Die Geschichte unseres Startups beginnt mit einer Fahrt zum Badesee und der Idee, Müsli über das Internet zu verkaufen. Ein Müsli, das sich jeder online selbst zusammenstellen kann: mit mehr als 566 Billiarden Variationsmöglichkeiten.
Fast jeder, dem wir anfangs davon erzählten, hielt die Idee für völlig bescheuert. Am 30. April 2007 ging mymuesli trotzdem online. Und überall hagelte es Kritik, alles nur »ein Hype«, »kann unmöglich funktionieren« – und keiner glaubte an die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells. Auch wir waren uns nicht sicher, ob es unser Startup nach drei Monaten noch geben würde.
Zehn Jahre später beschäftigt mymuesli mehr als 800 Menschen, betreibt über 50 eigene Läden und ist in sechs Ländern aktiv. Wir haben viel gelernt in diesen zehn Jahren, wir haben gemeinsam mit dem Team unzählige Fuckups erlebt, aber vieles dann doch glücklicherweise richtig und meistens anders als die anderen gemacht. Einen Businessplan zum Beispiel, den haben wir nie geschrieben. Marktforschung haben wir vor dem Launch gemacht, die Ergebnisse aber ignoriert. Unser Startkapital haben wir nicht von Investoren bekommen, Mitarbeiter hatten wir lange keine, sondern haben von der Erstellung der Website bis zum Umbau unserer Produktion alles selbst in die Hand genommen.
Zu unserem zehnten mymuesli-Geburtstag haben wir uns zusammengesetzt und überlegt: Was war es eigentlich, das wir richtig gemacht haben? Gab es so etwas wie eine Erfolgsformel? Irgendetwas, das sich aus diesen zehn Jahren ableiten lässt? Die Antwort ist denkbar einfach.
MACHEN!
Einfach machen – das ist meistens der beste Markttest für eine Idee. Und der Grundstein für viele erfolgreiche Unternehmen, die es nie gegeben hätte, wenn die Macher hinter dem Unternehmen vorher zu viel überlegt hätten. Das haben wir auch getan: gemacht. Hingefallen. Weitergemacht. Bis heute.
Deshalb haben wir dieses Buch »machen!« genannt. Wir, das sind Hubertus, Philipp und Max, die drei Gründer von mymuesli.
Hubertus ist in Emden aufgewachsen. Berühmt vor allem für Otto und seinen Leuchtturm. Er wollte schon immer Unternehmer werden. Oder Werber, hat das aber schnell an den Nagel gehängt nach einem Praktikum in einer Agentur in Hamburg. Das Werberleben war ziemlich klischeehaft und desillusionierend: Kreativität kam häufiger aus der Flasche als den genialen Köpfen mit ausgefeilten Methoden. Trotz des äußerlich glamourösen Anscheins kochte die Branche auch nur mit Wasser. Über den Sinn wurde wenig nachgedacht. Weil es nicht um Sinn ging, sondern um Geld: Zur Jahrtausendwende hinterfragte man Millionen-Etats für Spots und Anzeigen nicht. Auch weil Werbung als nicht messbar galt. Insgesamt eine super Erfahrung, aber nicht Hubertus’ Welt, und so landete er dann doch beim BWL-Studium. In Passau. Und schließlich in seinem ersten Startup: einer automatischen Videothek, die er mit Philipp im Studium eröffnete.
Philipp kommt aus Schwaben. Er gründete sein erstes Unternehmen in der Grundschule: Brauseverkauf. Später handelte er mit Weihnachtsbäumen. Zahlen sind seine Leidenschaft: Als BWL-Student berechnete er, was ein Glas eigenhändig mit SodaClub aufgebitzeltes Wasser aus dem Wasserhahn kostet, um welchen Betrag eine im Wasserglas aufgelöste Vitamintablette teurer war und was im Vergleich dazu ein Glas Discountersprudelwasser kostet. Heute weiß er auswendig, wie teuer die Himbeeren im Oktober vor zwei Jahren waren und welche Strecke der Gabelstapler fahren muss, um Gojibeeren aus dem Lager zu holen. Vor allem aber weiß er, welche Zutat wie schmecken sollte, und macht da überhaupt keine Kompromisse.
Max ist Münchner und der Einzige, der statt BWL etwas ganz anderes studiert hat: Jura. Also das Angsthasen-Fach für alle, die nicht einfach »irgendwas mit Medien« studieren wollen, sondern etwas Vernünftiges. Weil Jura allein zu staubig war, machte Max nebenbei dann doch noch irgendwas mit Medien: ein Volontariat als Journalist. Das brachte ihn zur »Passauer Neuen Presse« und zum Bayerischen Rundfunk – was sich im Rückblick als außerordentlich nützlich erwies, um mymuesli bekannt zu machen.
Dieses Buch ist für all diejenigen, die einen Traum haben. Einen Traum, an den sie glauben, der sie nachts wach hält, glücklich und ängstlich zugleich macht. Vielleicht träumst du diesen Traum schon sehr lange?
Doch damit er Wirklichkeit werden kann, fehlt nur eines: das Machen. Denn Träume, die man nicht anpackt, werden Träume bleiben.
Deswegen haben wir dieses Buch geschrieben: Wir glauben nicht an ein Gründer-Gen. Jeder kann ein Unternehmen starten. Wir glauben aber daran, dass man es irgendwann anpacken muss. Machen muss. Das ist der wichtigste und meist der schwierigste Schritt. Doch er lohnt sich. Denn erleben zu dürfen, wie eine Idee Form annimmt, wie ein Unternehmen entsteht: Das ist eine wunderbare Erfahrung.
Voraussetzung ist aber, dass man nicht nur träumt. Sondern macht. Gründer sind also Macher. Und manchmal braucht es nur einen kleinen Ansporn, den letzten Anstoß, um vom Träumer zum Unternehmer zu werden. Dieses Buch soll dieser Ansporn sein. Es erzählt unsere eigene Geschichte und was wir aus ihr gelernt haben. Aus drei unterschiedlichen Perspektiven.
1. Startup! Am Anfang hatten wir statt einer einzigen guten Gründungsidee ganz viele Ideen, von denen die meisten nicht gut waren. Die Sache mit dem Müsli fiel uns in einem Augenblick und an einem Ort ein, an dem wir nicht damit gerechnet haben: auf dem Weg zum Badesee.
2. Selbst machen: Wenn man sein Studium gerade erst abgeschlossen und nicht eine riesige Erbschaft gemacht hat, muss man ohne Kapital gründen. Das geht! Wenn man viel selbst macht. Besser gesagt: alles selbst macht.
3. Bekannt machen: Ein Startup muss bekannt werden, um erfolgreich zu sein. Auch das geht ohne Geld. Es braucht eine gute Geschichte, viel Networking, noch mehr gute Zufälle, außerdem die Geduld, sich systematisch durch die Untiefen des Offline- und Online-Marketing zu beißen, und jede Menge Mut, mal so richtig daneben zu zielen.
4. Mitmachen: Schnell wachsende Startups stehen oft staunend vor einer der größten Herausforderungen überhaupt. Mitarbeiter! Vor denen haben viele Unternehmer Angst. Wir finden: zu Unrecht. In diesem Kapitel erzählen wir, wen wir warum einstellen und warum man im Kopf zumindest zusammen segeln gehen sollte.
5. Trotzdem machen: Ist ein Startup über das Gröbste hinausgewachsen, könnte man sich gemütlich zurücklehnen und sich über den Erfolg freuen. Das passiert aber nicht. Stattdessen fragt man sich: und jetzt? War’s das? Oder was kommt als Nächstes?
6. Größer machen: Die Expansion ins Ausland, eine große Maschine, viele neue Läden ... das alles kostet dann doch mehr Geld, als man so eben verdienen kann. Wo findet man vernünftige Investoren? Oder geht man besser doch zu einer ganz normalen Bank?
7. Aufmachen: Viele Startups starten als E-Commerce-Unternehmen und eröffnen dann doch irgendwann Läden. So auch wir. Wir haben dabei glücklicherweise (und oft aus Versehen) sehr viel richtig gemacht – manchmal aber auch Pech gehabt. Zum Beispiel mit Dixi-Klos direkt vor der Ladentür.
8. Rübermachen: Kann man machen, muss man aber nicht: ins Ausland expandieren. Wir haben es getan, in manchen Ländern hatten wir es leicht, in anderen landete palettenweise Bürokratie vor unseren Füßen. Sogar bis nach Fernost sind wir mit mymuesli gekommen. Leider ohne Erfolg.
9. Weitermachen: Wenn ein Startup mal zehn Jahre alt ist und mehr als 800 Mitarbeiter hat, kann man es eigentlich nicht mehr Startup nennen. Aber ... Mittelständler? Ganz schlimm: Konzern? Wollen wir auch nicht sein. In Kapitel 9 sagen wir, warum es wirklich schwierig ist, gleichzeitig super professionell zu werden und super beweglich zu bleiben – wie wir versuchen, das aller Widerstände zum Trotz zu schaffen, und warum wir dazu eine Insel brauchen.
10. Nachmachen: Dies ist zwar ein Buch über uns und mymuesli – aber in erster Linie ist es ein Buch für dich. Es soll dich inspirieren, verrückte Ideen auch mal umzusetzen. Machen!
In diesem Buch geht es nicht nur um Erfolge, um gewonnene Preise und um Wachstum. Es geht besonders viel um Rückschläge und um unsere Fehler. Wir hoffen, dass du sie vermeiden kannst, wenn du mal in einer ähnlichen Situation bist.
Zu jedem Gründerthema, ob Finanzierung oder Marketing, könnte man jeweils ein eigenes Buch verfassen. Es gibt ja auch schon sehr, sehr viele. Deswegen sei bitte nicht böse, wenn das Buch an manchen Stellen nicht tief genug geht und an anderen dafür sehr fachbuchmäßig wird. Unser Buch ist sicherlich weit entfernt von perfekt. Betaphase würde man bei Startups sagen, es ist ja die erste Auflage. Und unser erstes Buch. Umso mehr würden wir uns über Feedback freuen an:
Ach ja, wer noch mehr lesen will: Am Ende jedes Kapitels haben wir euch immer unsere Lieblingsbücher zum jeweiligen Thema empfohlen. Manchmal auch Filme. Oder Podcasts und Websites.
In vielen Kapiteln erzählen Mitglieder der mymuesli-Familie von ihren Eindrücken – manche sind schon so lange dabei, dass wir sie »Urgesteine« nennen dürfen. Leider konnten nicht alle eure Geschichten erzählt werden. Wir haben mit so vielen von euch tolle Dinge erlebt, für die der Platz einfach nicht mehr gereicht hat.
Und, liebe mymuesli-Familie in der Schweiz: Ja, wir haben mittlerweile gelernt, dass »Müsli« in der Schweiz kleine Mäuse sind. Und dass ihr in der Schweiz lieber »Müesli« esst. Wir haben uns in diesem Buch dennoch dazu...