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Kundenbindung im Multi-Channel-Management von Banken

AutorVerena Schabbach
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl102 Seiten
ISBN9783638028226
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,7, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Lehrstuhl für Finanzdienstleistungen, Prof. Börner), 159 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Nachdem Banken sich über viele Jahre in einer offensiven Strategie auf die Neukundenakquisition konzentriert haben, nimmt in der jüngeren Vergangenheit die Bedeutung des Themas Kundenbindung stark zu. Im Rahmen des Kundenbindungsmanagements setzen die Banken ihre Ressourcen hauptsächlich für die Erhaltung laufender Kundenbeziehungen ein und orientieren sich dabei zunehmend an den Bedürfnissen bestehender Kunden. Motiviert ist diese Rückbesinnung auf vorhandene Kundenpotenziale vor allem durch die Erkenntnis der ökonomischen Vorteilhaftigkeit langfristiger Geschäftsbeziehungen. Bei der Umsetzung eines Kundenbindungsmanagements müssen Banken jedoch die sich zunehmend verändernden Rahmenbedingungen berücksichtigen. Zu nennen sind hier Veränderungen auf der Kundenseite, technologische Entwicklungen sowie veränderte Markt- und Wettbewerbsbedingungen. Vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass jahrzehntelang erfolgreiche Strategien den gewandelten Anforderungen nicht mehr genügen, lag die Antwort vieler Banken auf die erfolgten Veränderungen in der Umsetzung eines Multi-Channel-Banking, also der Zurverfügungstellung von Bankleistungen über alternative Vertriebskanäle. In dieser Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, welchen Beitrag ein konsequent umgesetztes Multi-Channel-Banking zur Erhöhung der Kundenbindung leisten kann und welche Anforderungen es hierbei zu berücksichtigen gilt. Zunächst wird auf die grundsätzliche Bedeutung des Vertriebs im bankbetrieblichen Kontext und das Konzept des Multi-Channel-Management eingegangen. Im Anschluss daran erfolgt eine Konzeptualisierung des Kundenbindungsmanagements, bevor dann die wesentlichen Entwicklungstendenzen im Bankensektor beleuchtet werden. Vor diesem Hintergrund werden im Weiteren die einzelnen Vertriebsoptionen dargestellt und im Hinblick auf ihre Kundenbindungswirkung analysiert. Hier erfolgt zunächst eine Betrachtung des stationären Filialvertriebs, des Telefon-Banking sowie des Internet-Banking aus einer Single-Channel-Perspektive, bevor die einzelnen Vertriebswege dann zu einem Multi-Channel-Banking zusammengefügt und einer integrierten Betrachtung unterzogen werden. Anschließend werden konkrete Handlungsempfehlungen herausgearbeitet, bei deren Beachtung das Multi-Channel-Banking eine bestmögliche Wirkung auf die Kundenbindung entfalten kann. Die Arbeit schließt mit einer zusammenfassenden Würdigung des Multi-Channel-Banking und einem Blick auf zukünftige Anforderungen.

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Leseprobe

3 Bindungswirkung der einzelnen Bankvertriebsoptionen


 

Hierzu sollen zunächst die einzelnen Vertriebswege einer isolierten Betrachtung unterzogen werden, indem ihre wesentlichen Charakteristika sowie ihre Wirkung auf die Kundenbindung dargestellt werden.[100] Auch sollen die wesentlichen kanalspezifischen Erfolgsfaktoren für die Erhöhung der Kundenbindung herausgearbeitet werden.[101] Im Rahmen dieser isolierten Analyse soll die These verifiziert werden, dass es keinem Vertriebskanal alleine gelingt, allen Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden und sie somit langfristig zu binden. Damit soll bereits eine implizite Begründung für die Vorteilhaftigkeit des Multi-Channel-Banking geliefert werden, das im Anschluss daran detailliert betrachtet wird. Es soll also bewiesen werden, dass nur die Kombination unterschiedlicher Vertriebswege den Kunden langfristig an die Bank binden kann.

 

3.1 Der stationäre Filialvertrieb


 

Die klassische Vertriebsform im Bankgewerbe stellt die Filiale dar. Sie lässt sich als Betriebseinheit einer Bank definieren, die rechtlich unselbständig und räumlich getrennt vom Hauptsitz der Bank auf regionalen Märkten operiert.[102]

 

3.1.1 Historische Entwicklung und Bedeutung des Filialnetzes


 

In den vergangenen Jahrzehnten unterlag die Bedeutung der Bankfiliale ständigen Wandlungen. Nach dem Wegfall der Bedürfnisprüfung für die Zweigstellenerrichtung im Jahr 1958 kam es zunächst zu einer starken Expansion des Filialnetzes.[103] Bereits in den 70er und 80er Jahren wurde der angestoßene Präsenzwettbewerb jedoch um einen verstärkten Qualitätswettbewerb ergänzt, in dem das Leistungsspektrum sowie die Beratungsqualität der Filiale als Wettbewerbsfaktoren an Bedeutung gewannen.[104] Doch auch weiterhin zeigten die Banken mit ihrer Filialpolitik ein starkes Beharrungsvermögen, so dass bis in die 90er Jahre alle Bankengruppen eine expansive Zweigstellenpolitik verfolgten. Getrieben wurde diese Expansion durch die Überzeugung der Banken, dass die Filiale gewissermaßen der Schlüssel zum Kunden und damit auch zum lukrativen Privatkundengeschäft sei. Somit diente das ausgedehnte Filialnetz der Marktdurchdringung, sollte die Nähe zum Kunden sichern und ihn so vor Akquisitionsbemühungen durch die Konkurrenz schützen. Die Banken strebten also das Ziel an, den Kunden über seinen gesamten Lebenszyklus mit allen Bankleistungen „aus einer Hand“ zu versorgen und durch Cross-Selling-Effekte den Anstieg der Vertriebskosten zu kompensieren.[105]

 

Galt ein flächendeckendes stationäres Vertriebsnetz über viele Jahre als entscheidendes Instrument zur Neukundengewinnung und Kundenbindung, sind die Filialen aufgrund ihrer Kostenintensität und der daraus resultierenden niedrigen Rentabilität in den vergangenen Jahren zunehmend in die Kritik geraten. So stellt ein ausgedehntes Filialnetz heute oft einen Wettbewerbsnachteil dar, weil neue Wettbewerber wie Direktbanken aufgrund der zunehmenden Verbreitung direkter Vertriebswege nicht mehr auf den Aufbau eines Filialnetzes angewiesen sind und dementsprechend ein günstigeres Preis-Leistungs-Verhältnis offerieren können.[106] Weil auch für den Kunden aufgrund der Möglichkeit zur mediengestützten Abwicklung von Bankgeschäften keine Notwendigkeit mehr besteht, regelmäßig eine Filiale aufzusuchen, ist zudem die Kundenfrequenz stark rückläufig, so dass die Bankfiliale faktisch an Bedeutung verliert.[107] Auch die Banken haben aus diesen Entwicklungen ihre Konsequenzen gezogen, und so kam es im stationären Bankvertrieb zu einem tiefgreifenden Strukturwandel. Im Zuge der Schließung zahlreicher nicht profitabler Geschäftsstellen sank die Anzahl inländischer Zweigstellen zwischen 1995 und 2005 um gut ein Drittel.[108]

 

Dennoch: In der Literatur besteht Einigkeit darüber, dass der stationäre Filialvertrieb auch zukünftig als Schnittstelle zwischen Bank und Kunde eine zentrale Bedeutung haben wird. Auch aus verschiedenen Untersuchungen geht hervor, dass die Mehrzahl der Bankkunden in Zukunft nicht auf die Möglichkeit des Filial-Banking verzichten möchte.[109] Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Bedeutung der Bankfiliale für die Kundenbindung zukommt. Deswegen sollen im Folgenden die Potenziale und Problembereiche des stationären Filialvertriebs beleuchtet werden.

 

3.1.2 Beurteilung des Filial-Banking im Hinblick auf sein Kundenbindungspotenzial


 

Den zentralen Vorteil der Bankfiliale stellt ihre räumliche und persönliche Nähe zum Kunden dar. Durch die persönliche Interaktion mit dem Kunden erhalten die Filialmitarbeiter die Chance, umfassende Informationen über sein Verhalten und seine Präferenzen zu erlangen. Auf dieser Basis können die Kundenbetreuer ihre Aktivitäten genau auf die Situation des Kunden abstimmen und sind darüber hinaus in der Lage, Cross-Selling-Potenziale zu realisieren.[110] Die Kunden profitieren vom Beratungspotenzial der Bankfiliale, welches sich darin manifestiert, dass die Filialmitarbeiter ihnen als Ansprechpartner für alle finanziellen Fragen zur Verfügung stehen.[111] Sofern die Mitarbeiter entsprechend geschult und sensibel sind, können sie durch den persönlichen Kontakt mögliche Unsicherheiten des Kunden antizipieren und entkräften. Dadurch steigt das Vertrauen des Kunden, und in der Folge erhöht sich auch seine emotionale Bindung an die Bank.[112]

 

Die unbestreitbaren Vorteile der nicht nur physischen, sondern auch emotionalen Nähe zum Filialmitarbeiter werden für den Bankkunden auch in Zukunft bedeutsam sein und nehmen deswegen eine zentrale Rolle im Hinblick auf die Kundenbindung ein.[113] Nichtsdestotrotz ist der stationäre Filialvertrieb mit einigen Nachteilen in Bezug auf das Ziel der Kundenbindung behaftet.

 

Ein zentrales Problem der Filialen im Hinblick auf die gezielte Bindung von Kunden stellt zunächst ihre mangelnde Kunden- und Vertriebsorientierung dar. So sehen die Mitarbeiter in Bankfilialen ihre Aufgabe häufig primär in der Bedienung und Sachbearbeitung und stellen diese Tätigkeiten der Kundenberatung voran.[114] Dies führt dazu, dass erlösschwache Kunden mit Standardbedarf oftmals zu zeitaufwändig und damit teuer bedient, anspruchsvollere und somit potenziell deckungsbeitragsstarke Kunden im Gegenzug nur ungenügend beraten werden.[115] Der mangelnde Einsatz personeller Ressourcen für eine individuelle und bedarfsgerechte Betreuung wird von den zunehmend kritischen und anspruchsvollen Kunden jedoch nicht gebilligt. Entspricht die Beratung nicht ihren Erwartungen, sind sie unzufrieden – eine emotionale Bindung an die Bank ist damit ausgeschlossen. In der Folge ist auch die Abwanderung zu einer anderen Bank möglich, bei der sich der Kunde eine bessere Betreuung erhofft. Gerade vor dem Hintergrund der abnehmenden Frequenz persönlicher Kundenkontakte in der Filiale aufgrund der vermehrten Nutzung alternativer Vertriebswege müssen deswegen intensive Kundenbindungsaktivitäten in der Filiale ins Zentrum rücken, um die Abwanderung des Kunden zu vermeiden.[116]

 

Aus Sicht der Kunden besonders nachteilig präsentieren sich auch die unflexiblen, nicht an die Kundenbedürfnisse angepassten Öffnungszeiten der Filialen. Die zeitlich nur sehr eingeschränkten Zugriffsmöglichkeiten werden dem Wunsch des Kunden nach Convenience nur ungenügend gerecht. Auch deswegen ist das stationäre Vertriebssystem einer steigenden Konkurrenz durch alternative Vertriebswege ausgesetzt, die dem Kunden rund um die Uhr zur Verfügung stehen.[117]

 

Einen weiteren Schwachpunkt des stationären Filialvertriebs stellen die hohen Kosten des Geschäftsstellennetzes dar. Für die Aufrechterhaltung des stationären Vertriebs fallen vor allem hohe Fixkosten in Form von Personal- und Gebäudekosten an, welche die Profitabilität negativ beeinflussen.[118] Die aufkommenden mediengestützten Vertriebswege, die sich aufgrund ihrer vergleichsweise höheren Convenience einer steigenden Beliebtheit bei den Kunden erfreuen, tragen zu einer weiteren Verschlechterung der Kosten-Nutzen-Relation des Filialnetzes bei. Eine Verlagerung der Geschäftstätigkeit auf alternative Vertriebswege nämlich führt unter der Annahme eines konstanten Transaktionsvolumens zu einer geringeren Auslastung der Filialen, so dass dem unveränderten Fixkostenblock geringere Erträge gegenüberstehen.[119]

 

Hier offenbart sich aber auch das eigentliche Dilemma des stationären Filialvertriebs: Jede punktuelle Leistungsverbesserung zieht nämlich geradezu zwangsläufig an einer anderen Stelle Verschlechterungen nach sich. Dehnt eine Bankfiliale z.B. ihre Öffnungszeiten aus, um die Erreichbarkeit zu erhöhen, wirken sich die entstehenden Zusatzkosten wiederum negativ auf die Profitabilität der Bank aus.[120] Reagiert die Bank hingegen durch Kapazitätsanpassungen wie Filialschließungen, Automatisierung von Filialen oder Personalabbau auf die...

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