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Grundlagen der Mammasonografie
1.1 Physik
Schallwellen sind mechanische Wellen, zu deren Ausbreitung ein Medium erforderlich ist. Durch ein Vakuum kann Schall nicht fortgeleitet werden. In verschiedenen Materialien werden Schallwellen entsprechend ihrer physikalischen Schalleigenschaften mehr oder weniger gut fortgeleitet und an ihren Grenzflächen unterschiedlich stark reflektiert. Der Bereich des hörbaren Schalls endet bei einer Frequenz von 20 000 Hz (20 kHz). Jenseits dieser Frequenz ist das menschliche Ohr nicht imstande, den Schall zu hören. Dieser Frequenzbereich wird als Ultraschall bezeichnet. Ultraschallgeräte arbeiten in der Regel mit einer Frequenz von 3–15 Mio. Hz (3–15 MHz). Hohe Schallfrequenzen haben kürzere Wellenlängen und ermöglichen eine bessere räumliche Auflösung und bessere Darstellung von kleinen Gewebestrukturen. Zum Verständnis der Bilderzeugung durch Ultraschall sind Kenntnisse der Physik und der Technik erforderlich. Die wichtigsten Grundbegriffe der Ultraschallphysik betreffen die Schallwellen, die Schallgeschwindigkeit und die Impedanz.
1.1.1 Wellenlänge
Diese kann mit folgender Formel berechnet werden:
λ (m) = v (m/s) : f (1/s)(1.1)
Nachfolgend werden Beispiele zur Berechnung der Wellenlänge wiedergegeben: Der Grundton c hat eine Frequenz von 262 Hz. Die Schallausbreitungsgeschwindigkeit in der Luft beträgt 330 m/s. Daraus berechnet sich für den Grundton c die Wellenlänge folgendermaßen:
λ c’ = 330/262 = 1,3 m(1.2)
Würde man eine Ultraschallfrequenz von 3 Mio. Hz (3 MHz) einsetzen, errechnet sich λ US = 330/3 Mio. = 0,1 mm. Allerdings gilt es zu beachten, dass die Schallausbreitungsgeschwindigkeit im Körper wesentlich höher ist. Sie liegt hier bei etwa 1500 m/s. Daraus errechnet sich:
λ US im Körper = 1500/3 MHz = 0,5 mm(1.3)
1.1.2 Schallgeschwindigkeit
Während die Schallgeschwindigkeit zwischen Luft und Gewebe große Unterschiede aufweist, sind die Unterschiede zwischen verschiedenen Geweben gering ( ▶ Tab. 1.1).
Tab. 1.1 Schallausbreitungsgeschwindigkeiten in verschiedenen Medien.
Medium | Ausbreitungsgeschwindigkeit |
1.1.3 Impedanz (Schallwiderstand)
Für die Schallfortleitung und Reflexion spielt außer der Schallausbreitungsgeschwindigkeit auch die Gewebedichte eine große Rolle. Beide physikalischen Gewebeparameter sind für die Impedanz ausschlaggebend. Die Impedanz ist eine physikalische Messgröße, die darüber entscheidet, wie viel Schallenergie an den Grenzflächen des jeweiligen Gewebes reflektiert und wie viel Energie fortgeleitet wird ( ▶ Tab. 1.2). Je größer die Impedanzunterschiede zwischen zwei verschiedenen Geweben sind, desto höher ist der Anteil der reflektierten Energie und desto weniger Schall wird weiter fortgeleitet.
Da der Unterschied bei verschiedenen Weichteilgeweben gering ist, wird jeweils ein kleiner Energieteil reflektiert und der andere weiter fortgeleitet. Dadurch lassen sich im Körper Gewebeunterschiede gut darstellen. Trifft der Schall jedoch auf Luft oder Knochen, ist der Impedanzunterschied so groß, dass nahezu eine Totalreflexion eintritt und praktisch keine Energie fortgeleitet wird. Das bedeutet, dass bei Hindernissen, die Luft oder Knochen enthalten, ein starker Reflex mit dorsalem Schallschatten auftritt. Dadurch lassen sich dahinter liegende Strukturen nicht beurteilen.
Tab. 1.2 Impedanzen verschiedener Medien.
1.1.4 Schallabschwächung
Aufgrund der Interaktionen des Schalls mit dem Gewebe kommt es bei zunehmender Eindringtiefe zur Schallabschwächung. Diese beruht auf der Absorption durch mechanische Energieverluste sowie auf einer Umwandlung der mechanischen Energie in Wärme. Außerdem führt die Reflexion an den verschiedenen Grenzflächen zur Abschwächung der Schallamplitude bei zunehmender Eindringtiefe. Weiterhin kommt es an kleinen oder schräg zur Schallausbreitungsrichtung verlaufenden Strukturen zu Streuungen und Brechungen. Diese Schallanteile kehren nicht zum Schallkopf zurück, so dass ein Energieverlust eintritt, ohne dass Reflexionen an Strukturen sichtbar werden. Die Schallabschwächung ist umso höher, je höher die Schallfrequenz ist. Dies limitiert den Einsatz hoher Frequenzen, die aufgrund der kürzeren Wellenlänge wegen der besseren Strukturauflösung wünschenswert wären. Je größer die erforderliche Eindringtiefe, desto niedriger muss die Frequenz sein. Umgekehrt kann bei der Untersuchung von oberflächlich liegenden Organstrukturen eine höhere Frequenz eingesetzt werden. In der Brustdiagnostik eignen sich in der Regel Frequenzen zwischen 7,5 und 15 MHz.
Schallwellen breiten sich optimal aus, wenn sie im rechten Winkel auf Strukturen auftreffen. Gemäß der Impedanzunterschiede zwischen beiden Strukturen wird ein Teil der Energie zum Schallkopf zurückgeleitet, und ein Teil breitet sich im Gewebe gradlinig aus. Trifft der Schall in einem schrägen Winkel auf Gewebestrukturen, wird ein Teil der Schallamplitude im gleichen Winkel reflektiert. Der andere, in das zweite Medium fortgeleitete Teil wird gebrochen.
Der Brechungswinkel hängt vom Einfallswinkel und von der Schallgeschwindigkeit in den benachbarten Medien ab. Je schräger die Struktur zur Schallrichtung verläuft, desto höher ist die Ablenkung der Schallwelle. Zwischen Haut bzw. Bindegewebe und Fett- bzw. Parenchymstrukturen beträgt der kritische Winkel etwa 50°. Bei diesem Winkel ist die Brechung so stark, dass die Schallwelle die Gewebefläche nicht mehr penetriert. Dadurch ist die dahinter liegende Struktur nicht sichtbar, und es entsteht eine Schallauslöschung. Dies muss durch eine entsprechende Untersuchungstechnik ausgeglichen werden (Kap. 2).
Die verschiedenen Ursachen für die Schallabschwächung erklären leicht, warum hinter Karzinomen mit inhomogener Binnenstruktur oft ein dorsaler Schallschatten zu sehen ist ( ▶ Abb. 1.1). Dieses Artefakt ist ein wichtiges diagnostisches Kriterium. Auch in Narben führen zahlreiche Fasern zu diffusen Schallbrechungen. Dadurch erscheint das Gewebe echoarm und weist einen dorsalen Schallschatten auf ( ▶ Abb. 1.2). Die Kenntnis der Ursache dieses Phänomens ist wichtig, da durch Kompression die Faserstrukturen abgeflacht werden können. Dadurch werden die Brechungsartefakte verringert. Die Binnenstruktur des Narbengewebes wird dadurch sichtbar, und der Schallschatten verschwindet ( ▶ Abb. 1.3). Dies ist ein wichtiges Kriterium zur Abgrenzung gegenüber Karzinomen.
Abb. 1.1 Beispiel eines inhomogenen Mammakarzinoms mit dorsaler Schallabschwächung. Die heterogene Binnenstruktur im Tumor führt zur diffusen Schallbrechung. Dadurch resultiert zusammen mit der...