und zu erfahren, wer ich bin und was ich noch vom Leben will!
Die Recherche entwickelte sich zu einer spannenden Reise mit vier großen Stationen, und erst gegen Ende wurde mir bewusst, wie eng alle Bereiche zusammengehören. Wie Puzzleteile fügen sie sich zu einem großen Ganzen zusammen – zu dem, wer wir wirklich sind:
- Unser Körper: Ab vierzig dreht sich ganz viel um Haut und Haare – was können wir gegen den sichtbaren Alterungsprozess tun und was ist überhaupt sinnvoll? Wie wichtig ist Ernährung und warum macht Stress alt?
- Unsere Weiblichkeit: Die Hormone beeinflussen unser Aussehen und unsere Gefühlslage, aber wir sind ihnen nicht ausgeliefert! Und dann ist da noch die Sache mit dem Sex …
- Unser Stil: Wenn wir nicht länger Trends hinterherhecheln, sondern unseren eigenen Stil finden oder kultivieren, fühlen wir uns auch in einem alternden Körper wohl.
- Unsere Ausstrahlung: Kommt Schönheit eigentlich von innen, wie wirke ich auf andere und was kann ich für mein Selbstbewusstsein tun, wenn die Hülle bröckelt? Übrigens: Wer seine Träume wiederbelebt und Neues wagt, betreibt das beste Anti-Aging!
Die vier Kapitel funktionieren unabhängig voneinander. Es macht also keinen Unterschied, ob man dieses Buch von vorne bis hinten...