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Karl Marx und die Menschlichkeit.

AutorHubert Kiesewetter
VerlagDuncker & Humblot GmbH
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl99 Seiten
ISBN9783428534289
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,00 EUR
Seit Generationen wird von Wissenschaftlern, Marxisten und Kommunisten sowie neuerdings auch von höchsten kirchlichen Würdenträgern die These verbreitet, daß Karl Marx in seinen Schriften und seinen politischen Aktivitäten an der Seite der unterdrückten und ausgebeuteten Arbeiter gestanden habe und für die menschliche Freiheit eingetreten sei. Dabei wird vielfach ausgeblendet, daß in kommunistischen Herrschaftssystemen, wie beispielsweise der UdSSR, deren politisches Handeln sich auf die Lehren von Marx, Engels und Lenin gründete, im Namen des Marxismus Millionen von Menschen umgebracht wurden. Aufgrund einer genaueren Analyse einiger Schriften dieser Protagonisten des sogenannten wissenschaftlichen Kommunismus, vor allem aber des Briefwechsels zwischen Marx und Engels, zeigt der Autor, daß das Eintreten für die Nöte der Arbeiter rein taktisch motiviert war. Für seine soziale bzw. sozialistische Revolution, die mit aller Brutalität das verhaßte kapitalistische System ein für allemal vernichten sollte, brauchte Marx eine internationale Massenbewegung, die bereit war, sich für diese scheinbar großartige Aufgabe aufzuopfern. Viele seiner Weggefährten, die in diesem Buch zitiert werden, haben klar erkannt, daß zwischen den außergewöhnlichen intellektuellen und analytischen Fähigkeiten dieses selbsternannten Messias der Arbeiterklasse und der unmenschlichen Behandlung von Freunden und Feinden Welten lagen. Um dies zu verdeutlichen, sind in diesem Buch neben einer kurzen Beschreibung des politischen Werdegangs von Karl Marx einige Beispiele angeführt, die veranschaulichen, mit welch menschenverachtender Grausamkeit Marx auch diejenigen Freunde und kommunistischen Mitstreiter verfolgt hat, die ihn finanziell und ideologisch auf seinem materiellen Leidensweg unterstützt haben. Zeitgenossen wie Michael Bakunin, Karl Heinzen, Moses Hess, Gottfried Kinkel, Ferdinand Lassalle, Arnold Ruge oder Wilhelm Weitling hat Marx mit bösem Spott überschüttet und mit tiefer Verachtung gestraft.

Hubert Kiesewetter studierte Ökonomie, Philosophie, Geschichte und Wissenschaftstheorie in Frankfurt am Main, Kiel, London und Heidelberg. 1973 folgte die Promotion in Philosophie und 1985 die Habilitation in Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Gastprofessuren führten in nach Urbana-Champaign (Illinois), Oxford und Paris; 1987/88 war er Konrad-Adenauer-Professor an der Georgetown University in Washington, D.C. Von 1990 bis 2004 hielt er die Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt inne. Seit 2004 ist er im Ruhestand.

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Leseprobe
IX. Die Vernichtung des kapitalistischen Systems (S. 78-79)

Mit dem Austausch des vielverwendeten Begriffs „Bourgeoisie“ durch „Kapitalismus“ war Marx eine zündende Idee gekommen, denn nun konnte man ein ganzes System angreifen und nicht nur eine ,Klasse‘, die es so in Reinformat niemals gegeben hatte. Es war nun auch eher möglich, den Umsturz des gesamten kapitalistischen Systems vorauszusagen, wozu sich bereits nach dem 18. Februar 1863 eine Gelegenheit bot, als auf der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses die liberale Mehrheit die reaktionäre Politik der preußischen Regierung in der polnischen Frage verurteilte. Marx war sich wegen dieser außenpolitischen Spannungen sicher:

„Wir werden bald Revolution haben.“166 Nachdem am 28. September 1864 in London die Internationale Arbeiter Association (IAA), die sogenannte I. Internationale, gegründet worden war, in der sich sozialistische bis anarchistische Gruppierungen aus 13 europäischen Staaten und den USA zusammengeschlossen hatten, schrieb Marx eine Adresse an die Arbeiterklassen.167 Sie war von ihm zuerst in englischer Sprache verfaßt worden und erschien auf Deutsch in der Zeitschrift.

Der Social-Demokrat in Berlin vom 21. und 23. Dezember 1864, doch in dieser Adresse kamen die Begriffe Sozialismus und Kommunismus nicht ein einziges Mal vor. Während sich zu dieser Zeit in allen industrialisierenden Staaten die materielle Lage der Arbeiter nach den elenden Verhältnissen des Frühkapitalismus allmählich verbesserte – im englischen Parlament wurde schon am 8. Juni 1847 ein Gesetz über einen zehnstündigen Arbeitstag von Jugendlichen und Arbeiterinnen verabschiedet –, war Marx von dem Hungertod der ganzen Arbeiterklasse überzeugt:

„Und so ist es jetzt in allen Ländern Europas eine Wahrheit, erwiesen für jeden vorurteilsfreien Geist und nur geleugnet durch die interessiert klugen Prediger eines Narrenparadieses, daß keine Entwicklung der Maschinerie, keine chemische Entdeckung, keine Anwendung der Wissenschaft auf die Produktion, keine Verbesserung der Kommunikationsmittel, keine neuen Kolonien, keine Auswanderung, keine Eröffnung von Märkten, kein Freihandel, noch alle diese Dinge zusammengenommen das Elend der arbeitenden Massen beseitigen können, sondern daß vielmehr umgekehrt, auf der gegenwärtigen Grundlage, jede frische Entwicklung der Produktivkräfte der Arbeit dahin streben muß, die sozialen Kontraste zu vertiefen und den sozialen Gegensatz zuzuspitzen.

“ Marx und Engels waren überhaupt nicht interessiert an der schrittweisen Verbesserung der materiellen Lage des arbeitenden Volkes, sondern in ihrer ideologischen Verblendung drehten sie die historische Realität, weil sie unbeirrt behaupteten, die immer noch unwürdige Situation der industriellen Arbeiterschaft müßte zwangsläufig dazu führen, daß den Landeigentümern und Kapitalisten vorgeworfen würde, diese würden „ihre politischen Privilegien stets gebrauchen zur Verteidigung und zur Verewigung ihrer ökonomischen Monopole“.170 Damit die ausgebeutete Arbeiterklasse die politische Macht überhaupt revolutionär erobern kann, was nach Marx ihre „große Pflicht“ ist, muß man sich nicht nur eines realpolitischen Opportunismus bedienen, sondern die IAA könne eine nützliche Rolle als Steigbügelhalter spielen, wie der realitätsblinde Marx am 11. September 1867 an Engels schrieb: „Und bei der nächsten Revolution, die vielleicht viel näher ist, als es aussieht, haben wir (d.h. Du und ich) diese mächtige engine in unsrer Hand.“
Inhaltsverzeichnis
Vorwort8
Inhaltsverzeichnis12
I. Vorbemerkung14
II. Jugend und Studium16
III. Redakteur der Rheinischen Zeitung23
IV. Mit Arnold Ruge in Paris31
V. Die Entdeckung der Arbeiter37
VI. Abrechnung und Exil43
VII. Revolution, Kommunismus, Diktatur49
VIII. Terror gegen Freund und Feind64
IX. Die Vernichtung des kapitalistischen Systems79
X. Resümee88
Literaturverzeichnis91
Personenregister95
Sachregister98

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