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Leinen los! Freilauftraining für den Hund

AutorInga Böhm-Reithmeier, Katharina von der Leyen
VerlagGRÄFE UND UNZER
Erscheinungsjahr2015
ReiheGU Hundeerziehung 
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783833849831
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Wir alle träumen davon, mit unserem Hund ohne Leine spazieren zu gehen, im Vertrauen, dass er bei uns bleibt und immer abrufbar ist. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus - der Hundespaziergang raubt uns den letzten Nerv, bunte Schleppleinen wickeln sich um Beine, Bäume und Pfoten, während der Hund sich in einen kleinen schwarzen Punkt am Horizont verwandelt... Dieses Buch bietet dem Halter einfache Rezepte für eine einzigartige Beziehung zum Hund. Während man in vielen Hundeschulen lernt, der Hund müsse die Kommandos so gut befolgen, dass man ihn in allen Situationen kontrollieren kann, verfolgen die Autorinnen einen umfassenden Ansatz: Der Hund soll so gut erzogen und geführt werden, dass man kaum noch Kommandos braucht, um ihn zu kontrollieren. Erziehung, Training und Führung greifen ineinander: Katharina von der Leyen und Inga Böhm-Reithmeier zeigen Wege, wie der Hund durch das sinnvolle Setzen von Grenzen und Souveränität sicher geführt werden kann und sich richtig verhält.

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Leseprobe

VON DER WILDSICHT ZUR EINSICHT


Grundlagen für den Freilauf

WHO LET THE DOGS OUT?


Was der Mensch zum Freilauf seines Hundes braucht: Respekt, Gelassenheit und Verständnis vom Hund

Zum Freilauf gehört ein bisschen mehr, als einfach nur die Leine vom Hund loszumachen. Kaum ist die Leine nämlich ab, macht der Hund uns klar, was wir ihm alles noch nicht beigebracht haben: auf uns zu achten oder zu kommen, wenn wir ihn rufen, in unserer Nähe zu bleiben, nicht grölend auf andere Hunde zuzurennen, nicht im Freiheitsrausch über weite Felder oder durch fremde Gärten zu galoppieren ...

Unser Problem ist dabei meistens, dass wir nicht wissen, wie wir unseren Hunden einen »angemessenen«, sicheren Freilauf beibringen können. Wir haben keinen Plan, was eigentlich passieren soll, nachdem wir den Hund von der Leine gelassen haben: Wie weit darf er sich eigentlich entfernen? Darf er ins Gebüsch oder nicht? Bis zu welchem Abstand bleibt er abrufbar? Haut er uns nicht gleich ab? Und wenn er außer Sichtweite ist – ab wann ist lange weg zu lange weg?

Bevor Sie irgendetwas von Ihrem Hund verlangen, müssen Sie sich zuerst darüber klar werden, was Sie eigentlich von Ihrem Hund erwarten. Hundehalter ticken da in der Regel ganz ähnlich. Die meisten von uns wünschen sich einen sicheren, frei laufenden Hund, der strahlend und mit einem Lächeln im Gesicht zurückkommt, wenn wir ihn rufen, der uns so vertraut, wie wir ihm, und der gerne auf das achtet, was wir tun und was wir von ihm erwarten.

Klingt eigentlich gar nicht so schlimm – trotzdem sieht die Wirklichkeit meistens ganz anders aus.

Tatsache ist: Ein Hund kann nur so gut mitarbeiten, wie sein Mensch es ihm vorgibt. Wenn uns jemand einen Formel-1-Wagen schenkt, dazu die erfahrensten Mechaniker und die besten Reifen, dann können wir den Großen Preis von Italien trotzdem nicht gewinnen, weil wir gar keine Ahnung davon haben, wie dieser Wagen tickt, wie er sich in der Kurvenlage verhält und wann wir die Reifen wechseln müssen. So ist es auch mit Hunden. Wir können den besten Hund mit den großartigsten Anlagen haben: Wenn wir nicht verstehen, wie er tickt, was ihn antreibt, wie man ihn richtig anspricht und führt und wie er, der Hund, uns Menschen wahrnimmt – dann kann er nicht zeigen, was in ihm steckt, und eine Zusammenarbeit wird sehr schwer.

Denn wir müssen mit dem Hund arbeiten, nicht gegen ihn. Ein Jagdhund zeigt nun mal Jagdverhalten, so, wie ein Hütehund manchmal eben auch fremde Kinder oder Radfahrer hütet. Es sind die normalen Verhaltensweisen für diese Arten von Hunden – auch wenn sie in unserem normalen familiären Umfeld häufig nicht angemessen sind und wir sie »in den Griff« bekommen müssen, um mit ihm friedlicher leben zu können.

»Um unseren Hund vernünftig zu erziehen, müssen wir mit ihm zusammenarbeiten — und nicht gegen ihn und seine Instinkte.«

Wenn wir innerlich allerdings grundsätzlich davon ausgehen, dieses oder jenes Verhalten sei »schlecht« und müsse »abgestellt« werden, dann arbeiten wir gegen das natürliche Verhalten unseres Hundes – und damit auch gleichzeitig gegen ihn.

Um ihn vernünftig und nachdrücklich erziehen zu können, müssen wir mit dem Hund zusammenarbeiten und darauf eingehen, was die Gründe sind, wenn er sich zu weit von uns entfernt oder sich gar davonmacht. Wir müssen ihm für jedes Verhalten, das uns nicht gefällt, eine neue Option anbieten, wie er sich stattdessen verhalten soll. Diese Option wird so lange wiederholt – also »ritualisiert« –, bis er sie übernimmt und sie für ihn selbstverständlich wird.

Erziehung ist rituelles Fördern von erwünschten Verhaltensweisen. Nur so können wir sein Verhalten anpassen und modifizieren, den Hund erziehen – alles andere wäre ein Unterdrücken natürlicher Verhaltensweisen, und das hält nicht lange an. Menschen, die keine Tischmanieren gelernt haben, stützen sich gewöhnlich mit den Ellenbogen auf den Tisch, hängen sich über den Teller in die Nähe ihrer Gabel und schlürfen ihr Essen in sich hinein. Wenn man dieses Verhalten nur »unterdrückt« – also immer nur »Lass das!« schnauzt, werden sie schlecht gelaunt beim Essen, entwickeln eine Essstörung, wenn Gesellschaft da ist, und fallen – kaum halten sie sich für unbeobachtet – wieder in ihr Höhlenmenschen-Essverhalten zurück. Sie sind also nicht besser erzogen, sondern passen sich an, um keine Ermahnung zu bekommen. Wenn jemand allerdings von Anfang an erklärt bekommt, dass es einfach angenehmer aussieht, wenn man am Tisch gerade sitzt und die Gabel zum Mund führt und nicht den Mund zur Gabel, und dies schlicht und ergreifend die einzige Art ist, zu essen, dann wird er auch in den dunkelsten Stunden seiner Existenz bei Tisch gerade sitzen, die Ellenbogen neben dem Körper lassen und weder schlürfen noch schmatzen: Das ist dann gute Erziehung. Und ein Segen, wenn man sich so umsieht.

Manche Hunde nutzen das gemeinsame Toben, um sich ganz beiläufig zum Jagengehen zu verabschieden.

HOUSTON, WIR HABEN EIN PROBLEM


Wir müssen zuallererst einmal herausfinden, was eigentlich das spezifische Problem unseres Hundes im Freilauf ist. Das kann von Hund zu Hund unterschiedlich sein.

Die typischen Probleme sind:

  • Unerwünschtes Jagdverhalten
  • Der Hund hört nicht mehr – er ist nicht abrufbar
  • Er entfernt sich zu weit
  • Der Hund bringt sich und/oder andere in Gefahr
  • Er belästigt Jogger, Radfahrer, Nordic Walker etc.

Es gibt dabei viele Gründe, die einen Hund »ins Abseits« treiben und ihn veranlassen, sich zu weit von seinem Menschen zu entfernen oder wegzulaufen. Tatsächlich folgt nicht jeder Hund, der sich davonmacht, einer Spur oder geht jagen, gut möglich, dass einer der folgenden Punkte zutrifft.

STREUNEN

Manche Hunde gehen kurz ein bisschen »Zeitunglesen«, informieren sich entlang der Dorfstraße, wer hier heute schon alles vorbeigekommen ist, wer neu hinzugezogen ist und wer bald läufig wird. Wenn sie ihrerseits ausgiebig markiert und sich ausgetauscht haben, kommen sie auch wieder nach Hause. (Das ist keine Szene aus einem Astrid Lindgren-Buch: in manchen ländlichen Gegenden geht das tatsächlich noch.)

Andere Hunde sitzen den ganzen Tag alleine im Garten und langweilen sich zu Tode. Diese Hunde überwinden alle Zäune und Grenzen, weil sie etwas erleben wollen: Es sind einfach sehr soziale Tiere, die Spaß und Unterhaltung suchen.

Wieder andere Hunde hauen ab, weil sie bestrebt sind, ihre herrlichen Gene möglichst weitläufig zu verstreuen.

ANGST- UND PANIKVERHALTEN

Ein Hund, der gegen einen Elektrozaun rennt, wird vom Besitzer in genau diesem Moment gerufen und hat dementsprechend plötzlich Angst vor seinem Menschen, weil er sich einbildet, das Rufen habe etwas mit dem Stromschlag zu tun.

Ein Hund trifft im Unterholz ein Wildschwein, erschreckt sich (zu Recht) und macht, dass er möglichst weit weg kommt.

Hunde aus dem Tierschutz, die viele Umweltreize noch nicht kennengelernt haben, können bei normalen, aber für sie unerklärlichen Reizen ins Fluchtverhalten fallen.

»Ist die Stimmung des Besitzers schlecht, will der Hund möglichst viel Abstand zwischen Mensch und sich selbst legen.«

STRESSVERHALTEN

Die Stimmung in der Nähe des Besitzers oder der anderen Hunde ist so angespannt, dass der Hund möglichst viel Abstand zwischen sich und die Anspannung legen möchte.

Der Hund muss andauernd für seinen Besitzer »etwas tun« – Dummies suchen, für sein Futter »arbeiten« etc. –, sodass er mal ein bisschen Zeit für sich braucht auf dem Spaziergang und deshalb seinem Besitzer buchstäblich aus dem Weg gehen möchte.

Vielleicht ist ein sehr anstrengender fünf, sechs Monate alter Junghund dabei, der die älteren Hunde ständig anspielen möchte – die daraufhin mindestens 100 Meter Abstand halten, damit sie ihre Ruhe haben.

Oder es sind die (ungewohnten) Enkelkinder dabei, was die Ruhe gewohnten Hunde nervt.

Eventuell gibt der andere Hund, der dabei ist, die ganze Zeit subtile Drohsignale ab, die wir Menschen vielleicht gar nicht bemerken.

Oder ein Hund möchte partout nicht über die nasse Wiese wie sein Besitzer, der vernünftiges Schuhwerk trägt, und läuft lieber in Blickkontakt auf dem parallelen Weg.

EIGENSTÄNDIGKEIT

Manche Hunde sind einfach Eigenbrötler, sie tauchen sowohl unter den Mischlingen auf als auch bei bestimmten Rassen, die einfach sehr eigenständig sind, die nicht zur engen Zusammenarbeit mit dem Menschen und zum »Folgen« gemacht wurden, wie viele der Schlittenhunderassen oder der Herdenschutzhunde.

ENTWICKLUNGSPHASEN

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Blick ins Buch

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