Über dieses Buch
Kunden sind nach einem chinesischen Sprichwort „der eigentliche Schatz – und die Ware nur das Stroh“. Folgt man dieser alten Weisheit aus einem der am schnellsten wachsenden Weltmärkte, gilt es vor allem, den Kundenschatz zu vermehren. Innovative Produkte und Dienstleistungen würden sich dieser Denkweise zufolge stets dem Kunden unterordnen. In voller Konsequenz könnten die Daten, die von Kunden bewusst oder unbewusst erzeugt werden, neben ihren explizit verbal geäußerten Wünschen in der Tat einen Schatz der Zukunft darstellen. Somit ergibt sich die grundlegende Frage, welche Rolle ein Unternehmen den Daten seiner Kunden beimisst.
Wer Geschäftsmodelle für die digitalisierte Welt entwirft, kommt um Nutzerprofile nicht herum, um maßgeschneiderte Produkte und Dienste anbieten zu können: Wer mit wem? Wo? Wann wurde was benötigt, gesucht oder genutzt? Kunden, die heute physische oder virtuelle Produkte nutzen, personalisieren diese in der Regel auf ihre Bedürfnisse und produzieren allein durch deren Gebrauch eine Menge von Daten. Wer auf Anbieterseite wiederum die besten Daten besitzt, kann auch die besten Dienste bieten. Das hat Google zum Beispiel vor Jahren erkannt. Heute ist das kalifornische Unternehmen zur größten Suchmaschine der Welt avanciert und hat seinen Datenschatz in rasanter Geschwindigkeit vermehrt. Darauf aufbauend sind inzwischen Dutzende von Diensten neben der klassischen Websuche entstanden. Gleichzeitig gilt es, mit den Daten seiner Kunden verantwortungsvoll umzugehen und keine persönlichen Informationen ohne Einwilligung der betroffenen Personen zu sammeln.
Die Kunst, aus Daten Mehrwert zu generieren, ist auch außerhalb der digitalen Welt, im klassischen B&M-Business (Brick and Mortar Business: in dem Gebäude noch aus Stein und Mörtel und Menschen noch aus Fleisch und Blut sind) gefragt. Auf diese Weise entstehen heute schon technisch anspruchsvolle Produkte und Dienstleistungen, die uns täglich staunen lassen. Doch auch noch so ausgefeilte Angebote scheitern, wenn die Kunden sie nicht so annehmen, wie sich das deren Entwickler und Produzenten erhoffen. Was also fasziniert die Kunden von morgen?
Eines steht wohl fest: Kein Unternehmen kann sich auf dem Erfolg von heute ausruhen. Wie schnell sich die Gewichte in jeder Branche verschieben können, zeigt die rapide Revolution in der IT-Welt. Die Rechenleistung der Industriecomputer der ersten Generationen stieg zwar gewaltig an. Doch sie konnten nicht mit parallel dazu entstandenen Personal Computern mithalten, die drei Jahrzehnte später mit tausendfacher Rechenleistung aufwarteten. Viele Kunden stiegen aus der zentralen Datenverarbeitung aus und wandten sich dezentralen und vernetzten Lösungen zu. Heute vollzieht sich eine ähnliche Marktverschiebung bei den PCs zugunsten von Tablets und mobilen Multitalenten der Informationstechnik, die wir unter dem Namen Smartphones kennen.
Und die Vernetzung geht weiter. Die rasche Verbreitung des Internets und der mobilen Kommunikation stellt für alle Lebensbereiche, auch für die moderne Unternehmensführung, eine der größten Veränderungen dar. Intelligente Funktionen können heute in Produkte und Dienstleistungen integriert werden, sei es durch Verbindung mit dem Internet oder zum Beispiel durch Mini-Transponder, die Produkte über Funkfrequenzen identifizier- und lokalisierbar machen. Lösungen der Informations- und Kommunikationstechnik, wie man sie sich vor einigen Jahren kaum vorstellen konnte, verändern unseren Arbeits- und Lebensalltag und bilden die Grundlage für neue Geschäftsmodelle des Business in einer digitalen, vernetzten Welt. Die Veränderung geht dabei so rasant vonstatten, dass sie zu Recht als Revolution bezeichnet werden kann. Die Umwälzung erfasst alle Branchen und jeden Einzelnen sowie die Gesellschaft als Ganzes.
Die drei Herausgeber dieses Buchs kamen im Laufe eines langen Gesprächs in St.Gallen über den Unterschied zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbegeisterung auf die Idee, sich mit diesem komplexen Themenfeld zu befassen und Antworten auf die folgenden Fragen zu finden: Wie lässt sich eine dauerhafte Beziehung zwischen einer Marke, deren Kunden und Produkten etablieren? Und wie verändern sich die Kunden- und Produktbeziehungen der Zukunft im Zeitalter der neuen Technologien und der allgemeinen Vernetzung? Die Antworten wurden, in Zusammenarbeit mit 17 CEOs, Top-Managern und führenden Wissenschaftlern, nach spannender und intensiver Recherche in diesem Buch zusammengetragen.
Die Beiträge der einzelnen Autoren beleuchten dabei ganz unterschiedliche Ansätze. Sie zeigen, wie sich global agierende Unternehmen auf veränderte Kunden- und Produktbeziehungen einstellen und diese aktiv gestalten. Der Kunde spielt, wie sollte es anders sein, die Hauptrolle. Denn dass er sich in sozialen Netzen bewegt und dass diese nicht nur real, sondern auch virtuell geknüpft und gepflegt werden können, prägt auch die Interaktion zwischen dem Unternehmen der Zukunft und dem Kunden der Zukunft.
Die Chance eines neuartigen Umgangs mit Kunden und Mitarbeitern liegt vor allem in neuen Sichtweisen begründet. Die Autoren dieses Buchs lassen die Leser daher am Erkenntnisgewinn aus ihren Sichtweisen teilhaben und legen ihre individuellen Vorstellungen dar, wie Vernetzung in Zukunft aussehen könnte.
In diesem Buch treffen die Vorstellungen von Finanzwelt, Dienstleistern, IT und Telekommunikation, Medien, Energiewirtschaft, Chemie und diverser Industriezweige aufeinander. Der rote Faden, der sich durch alle Beiträge zieht, ist der „Faktor Mensch“.
Die Beiträge aus der Praxis werden in diesem Buch der wissenschaftlichen Perspektive gegenübergestellt. So wird unter anderem deutlich, dass die Gesellschaft im 21. Jahrhundert eine der größten sozialen Revolutionen der Menschheitsgeschichte erlebt. Ein Unternehmen tut gut daran, sein Management an die Bedürfnisse dieser neuen Welt anzupassen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Neue Beziehungssysteme und Datenströme werden Strukturen und Prozesse verändern und lassen den Ruf nach einem neuen Management-Modell in der digitalen, vernetzten Welt aufkommen, in dem der Kunde, das Unternehmen und seine Produkte oder Dienstleistungen miteinander in Beziehung stehen. Aus dieser Beziehung erwachsen Daten. Darüber hinaus tauschen Kunden mit anderen Kunden, Produkte mit anderen Produkten, Dienste mit anderen Diensten und Unternehmen mit anderen Unternehmen Daten aus. Die Beziehungsebenen und Datenströme innerhalb dieses Dreiecks bilden den Kern des Management-Modells (siehe Abbildung1), das darüber hinaus auch die Veränderungen beschreibt, die aufgrund der Digitalisierung und Vernetzung entstehen.
Das Modell des Managements in der digitalen, vernetzten Welt
Neue soziale Netzwerke, in denen sich reale und virtuelle Welten vermischen, rufen nach neuen Führungsmodellen. Heute sprechen viele Menschen über die junge „Generation Y“. Die ihr nachfolgende „Generation Z“ wird wieder Akzente setzen und noch einmal andere Erwartungen und Ansprüche formulieren, als wir das heute tun. Die Rede ist deshalb bereits vom „Social Management“, das auf den Führungsetagen Einzug halten muss.
Wie unser Leben und Arbeiten im Jahr 2030 oder 2050 tatsächlich aussehen wird, können wir heute allenfalls erahnen. Doch fest steht, dass Kunden- und Produktbeziehungen der Zukunft in besonderem Maße durch kollaborative Innovationen geprägt sein werden. Also findet die Kreationsleistung nicht mehr nur auf Anbieterseite statt. Kollaborative Innovationen entstehen, wenn Mitarbeitern, Partnern und Kunden der nötige Raum gegeben wird, wenn sie die Chance erhalten mitzugestalten, wenn sie gehört werden.
Die Herausgeber danken an dieser Stelle allen Autoren für ihre Bereitschaft, an diesem Buch mitzuarbeiten. Außerdem wäre das Projekt nicht möglich gewesen ohne den unermüdlichen Einsatz zahlreicher Mitwirkender, die wir am Ende des Buchs aufführen, allen voran Saskia Zelt vom Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen und Dietmar Scherer von Audi. Und wir möchten Ihnen, unseren Lesern, schon im Voraus für Ihre aktive Rolle danken. Denn wir wären nicht konsequent, wenn wir zu diesem Buch über die Folgen der digitalen Revolution nicht auch eine Website eingerichtet hätten, auf der Sie im buchbegleitenden Blog ihre kritischen Impulse und Anregungen für eine Neuauflage hinterlassen und weiterdiskutieren können: www.erfolg-im-digitalen-zeitalter.de
Ingolstadt und St.Gallen, im Oktober 2012
Die Herausgeber
Rupert Stadler, Walter Brenner, Andreas Herrmann
Die Autoren Prof. Dr. Walter Brenner, geb. 1958, ist seit 1. April 2001 Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen und geschäftsführender Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik. Davor hatte er Professuren an der Universität Essen und der TU Bergakademie Freiberg inne. Seine Forschungsschwerpunkte sind Industrialisierung des Informationsmanagements, Management von IT-Service-Providern, Customer Relationship Management, Einsatz neuer Technologien und Design Thinking; daneben ist er freiberuflich als Berater in Fragen des Informationsmanagements und der Vorbereitung von Unternehmen auf die digitale, vernetzte Welt tätig. |
Prof. Dr. Andreas Herrmann, geb. 1964‚... |