Problemfaktor 1: Die Unkultur
Geschäftsführung ist die Kunst, die Mitarbeiter und Kunden so schnell über den Tisch zu ziehen, dass sie die Reibungshitze als Nestwärme empfindet.
Georg Kofler, ehem. Premiere-Geschäftsführer
Unternehmenskultur: Der sterbende Schwan?
Kultur ist die Summe aller Aktivitäten einer Unternehmung. Die meisten Firmen übersehen, dass die Unternehmenskultur, die sie nach innen und außen leben, maßgeblich das wirtschaftliche Ergebnis beeinflusst. Wenige Unternehmen setzen ihre am Kunden orientierte Leitkultur in der täglichen Kundenkommunikation auch tatsächlich um. Sie verzichten damit auf einen der wichtigsten Erfolgsfaktoren.
Für eine am Kunden desorientierte (Un-)Kultur geben Callcenter das beste Negativbeispiel ab: Das Ressourcen-Management gibt vor, dass bei Support-Anfragen ein Gespräch maximal drei Minuten dauern darf. Der Effekt, der sich dahinter verbirgt: Mitarbeiter versuchen, diese Zeit untereinander durch Konkurrenzkämpfe zu unterbieten. Womöglich ist das seitens des Managements so gewollt. Resultat: Der Service leidet darunter. Idealziel sollte daher sein, das Anliegen der Kunden zu erfüllen, egal wie lange es dauert. Das erfordert aber ein radikales Umdenken, damit die auf Dauer für das Unternehmen ruinöse Prozesszeiten-Erbsenzählerei – die Vorgaben des Ressourcen-Managements – ein Ende hat. Menschen sind auf Dauer keine Hochleistungsmaschinen!
Die Unternehmenskultur kann bei genauerer Betrachtung in zwei Bereiche gegliedert werden: zum einen in den internen Bereich, also wie Mitarbeiter behandelt und informiert werden, und zum anderen in den externen Teil, wie sich die Mitarbeiter im Umgang mit Kunden in Folge des Führungsstils und dem damit verbundenen Betriebsklima verhalten.
Zuerst gehe ich kurz auf die Kultur der Mitarbeiterführung ein: Ausnahmslos alle Mitarbeiter, gleich in welcher Position, müssen hinter ihrem Arbeitgeber stehen und dessen Ziele hoch motiviert vertreten. Viele Firmenchefs sehen Menschen lediglich als einem kalkulierbaren Produktionsfaktor. Sie würdigen weder am Kunden orientierte Leistungen noch interessieren sie sich für die einzelne Person.
„Rationalisierung definiert sich als Beseitigung aller innerbetrieblichen Unwirtschaftlichkeiten.“ (www.wirtschaftslexikon24.com, 2013)
Prozesszeiten werden gekürzt und eine rasante Time-to-Market (Produkteinführungszeit) durchgesetzt. Arbeitskräfte müssen immer mehr und komplexere Aufgaben übernehmen, die sie zusammen mit der Informationsflut fast handlungsunfähig machen. Mitarbeiter geraten immer häufiger in dieses Hamsterrad.
Es wird zeitraubender und anspruchsvoller, die tägliche Flut aus E-Mails, Telefonaten, Sitzungen, Literatur und Briefen zu bewältigen. Mit dem Smartphone bewaffnet, schaut man im Urlaub täglich in die Firmenmailbox und selektiert schon mal vor. Was für ein Urlaub? Immer mehr Informationen prasseln auf uns ein.
„Das Gehirn ist in erster Linie ein Filterorgan, nicht so sehr ein Speicherorgan. Es kann natürlich auch speichern, aber in erster Linie schützt es uns vor der Überflutung mit Informationen und lässt nur willkommene Neuerfahrungen hinein. Das, was eine willkommene Neuerfahrung ist, kann der Mensch immer nur selbst in seinem Inneren bestimmen. Wenn er Zugang dazu hat, dann sind Lernprozesse leicht, machen Spaß und sind nachhaltig erfolgreich. Wenn er keinen Zugang dazu hat, funktionieren sie nicht.“ (Dr. Gerhard Huhn, 2006)
Prozesszeiten kürzen, rationalisieren, Aufgaben anderer übernehmen bei weniger Gehalt, das nicht Einhalten von Terminen und Vereinbarungen – eine endlose Kette schwacher Glieder: Wie wichtig die Glaubwürdigkeit für ein Unternehmen ist, wird meistens erst in Krisenzeiten erkennbar. Dann hält die Kette dem Druck nicht mehr stand. Schwache oder überzeugende Kundenkommunikation entscheidet besonders bei Problemen im Unternehmen über horrende Summen.
Kundenkommunikation 3.0 heißt, die Menschen, die sich an ein Unternehmen wenden, ernst zu nehmen. Schließlich finanzieren sie die Gehälter, indem sie für Leistungen oder Produkte bezahlen. Das Engagement um Kunden fängt beim ersten Kontakt an und darf an keiner Stelle enden. Denn 3 Prozent mehr Kundenloyalität bringen zum Beispiel einem Automobilhersteller rund 600 Millionen Euro mehr Umsatz im Inland. Hinter jeder Kundenbeschwerde stecken rund zwei Dutzend weitere verärgerte Kunden, die aber schweigen. Unzufriedene Kunden geben ihre negativen Erlebnisse mit dem Unternehmen an acht bis 16 andere Menschen weiter. Wird durch die Kunden gar eine Täuschungsabsicht bemerkt, so ist der Schaden nur schwer wiedergutzumachen.
In Ausnahmefällen gelingt es, über Leitsätze eine an der Kundenzufriedenheit orientierte Verhaltenskultur auszuarbeiten, diese zu kommunizieren und dann tatsächlich auch Tag für Tag vorzuleben. Erfolgreiche Vorzeigeunternehmen, denen dies gelungen ist, genießen ein hohes Image dank zufriedener Kunden. Dies spiegelt sich in Image-Studien und Kundenzufriedenheits-Reports.
Unternehmen müssen Einbußen hinnehmen, wenn sie die Kundenerwartungen nicht oder nur unzureichend erfüllen. Doch ständige Überstunden, Überbelastung durch unterbesetzte Abteilungen und unrealistische Prozesszeiten-Vorgaben bieten Anlass zu Unmut und führen auch in der Kundenkommunikation zu Konflikten. Weniger Beschäftigte – immer mehr Arbeit: Diese Rechnung geht nicht auf. Am Ende des Wegrationalisierens bliebe nur der Vorstand übrig! Diese Unkultur mindert die Qualität der Arbeitsleistung und wirkt sich somit auch negativ auf das Arbeitsklima und letztendlich auf die Kunden sowie den Gewinn des Unternehmens aus.
Eine Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Unternehmenskultur untersuchte im Februar 2008 die Arbeitsqualität und das Mitarbeiterengagement in deutschen Unternehmen und unterschied vier Mitarbeitertypen:
Aktiv-Engagierte
Passiv-Zufriedene
Akut-Unzufriedene
Desinteressierte
Zu den „Aktiv-Engagierten“ zählen 31 Prozent. Für sie machen die Forscher eine hohe Arbeitszufriedenheit und eine hohe Identifikation mit ihrem Arbeitgeber aus. Sie möchten noch lange bei ihrem Arbeitgeber bleiben, sie zeigen von den vier Typen die höchste Einsatzbereitschaft und identifizieren sich stark mit ihrer Tätigkeit: Für sie ist ihr Beruf mehr als nur ein Mittel, um Geld zu verdienen.
Die „Passiv-Zufriedenen“ bilden mit 37 Prozent der Befragten die größte Gruppe. Sie sind mit ihrer Arbeit insgesamt relativ zufrieden. Sie identifizieren sich überdurchschnittlich mit ihrem Arbeitgeber und zeigen eine relativ hohe Bindung. Andererseits weisen sie eine nur durchschnittlich ausgeprägte Einsatzbereitschaft auf und achten auch weniger stark darauf, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten auf dem Laufenden zu halten.
Die „Akut-Unzufriedenen“ bilden die drittgrößte Gruppe mit 18 Prozent. Bei ihnen stellte die Untersuchung eine sehr geringe Arbeitszufriedenheit und eine sehr schwache Identifikation mit ihrem Arbeitgeber fest. Die Forscher betonen die extrem geringe Bindung der „Akut-Unzufriedenen“ an das Unternehmen und sprechen von „innerer Kündigung“. Die Gruppe zeigt die geringste Einsatzbereitschaft unter den vier Typen.
Die „Desinteressierten“ machen laut der Studie 14 Prozent der Arbeitnehmer aus. Sie messen der Berufstätigkeit grundsätzlich geringe Bedeutung zu. Deutlich weniger als die anderen Typen sind sie bemüht, ihre Arbeit mit Freude zu erledigen und ihr berufsbezogenes Wissen auf dem Laufenden zu halten.
Arbeitszufriedenheit und Engagement der „Desinteressierten“ sind nur unterdurchschnittlich ausgeprägt. Sie erleben ihre Firma und die Arbeit aber weniger negativ als die „Akut-Unzufriedenen“.
Überträgt man diese Typologie auf die Qualität der Kundenkommunikation ergibt sich folgende Logik:
„Aktiv-Engagierte“ übertreffen die Kundenerwartungen und begeistern ihre Kunden, weil sie selbst von dem, was sie anbieten bzw. tun, überzeugt sind und voll dahinterstehen.
„Passiv-Zufriedene“ erbringen durchschnittlichen Kundenservice und erfüllen allenfalls die Erwartungen der Kunden.
„Akut-Unzufriedenen“, die sich nicht an das Unternehmen gebunden fühlen, fehlt das Gespür, Kunden durch ihre Leistungen langfristig zu binden.
„Desinteressierte“ messen ihren Kunden eine geringe Bedeutung zu. Die innere Einstellung entspricht dem Buchtitel „Das Einzige was stört, ist der Kunde“.
Ausnahmen bestätigen diese Regeln: Es gibt Mitarbeiter, die ihre akute Unzufriedenheit gegenüber dem Kunden verbergen. Ihnen gebührt eine besondere Wertschätzung.
Mitarbeiterführung braucht Kommunikation sowie Information
Verantwortliche Führung beruht auf wechselseitiger Anerkennung und gegenseitigem Vertrauen. Im Idealfall heißt das: kommunikativ führen und transparent informieren. Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in die Entstehungsprozesse mit ein. Diskutieren Sie mit ihnen über Aufgaben sowie Ziele und profitieren Sie gemeinsam von neu gewonnenen Erkenntnissen. Treffen Sie Entscheidungen, die mit den vereinbarten Zielen übereinstimmen, und vereinbaren Sie gemeinsam ein geeignetes Controlling.
Die Ursache mangelhafter Kundenkommunikation kann auch bei...