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Kinder mit AD(H)S - Interdisziplinäre Zusammenarbeit aus pädagogischer und biophysischer Perspektive

AutorHans Karger
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl54 Seiten
ISBN9783863417062
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
'Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen können die Entwicklung eines Kindes, seine Erziehung, seine Ausbildung, sein schulisches Lernen und sein Sozialverhalten nachdrücklich beeinträchtigen' (Lauth/Naumann 2008) und gelten als eine der am häufigsten diagnostizierten Störungen des Kindes- und Jugendalters. In der vorliegenden Studie steht die Betrachtung des Erscheinungsbildes 'Aufmerksamkeitsdefizitstörung mit und ohne Hyperaktivität' (AD(H)S) aus unterschiedlichen Perspektiven im Mittelpunkt. Die zentrale Fragestellung dabei ist, wie die Beteiligten und die einzelnen Disziplinen zusammenarbeiten können und müssen, um eine bestmögliche Behandlung zu gewährleisten. Hierbei werden Definitionen, diagnostische Zugänge sowie Interventions- und Behandlungsmöglichkeiten aus den verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und gegenüber gestellt.

Hans Christian Karger, Jahrgang 1984, ausgebildeter Ergotherapeut und zurzeit Student im Master Lehramt an Förderschulen an der Universität Leipzig mit den Schwerpunkten sozial-emotionale Entwicklung und Lernen sowie Deutsch als Kernfach. Der Autor übte e

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2.3.1, Ursachen aus biophysischer Sicht: Laut HILLENBRAND ist 'innerhalb des biophysischen Modells [...] das Denken in klaren Abgrenzungen von gesund und krank, von gestört und nicht gestört gemeinsam' (HILLENBRAND 2006, S. 66). Dementsprechend werden Kinder danach eingeordnet, ob sie gestört oder nicht gestört sind. Des Weiteren liegt das vordergründige Ziel in der Ursachenforschung darin, eindeutige Gründe für die Verursachung von AD(H)S zu finden, die auf eine organisch-physische Schädigung zurückzuführen sind. Zu der biophysischen Sichtweise werden teilweise in der Literatur auch der medizinische und der humanethologische Aspekt gezählt (vgl. MYSCHKER 2009, S. 91f). Nachfolgend werden hauptsächlich Sichtweisen und Annahmen vorgestellt, die aus der medizinischen Forschung entstammen, da deren Berücksichtigung fachbereichsübergreifend festzustellen ist. Als weitestgehend manifest - im Rahmen der biophysischen Sichtweise - gilt zurzeit die Annahme, dass eine genetische Disposition für das Auftreten einer AD(H)S vorliegen muss. Es sind erhöhte Raten von AD(H)S-Symptomen bei Eltern von positiv diagnostizierten Kindern festgestellt worden. Zudem zeigen Zwillingsstudien auf, dass die Konkordanzrate zwischen 50 - 80% bei eineiigen Zwillingen liegt. Auch werden auf die Dopaminregelung einflussnehmende Gene als eine mögliche (Teil-)Ursache in Erwägung gezogen. Allerdings wird das erhöhte Risiko für eine AD(H)S als gering eingeschätzt, wodurch das 'Auftreten einer ADHS nicht auf die Veränderung eines einzelnen Gens zurückzuführen ist' (BUNDESÄRZTEKAMMER 2005, S. 21). Als weitere Faktoren gelten im Bereich der Neurophysiologie Besonderheiten in einzelnen Hirnregionen. So wurde beispielsweise per bildgebende Verfahren festgestellt, dass Personen mit einer AD(H)S im Vergleich zu Personen ohne eine AD(H)S 'eine verringerte Größe des Frontallappens, des Corpus Callosum und der Basalganglien' (GAWRILOW 2009, S. 20) aufweisen. Diese Hirnbereiche gelten unter anderem als zuständig für exekutive Funktionen oder auch für die Planung von Verhalten. GAWRILOW fasst weiterhin zusammen, dass zudem die Durchblutung in der präfrontalen Hirnregion vermindert ist (GAWRILOW 2009, S. 20). Die verringerte Größe sei allerdings nicht auf eine späte extern verursachte Schädigung, sondern auf eine frühzeitig auftretende Abweichung der Hirnentwicklung zurückzuführen. Zudem ergaben hirnelektrische Untersuchungen eine Beeinträchtigung der zielorientierten und aufmerksamkeitsabhängigen Informationsverarbeitungsprozesse im Vergleich zu nicht auffälligen Kindern (vgl. BUNDESÄRZTEKAMMER 2005, S. 22). Jedoch können diese Beobachtungen ähnlich die der Annahmen zur Vererbung nicht als ein alleingültiger ursächlicher Faktor oder als Hauptursache determiniert werden. 'Die Bedeutung festgestellter Anomalien in der cerebalen Durchblutung des Frontalhirns und gewisser Auffälligkeiten im Neurotransmitter-System werden kritisch diskutiert. Sie erlauben jedoch keine monokausale Erklärung der Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen.' (HILLENBRAND 2006, S. 183) Zu der biophysischen Sichtweise werden des Weiteren neuropsychologische Faktoren gezählt, die vor allem durch BARKLEY geprägt wurden und werden. Vordergründig seien exekutive Funktionen bei betroffenen Kindern eingeschränkt. Insbesondere die eingeschränkten Inhibitionsprozesse seien für die Störung von vier wichtigen exekutiven Funktionen verantwortlich. Darunter zählen das nonverbale Arbeitsgedächtnis, die Selbstregulation, die Internalisierung von Sprache und die Planung von Handlungssequenzen. Gawrilow fasst zusammen, dass die Beeinträchtigung dieser vier exekutiven Funktionen in empirischen Studien nachgewiesen werden konnte. Kinder mit AD(H)S schlossen bei Aufgaben, die eine Reaktion auf Stimuli verlangte, im Vergleich zu nicht betroffenen Kindern schlechter ab. Sie wiesen eine höhere Fehlerquote, eine längere Reaktionszeit und mehr Verwechslungs- und Auslassfehler als die Kontrollgruppe auf (vgl. GAWRILOW 2009, S. 21f; BARKLEY vgl. S. 87-109) Die unter dem biophysischen Aspekt aufgezählten möglichen Einflussfaktoren sind elementarer Bestandteil des biopsychosozialen Modells zur Entstehung von Aufmerksamkeitsstörungen nach DÖPFNER ET AL. (2000). Zudem werden auch psychosoziale Einflussfaktoren in diesem, deren Bedeutung für die Theoriebildungen der Ätiologie von AD(H)S im Folgenden noch näher erläutert werden, mitberücksichtigt und sind in vielen Veröffentlichungen wesentlicher Bestandteil des Diskurses.
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