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E-Book

Junge Mütter im dualen System der Berufsbildung

Potenziale und Hindernisse

AutorEva Anslinger
Verlagwbv Media
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl398 Seiten
ISBN9783763946143
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,00 EUR
Seit dem Jahr 2005 haben junge Mütter die Möglichkeit, ihre Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Von der Regelung hat sich die Politik einen Anstieg der Auszubildendenzahlen und langfristig einen Beitrag zur Behebung des Fachkräftemangels versprochen. Erfüllen sich die Erwartungen? Welche Probleme ergeben sich bei der Umsetzung in die Praxis? Der vorliegende Band zieht Zwischenbilanz. Er untersucht, wie hoch die Bereitschaft in den Betrieben ist, jungen Müttern einen Teilzeitausbildungsplatz anzubieten. Auf welche Hindernisse stößt die Neuregelung bei den Unternehmen? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Teilzeitausbildungen nicht nur im Einzelfall vereinbart, sondern als Regelangebot im Unternehmen verankert werden? Die Autorin nähert sich dem Thema, indem sie Ansätze aus der Frauen- und Benachteiligtenforschung mit wirtschaftsethischen Fragestellungen verbindet. Ihr Fazit: Nur leistungsstarke junge Mütter, die zugleich sozial gut vernetzt sind, haben gegenwärtig eine Chance auf eine Teilzeitausbildung. Damit die zum Regelfall wird, bedarf es einer Reihe weiterer Maßnahmen wie der Ausweitung von Kinderbetreuungsangeboten und einer umfassenden sozialpädagogischen Betreuung.

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Leseprobe
2 Junge Mutterschaft zwischen individueller und gesellschaftlicher (S. 20-21)

Benachteiligung Junge Mütter bewegen sich in ihrer Biografie in einem Spannungsverhältnis zwischen politischer Arbeitsmarkförderung, meist im Rahmen des zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II), zwischen ökonomischer Teilhabe, in der sie lediglich als Konsumentinnen auftreten, aber nicht aktiv an Arbeits- und Ausbildungsprozessen partizipieren, zwischen bildungspolitischen Regelungen, in dem sie aus institutionellen Bildungsprozessen ausgeschlossen werden, beispielsweise durch die Befreiung von der Schulpflicht, und zwischen gesellschaftlichen Beteiligungsprozessen, von denen sie aufgrund mangelnder Partizipation ausgrenzt werden.

Die Befunde einschlägiger Studien im Forschungsfeld zeigen, dass die Lebens- und Bildungssituation junger Mütter prekär ist. Trotz aller Heterogenität der Gruppe der jungen Mütter, können jedoch Gemeinsamkeiten in der mangelnden Schul- und Bildungsbeteiligung ausgemacht werden, die zum einen durch gesellschaftliche und strukturelle Barrieren bedingt sind, zum anderen aber auch in den individuellen Möglichkeiten und Biografien der Frauen zum Ausdruck kommen (vgl. Friese 2008). Dabei sind die Übergänge und Abgrenzungen zum Teil nur schwer zu differenzieren. Zur Erhebung des Förderbedarfs und damit verbunden das Suchen nach einer passgenauen Beratung, Qualifizierung oder Integration in das Bildungs- und Ausbildungssystem, kann eine grobe Differenzierung der Zielgruppe entlang ihrer biografischen Statuspassagen vorgenommen werden.

Junge Mütter weisen danach unterschiedliche Förderbedarfe auf. Quantifiziert werden diese Bedarfe anhand von Schulabschlüssen, sozialen und individuellen Problemlagen oder am Umfang des individuellen und institutionellen Unterstützungsnetzwerks. Um eine Ausbildung im dualen System der Berufsausbildung aufnehmen zu können, müssen junge Mütter verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Neben einem gut qualifizierten Schulabschluss benötigen sie sowohl eine hohe Motivation als auch soziale und individuelle Kompetenzen, die ihnen die Vereinbarkeit von Ausbildung und Kindererziehung ermöglicht. Jungen Müttern, die diese Voraussetzungen nicht mitbringen, gelingt der Zugang in den ersten Ausbildungsmarkt vergleichsweise selten.

Um dennoch eine Qualifizierung oder Ausbildung nachzuholen, werden im Rahmen von Programmen der Benachteiligtenförderung auch für Mütter mit einem hohen Förderbedarf Möglichkeiten eröffnet (vgl. Kapitel 2.2.5). Gelingt der Übergang in eine duale Berufsausbildung, stehen die jungen Frauen vor der Vereinbarkeitsproblematik, die alle berufstätigen Mütter zu bewältigen haben. Allerdings verschärft sich bei jungen Auszubildenden mit Kindern diese Problematik, da sie während der Ausbildung zur Sicherung des Lebensunterhalts, für den sie meist alleine aufkommen müssen, finanzielle Barrieren zu überwinden haben.

Die Ausbildungsvergütung ist ausgerichtet auf Jugendliche, die bis zum Ende der Ausbildung durch die Herkunftsfamilie unterstützt werden. Für junge Mütter, die meist einen eigenen Haushalt unterhalten, reicht die Ausbildungsvergütung zum Leben nicht aus. Die finanziellen Probleme werden begleitet durch die Zeitproblematik von jungen Müttern in einer Ausbildung. Während der Ausbildung haben Frauen mit Kindern einen langen Arbeitstag zu bewältigen, der neben der Versorgung des Kindes und der täglichen Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden, durch Vor- und Nachbereitungen für Klassenarbeiten und Abschlussprüfungen geprägt ist.

Durch die vielfältigen Aufgaben in der Ausbildung verbleibt keine Zeit, das Familieneinkommen durch beispielsweise einen Nebenjob aufzubessern. Des Weiteren ist zu erkennen, dass die betrieblichen Strukturen oft starr sind und flexible Arbeitszeiten lediglich in Branchen bzw. Unternehmensbereichen bereits umgesetzt sind, die traditionell einen hohen Anteil an Frauen aufweisen. Demgegenüber reagieren Bereiche, die maßgeblich von männlichen Beschäftigten dominiert werden, eher unflexibel auf neue Arbeitszeitmuster, die eine Vereinbarung von Beruf und Familie ermöglichen. Münden junge Mütter oder auch Väter in beispielsweise technische Ausbildungen ein, sehen sie sich mit gesellschaftlichen Vorurteilen und eine auf die männliche Arbeitsbiografie ausgerichtete Arbeitsorganisation konfrontiert. Der erfolgreiche Ausbildungsabschluss ist dadurch latent gefährdet.
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort4
Vorwort6
Inhalt8
Abbildungsverzeichnis10
1 Einleitung12
2 Junge Mutterschaft zwischen individueller und gesellschaftlicher Benachteiligung21
2.1 Genderstrukturierung im dualen System der Berufsbildung unter Berücksichtigung der Zielgruppe Junge Mütter24
2.2 Benachteiligtenforschung in der beruflichen Bildung: Theoretische und empirische Entwicklungen66
2.3 Wirtschafts- und Unternehmensethik im Kontext von beruflicher Bildung und Diversity Management132
2.4 Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse und Forschungsfragen der empirischen Untersuchung186
3 Befragung von Betrieben zur Teilzeitberufsausbildung193
3.1 Methodisches Vorgehen195
3.2 Ergebnisse der empirischen Untersuchung203
4 Resümee363
5 Literatur372
6 Anhang397

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