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E-Book

Konstantin der Große

AutorBruno Bleckmann
VerlagRowohlt Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783644575226
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Konstantin der Große (272-337), so will es die Legende, verhalf nach seiner wundersamen Bekehrung dem Christentum zum Sieg im Römischen Reich. Doch der kluge Stratege und weitsichtige Politiker hat sich erst am Ende seines Lebens offen zum christlichen Glauben bekannt. In seiner dreißigjährigen Regierungszeit besiegte er in blutigen Bürgerkriegen seine Mitregenten im Römischen Reich, reformierte Staat und Heer und gründete seine Hauptstadt Konstantinopel. Als Förderer des Christentums schuf er die Geschichte prägende Verbindung von Staat und Kirche. Das Bildmaterial der Printausgabe ist in diesem E-Book nicht enthalten.

Bruno Bleckmann, geb. 1962. Studium in Würzburg, Münster und Köln, promovierte 1991 in Alter Geschichte mit einer quellenkritischen Arbeit zu Johannes Zonaras. 1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Köln, 1993 wissenschaftlicher Assistent an der Universität Göttingen, 1997-2002 Professor für römische Geschichte an der Université de Strasbourg II, 2002-2003 Professor für Alte Geschichte an der Universität Bern, seit 2003 Professor für Alte Geschichte an der Universität Düsseldorf. Publikationen zur griechischen Geschichte der klassischen Zeit, zur römischen Republik und zur Spätantike.

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Leseprobe

Die Tetrarchie und ihr Zerfall


Will man den zweifellos etwas dramatisierenden späten Quellen Glauben schenken, stand wenige Jahre vor der Geburt Konstantins das Ende des Römischen Reichs kurz bevor. Der neuen Dynastie der Sassaniden, die ab 224 die Arsakiden in der Herrschaft über das östliche an Rom angrenzende iranische Großreich abgelöst hatten, war mit der Gefangennahme des Kaisers Valerian (253–260) ein beispielloser Erfolg gelungen. Die Goten töteten 251 Kaiser Decius im Kampf und setzten in den folgenden Jahren wiederholt über die Donau. Heruler und andere Ostgermanen plünderten in kleinen Ruderschiffen die südliche Küste des Schwarzen Meers und das Ägäisgebiet. Italien, Gallien und Spanien wurden Opfer der Einfälle der neuen germanischen Großstämme der Franken, der Alamannen und der Juthungen. Wie gefährlich diese Einfälle waren, verdeutlicht die in das Jahr 260 zu datierende Weihinschrift eines 1992 in Augsburg entdeckten großen Altars für die Siegesgöttin Victoria, in der sich der Statthalter Raetiens rühmt, Angehörige der Alamannen («Semnonen») und Juthungen geschlagen zu haben. Allein diese versprengte Gruppe, die am großen Einfall von 259/60 teilgenommen hatte und gerade aus Italien zurückkehrte, führte «viele Tausende»[30] von Bewohnern Italiens als menschliche Beute mit sich.

Die verheerenden Aktionen der barbarischen Randvölker allein konnten aber das Römische Reich noch nicht in seiner Existenz gefährden. Durch die Konzentrierung und das Umdisponieren der Truppen, die nun nicht mehr nur an der Grenze aufgereiht waren, sondern mit schnell beweglichen Reiterverbänden mehr und mehr aus dem Hinterland operierten, war das Problem der Barbareneinfälle nämlich auf militärischer Ebene durchaus zu lösen. Gerade die ständige Mobilisierung der Armeen gefährdete aber die Stabilität des Reichs viel nachhaltiger als die Barbaren, gegen die diese Armeen eingesetzt wurden. Nun wurden nämlich die Usurpationen, die in der Logik eines auf militärischer Gewalt begründeten Herrschaftssystems lagen, geradezu epidemisch. Wo der Kaiser selbst kämpfte, konnte seine Herrschaft in Gefahr geraten, wenn er den großen Expeditionsarmeen nicht erfolgreich genug erschien oder die Stabsoffiziere gegen ihn konspirierten. Dort, wo der Kaiser nicht selbst anwesend war, wuchs für die einzelnen Armeen die Versuchung, jeweils einen eigenen Kandidaten zum Kaiser auszurufen. Unter diesen Umständen war die Lebenserwartung der Herrscher des dritten Jahrhunderts gering. Einige, wie etwa die Kaiser Aemilian oder Florian, konnten ihre Macht nur für wenige Monate genießen, bevor sie von einem Rivalen in einem Bürgerkrieg besiegt oder von den eigenen Offizieren oder Soldaten umgebracht wurden. Die Instabilität der Kaiserherrschaft, die Verknüpfung und gegenseitige Bedingung von Bürgerkriegen und Barbareninvasionen haben die Geschichtswissenschaft veranlasst, diesem Zeitalter die Bezeichnung «Reichskrise» zu geben, auch wenn in dieser Zeit entgegen älteren Vorstellungen keineswegs alles krisenhaft war und man trotz einer rasanten, durch die ständige Geldnot der Kaiser verschuldeten Inflation durchaus für Teile des Imperiums eine wirtschaftliche Blüte feststellen kann.

Die Gefahr permanenter Usurpationen, das Grundübel dieser Epoche, war auf Dauer nur dadurch zu vermeiden, dass im riesigen Reich mehrere Kaiser einvernehmlich nebeneinander regierten. Auf diese Weise wurde die «Kaiserpräsenz» bei den größeren Truppenkontingenten an den Reichsgrenzen aufrechterhalten, und keines der Heere konnte in Versuchung geraten, einen neuen Kaiser zu erheben. Dazu bot sich natürlich der Rückgriff auf die eigene Familie an. Schon seit längerer Zeit war es üblich gewesen, den Nachfolger so bald wie möglich als Augustus zum formal gleichrangigen Mitregenten zu erheben, um jedes Risiko für die Erbfolge zu vermeiden. Im Jahre 254 wies Kaiser Valerian seinem zum Augustus erhobenen Sohn Gallienus (253–268) einen eigenen Aufgabenbereich zu. Der Sohn sollte die Rhein- und die Donaugrenze gegen die Barbaren sichern, während sich Valerian vornahm, den Osten gegen die Perser zu verteidigen. Das System wurde bald weiter differenziert. Weil Gallienus nämlich unmöglich gleichzeitig am Rhein und an der Donau die Verteidigung leiten konnte, ließ er, als er die Franken am Rhein bekämpfen musste, in den Provinzen an der Donau seinen Sohn Valerianus zurück, der den Titel eines Caesars hatte. Mit diesem Titel sollte traditionell nur der Anspruch auf die Kaisernachfolge deutlich gemacht werden, doch gewann das Caesarat in diesem Fall bereits Züge einer untergeordneten, für ein beschränktes Gebiet zuständigen Kaiserstellung. Kurze Zeit später hatte Saloninus, der jüngere Sohn des Gallienus, in Köln eine ähnliche Teilkaiserrolle für Gallien und Germanien wahrzunehmen. Dieser aus der Not des Augenblicks geborenen politischen Ordnung war aber keine Stabilität beschieden, weil die beiden Söhne des Gallienus nacheinander ermordet wurden und der ältere Valerian gefangen genommen wurde.

Einen neuen Versuch mit einem dynastischen Mehrkaisersystem unternahm Carus (282–283). Als er in den Krieg gegen die Perser zog, ließ er im Westen seinen erwachsenen Sohn Carinus als Caesar zurück, während der jüngere Sohn Numerian ihn auf dem Perserfeldzug begleitete. In der kaiserlichen Propaganda wurde besonders die Selbständigkeit des Caesars Carinus betont, der vor allem in Gallien militärisch tätig war. Auch diese Konstellation blieb allerdings ein Zwischenspiel, da Carus schon ein Jahr später während seines Feldzugs gegen die Perser in seinem Zelt von einem Blitz getroffen wurde. Als auch Numerian Ende 284 auf dem Rückweg vom Perserfeldzug unter ungeklärten Umständen gestorben war – seinen Tod bemerkte man angeblich erst durch den aus der Kaisersänfte dringenden Leichengeruch –, wurde Diokletian, der Befehlshaber der Leibgarde, gemäß einer Absprache der Stabsoffiziere vom Heer zum Kaiser erhoben. Erst ihm sollten in seiner langen Regierungszeit (284–305) die Einrichtung und die Festigung eines erfolgreicheren Mehrkaisermodells gelingen. Dass er die für einen Herrscher dieser Zeit notwendige brutale Entschlossenheit hatte, demonstrierte er, indem er seinen Rivalen, den Prätorianerpräfekten Aper, vor den Augen der Soldatenversammlung, die ihn zum Kaiser ausgerufen hatte, eigenhändig umbrachte. Aber nur seinem beträchtlichen Glück hatte er es zu verdanken, dass seinem Kaisertum überhaupt längere Dauer beschieden war. Denn der im Westen herrschende Carinus, der wie Numerian nach dem Tode des Vaters zum Augustus ausgerufen worden war, hatte ihn bereits an der Morava besiegt, als er selbst einer Verschwörung seiner Offiziere zum Opfer fiel. Um nicht erneut einen feindlichen Konkurrenten befürchten zu müssen, erhob Diokletian, der selbst keinen Sohn hatte, allein aber nicht das gesamte Imperium kontrollieren konnte, im Dezember 285 den Offizier Maximian zum Caesar. Dieser wurde mit dem Kommando gegen die sogenannten Bagauden betraut, große Räuberbanden, die sich nach dem Ende des sogenannten gallischen Sonderreichs (260–274) und nach erneuten germanischen Einfällen während der Regierung der Kaiser Aurelian (270–275) und Probus (276–282) im verwüsteten Gallien gebildet hatten. Als Maximian sich einige Monate lang bewährt hatte, erhob ihn Diokletian zum gleichrangigen und für den Westen zuständigen Augustus. 293 baute Diokletian das Mehrherrschaftssystem weiter aus, indem er Maximian den Caesar Constantius und sich selbst den Caesar Galerius zur Seite stellte. Constantius übernahm die Verteidigung von Gallien und Britannien, während Galerius in Absprache mit Diokletian bald in Ägypten und an der persischen Grenze, bald an der Donau tätig war. Dieses System der beiden Augusti und der beiden Caesares, das erst die moderne Geschichtswissenschaft als «Tetrarchie» (Vierherrschaft) bezeichnet hat, war in einer Hinsicht allen früheren Konstellationen, in denen zwei oder drei Kaiser miteinander geherrscht hatten, überlegen: Alle Herrscher, die untereinander nicht verwandt waren, verfügten als reife Männer über militärische Erfahrung und waren so in der Lage, an den jeweiligen Grenzen ihre Truppen erfolgreich zu führen und durch immer neue Erfolge an das regierende Kaiserkollegium zu binden. Gleichzeitig hatte Diokletian Sorge dafür getragen, dass das Kaiserkollegium in sich hierarchisch so gegliedert war, dass trotz der Vielherrschaft die Einheit der Führung immer gewahrt blieb. Obgleich nämlich Constantius und Galerius nur unwesentlich jünger als Maximian waren – die drei wurden vermutlich um 250 geboren, allein Diokletian könnte etwa fünf Jahre älter gewesen sein –, waren sie bewusst nicht als gleichrangige Herrscher eingesetzt worden. Ihre Unterordnung wurde neben dem Caesartitel dadurch deutlich gemacht, dass sie von den herrschenden Augusti als Söhne adoptiert wurden – und zwar nicht nur durch eine gewöhnliche Adoption, sondern durch die Aufnahme in fiktive Familien göttlichen Ursprungs, nämlich die nach Jupiter benannten Jovier, deren Oberhaupt Diokletian, und die nach Hercules benannten Herculier, deren Oberhaupt Maximian war. Außerdem wurden die Caesares auch noch zu Schwiegersöhnen der Oberkaiser, indem Galerius die leibliche Tochter Diokletians, Valeria, heiraten musste, Constantius die Tochter des Maximian, Theodora (wenn er nicht schon vor seiner Caesarerhebung mit Theodora verheiratet gewesen sein sollte). Gegenüber dem Augustus Maximian, der von Diokletian in ein fiktives Bruderverhältnis aufgenommen worden war, ergab sich der Vorrang Diokletians daraus, dass dieser auf ein höheres Dienstalter zurückblicken konnte und dass Maximian ihm überhaupt erst die Herrschaft zu verdanken hatte. Die Rangunterschiede im Kollegium...

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